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  • Zu TeuersteDatum22.05.1970 07:08
    Thema von GerateWohl im Forum Liebe und Leidenschaft
    Zu Teuerste

    Ein verfluchtes Umgemäuer
    schließt dich ein und lädt mich aus.
    Dich bewacht ein Ungeheuer,
    das mir keinen Wert beimisst.

    Klar. Ich bin kein großer Freuer,
    weniger ein Mann, mehr Maus,
    scharf wie leere Pfefferstreuer,
    dafür selten angepisst.

    Nicht ein Funken legt dir Feuer
    in die Brust aus mir heraus.
    Sicher ist wie Tod und Steuer,
    dass du mich schon bald vergisst.

    während du das Abenteuer
    meines Lebens bist, durchaus
    wissend, du bist mir zu teuer.
    Doch es ist halt, wie es ist.



    formerly known as "Nachfrage"
  • Nimm den Wagen, wenn du gehstDatum22.05.1970 06:58
    Thema von GerateWohl im Forum Kurzgeschichten, Erzäh...
    Nimm den Wagen, wenn du gehst

    Das Huhn verpasste seinen Bus und dachte "Mist! Schon wieder." Jeden Morgen passierte ihm das. Es stellte den Wecker täglich etwas früher. Erst auf 7:00 Uhr. Dann auf 6:55 Uhr, dann auf 6:53 Uhr. Mittlerweile sogar auf 5:48 Uhr. Aber es half nichts. Manchmal kam es einfach nicht aus dem Bett hoch, dann verpuzzelte es sich im Bad oder der Hahn wollte noch was. Immer war was. Es musste doch eine Möglichkeit geben, das Problem in den Griff zu bekommen.
    Der Chef in der Eierfabrik beäugte schon argwöhnisch die Verspätungen des Huhns, das natürlich auch immer ein zwei Stück weniger produzierte als die anderen - aus Zeitmangel. Das Huhn war nämlich Legehenne und arbeitete in der Eierfabrik, wo es am Fließband Eier legte. Kein besonderer Job, zum einen, weil jede andere Henne, die unser Huhn kannte, genau den gleichen Job hatte, zum anderen, weil man dafür nicht gerade studiert haben musste. Es war ihm sozusagen in die Wiege gelegt.
    Dabei las das Huhn wirklich gerne. Nietzsches "Geburt der Tragödie" zum Beispiel war eines seiner Lieblingsbücher. Es spürte gelegentlich auch immer mal wieder diese dionysische Leidenschaft in sich. Doch stets, wenn ein rauschartiger Zustand das Huhn überkam, machte es "PLOPP" und ein Ei fiel hinten aus ihm raus. War es denn zu mehr nicht geschaffen? So saß es in seiner Legebatterie in der Fabrik oder stand eben morgens an der Bushaltestelle und sinnierte über sein Leben nach.
    Aber heute dachte es: So kann das nicht weiter gehen. Es könnte jetzt zwar auf den nächsten Bus warten, zu spät zur Arbeit kommen, sich beim Chef entschuldigen und wieder "loslegen" - im wahrsten Sinne des Wortes. Es könnte aber jetzt auch etwas ganz und gar Unerwartetes tun.
    Bei diesem Gedanken ging ein innerer Blitz durch seinen Körper. Endlich spürte es seine Bestimmung bis in die Federspitzen. Nun war es bereit seinem Schicksal ins Auge zu blicken. Heute würde es geschehen!
    Aber was?
    Keine Ahnung. Es wartete.
    Da erschien der Fuchs. Das Huhn kannte ihn schon gut, denn er nahm auch immer den späteren Bus. Nur dass der Fuchs pünktlich zur Arbeit kam, denn er arbeitete in der Hühnerschlachterei, und dort begann die Schicht eine halbe Stunde später.
    "Hallo Herr Fuchs." sagte das Huhn.
    "Hallo Frau Huhn", grüßte er zurück, "Na, wieder spät dran?"
    "Jaja", antwortete das Huhn. "Aber heute ist es in Ordnung."
    Der Fuchs hob eine Augenbraue. "Aha. Inwiefern, wenn ich fragen darf?"
    Das Huhn plusterte sich etwas auf und sprach, "Ich weiß nicht. Ich fühle mich heute so lebendig, als müsste ich etwas Außergewöhnliches tun."
    Der Fuchs lächelte. "Na, da wünsche ich Ihnen aber viel Glück."
    „Danke.“
    Der Fuchs war neugierig. "Darf ich fragen, was Sie im Sinn haben?"
    Das Huhn schüttelte jetzt entschlossen den Kopf. "Das weiß ich noch nicht. Aber das wäre ja auch langweilig, Nein. Es muss einfach auf mich zu kommen. Ich will es auf mich zu kommen lassen."
    Der Fuchs schaute skeptisch aber verschmitzt. Der Bus näherte sich. Er sah das Huhn an und meinte, "Na, dann seien Sie mal trotzdem vorsichtig. Kommen Sie mir nicht unter die Räder. Wir brauchen Sie noch."
    Das Federvieh schüttelte geschmeichelt den Kopf. "Ach, nicht doch. Machen Sie sich mal keine Sorgen. Ich komm schon klar."
    Als der Fuchs in den Bus einstieg, nickten sie sich zu, der Fuchs rief, "Man sieht sich!"
    Der Bus fuhr ab.
    So stand das Huhn den ganzen Vormittag an der Haltestelle. Viele Leute kamen, viele Busse fuhren.
    Bald bekam es Hunger. So setzte es sich in Bewegung und machte sich auf die Suche nach Essbarem, Getreidekörner oder so. Es begann die Straße entlang zu laufen, fand aber nichts. Bis es ein verirrtes Küken traf. Das Huhn sprach es an: "Liebes Küken, weißt du, wo ich etwas zu Essen finde?"
    Das Küken zitterte am ganzen Leib und antwortete, "Nein, ich habe selber Hunger.“
    „Na gut. Nichts für ungut“, erwiderte das Huhn freundlich und wollte schon weiter gehen. Da fügte das Küken hinzu: „Ich bin aus der Hühnerschlachterei entkommen, bin nun auf der Flucht und habe den ganzen Tag noch nichts gegessen."
    Das Huhn meinte kurz entschlossen: "Küken. Dann komm doch mit mir mit. Ich will heute mal etwas ganz anderes machen als sonst. Ich will etwas Besonderes erleben und so den Sinn meines Lebens erkunden. Aber erstmal suche ich was zu essen. Ich habe nämlich Hunger. Magst du mich dabei begleiten?"
    Das Küken antwortete insbesondere auf den Teil mit dem Essen bezogen: "Klar. Gerne." Und so gingen sie gemeinsam weiter.
    Nach einer Stunde hatten die beiden immer noch keine Nahrung entdeckt - doch sie gelangten an einen Imbiss.
    Das Küken las die Aufschrift "Kentucky Fried Chicken."
    Das Huhn meinte: "Ach, leider nichts Vegetarisches."
