#1

Öde Ufer

in Düsteres und Trübsinniges 24.11.2006 20:57
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Öde Ufer

Öde Ufer geh ich lang,
öd und öd und öder;
kein Laut: kein Rascheln,
kein Vogelgesang,
weder, weder, weder...

An glatter Betonwand,
wie ich nun seh,
klebt schmutziger Flockenschaum.
Von weitem erschien er mir
weiß wie Schnee,
schmucker als Zucker im Lichterbaum.

Durch das Trübe wat ich hin,
trüb und trüb und trüber;
ein müdes Fischlein
zerschwimmt bald darin,
müd und müd und müder...

Auf dunkelsten Wellen
leuchten sie auf,
die Regenbogennarben,
auf halbtoten Schuppen
brechen sich auch
die gleichen grellen Farben.

Schmutziger Schnee,
schmutziger Schnee
treibt näher, immer näher;
schmutziger Schnee,
schmutziger Schnee,
weh und weh und weher...

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#2

Öde Ufer

in Düsteres und Trübsinniges 02.12.2006 11:01
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Alcedo!

Dieses 'Grüne Gedicht' das vom Grau, vom Trüben spricht
ist verständlich, bedrückt auch gar sehr.
Der Singsang betont es noch etwas mehr.
fast wie ein Kinderlied, doch das ist es nicht!
Den Zustand verursacht hat Profitgier der Alten,
die diesen Globus zugrunde verwalten,
weil Gewinn mehr bedeutet als alles auf Erden;
Ich weiß, daß Kinder zu Alten werden.

Gruß
Joame

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#3

Öde Ufer

in Düsteres und Trübsinniges 02.12.2006 11:14
von Primel (gelöscht)
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@Alcedo

ob dies nur eine vereinzelte Reaktion und recht subjektiv ist, kann ich freilich nicht beantworten, doch schlug mir die Schlusszeile die Freude zurück in den Schlund und ich schluckte!
Dieses "...weher" zwang mich den Text noch einmal zu lesen, um mich zu vergewissern, dass er nicht unter "Humor..." gesetzt wurde. Reminiszensen an Ringelnatz bieten sich an (Regen wird noch regener...)
Leider habe ich keine Alternative anzubieten.

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#4

Öde Ufer

in Düsteres und Trübsinniges 02.12.2006 16:35
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
@Joame:
freut mich, wenn der Singsang bedrückend wirkt.
je weher desto besser

@Primel:
Ringelnatz? nicht doch! eher Mörike! (und bitte humorlos)

kennst du seine erotische Lyrik nicht? hat zwar nichts mit meinen düsteren Versen zu tun, aber ich bringe dir Mörike zur Verteidigung meines letzten Wortes.

Gruß
Alcedo

------------------------------------

Die Lieb, die Lieb hat alle Stund
Neu wunderlich Gelüsten;
Wir bissen uns die Lippen wund,
Da wir uns heute küßten.
Das Mädchen hielt in guter Ruh,
Wie’s Lämmlein unterm Messer;
Ihr Auge bat: nur immer zu,
Je weher, desto besser!

- Eduard Mörike (1804-1875) -


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#5

Öde Ufer

in Düsteres und Trübsinniges 02.12.2006 16:55
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
@ Alcedo

Um sicher zu gehen, betone ich noch extra:
keineswegs abwertend aufzufassen sei meine Bezeichnung,
weder 'Grünes Gedicht' noch 'Singsang'.
Es ist ja klar, so war es gewollt

Gruß
Joame

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#6

Öde Ufer

in Düsteres und Trübsinniges 04.12.2006 11:37
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
hi Alcedo,
nun übertreibst Du estwas, oder war es eine Reminizenz an den "Grünen Parteitag?"
Im Kern stimme ich überein aber die apokalyptische Szenerie kommt mir so vor wie die Medienberichte, nur Angst schüren. (es sei denn Dein lyr. I, war am Ufer in China, Indien,Pakistan,USA)
Gruss
Knud

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#7

Öde Ufer

in Düsteres und Trübsinniges 06.12.2006 05:21
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
@Joame:
schon klar.
ich hatte es nicht abwertend verstanden.

@Knud:
ein Parteitag? nein, nein. (eher schreib ich über Hunde als über Parteitage - will heißen: never!)
die Ursprungsversion ist 1989 entstanden. als Reaktion auf einen Kulturschock der anderen Art, den ich erlitten hatte, nachdem ich im zersiedelten Neckartal landete. nie zuvor hatte ich einen Fluss gesehen dermaßen in Beton und Stahlspundwänden eingezwängt, wie den Neckar dort an der Staustufe Esslingen. die fehlende Vegetation und die frappierende Artenarmut taten ihr übriges. ich kam dort regelmässig vorbei auf dem Weg zur Arbeit und konnte nicht verstehen wie man das Gewässer so lieblos an der Stadt vorbeizwängen konnte. ob es auch heute dort noch so schäumt weiß ich nicht. längst hab ich schönere Uferstellen entdeckt, weiter flußaufwärts. nur mein lyr.Ich bleibt an jenem Ufer solange ich am Text weile oder feile.

Grüße
Alcedo

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