#1

Nachtgeleit

in Liebe und Leidenschaft 03.07.2006 20:08
von Fabian Probst (gelöscht)
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Noch liegt dein Atmen in den Kissen,
dein letztes Wort in meinem Sinn;
hallt unbarmherzig durch mein Wissen,
und fordert flehend Neubeginn.

Jetzt bin ich da; ich kann dich tragen,
dorthin, wo Ruhe dich befällt;
mich selbst in jene Tiefen wagen,
wo Liebe sich dem Teufel stellt.

Dein Bild, es flackert durch die Tränen,
bricht sich in letztem Kerzenschein;
was bleibt mir noch herbei zu sehnen -
der Weg muss hier ein Ende sein.


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#2

Nachtgeleit

in Liebe und Leidenschaft 06.07.2006 09:27
von sEweil (gelöscht)
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Hi Fabian.

Für mich handelt es sich hier um eine beendete Liebe, iniziiert durch das Lyr.Du.
Das Lyr.Ich muss sich damit abfinden, möchte zwar genau das Gegenteil, einen Neubeginn, tut aber, was für sie am Besten ist. "Jetzt bin ich da." - Das Lyr.Du sehnt sich, nach all dem Ärger, Ruhe herbei, die ihm das Lyr. Ich auf eine Art und Weise schuldig geblieben ist und sie nun auch in ihrem Wunsch zu gehen und diese Verbindung zu trennen unterstützt, auch wenn es sich selbst damit in die Tiefe stürzt, Trauer, Sehnsucht, Erkenntnis - das steckt hier alles drinnen.

Gern gelesen, guter Mann.
Das nächste Mal rufst du einen Tag vorher an und lässt dich beschauen.

Lg sEweil.

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#3

Nachtgeleit

in Liebe und Leidenschaft 06.07.2006 15:14
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Mein lieber Herr Probst!

Jetzt schleiche ich schon solange um das Geleit, dass ich fürchten muss, selber den Löffel abzugeben, bevor ich einen stringenten Kommentar abgebe. Das wird jetzt auch nicht der Fall sein, aber sterben werde ich eben auch nicht, auch wenn das eher ein Trost für mich ist.

Sterben, sterben, ja, wird denn hier überhaupt gestorben? Da darfst du nicht mich fragen, aber ich würde es vorziehen, wenn es darum ginge, da hier letzte Worte hallend und flehend Neubeginn verlangen und in tiefsten Tiefen Teufel gestellt werden. Dann gibt es noch jede Menge Tränen und der Weg ist zu Ende. Merkst scho was?

Genau, das ist mir ein wenig zu fett, mein Guter, auch wenn du sprachlich wieder souverän heranmarschierst. Nicht ganz so gelungen empfinde ich zwar das Atmen statt des Atems, das ominöse Wissen und dass der Weg ein und nicht zu Ende sein soll. Ansonsten ist aber Bombast schon erlaubt, wenn es um Tod und Teufel geht, nur wird mir einfach nicht klar, wer spricht. Ist es der Tod, ist es der auch schon tote oder der zurückgebliebene Partner, ist es am Ende Gott selbst oder ist es doch nur Morpheus und es geht gar nicht um seinen Bruder, sondern um den Schlaf selbst.

Ach, du machst mir Kummer, Fabian, ich steige nicht durch. Gegen jeden Ansatz sträubt sich die eine oder andere Zeile, also bleibt mir nur, den metrisch sauberen Kreuzreim, der mit zwar einfachen Reimen und einfachen Worten gewaltige Bilder erzeugt und quasi als kleinen Kontrapunkt den Reim im Gegenvers immer unreiner werden lässt. Das passt sich inhaltlich ein und so lasse ich mich denn zur finalen oder auch nicht finalen Nacht geleiten.

Mit zwiespältigen Gefühlen aber Anerkennung für das Handwerk entgrüßt (nicht final)
Mattes


P.S.: Gebt euren Gedichten doch Überschriften, das macht sich gut.


edit: Ich habe ein Satzende vergessen, faellt mir gerade auf. Ich schrieb so vor mich hin: also bleibt mir nur, blablabla ... und...was denn, was blieb mir nur zu tun übrig mit den Dingen, die ich da aufzaehlte? Zu loben, natürlich, zu loben. Ich werde alt, verdammt.

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#4

Nachtgeleit

in Liebe und Leidenschaft 06.07.2006 21:08
von Fabian Probst (gelöscht)
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Danke euch beiden. Dachte ja schon, da kommt gar nix mehr!

sEweil: Interessante Interpretation. Warum nicht, ich habe nichts dagegen einzuwenden, auch wenn ich bestimmte Formulierungen eindeutig anders deuten würde.
Danke dir sehr für diese Betrachtung.

mattes: Meine Fresse, du bist aber auch ein harter Hund.

Es geht um das Atmen, den Vorgang. Atem kann ja noch lange nach dem Tod da sein, wenn man es mal genau betrachtet. An der Scheibe, oder als Schmierfleck im Kissen.

Das Wissen ist hier die Gewissheit, dass nur noch der Tod Erlösung herbeiführt, und damit der endgültige Verlust.

Auch die letzte Formulierung muss hier genauso sein, denn der Tod soll hier als Weg beschrieben werden.

Ich drösel es mal auf, vielleicht hilft es ja:

Noch liegt dein Atmen in den Kissen,
dein letztes Wort in meinem Sinn;
hallt unbarmherzig durch mein Wissen,
und fordert flehend Neubeginn.

lyrich sitzt am Bett, wo seine Geliebte im Sterben liegt. Sie hat Scherzen und ist bereit, diesen letzten Schritt zu machen und wünscht sich nun, dass lydu sie gehen lässt.

Jetzt bin ich da; ich kann dich tragen,
dorthin, wo Ruhe dich befällt;
mich selbst in jene Tiefen wagen,
wo Liebe sich dem Teufel stellt.

Lydu ist jetzt auch bereit, und kann sie gehen lassen.
Hier wollte ich zwei Möglichkeiten offen lassen.
Entweder lydu verhindert einfach, dass man ihr Sterben qualvoll verlängert, oder er leistet sogar aktive Sterbehilfe. Beides solle möglich sein.
Deswegen auch der Teufel, mattes. Es soll eine Anspielung auf christliche Moralvorstellungen sein.

Dein Bild, es flackert durch die Tränen,
bricht sich in letztem Kerzenschein;
was bleibt mir noch herbei zu sehnen -
der Weg muss hier ein Ende sein.

Jetzt geht sie. Wie genau, soll offen bleiben, aber sie stirbt. Lydu bleibt bei ihr, vielleicht hilft er ihr, zu sterben. Der Kerzenschein steht für das Lebenslicht.
Letzte Zweifel, die Angst und doch am Ende Stärke, wollte ich mit den letzten beiden Zeilen vermitteln.
Der Weg ist das Sterben, das Ende. Ein Neuanfang.

---------

Meine Freundin ist Krankenschwester und macht zur Zeit Sterbebegleitung auf der Krebsstation. Wir reden darüber und sie fragte mich, was ich tun würde, wenn sie unheilbar krank wäre und fürchterliche Schmerzen hätte.
Ich sagte, ich wüsste es nicht. Und das ist auch wahr.

lg,Fabian


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