    "Aber vielleicht haben sie einen Job für uns", regte das Küken an, "Dann bekämen wir Geld, und könnten uns da drüben was kaufen." Das Küken deutete auf einen kleinen Supermarkt auf der anderen Straßenseite, den das Huhn noch gar nicht registriert hatte. Da spürte das Huhn wieder diesen Blitz in seinem Körper und ihm kam eine diebische Idee. Es raunte verschwörerisch dem Küken zu: "Ich bleibe doch heute nicht der Arbeit fern, um mir einen neuen Job zu suchen. Nein. Lass mal. Ich habe einen Plan. Folge mir."
    Das Huhn ging so breitbeinig wie es nur konnte über die Straße. Aus einem Autoradio vom Parkplatz vor dem Supermarkt erscholl die dazu passende Westernmusik von Ennio Morricone. Das kleine Küken tapste hinterher. Wie durch ein Wunder wurden sie in dem regen Verkehr nicht überfahren.
    Vor dem Eingang des Ladens sprach das Huhn zum Küken: "Du sicherst die Tür. Ich bin gleich wieder zurück."
    Das kleine Küken hatte keinen Schimmer, was es tun sollte, aber es versuchte sich in die Stimmung des Huhns hineinzufühlen, lauschte auf das Autoradio und blieb mit verkniffenen Augen am Eingang stehen.
    Das Huhn betrat den Laden, was ihm mittlerweile etwas schwer fiel. Denn der breitbeinige Gang war nicht nur durch die Musik bedingt, sondern auch durch die Tatsache, dass es an dem Tag noch kein einziges Ei gelegt hatte. Normalerweise hätte es auf das Fließband um diese Zeit schon zehn Stück von sich gegeben.
    Nun stellte es sich mit dem Hintern zum Kassierer, einem alten Wolf, gewandt und sagte über die Schulter: "Hey, Fiffi, her mit den Körnern!" Der Wolf lachte es bloß aus. Da schoss das Huhn, sich erleichternd, einpaar Eier in das Zigarettenregal hinter dem Kassierer, welches darauf krachend zusammenbrach. Das Huhn dachte bei sich „Das wollte ich schon immer mal machen“ und gackerte dabei noch mal knapp zum Wolf: "Die Körner!"
    Der begann erschrocken herumzufuchteln und rief: "Natürlich. Sofort", rannte zum nächsten Regal und begann die Körnertüten herauszuzerren. Das Huhn behielt ihn dabei im Visier.
    Plötzlich hörte es vom Eingang her einen spitzen Schrei des Kükens. Das Huhn wandte sich zur Tür und sah dort plötzlich seinen Bekannten von der Bushaltestelle, Herrn Fuchs, wie er das Küken gepackt hielt und sagte, "Da bist du ja. Dachtest du, du könntest uns einfach so entkommen?" Das Huhn drehte sich blitzschnell um 180° und feuerte drei weitere Eier in Richtung Fuchs. Das erste durchschlug die gläserne Eingangstür, an der der Fuchs stand, und spritzte ihm einen Scherbenregen über den Körper. Das zweite traf ihn mitten ins schreiende Gesicht, die Schalentrümmer des dritten gruben sich in seine blutende Brust. Er ließ stöhnend das ergriffene Küken fallen und sank zu Boden. Der Kassiererwolf knallte nun die Körnertüten auf den Tresen und sagte "Hier. Mehr hab ich nicht. Bitte verschone mich und meinen Laden. Ich habe Familie." Das Huhn schnappte sich, ohne auf das Gefasel zu hören, eine große Tüte Körner mit dem Schnabel, gab einen weiteren Eierschuss auf den Tresen ab, auf dem es saß, ließ sich durch den Rückstoß zur Eingangstür katapultieren und schlitterte mitsamt der Tüte vor die Füße des Kükens. "Kannst du Autofahren?" fragte es durch den geschlossenen Schnabel. "Klar." antwortete das Küken, und verstand diesmal sogleich, was das Huhn im Sinn hatte. Sie stürmten gemeinsam auf den Parkplatz zu dem Auto mit der Filmmusik. Hinter dem Steuer saß ein Mann. Das Huhn sprang auf das offene Beifahrerfenster und schoss zu der mittlerweile erklingenden Titelmelodie von Mission Impossible den Rest seiner Eier auf den Menschen, der mit jedem Schuss ein Stückchen weiter durch die offene Fahrertür aus dem Auto gestoßen wurde bis er schwer verwundet und bewusstlos ganz hinaus plumpste. Das Küken, nicht faul, hievte flatternd den Körnersack über den Mann auf den Fahrersitz mit fast überkükigen Kräften. Aus dem Supermarkt kam nun der Wolf heraus gerannt mit der obligatorischen Schrotflinte in den Pfoten, die er unter dem Tresen hervorgeholt hatte, und gab vor der Tür mit den Worten "Halt Stehen bleiben!" einen Warnschuss in die Höhe ab, woraufhin Dachziegel und Putzbrocken des soeben von ihm selbst durchschossenen Vordachs seines Ladens auf ihn herab polterten, so dass er aua-schreiend und hustend umfiel. Das Huhn und das Küken sahen sich kurz an, dann riefen sie beide: "Hauen wir ab!" Das Huhn ließ sich vom Fenster auf den Beifahrersitz fallen, während das Küken flatternd die Fahrertür zuzog. Mit dem Schnabel drehte das Huhn den steckenden Zündschlüssel herum und stellte den Automatikhebel auf „Drive“. Das Küken stieß das schwere Körnerpaket mit einem kräftigen Ruck vom Fahrersitz direkt aufs Gaspedal im Fußraum, woraufhin der Wagen abrupt losfuhr. Beide Tiere sprangen auf das Steuerrad, um gemeinsam rauszuschauen und zu lenken.
    Es wurde eine atemberaubende Verfolgungsjagd. Innerhalb von weniger als vier Stunden waren zwei Drittel sämtlicher Polizeiwagen des Bezirks und sogar ein Polizeihubschrauber hinter ihnen her. Schließlich wurden Sie an einem Canyon eingekreist. Sie fuhren einfach über dessen Klippe hinweg und stürzten in den Abgrund, wo das Auto unten beim Aufschlagen explodierte. Angeblich hatten sie beide beim Absprung laut "Freiheit!" gegackert wie Mel Gibson in "Braveheart" auf der Folterbank. Aber so genau weiß das keiner.
    Auch gab es Gerüchte, sie hätten sich noch aus dem fallenden Auto retten können. Denn das Wrack wurde nie auf ihre Überreste untersucht.
    Andere sagten, die sind tot und starben, weil sie einfach nicht wussten, wie sie bremsen sollten.
    Jedenfalls trat das Ereignis eine neue Diskussion mit Umweltschützern über artgerechte Haltung von Hühnern in Legebatterien und in Schlachthöfen los. So hatte das Ganze also auch sein Gutes.
  • Thema von GerateWohl im Forum Publikationen, Projekt...
    Hallo allerseits.

