#1

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 09.12.2007 10:52
von bas[ti]an (gelöscht)
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das 43. Sonett,
das tiefe, auch heute fühlbare Gedanken in der
klassisch- harmonischen Form Shakespeares ausspricht:


When most I wink, then do mine eyes best see,
For all the day they view things unrespected;
But when I sleep, in dreams they look on thee,
And darkly bright, are bright in dark directed.

Then thou, whose shadow shadows doth make bright,
How would thy shadows form form happy show
To the clear day with thy much clearer light,
When to unseeing eyes thy shade shines so!

How would (I say) mine eyes be blessed made
By looking on thee in the living day,
When dead night thy fair imperfected shade
Through heavy sleep on sightless eyes doth stay!

All days are nights to see, till I see thee,
And nights bright days when dreams do show thee me.


in klassischer Übertragung von
Karl Simrock (1802-1876) und Friedrich Bodenstedt (1810-1892)


Am besten seh`ich, schließt mein Auge sich,
denn nichts gefällt ihm bei des Tages Wacht;
allein im Traum, im Schlummer sieht es dich,
und nächtlich hell schaut hell es in die Nacht.

Du, dessen Schatten Schatten selbst verklärt,
wie müßt` den hellen Tag dein Urbild erst
verklären, Glanz im hellerm Glanz genährt,
da du selbst Blinde Schatten sehen lehrst.

Wie würd`es meine Augen hoch beglücken,
dich selbst zu schauen am lebendigen Tag,
da schon dein bloßer Schatten solch Entzücken
in toter Nacht zu spenden mir vermag!

Der Tag wird mir zur Nacht, seh` ich dich nicht,
die Nacht zum Tag, zeigt dich mein Traumgesicht.



in der Umdichtung von Stefan George (1868-1933)


Mein Auge sieht am besten, schließt es sich,
da es sich tags an nichtige Dinge wendet.
Doch, schlaf ich, blickt in Träumen es auf dich,
ist nächtig-hell, hell in die Nacht gesendet.

Denn du, deß Schatten hell durch Schatten bricht,
wie machte deines Schatten Form erst froh.
Den klaren Tag durch dein viel klarer Licht,
glänzt schon geschloss`nem Aug`dein Schatten so!

Wie, sag ich, wär`des Auges Glück erst groß,
wenn es dich sähe im lebendigen Tag,
da schon in toter Nacht dein Schatten bloß
durch schweren Schlaf vor blinden Augen lag.

Tag ist wie Nacht zu sehn, eh ich dich sah,
Nacht heller Tag, bringt dich der Traum mir nah.
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#2

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 09.12.2007 17:35
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Mir sagt bei der Umdichtung ins Deutsche auf jeden Fall Stefan George mehr zu.
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#3

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 09.12.2007 22:26
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
kann mir bitte jemand Shakespeares Original durchixen? mich würde das Metrumschema interessieren.

@bastian:
hast du da Tippfehler drin?:
Z6: Komma zwischen: form, form
Z11: fair imperfect shade <- "imperfect" ohne die ed-Endung


e-Gut
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#4

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 10.12.2007 00:42
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Ich besitze nicht das Original, habe vergeblich danach gesucht. Übersetzungen und Nachdichtungen gibt es eine Menge.

Wenn Obiges das Original ist,
so lese ich es folgendermaßen:

xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxXx
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxXx

xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX
XxXXxXxXxX
XxXXxXxXxX

xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX

xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX
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#5

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 10.12.2007 10:47
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
By looking on thee in the living day,
diese Zeile wird auch rein jambisch betont?

ich lese das immer: xXxxXxxXxX
da es mich sträubt das "on" und das "in" zu betonen,
mir ist aber auch das Englische nicht sehr geläufig.

merci
Alcedo

e-Gut
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#6

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 10.12.2007 11:20
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
@ Alcedo
(Schwächer als ich wirst Du kaum in Englisch sein.)
Ich versuchte es nochmals, kam zuerst auch auf Deine Betonung.
Das liegt daran, wenn man aus dem Zusammenhang versucht ist
die Zeile zu lesen
By looking on thee in the living day ,
(xXxxXxxXxX)
dabei vergißt man die Sprechpause nach By looking on;
in diesem Fall wird looking-on zusammengehörend gesprochen,
was dann ergibt:
xXxX xXxXxX .

Das ist meine Erklärung, die ich mir selbst gestrickt habe.
Joame
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#7

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 10.12.2007 11:50
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
ja, das looking-on ist eine plausible Erklärung. ich wußte nicht dass es zusammen gehört.

Gruß
Alcedo

e-Gut
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#8

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 10.12.2007 12:00
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Aber die Hand lege ich dafür nicht ins Feuer, weil ich ja schwach in Englisch bin.(Meine Oxford-Englisch-Professorin traf ich zufällig vorgestern, geistig topfit, sieht erst aus wie 85. Sie riet 'Lesen,Lesen,Lesen! Die hat gut reden, wo sie ganzen Tag mit ihrem Mann auf englisch quatschen kann. Ich bräuchte für eine Seite zum Lesen einige Nachschlagwerke und das bedeutet tagelanges unerfreuliches Buchstabieren. Schade daß sie kein Internet hat; ihre Kenntnisse könnte ich oft gebrauchen. Es wäre überhaupt eine gute Paarung: ihr Wissen und meine Intelligenz! )
Gruß - und hoffentlich kann jemand das so ähnlich bestätigen, wie ich es auslegte.
Joame
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#9

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 10.12.2007 16:46
von bas[ti]an (gelöscht)
avatar
@ joame und alcedo

@ joame

Zitat:

Mir sagt bei der Umdichtung ins Deutsche auf jeden Fall Stefan George mehr zu.



ich kann mich da nicht so recht entscheiden, da ich diese Passage von der Bodenstedt Übersetzung sehr gelungen finde:

allein im Traum, im Schlummer sieht es dich,
und nächtlich hell schaut hell es in die Nacht.



die andere Übersetzung sagt mir aber auch sehr zu...die Quelle des Textes stammt glaube ich aus Weimar, weiß aber nicht ob dies das Original ist...aber ich schau nochmal in dem Buch nach...es hat auch noch andere Übersetzungen, ich glaube noch zwei, weiß nicht genau..ist so eine Art Sammelband Shakespeares


@alcedo

leider bin ich mit dieser Art von englischkenntniss auch nicht so vertraut , deswegen kann ich mich auch sprachwissenschaftlich gar nicht dazu äußern, jedoch kann ich nochmals nachschauen, ob ich tippfehler drin habe, ist durchaus möglich, kann ich dir aber morgen erst mitteilen...


LG basti
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#10

William Shakespeare (1564-1616)

in Rumpelkammer 10.12.2007 17:33
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
@ basti
Schönen Tag! Inzwischen habe ich so viele Übersetzungen gelesen, da werde ich bald auch eine eigne wagen !!!
Bitte stets Quellenangaben beifügen, damit man eventuell nachlesen kann - bzw. Du hättest es aus einem Buch, dann bin ich gerne mit dieser Mitteilung zufrieden und beneide
Dich nur etwas.
Gruß von Joame
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