#1

Herbst

in Diverse 05.08.2007 19:22
von bipontina (gelöscht)
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Das Rauchgras zittert.
Astern blühn. Der See erschauert schwer im Grunde
und alle Blätter flüstern's leis im Wind,
daß sich der Herbst erbittert
seinen Weg erkämpft, er weit in alle Runde
seine Farben streut, in alle Wasser rinnt
und Nebel sät.

Die Erde wittert
den nahen Frost in früher Dämmerstunde,
wenn Mond und Sonne schweigend sind.
Und selbst der Tod sieht jäh erschüttert -
ist es ihm denn gewollte Kunde? -
daß Frühlings heißgeliebtes Rosenkind
in seine Hand gerät.

Der Herbst ist nah.
Die Erde bleicht und halbzerfressen sinkt der Sommer
in sein aus rotem Laub gehobnes Grab.
Der Sommer weiß, daß über's halbe Jahr
er aufersteht als Lichter, Frommer,
Leuchtender, der alles gab -
und er verzeiht.

Schwarz hängt die Rah:
war gestern noch das zarte Birkensamt,
war gestern noch der Pappel dunkler Glanz.
Die schwere Traube spürt, was heut geschah:
zu süßer Schwermut ward nur sie allein verdammt,
denn selbst die Schlehe stürzt zum Todestanz-
D e r H e r b s t g e d e i h t !
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#2

Herbst

in Diverse 06.08.2007 12:26
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hallo bipontina

Mir gefällt die düstere Stimmung, die Du hier vermittelst. Ein paar wirklich bildhafte Zeilen hast Du gefunden: der halbzerfressene Sommer / das rote Laubgrab etc. .... da lacht mein Herbstherz!

Das Reimschema ist ungewöhnlich und auch nicht ganz konsequent durchgehalten ... ich hab’s mal (eher für mich selbst) aufgezeichnet abcabcd/abcabcd/efgefgh/eikeikh ..... aber trotzdem wirkt das Gedicht dadurch durchdacht und trägt den Inhalt durch die weitschweifigen Lautübereinstimmungen.

Was Du aber mit den Zeilenschaltungen aussagen willst, entzieht sich meiner Kenntnis. Die sind – meines Erachtens – willkürlich gesetzt, bzw. dort, wo Du reimst. Es ist aber nicht nötig den Leser mit der Nase darauf zu stossen. Er merkt das schon selbst ... besser wäre es, die Zeilen dort zu brechen, wo es inhaltlich nachvollziehbar ist, bzw. wo Du denkst, jetzt kommt was Wichtiges/Anderes/Neues ... etc.

An zwei Stellen habe ich zuerst falsch gelesen: seinen Weg erkämpft, er weit in alle Runde... hier einen Strichpunkt, da Aufzählung und Die Erde bleicht und halbzerfressen sinkt der Sommer ... vor dem 'und' ein Komma. In der letzten Zeile das ‚gedeiht’ bitte klein schreiben und schon habe ich nichts mehr zu meckern...

Hat mir gut gefallen!
Gruss
Margot

Die Frau in Rot

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#3

Herbst

in Diverse 06.08.2007 19:53
von bipontina (gelöscht)
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hallo, Margot, ich bin ganz erstaunt, daß ich mal wieder einen Kommentar bekomme zu einem meiner Gedichte!
Die letzte Zeile wollte ich eigentlich ganz in Versalien schreiben, aber das erschien mir dann zu angeberisch. Spationieren: das Gleiche. Es sollte ja auch mit der letzten Zeile so ein wenig Aplomb reinkommen, dieses Endgültige.
Die Zeilenschaltungen sollen deutlich machen, daß da immer wieder ein - wenn auch geringer - Zeitabstand geschildert wird.
Was die Interpunktion betrifft: ich habe gemerkt, daß hier allgemein nicht sehr viel Wert darauf gelegt wird. Mir dient sie dazu, Klarheit zu schaffen, denn sie ist ja auch eine Interpretationshilfe.
Was dieZeilenbrechung betrifft: die hab ich mir in jungen Jahren von J. Weinheber ins Blut gesogen, davon wieder wegzukommen ist für mich gar nicht so erstrebenswert.
Warte, bis ich mein Frühlingsgedicht einstelle ( die Krönung meiner bisherigen Oeuvres), da hab ich in der Schlußzeile auch Versalien! (Oder Spationierung)
Vielen lieben Dank,daß Du gelesen hast!

Lieben Gruß: bipontina
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#4

Herbst

in Diverse 06.08.2007 21:19
von supikatzi (gelöscht)
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Hallo bipontina,

von allen deinen hier eingestellten Werken gefällt mir dieses am besten.
Das Reimschema ist sehr interessant:
Eigentlich ist es gar keines, denn die Reimworte sind willkürlich und durch die Brüche ergeben
unterschiedlich lange Zeilen.
Die Fremdworte, die du in der Antwort an Margot benutzt hast, sagen mir nichts, ich weiß nicht,
ob ich googeln sollte, was ich in solchen Fällen meistens mache.
Hier kommen sie mir sehr vordergründig vor und irgendwie werde ich dads Gefühl nicht los,
dass du hier ein Exempel statuierst.

Die Beschreibung des Herbstes gefällt mir.
Auch die Art der Zeilen- und Worsetzung.
Dieses Gedicht braucht keine Verbesserung.
Es ist, wie es ist (nein, ich nin kein Friedanhänger) und es ist gut so - bis auf das Wort "gedeiht",
das du noch korrigieren musst:
Es wird kleingeschrieben.

Lieben Gruß,
sk
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#5

Herbst

in Diverse 06.08.2007 21:35
von bipontina (gelöscht)
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ach, die Fremdwörter beziehen sich nur auf Schriftgröße und -art. Hab mal ne
Weile in einer Uralt-Druckerei gearbeitet, lange vor den Neuerungen (und d i e sind schon Dezennien alt);
die letzte Zeile des Gedichtes sollte im Grunde wirklich soo geschrieben werden:
d e r H e r b s t g e d e i h t !! aber - s.o. - es schien mir zu aufmerksamkeitheischend.

Ich freue mich sehr, daß Du Dich überhaupt mit dem Poem befaßthast, normalerweise bekomme ich kaum "Rückmeldungen=Kommentare".

lieben Gruß von bipontina
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