    am 4. Oktober 2008 ab 20:00 Uhr Ortszeit geben sich sieben alt- und neueingesessene Dichter die Ehre bei einem lyrischen Leseabend im Café Provinz in Berlin-Neukölln unter dem Titel:

    Worttuempel.de - Berlin Bern Bremen Dresden Hamburg Oberaula
    Dichterlesung von hier bis da aus erster Hand

    Die Antagonisten sind:

    Nico Quast, Jahrgang 1978, ist Drittgeborener und dauerhaft semi-untalentiert, bisher gelangen 2 lyrische Veröffentlichungen im Karikani-Verlag, lebt und arbeitet als freier Journalist in Dresden.

    Simone Keil, Großhandelskauffrau, Jahrgang 1971, schreibt seit zwei Jahren Lyrik und Prosa, die sie durch ihren Blog 'Hinter den Spiegeln' und in diversen Internetforen publiziert. Sie lebt mit ihrem Sohn zusammen in Hessen.

    Matthias Borchelt, Jahrgang 1965, 4. von 5 Söhnen, verheiratet, vier Kinder. Aufgewachsen bei Hannover, Flegel- und Gründerjahre in Berlin, wohnhaft in der Nähe Hamburgs. Trotz Abitur bewusst keine akademische Ausbildung, daher auch weiterhin von fundierten Kenntnissen freier Moraläst und Kritimist. Provoziert gern und lässt sich gerne provozieren.

    Margot S. Baumann, Jahrgang 1964, schreibt seit über 20 Jahren Lyrik und Prosa. Bis jetzt sind von ihr 5 Lyrikbände und 2 Anthologien erschienen. Im Herbst kommt ihr erster Roman 'Rigantona' als Taschenbuch auf den Markt. Margot lebt und arbeitet in der Schweiz.

    Oliver de Carvalho Gomes, Jahrgang 1971, Rechtsanwalt, lebt und arbeitet in Berlin. Schreibt seit ca. 20 Jahren bevorzugt formgebundene Gedichte. Abgesehen von einigen Veröffentlichungen in Lyrik - Anthologien publiziert er vor allem in Internetforen.

    Inka Ricarda Jung, 1976 in Berlin geboren, seit 1999 in Bremen ansässig, hat einen Sohn, studiert Geschichte und Germanistik, schreibt Lyrik und jobbt als ehrenamtliche Seelsorgerin und Horterzieherin, Achtung: hardcore-katholisch!

    Gunter Scholtz, 38 Jahre, recht groß geworden in Berlin, schreibt sich hier und da durchs Internet, vor allem in Form von Lyrik und Kritik daran. Und er liest auch gerne mal vor. Ansonsten ist er Ingenieur, IT-Heini und schwanger.

    Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten.

    Und vorher Ohren Waschen nicht vergessen. Es gibt was zu Hören.

    Bis dann,
    GW
  • Ein RissDatum22.05.1970 03:46
    Thema von GerateWohl im Forum Diverse
    Ein Riss


    Deine Hand verbirgt den Riss in dem
    Gewand, das dich umfällt.
    Und nur dein Lächeln biegt die Welt.
    Ach, wie ich dich vermisse.


    Mein Auge rollt in deine Schlucht -
    gelegentlich, und das ist ziemlich weit.
    Dort seh ich dich und dein zerlumptes Kleid
    und auch dein Herz das pocht
    und bellt und abends raus
    aus deinen Lumpen fällt.


    Ich wäre dir so gern
    ein Kavalier und höb es auf.
    Sonst tritt wer drauf. Doch ich
    bin arm und du so reich.
    Ich reiche nicht so weit
    und scheue den Vergleich.


    Du hebst dein Herz, wie meines einst,
    empor, entfernst das Gras,
    du wärmst es auf und pustest drauf,
    dann setzt du's wieder ein.
  • Der TraumDatum21.05.1970 22:42
    Thema von GerateWohl im Forum Liebe und Leidenschaft
    Der Traum

    So liebe mich. Ich bin dein Traum,
    am Umhang deiner Nacht der Saum.
    Du schlenderst, ich umspiele dich,
    und ab dem Morgen warte ich
    auf dich, wenn du das Kleid verlässt,
    das nachts dich sanft in Seide fässt.
    Ganz recht, am Körper liegt dein Traum.
    Du schmiegst dich an, doch ahnst mich kaum.
    Dann wache ich und bin der Grund,
    dass nie für lang dein Herz verstummt.
  • Mein WissenDatum21.05.1970 22:28
    Thema von GerateWohl im Forum Diverse
    Mein Wissen

    Ich sage: "Mein gesamtes Wissen von der Welt
    passt nicht allein in einen Schuhkarton hinein."
    "Für zweie", mutmaßt du, "wird allerdings dein Feld
    an angelernten Kenntnissen bemessen sein."

