#1

Abgetrieben

in Gesellschaft 19.07.2006 12:07
von Fabian Probst (gelöscht)
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Abgetrieben

Auf seichten Wellen treibt ein Boot
ins Nichts aus der Verpflichtung.
Darin ein altes Gnadenbrot
mit schimmliger Beschichtung.

Die Nacht entsternt, kein Echolot
weist Ziel und grobe Richtung.
In Händen hält es, nah dem Tod,
den Meister früher Dichtung.

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#2

Abgetrieben

in Gesellschaft 20.07.2006 11:52
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hi Fabian,

beim ersten Lesen dachte ich: ach, wie schön, so schwermütig. Beim zweiten Lesen überwog jedoch ein stirngerunzeltes Häh?.

Strophe 1 versteh ich noch dahingehend, dass jemand oder etwas frei wird. Zunächst vermutete ich noch, dass jemand aus dem Leben geschieden ist, doch scheinen hier doch andere Wege beschritten zuwerden. Auf jeden Fall wurde von denjenigen, die das lyrIch "entpflichtet" haben, nur scheinbar großzügig ein Gnadenbrot beigelegt, in Wirklichkeit ist es bereits verschimmelt. An eine Kündigung und Abfindung könnte man in dem Zusammenhang auch noch denken.

Strophe 2 zeigt nun auf, wie sehr das lyrIch dadurch aus der Bahn geworfen wird. Ziel- und hoffnungslos lässt es sich treiben in düstrer Nacht. Aber welchen Meister früher Dichtung hält es in den Händen? Und ist wirklich ein Meister der frühen Dichtung (welche ist das?) oder ein früherer Meister der Dichtung gemeint? Und wer hält da jetzt eigentlich genau das Buch in den Händen, Syntax und Inhalt folgend wäre das eigentlich...das Boot !

Arbeitslos, hoffnungslos, deppressiv und mit Suizidgedanken, dabei Goethe lesend(häh?), das scheint mir die Quintessenz zu sein, die ich mir herausziehe, oder dass das wirklich passt.

In Strophe 2 Z.3 holpert zudem das Metrum, denn oder auf der zweiten Silbe zu betonen, bin ich nicht bereit, daran kann man sicher noch bauen.
gibt Hilfe oder Richtung
statt Hilfe sind natürlich zig Alternativen denkbar: Auskunft, Halt mir etc.

Die Reime sind allerdings gelungen. Dennoch, so richtig funktionieren Deine Zeilen bei mir nicht, sorry,

Gruß,

Don

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#3

Abgetrieben

in Gesellschaft 20.07.2006 12:24
von Fabian Probst (gelöscht)
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Danke für den Hinweis mit dem "oder". Es war mir beim schreiben nicht aufgefallen.

Eigentlich ist es nur eine Spielerei bzw. Spinnerei.
Es war eine Reaktion auf die Tatsache, dass bei den meisten Ausschreibeungen und Wettbewerben die freie Form des Schreibens scheinbar sehr bevorzugt wird gegenüber den klassischen, in Reimform. (was ich hier mit "früh" meine).
Ich persönlich beginne beim Schreiben immer wieder zu reimen, auch wenn ich das nicht vorhabe. Der Trend geht in die andere Richtung.

Die seichten Wellen stehen für die freie Form.
Der Dichter, der sich immer der klassischen Form verpflichtet fühlte, gibt auf (treibt ins Nichts).

Das schimmlige Gnadenbrot sind die vergessenen oder abgelehnten Reim-Gedichte.
Das Brot hält den Meister in Händen (ob das Sinn macht, weiß ich auch nicht. Es war die Assoziation, dass sich der "frühe Dichter" über seine Werke definiert, aber wie ich schon sagte, es ist nur Spielerei gewesen. Die Alternative wäre, in der letzten Zeile "der" statt "den" zu schreiben. Dann hielte der Meister das Brot und nicht das Brot den Meister.

Ist das plausibel? Ich habe keine Ahnung.

Übrigens will ich die so genannte freie Form nicht schlecht machen, aber ich kann mit den meisten Texten nichts anfangen, die mir so im Internet als Schwemme entgegen fluten.

lg,Fabian

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