#1

Die Augen der Toten

in Düsteres und Trübsinniges 11.07.2006 16:16
von Roderich (gelöscht)
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Die Augen der Toten


Schon mal bei Nacht über den Friedhof spaziert
und dort gegraben
nach den Überresten versunkenen Lebens,
um dem Tod ins Auge zu schauen?

Ich nicht, mein Freund, denn
ich könnte es wohl nicht ertragen
statt Augen nur Höhlen zu sehen,
abgründig das freilegend,
was die Seele sein müsste

und dennoch nichts zu sehen,
nur schwarze Löcher in weißem Gebein,
alles Licht verschlingend
um mein zitterndes Bewusstsein
vielleicht mitzuschleifen in das Dunkel.

Die Augen sind wohl längst hinfort,
in den kleinen Mägen der Raben
und Würmer, die sich gesättigt haben
an dem Tor zur Seele.

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#2

Die Augen der Toten

in Düsteres und Trübsinniges 11.07.2006 19:52
von Ulli Nois | 554 Beiträge | 554 Punkte
Hi Rod,

sprachlich könnte man sicher noch ein bisschen feilen und schleifen, aber die Kameraführung gefällt mir schon sehr gut. Wie du den Leser in die Nacht ziehst, auf den Friedhof, zu den Gräbern, unter die Erde, zu den Schädeln, den Augenhöhlen, die schwarzen Löcher, in denen das Bewußtsein sich selbst zu verlieren droht ... da wird mir ganz schwindelig.,,

Man kann die Zeilen grob materialistisch- atheistisch deuten und sagen: die Seele überlebt den Tod genau so wenig wie die Augenbälle, beide verwesen und werden von Würmern gefressen. Aber ich lese dich lieber buddhistisch, und dann heißt es: es sind dieselben hohlen Augen, die einmal sehen, es gäbe ein Leben nach dem Tod, und ein anderes Mal, nach dem Tod sei alles vorbei. Man nennt die Augen ein Tor zur Seele, aber noch nie ist jemand durch sie hindurchgegangen. Und mit schwarzen Löchern verhält es sich genauso, oder?


Gruß, Ulli


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#3

Die Augen der Toten

in Düsteres und Trübsinniges 12.07.2006 00:06
von Roderich (gelöscht)
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Hallo Ulli,

vielen Dank für Lob, Kritik und Interpretation.

Sprachlich ist das sicherlich nicht ganz ausgereift, aber fürs Erste bin ich zufrieden damit. Falls ich mal einen Verleger für meinen Kram finden sollte, der sich auch noch meine Gedichte antun möchte, kann ich es noch einmal polieren, aber im Moment bin ich damit überfordert.

Beide Lesarten, die du ansprichst, haben ihre Berechtigung. Ich verrate dir jetzt nicht, auf welche ich selbst abgezielt habe, aber sie ist unter den beiden dabei, was mich sehr positiv stimmt.

Danke dir jedenfalls!

Viele Grüße

Thomas

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