    Beleidigt runzle ich die Stirn und denke nach
    - denn denken kann ich gut - und sehe schließlich ein,
    die Kataloge meines Hirns sind wirklich flach,
    die Walnuss selbst sogar passt in nur einen rein.
  • ZeitumstellungDatum21.05.1970 19:38
    Thema von GerateWohl im Forum Diverse
    Zeitumstellung

    Ist meine Erdhalbkugel abgewandt
    der Sonne, sind die Tage für mich kurz,
    und es ist ziemlich kalt im ganzen Land.
    Ein Sprung in mir verdirbt und wird zum Sturz.

    Ich friere. Eine warme Decke fällt
    mir auf den Kopf. Behaglich lese ich
    nun Worte auf und koche unbestellt
    aus ihnen ein Gedicht für dich.

    Dann steigst du mir zu Kopf durch meinen Mund.
    Wie fein du mich darin durchstreifst und weit
    im Innern meiner Welt ihr Rund
    verdrehst, ein Stück in Richtung Sommerzeit.



  • LieblingDatum21.05.1970 16:57
    Thema von GerateWohl im Forum Liebe und Leidenschaft
    Liebling
    gewidmet

    Es ist tiefe Nacht in meinem Land der Lieblingsworte,
    das ich früher sonst vor allem gern an seidig warmen
    Sommerabenden betrat. Doch alle seine Orte
    sind seit heut geschmückt und zeigen leuchtend deinen Namen.

    Es ist morgens früh in meinem Land der Lieblingsfarben
    und die Tageslichter breiten ihr Gefieder aus.
    Jetzt sind alle bunten Wiesen ungebund'ne Garben,
    huldig deiner Augenfarbe nur ein Blumenstrauß.

    Bald ist heller Tag in meinem Land der Lieblingsblüten,
    duftend weit in Heere wilder Blumen eingehüllt.
    Kirsche, Flieder, Rosen, Orchideen aller Güten.
    Doch die schönste ist es, die dein steter Herzschlag füllt.
  • Das perfekte VerbrechenDatum21.05.1970 16:26
    Thema von GerateWohl im Forum Kurzgeschichten, Erzäh...
    Das perfekte Verbrechen

