#1

Auf den Grund

in Liebe und Leidenschaft 01.05.2007 14:05
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Auf den Grund

Wieder tauche ich zu dir,
um die Tiefe zu erreichen.
Ich beschwere mich dafür.
So beginnen wir zu streiten.

Und ich dreh dich auf den Rücken,
dass du hilflos vor mir liegst.
Alles Strampeln wird nichts nützen,
weil du mich so nie besiegst.

Doch du springst auf meinen Bauch
und zerkratzt mir das Gesicht,
sagst dabei, das kannst du auch,
nur mich hassen kannst du nicht.

Wir zwei schreien uns ins Ohr
und vermissen unser Glück,
und schlägt einer mal was vor,
schlägt der andre gleich zurück.

Wir beschimpfen uns und fluchen,
können Worte gut verdrehn,
ohne wirklich zu versuchen,
uns einander zu verstehn.

Wenn das irgendwie verfliegt -
ob die Kraft uns nun verlässt
oder einer sogar siegt -
Halten wir uns tröstend fest.

Erstmal richten wir uns hin,
danach richten wir uns her.
Um uns auf den Grund zu gehn,
machen wir uns beide schwer.

_____________________________________
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#2

Auf den Grund

in Liebe und Leidenschaft 01.05.2007 20:11
von Erebus (gelöscht)
avatar
Hallo GW,

Du beschwörst da eine Szenerie, die - so wohlbekannt - doch gruseln läßt, wenigstens mich: den Kampf in einer Beziehung, vielleicht Machtkampf oder einer um Anerkennung, wer weiß.
Jedenfalls scheinen Verstehen oder Verständnis zu fehlen, oder doch nicht übereinzukomen, so dass mich das ganze an eine Beziehung mit einer schweren Bürde erinnert.

Interresant finde ich die Sicht des LI "von oben": per se eine schwierige Konstellation, denn sie impliziert ja ein Rechthaben.
Ob ich dem Schlusssatz so zustimmen kann weiß ich nicht - jedenfalls erschien er mir zunächst zu kurz gegriffen: das die ganze Verwicklung daraus resultiert, das sich LI und LD gegenseitig auf den Grund gehen wollen.
Nun ja, dahinter muß ja nicht unbedingt der Wunsch stecken, den anderen zu verstehen. Dies wird ja in S5 gewissermaßen negiert.

Die Sprache ist direkt und alltäglich, die Verse kommen ohne Umschweife zum Kern. Das gefällt mir gut.
Wie das LD aus der Rückenlage dann auf den Bauch des LI gelangt ist zwar etwas diffus - ansonsten aber einwandfrei und durchgängig kompakt zu lesen.
Insbesondere gefällt mir die letzte Strophe das Spiel mit dem "richten". Aus dem Hinrichten wird das -überraschende- Herrichten, dann der Anklang vom Zugrunderichten, und das fehlen des Aufrichtens.
So hat das ganze etwas sehr Reales und Nachvollziehbares

Lieber Gruß
Ulrich


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#3

Auf den Grund

in Liebe und Leidenschaft 03.05.2007 12:54
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

Zitat:

GerateWohl schrieb am 01.05.2007 14:05 Uhr:
Auf den Grund

Wieder tauche ich zu dir,
um dich unten zu erreichen.
Ich beschwere mich dafür,
und wir fangen an zu streiten,

und ich dreh dich auf den Rücken,
dass du auf dem Panzer liegst.
Alles Strampeln wird nichts nützen,
weil du mich so nie besiegst.

Dann springst du auf meinen Bauch
und zerkratzt mir das Gesicht,
und sagst, doch, das könntst du auch,
nur mich hassen könntst du nicht.

Wir beschimpfen uns und fluchen,
können Worte gut verdrehn,
ohne einmal zu versuchen,
uns einander zu verstehn.

Und wir schreien uns ins Ohr
und vermissen unser Glück,
und schlägt einer mal was vor,
schlägt der andre gleich zurück.

Wenn das irgendwie verfliegt -
ob die Kraft uns nun verlässt
oder einer sogar siegt -
Halten wir uns tröstend fest.

Erstmal richten wir uns hin,
und dann richten wir uns her.
Um uns auf den Grund zu gehn,
machen wir uns beide schwer.




hallo GW

ja der Panzer störte mich auch.
die evozierte Schildkröte kann ja schlecht aufspringen und einem das Gesicht zerkratzen.
würdest du aber S2Z2 bildlich neutral belassen, ergäbe sich daraus auch die passende erzwungene Unterwürfigkeitspose, die ja sowohl auf Feliden wie auch auf Hominiden zutreffen würde.
sowas in der Art vielleicht:
und ich dreh dich auf den Rücken,
dass du offen vor mir liegst.
Alles Strampeln wird nichts nützen,
weil du mich so nie besiegst.

die Assonanz in dieser Strophe war mir gar nicht groß aufgefallen, es wirkte also nicht unsauber. allerdings fehlt sie mir dann auffällig in der letzten Strophe.