    In dem gepflegten Garten standen gleich neben dem Zaun zum Nachbargrundstück zwei Apfelbäume sowie ein Kirschbaum und bildeten so eine kleine dreieckige Baumgruppe. Ein lauer Wind raschelte wie beiläufig durch die jungen Blätter, so als sei er nur mit sich selbst beschäftigt. Bewusst zurückhaltend schien die Innenbeleuchtung eines Einfamilienhauses auf die nächtliche Szenerie. Karl Erich Neumann, Herr dieses Hauses und Gartens, hatte sich gerade noch ein Bier geöffnet und stand da in Unterhemd und Boxershorts. Ein ungehemmtes "Hräouf!" den Hals hinauf gestoßen und dann das neue Bier in die Gegenrichtung hinunter gegossen.
    "Prost", schnarrte seine Frau missbilligend. In ihren Morgenrock gehüllt richtete sie eine Taschenlampe auf die aufgewühlte Erde vor sich und ihrem Mann.
    "Danke."
    Er ignorierte ihren Unterton und machte sich weiter ans Graben.
    Bis zu den Ellenbogen stand er schon in einem ca. zweieinhalb Meter breiten Loch und schwitzte.
    "Musst du denn jetzt unbedingt so viel Bier trinken, Herrgott?" knirschte die Gattin. Sie schaute dabei angespannt auf das in eine blaue Plane gewickelte ca. einen Meter fünfundachtzig lange Bündel, das am Rande der von ihrem Mann ausgehobenen frischen Baustelle lag.
    Er knurrte, "Nicht, wenn ich wie du nur 'ne Taschenlampe halten müsste", und stippte die Schaufel erneut in den Grund. "Wir können gerne tauschen. Schließlich isses ja dein Liebhaber."
    Sie blieb kurz ruhig. Dann erwiderte sie: „Wenn du nicht ungebeten aufgekreuzt wärst, hätte er jedenfalls das Haus nicht mit den Füßen voran durch die Terrassentür verlassen.“
    „Entschuldige mal. Ich wohne hier!“ Karl Erich schmiss nun genervt die Schaufel hin und verschränkte schmollend die Arme.
    „Ach vergiss es und grab weiter.“ seufzte sie.
    Er machte sich wieder an die Aushebungsfortsetzung und maulte: „Das vergesse ich bestimmt nicht. Da reden wir noch mal drüber. Ich komm nach Hause, und da is’n Liebhaber in unserem Bett. Als wenn ich nicht schon genug um die Ohren hätte.“
    „Der werte Herr muss dann ja gleich wie ein Vandale nach der nächsten Blumenvase greifen und damit meinen Liebhaber durchs Haus jagen“, schnippelte sie ungerührt zurück.
    „Der Penner hätte ja nicht wegrennen brauchen. Dann hätt’ ich ihn auch nicht gejagt.“
    „Er hatte Todesangst vor dir!“
    „Die hätte der Depp mal nicht vor mir, sondern vor seiner eigenen Blödheit haben sollen. Ich hätte ihn schon nicht gekillt. Das hat er ja selber hingekriegt.“ Karl Erich schüttelte den Kopf. „Stolpert über seine eigenen Füße, der Trottel, und bricht sich’s Genick. So’n Idiot. Und ich hab jetzt den Ärger am Hals.“
    Zwei weitere mühsame Spatenstiche erklangen wie erfolglos unterdrücktes Niesen. Karl Erich schnaufte. „Warum haste dir überhaupt'n Liebhaber genommen? Fühlste dich etwa von mir vernachlässigt?“
    Die Frau brauste halb flüsternd halb krächzend auf. „Wie kannst du so was überhaupt fragen? Als du dir die Vase schnapptest und auf Wolfgang los gingst, hast du da gesehen, was da für eine Staubwolke oben raus kam?“
    Karl Erich sah knurrend zu dem Plastikbündel. „Ach, Wolfgang heißt er.“
    „Lenk nicht ab! Das war mir ja in dem Moment als Hausfrau schon peinlich. Aber dir als Ehemann sollte es noch viel peinlicher sein. Weißt du, wann du mir das letzte Mal Blumen mitgebracht hast?“
    Karl Erich schüttelte den Kopf und wischte sich die Stirn.
    „Aber mal was anderes, Trudchen. Meinste nich das Loch is jetzt groß genug? Da hätten jetzt doch locker noch zwei weitere Platz.“
    Frau Neumann schüttelte entschieden den erzürnten Kopf. „Das muss so tief sein, dass da auch kein Hund was wittert. Sonst kriegen die das raus.“
    „Na gut. Aber sag mal, Trudchen, solln wa nich doch lieber die Polizei rufen?“
    „Bist du verrückt? Was sollen denn die Nachbarn denken? Und außerdem ist es dafür eh zu spät. Oder wie willst du der Polizei erklären, dass du Wolfgang in die Plane eingewickelt hast? Willst du ihnen erzählen, dass du ihn schon mal abholbereit für sie verpackt hast oder wie? Ganz abgesehen von dem riesen Graben hier.“
    Sie sahen beide nachdenklich in das große tiefe Loch und auf den Erdhaufen daneben.
    „Nein, wir können uns diesen Skandal nicht leisten. Die Schrobels, die alten Tratschtanten würden sonst was über uns in der Gegend rumerzählen.“
    „Hast ja recht, Trudchen. ­ Ach, wenn man’n Esel nennt, kommt er gerennt.“
    „Wie bitte?“
    „Der Schrobel.“
    „Mist.“
    Herr Schrobel von nebenan kam gemütlich lächelnd auf sie zugestiefelt. Am Gartenzaun in Morgenmantel und Pyjama sagte er freundlich: „N’Abend, die Herrschaften.“
    Die Neumanns sahen sich einen Moment verunsichert an. Karl Erich rührte sich als erster, sagte „N’Abend Herr Nachbar“, und hielt es für das Unauffälligste, einfach wieder zu graben.
    Herr Schrobel schaute sich neugierig um zwischen dem grabenden Karl Erich, dem versteinerten Trudchen, der Ausgrabungsstelle sowie dem blauen Bündel daneben und plauderte los: „Ah, gute Idee. Ein Teich?“
    Keine Reaktion.
    „Da werden Sie aber zwischen den Bäumen nicht viel Freude dran haben. Im Herbst verstopfen die fallenden Blätter den Abfluss und die Fische bekommen keine Luft. Hat ein Freund von mir auch schon gemacht, den Fehler.“
    Nun rührte sich Trudchen nach Worten suchend. „Äh, nein, es ist mehr ein… Begräbnis.“
    Herr Schrobel zog die Augenbrauen hoch und blickte nun auf die Plastikroulade mit Wolfgang dem Liebhaber. „Oh, Verzeihung. Wie pietätlos von mir. Wer ist den gestorben.“
    „Äh nein. Es ist…“
    „…meine Schwiegermutter.“ sprang Karl Erich dazwischen, der nun mit dem Graben aufgehört hatte. Trudchen sah ihn entsetzt an. „Was?“
    Auch Herr Schrobel machte große Augen. „A-ha.“
    „Äh ja. Es war ihr letzter Wille zwischen ihren drei Lieblingsbäumen beigesetzt zu werden. In unserer Nähe.“
    Eine Mücke flog kurz in Trudchen Neumann’s offenen Mund, drehte eine kleine Runde und verschwand wieder in Richtung der spärlichen Terrassenbeleuchtung.
    Herr Schrobel musterte noch mal das Bündel. „Ihre Frau Mutter war aber eine stattliche Dame, Frau Nachbarin.“
    Trudchen Neumann erwiderte nun mechanisch Herrn Schrobels Blick und meinte nur: „Äh, ja? Finden Sie?“
    „Entschuldigen Sie.“ Herr Schrobel wurde rot, „Wie unhöflich. Ich spreche ihnen natürlich mein herzliches Beileid aus.“
    Die Neumanns im Chor: „Danke.“
    Schweigen.
    Herr Schrobel wieder entspannt: „Nette Idee. So zwischen den Bäumen, nahe bei der Familie.“
    „Ja, ist Tradition… bei meiner Frau.“
    Trudchen sah Karl Erich nun scharf an.
    „Glückwunsch zu so einem großartigen Familienzusammenhalt, Frau Nachbarin. Das ist ja nicht selbstverständlich heutzutage.“
    Wieder Schweigen.
    Herr Schrobel musterte nachdenklich das vermeintliche Schwiegermutterbündel. Plötzlich runzelte er die Stirn.
    „Wollen Sie’n Bier.“ reagierte Karl Erich.
    Herrn Schrobels Gedanke brach ab. „Oh äh ja, gerne. Warum nicht.“
    Nun sah Karl Erich sich um. „Oh, ich glaube, es ist gar keins mehr da.“
    „Ach, kein Problem. Ich hab noch welches drüben. Ich kann mir auch gerade eins holen gehen.“ Herr Schrobel verbeugte sich leicht „Na, dann bis gleich.“ und ging.
    Neumanns schauten ihm angespannt nach bis er außer Hör- und Sichtweite war, dann begann sie ihn im Flüsterton anzukeifen: „Bist du wahnsinnig? Wieso meine Mutter?“
    „Hattest du eine bessere Idee? Ich musste ja improvisieren als du plötzlich von dem Begräbnis anfingst.“
    Sie verdrehte die Augen. „Ich meinte doch kein echtes Begräbnis! Ich wollte gerade irgendetwas von Abfall aus dem Keller oder so erzählen. Da fingst du plötzlich von meiner Mutter an.“
    Karl Erich verdutzt, „Begräbnis von Abfall? Was soll denn der Quatsch?“
    „Mensch, das ist mir so rausgerutscht. Noch lange kein Grund, meine Mutter für tot zu erklären. Wieso hast du nicht deine Mutter genommen. Die ist wenigstens wirklich schon verstorben.“
    Karl Erich gequält: „Ich wusste nicht, ob ich’s nicht schon mal erwähnt hab. Das hätte den Schrobel nur misstrauisch gemacht.“
    „Ach, was glaubst du, wie misstrauisch der erst wird, wenn meine Mutter nächste Woche zu Besuch kommt?“
    „Was? Wieso kommt die denn schon wieder zu Besuch? Davon hast du mir gar nichts erzählt.“
    „Ist ja auch egal. Doch was machen wir dann?“
    „Na, dann laden wir sie halt aus und nicht mehr ein.“
    „Ha, das könnte dir so passen. Das hast du dir ja schön ausgedacht, dir so meine Mutter vom Leib zu halten.“
    „Das hab ich mir nicht ausgedacht, um…“
    Mittlerweile war die Gesprächslautstärke doch etwas angewachsen, so dass Karl Erich zusammenfuhr als er den unbeirrt lächelnden Herrn Schrobel sich mit seinem Bier wieder nähern sah.
    „Achtung. Schrobel kommt zurück. Dass der auch nie merkt, wenn er unerwünscht ist.“
    „Na hör mal. Du hast ihn schließlich zum Bier eingeladen.“
    „Ich musste doch was tun. Er guckte so komisch misstrauisch. Da… Ach, Ruhe jetzt.“
    „Da bin ich wieder!“ Herr Schrobel hob grinsend bei den letzten Schritten sein Bier in die Höhe.
    „Prost liebe Nachbarn.“
    Karl Erich griff nach seiner letzten Flasche und hob sie ebenfalls, Trudchen winkte kurz mit der Taschenlampe. „Prost.“
    Nach dem Trinken entstand eine kurze unbehagliche Pause nach der Karl Erich schulterzuckend verkündete: „Ja, ich wäre dann so weit. Das Loch ist fertig.“
    Er legte die große Schaufel auf den Rand, drehte sich um und versuchte aus dem Loch heraus mit den Armen umständlich das Schwiegermutterbündel zu sich heran zu ziehen.
    „Warten Sie. Ich helfe Ihnen.“ Herr Schrobel steckte seine noch fast volle Bierflasche in die Tasche seines Morgenmantels, kletterte umständlich über den Zaun (wobei sie ihm wieder heraus fiel) und sprang sogleich zur Grube, um seinen Nachbarn zu unterstützen.
    Karl Erich maunzte: „Ach, das ist doch nicht nötig. Lassense mal.“ Aber Herr Schrobel war nicht zu bremsen. Er stellte sich hinter das Bündel und begann es in das Loch zu schieben. „Das haben wir gleich.“
    Trudchen war wieder wie erstarrt und schaute entgeistert zu, wie Herr Schrobel Ihnen half, eine Leiche zu beseitigen.
    Karl Erich verlor beim Entgegennehmen des Bündels das Gleichgewicht und fiel in dem Grab rückwärts um. Herr Schrobel stolperte dabei vorn über und plumpste ebenfalls in die ausgehobene Grube.
    Diese neue Situation erweckte Frau Neumann aus ihrer Lethargie. Sie legte die Taschenlampe hin und griff ihrer weiblichen Intuition folgend nach der Schaufel, die am Rand lag.
    Herr Schrobel stand als erster wieder auf. Als er den Kopf aus dem Loch streckte und zu Frau Neumann sagte „Ui, das war ein Sturz, was?“ briet sie ihm kräftig eins mit der Schippe über. Er fiel sofort bewusstlos und ernsthaft demoliert auf das Bündel, unter dem sich ihr Karl Erich gerade hervor kämpfte. Der hatte alles mitbekommen, rappelte sich nun auf die Beine und begann mit seiner Frau zu schimpfen.
    „Ja sag mal, bist du denn wahnsinnig? Du hast den Schrobel umgehauen. Wenn der auch tot ist, wie willst denn das erklären?“
    Frau Neumann guckte kurz nachdenklich, sagte dann, „Stimmt, wir brauchen eine plausible Erklärung“, und schlug mit einem zweiten, mittlerweile geübteren Hieb auch ihrem Gatten den Schädel ein. „Dann bist du halt mit ihm abgehauen, irgendwie durchgebrannt“, sprach sie nun zu sich selbst.
    Sie sah sich kurz wie irre um und begann dann eilig das Loch zuzuschütten, in dem die drei verstummten Männer lagen. Dabei war sie nicht zuletzt ob ihrer heutigen Entscheidungsfreude gut gelaunt. Sie redete dabei munter vor sich hin. „Die Geschichte mit meiner Mutter hätte uns eh keiner abgekauft. Wenn die jemand hören würde, der etwas besser beieinander ist als der Schrobel, der würde das sofort durchschauen.“
    Plötzlich hielt sie inne und sah zu dem Haus der Schrobels hinüber, in dem mehrere Zimmer erhellt waren. Da begriff sie, dass ihre Variante, bei der Herr Schrobel im Morgenmantel mit einem Bier mal noch eben zum Nachbarn rüber gegangen war, um dann spontan mit ihrem Mann durchzubrennen, ebenso schwachsinnig war. Ganz abgesehen davon, dass Herr Schrobel seiner Frau vielleicht bei der Gelegenheit des Bierholens von dem Begräbnis im Garten erzählt hatte.
    Sie hatte nur eine Chance. Herr Schrobel musste alleine zu Hause gewesen sein und seine Frau fort, verreist oder selber durchgebrannt.
    Das musste Trudchen nun überprüfen, oder sagen wir ‚sicherstellen’.
    Die Schaufel in der Hand ging sie nun entschlossen auf den Zaun zum Schrobel-Grundstück zu.
    Zum perfekten Verbrechen würde sie die Sache wohl nicht mehr hin biegen. Aber sie war ja auch erst Anfängerin.
  • Dämme bauenDatum21.05.1970 14:46
    Thema von GerateWohl im Forum Diverse
    Dämme bauen