Gruß
Alcedo

e-Gut
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#4

Auf den Grund

in Liebe und Leidenschaft 05.05.2007 15:36
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hi GW,

das trochäische Versmaß liest man meines Erachtens im Vergleich zum jambischen weniger oft. Insofern bin ich der durch die Trochäen verursachten treibenden, fast peitschenden Lesart sehr aufgeschlossen; inhaltlich passt das ja auch ganz gut.

Sprachlich sehr unschön sind allerdings die vielen "und am Zeilenanfang. Da sie aufgrund des Versmaßes nun zu allem Unglück auch noch alle betont werden, klingen die Zeilen wie die Erzählung eines Grundschülers und... und... und....

Da solltest Du unbedingt noch mal etwas dran drehen, denn das zieht für mich den ganzen Text hinunter. Dabei sagen mir Themen wie dieses ebenso zu wie eine einfach Sprache, auch finden sich einige hübsche Formulierungen. Eigentlich also alles enthalten, woraus für mich ein gutes Gedicht gemacht werden könnte. Dennoch wirkt das Gedicht so - und das mag vielleicht nur den "unds" zu verdanken sein -, als hättest Du auf jedweden Feinschliff verzichtet und das Teil einfach mal rausgehauen. Ach ja: zu lang ist es mir auch noch ...

Nee, damit überzeugst Du mich in der Form nicht. Aber es wäre schön, wenn Du nochmal Hand anlegst, denn hier lässt sich sicher noch was reißen.

Grüße,

Don

Des Paten Missetaten

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#5

Auf den Grund

in Liebe und Leidenschaft 06.05.2007 14:46
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Erebus, Alcedo, Don,

vielen Dank für Eure erleuchtenden Kommentare!

@Erebus: Das mit dem von oben kommen war eigentlich durchaus in der Hinsicht gemeint, dass das lyrDu möglicherweise zum Einen dazu neigt, die Dinge tiefer zu betrachten, aber zum Anderen evtl. auch einen Hang zur Schwermut hat. Dennoch finde ich das erst einmal wertfrei. Dennoch hast Du recht, die beiden treffen sich hier nicht wirklich in der Mitte, aber würden sie das, würden sie sich wahrscheinlich auch nicht streiten. Ich erhebe hier bei dem lyrI auch keinen Anspruch auf Objektivität. Es agiert und betrachtet sehr subjetiv. So denkt es ja auch in der zweiten Strophe, das lyrDu sei ihm ausgeliefert und unterlegen, was sich in der 3. ja als Irrtum darstellt. Mit Deinem Einwand bzgl. des Schlusses hast Du natürlich recht. Das löst sich hier nicht gänzlich auf. Muss es ja aber vielleicht auch nicht.
Danke Dir vielmals für die hilfreiche Auseinandersetzung. Sie führte dazu, dass ich mich nochmal eingehender mit den Zeilen befasst habe.

@Alcedo: Ja, Dein Einwand mit der Kröte hat mich überzeugt. Hab das geändert. Erst dachte ich noch, o.k., lyrDu liegt da, könnte ja aber lyrI festhalten. Aber dann fand ich keine entsprechenden Formulierungen. Ich denke so ist's passabel gelöst.
Und "hin" und "gehn"... ja, Du hast sicher recht. Mehr als grenzwertig. Ich hatte den Text auch mehr so wie einen Song als wie ein Gedicht geschrieben. Da funktioniert sowas ja eher. Hm. Ich glaube, muss es erstmal dennoch vertretbar finden. Mal sehen, wie ich darüber denke, wenn ich in einem halben Jahr nochmal draufschaue.
Danke Dir für das Feedback.

@Don: Die Unds! Ja, die hab ich mir nochmal vorgeknöpft. Wie gesagt, ich hatte wieder eher einen Song im Ohr. Da stören solche Unds nicht weiter, beim Gedicht schon. In der 4. hab ich mehrere Alternativen probiert, finde da aber, dass die Strophe genauso ist, wie ich sie möchte und dieses leicht Treibende der Und-Sätze hier sehr mag. Dennoch waren es zuvor definitiv zu viele. Danke für den Hinweis. Jetzt gefällt's mir auch besser.

Viele Grüße,
GW

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#6

Auf den Grund

in Liebe und Leidenschaft 18.05.2007 18:02
von kein Name angegeben • ( Gast )
Hallo GW,
auf den Grund zu tauchen ist manchmal wichtig und doch wenn man zerkratzt wird, sollte man es lieber lassen.
Timo
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