    Statt Terassen zu verglasen
    lieber warten und das
    Glas zu Vasen blasen.
    Und bevor wir auf den Wiesen
    in dem Garten harte Hasen
    mit verquollnen Nasen
    schießen wollen,
    die von wegen Rasenpollen
    durch die Hasenscharte niesen müssen,
    doch nicht sollen,
    sollten wir uns lieber, wie die Biber
    dämmen und verstauen,
    uns das Küssen klemmen,
    schweigen
    und dann lieber schauen,
    den Rest mit Geäst zu verzweigen,
    also Dämme bauen.
  • Die Nasen nebenan sind immer grünerDatum21.05.1970 14:31
    Thema von GerateWohl im Forum Humor und Fröhliches
    Die Nasen nebenan sind immer grüner

    Wer andern an die Nase langt,
    dies meist nicht seinem Intellekt,
    doch seinem langen Arm verdankt.
    Doch ist er halbwegs aufgeweckt,
    erforscht er, wo die eigne prankt.
    Wenn er noch sein Gelenk entdeckt
    (vielleicht weil sich sein Arm verschlankt),
    dann wird die Hand zurück gereckt -
    und sei's zum Schutz nur vor Gestank.
  • KritiegDatum21.05.1970 14:20
    Thema von GerateWohl im Forum Gesellschaft
    Kritieg

    Es herrscht Krieg! Wir haben
    Ausverkauf, ein Dutzend Eigenleben
    zum bemalen, schwarz wie Käfer,
    noch zu haben, gut getarnt vor
    jedem dunklen Hintergrund,
    dabei noch reichlich volksgesund,
    recht tief bewegt
    von den Erschütterungen
    unartgerechter Fütterungen.

    Lieber leg ich noch mal sechse drauf
    denn im Verlauf der ersten Wochen
    wird die Hälfte meist getroffen,
    abgeschossen halt, verschlissen.
    Muss man wissen in der Branche.
    Und vergiss Revange. Tot ist tot.
    Da beißt die Maus den Faden ab,
    man fällt ins Grab.
    Schluss aus.

    Jedoch der Rest verfolgt ein Ziel,
    das laufen kann. Die Munition
    ist ganz egal, der Kopf ist Arsenal.
    Und Schattenspiele decken vieles ab.
    Ein jedem folgt so seine kleine Nacht,
    ein Riss im Licht, der ihm entspricht
    und mit ihm steht und fällt.

    Das Fallen hatten wir bereits.
    Sehn wir, was bleibt.
    Ach ja, der Sieg, das eigne Leben,
    Hände geben.
    Veteranenfotos für die Ahnen.
  • WeichmacherDatum21.05.1970 14:19
    Thema von GerateWohl im Forum Diverse
    Weichmacher

    Mein Wort macht jede Birne weich
    macht jeden Turm dem Boden gleich
    selbst Statuen gehn in die Knie. -
    Welch unerhörte Ironie,
    dass Weichmacher Krebs erregen.
    Das hab ich irgendwo gelesen.

    Und das, obwohl die ollen Krabben
    doch eigentlich die Ruhe weg haben.
    Denn hast du schon einmal gesehn,
    wie die am Strand spazieren gehn?
    Die gehn ja niemals geradeaus,
    mit scharfen Scheren nie voraus.

    Schön seitlich eiern die herum -
    nur Fressen, Nachwuchs, sterben dumm.
    Warscheinlich regt sich ihr Instinkt,
    wenn mein Lenor zum Panzer dringt.
    Dann droht Gefahr, sich zu verletzen,
    weil meine Worte auch noch ätzen.

    Der Paarreim passt da klar rein
    in das Dasein meiner haarklein
    ausgesuchten, raus gefluchten
    Mauseschluchten, weich wie meine
    Weichviehschweine. Reiß die kleine
    Reißziehleine!
    Danke.
  • ReserveDatum21.05.1970 11:53
    Thema von GerateWohl im Forum Diverse

    Reserve

    Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust
    und deren Hälse halten ihre zwei
    Visagen in mein Sichtfeld, ihre Lust
    auf mehr und das verneinende Geschrei.
    Ich mache sicher mit, nur unbewusst.

    Zwei Münder klaffen ach an meinem Haupt.
    Der eine ist mir Windkanal des gut
    gewillten Atems und der andre klaubt
    nur Staub, ein Einschuss voll mit bösem Blut,
    ein dunkles Loch, Gewissen rausgeschraubt.

    Zwei Herzen schlagen ach in meinen Hallen.
    Das erste schlägt die Stunden meiner Zeit,
    begleitet mich, bewacht bei Nacht mein Fallen,
    bei Tag mein Neigen in die Müdigkeit.
    Das zweite schlägt das erste rot mit Krallen.

    Warum verkaufte ich nur Auge, Bein
    und Ohr für diese drei Reserven, die -
    anstatt mein Leben, ach, mein pures Sein
    zu unterfüttern, - mich verzehren wie
    ein jagdverletzter Bär sein Beutevieh?

  • Ein SummenDatum21.05.1970 10:54
    Thema von GerateWohl im Forum Zwischenwelten
    Ein Summen

    Die Zigarette qualmt im Aschenbecher auf dem Nachttisch, fast abgebrannt, und du sagst, jetzt könntest du sterben, und es wäre alles erfüllt.
    Das Radio spielt einen Hit des letzten Sommers.
    Du summst.
    Ich sage, das Leben ist doch keine Illustrierte, aus der man einfach herausreißt, was einem gefällt, und es kommt auch nicht jede Woche ein neues.
    Du verstehst gar nichts, sagst du lächelnd und hast jetzt sogar recht damit.
    Ich verpasse der Zigarette den letzten Zug und summe mit.
  • Liebe ist...Datum21.05.1970 10:43
    Thema von GerateWohl im Forum Humor und Fröhliches
    Liebe ist...

    Manchmal wenn ich uns im Kopf vereine,
    liegen wir perfekt zusammen, stecken
    aneinander wie zwei Legosteine,
    und ich löffle dich mit meinem Becken

    in stabiler Seitenlage, wiege
    meinen Kopf verträumt in deinen Haaren,
    und mein rechter Arm, auf dem ich liege,
    fühlt sich nicht mal an wie überfahren.

    Doch das Bett ist viel zu hart, und deine
    wuscheligen Stachelhaare stechen,
    meine Schulter schmerzt und deine Beine
    quetschen mich, als wollten sie sich rächen.

    Alle Freiheitsgrade, mich zu rühren,
    sind schon ausprobiert. Ich fühl mich kläglich,
    ohne erst den Schmerz ins Feld zu führen.
    Lass uns aufstehn, Schatz, dann wird's erträglich.
  • Ein VerlustDatum21.05.1970 10:33
    Thema von GerateWohl im Forum Diverse
    Ein Verlust

    Ein Verlust an Würde, ein verlorenes Gesicht,
    ein Maskenbild der Pflicht zur Außensicht
    verfällt in lahme Trance. Der Rest
    ergreift die Chance und angelt
    in der Anrauhlauge rundherum
    nach seiner Nase, Mund und Auge.
    Nur das Ohr vermisst er nicht,
    solange nur die eigne Stimme spricht
    und sogar ignoriert,
    wenn vom Geschrei der anderen
    dabei sein ganzer Körperbau vibriert.
  • VerlassDatum21.05.1970 10:29
    Thema von GerateWohl im Forum Liebe und Leidenschaft
    Verlass

    Ihre linke Hand geht einfach
    fort, zur Tür hinaus, und
    nimmt sich dabei von ihr mit,
    soviel sie tragen kann -
    die Hälfte fast, so schätze ich.

    Der Rest in meinem Arm
    lächelt - vielleicht -
    zwinkert oder schläft?
    Ich kann geteilte Gesichter
    einfach nicht mehr lesen.

    Als ich aufstehe,
    die Tür zu schließen,
    falle ich hin, und bemerke, dass
    die linke meine rechte Hand
    wohl doch
    noch immer halten muss.
  • Am SeeDatum21.05.1970 09:14
    Thema von GerateWohl im Forum Liebe und Leidenschaft
    Am See

    Der Schlaf spielt gern Streiche,
    und Erinnerungen fallen irgendwann
    wie überreife Früchte auf den Waldboden.

    Doch es ist Tag.
    Ein törichter greiser Windhauch,
    der sich einst in langen dunklen Locken fing,
    fällt aus meinem offenen Mund in beide Hände.

    Ich spreize die Finger,
    der See erwacht blinzelnd,
    und im seichten Wasser weckt
    ein stiller Sandsturm die Frösche.

    Ein altes, mir vertrautes Lied
    erzählt von einem Mädchen,
    das Fische mit der Schürze fängt,
    und es lächelt mir zu.
  • Thema von GerateWohl im Forum Märchen, Fabeln, Sci-F...
    Die Fabel vom Löwen und dem Versuchskaninchen

    Na, du kommst mir ja gerade recht, dachte der Löwe als er das kleine erschreckte Kaninchen vor sich sitzen sah. Es zitterte wie Espenlaub und stammelte, der Löwe möge es doch laufen lassen. Es sei gerade erst aus dem Versuchslabor entkommen und in der freudigen Erregung der neugewonnenen Freiheit unachtsam einfach über die offene Lichtung gelaufen. Und nun stehe es da und bereue diesen Fehler zutiefst.

    Der Löwe hörte amüsiert zu und ließ sich seinen Appetit durch diese rührende Geschichte noch versüßen. Als das Kaninchen das Lächeln des Löwen sah, gewann es wieder neuen Mut und sagte halbwegs gelassen, es ginge dann mal, und wendete sich zum Weghoppeln. Der Löwe sah ihm einige Meter dabei zu, sprang dann mit einem kräftigen Satz hinterher und fraß das Versuchskaninchen auf.

    Schlechte Idee! Sein Fell begann sich innerhalb von wenigen Tagen grün zu färben, und er dachte, verflixt, sehe ich doof aus! Die Affen, die keine Angst kannten, lachten schon über ihn. Hey, Eure Majestät. Was für ein frischer Teint. Warum so mürrisch? Ist euch das peinlich? Ach, wartet ab und lasst doch Gras über die Sache wachsen. Ach so. Bringt ja nichts. Sähe ja eh gleich aus. Hahaha.

    Der Löwe mied fortan die Affenterritorien. Er machte aus der Not eine Tugend und jagte fortan auch nicht mehr in der Savanne, sondern im Wald, wo er äußerlich durch sein Fell nun gut getarnt war. Doch hatte er durch die Versuchschemikalien in dem Kaninchen zudem auch noch Heuschnupfen bekommen und musste zwischen den keimenden Pflanzen immerzu niesen. Hatschi! Weg war die aufgeschreckte Beute.

    Mit der Zeit wurde er deshalb dünner und dünner bis er nur noch Haut und Knochen war. Nach einem Jahr wuchsen an seinen Rippen und Rückgrat dicke Ligusterblätter. Nun fühlte er sich wirklich lächerlich und und mied alle Tiere seiner Umgebung, selbst die Aasfresser. Aber die mied sowieso jeder. Er trank auch kein Wasser mehr - aus Angst, das Grünzeug an ihm könnte dadurch weiter wuchern.

    Als er dem Verdursten nahe war, resigniert und geschwächt am Boden lag, begann es sturzbachartig zu regnen. Seine Löwenhaut spannte sich unter den Wassermassen und wurde hart wie Ton. Die Blätter brachen von ihm ab und sein tönerner Körper wurde nach einer Weile wieder weich. Der Durst war verschwunden. Das herabgefallene Wasser schien seinen Körper kraftvoll zu durchströmen. Reflexartig wollte er majestätisch aufbrüllen, doch es kam kein Ton. Er wusste nicht mehr wo er war. Wie ein Sandhaufen wurde sein Körper vom Regenfall auseinandergespühlt und floss in einem entstandenen Sturzbach zum See des Waldes, der daraufhin überdüngt wurde und umkippte und das Ökosystem des Urwalds zum kollabieren brachte.

    Und die Moral von der Geschichte:
    Wenn du denkst, es kann nicht mehr schlimmer werden, hast du noch kein Versuchskaninchen gegessen.


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