#1

Das Opfer

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 26.05.2005 11:51
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Das Opfer

Tja, Massenmörder oder Lustmörder? Was hätten wir denn gerne? Das ist natürlich eine Geschmacksfrage. Massenmöder arbeiten mehr öffentlich, gerade heraus. Sie stolzieren mit Automatikfeuerwaffen, Flammenwerfern und allerlei irgendwie gearteten scharfen Klingen ausgerüstet in Schnellrestaurants oder Omnibusse und murksen alles nieder, was ihnen in die Quere kommt. Lustmörder wirken im Dunkeln, im Verborgenen. Sie locken unschuldige, weibliche Babysitter oder Krankenschwestern auf dem nächtlichen Nachhauseweg in tückische Hinterhalte oder lauern ihnen auf Parkplätzen oder an Parkrändern auf, überwältigen, fesseln sie und mißhandeln sie dann an versteckten Orten ultra brutal und auf sexuell peinlichste Art und Weise. Lustmörder sind wahrscheinlich furchtbar verklemmt und leben als psychopatische Sex-Killer spärlich verdrängte Kinheitstraumata aus. Bei Massenmördern gehe ich mal davon aus, daß sie eine relativ freizügige Kindheit genossen, wahrscheinlich ebenfalls ohne besondere emotionale Zuwendung ihrer Eltern, aber sie besaßen gewiß einen eigenen Videorekorder, mit dem sie sich Tag und Nacht bluttriefende Horrorvideos reinzogen. All diese Weißheiten und Erfahrungen ziehe ich wie die meisten Leute aus dem Genuß von aufwendig produzierten Thriller-Filmen, die wöchentlich in die Kinos kommen. Trotz der weiten Verbreitung und der bemerkenswerten Beliebtheit solcher Filme, ist meine Betrachtung hier nicht gerade Psychoanalyse für den Alltagsgebrauch. Denn mein Alltag ist auf den ersten Blick frei von Massenmördern, und ich würde auch so manchen Eid schwören, daß keiner meiner engeren Freunde ein praktizierender oder auch nur latenter Lustmörder sein könnte. Aber hilft alles Denken und Grübeln? Nichts. Denn es ist Nacht, es ist dunkel, es regnet haltlos in mein Gesicht. Der Kerl hat mich gefesselt, mich geschlagen, mich getreten und mir die Kehle durchgeschnitten. Und ich weiß nicht warum.

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#2

Das Opfer

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 26.05.2005 14:09
von MelenColia (gelöscht)
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Hallo GerateWohl!
Nach kurzem Brainstorming hier ein Kommentar:

(ich bitte um Nachsicht, dass sind meine ersten Gehversuche auf diesem Gebiet...)

Absätze: erleichtern den Lesefluß, Textstruktur
dadurch wird das Tempo der Erzählung, die hier deutlich Teil des Spannungsaufbaues ist, nicht geschmälert.

"Massenmörder" : -> Massenmord, dieses Wort assoziiere ich zumindest mit dem 3.Reich. Die folgende Beschreibung, besonders wegen des Öffentlichkeitsaspektes, spricht mehr für das Prinzip 'Amokläufer'.
Allerdings macht die Figur ja deutlich, woher es seine Informationen bezieht - ist also mehr als Anmerkung gedacht.

"Weißheit": da bin ich drüber gestolpert wird wohl Weisheit gemeint sein

"Aber hilft alles Denken und Grübeln? Nichts." Wenn die Frage so gestellt wird, müßte die Antwort "Nein." lauten.
Gegenvorschlag: "Was hilft alles Denken und Grübeln? Nichts."

"Denn" als Satzbeginn oft in einem Text, besonders kurz nacheinander läßt stolpern. Das letzte "Denn" könnte man auch ganz weg lassen. Gut für den Rhytmus der Aufzählung find ich. "es ist kalt, es ist dunkel, es regnet haltlos..."

Was sind "Parkränder"? Ergibt sich zwar aus dem Zusammenhang, das Wort ist mir aber unbekannt.

Im vorletzten Satz:
-mir ist in diesem Zusammenhang, nach der vorherigen Ausmalung der Taten der Mörder "gefesselt, geschlagen,getreten" nicht genug: was ist mit gequält, gedemütigt, vergewaltigt, gefoltert etc.?
Wenn die Figur schon einem Mörder ohne materiellen/direktemotionalen Motiv zum Opfer fällt, und in den letzten Sekunden (oder danach) über derartiges nachdenkt, kann das doch nicht alles gewesen sein (jaja der blutdurst )
-vielleicht könnte man das beklemmende der Situation in der die Figur steckt weiter dramatisieren in dem der Akt des Kehle Durchschneidens ins Präsens gesetzt wird (oder sogar in die direkte Zukunft) und den vorangegangenen Teil im Perfekt lässt?


hmmm.....
so. zum 'Technischen' kann/will/trau ich mich nicht, etwas zu sagen, da fehlen Worte, Kenntnisse, Strukturen etc.

Insgesamt: Gute Idee, ausbaufähig! Ruhig länger werden lassen die Geschichte! In der Mitte dacht ich an eine Glosse, am Anfang fragte ich mich, ob da eine Omi im Bus Langeweile hat, zum Ende hin mußt ich arg grinsen. Böse. Gefällt mir.

Grüße,
MC

(Sollte ich irgendwelche Richtlinien zum Kommentieren übertreten haben bitte um Verweis auf selbige, falls es sie niedergelegt gibt.Danke.)

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#3

Das Opfer

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 26.05.2005 14:30
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo MelenColia,

1000 Dank für Deine Kritik. Ich merke wieder, ich sollte meine Prosatexte nicht so ungeschliffen ins Web knallen. Du hast natürlich völlig recht mit Deinen Anmerkungen.
Der Hinweis mit der Assoziation mit dem 3. Reich bei Massenmörder ist hilfreich, da nachvollziehbar. Ich muss zugeben, die Idee für den Vergleich kam mir durch "Natural Born Killers". Da korregiert die Hauptfigur einen Reporter, der inhn als Serienkiller bezeichnet, indem er sagt: "Wir sind Massenmörder, keine Serienkiller".
Die Absätze hatte ich absichtlich weggelassen, weil ich Angst hatte, dass mir der Text sonst zu sehr auseinander fällt. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Grüße
GerateWohl

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#4

Das Opfer

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 02.06.2005 17:04
von sEweil (gelöscht)
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Hallo

Ich bin gerade in fahrt. (Kann man auch als Flucht vor der eigenen Schreibe sehen )

Zuerst dachte ich auch an eine Glosse, oder sowas ähnliches, mit einem versteckten Grinsen hinter vorgeschobenen Lippen.
Eigentlich bedenklich, wenn von Massen- und Lustmördern die Rede ist.
Da kommt der Schluss unerwartet, für mich, wie ein Knall.

Wäre ich kein egozentrisches Arschloch, müsste ich mich jetzt schämen.
Emotional berührt es mich.
weshalb ich für mehr auch nicht im Stande bin. Die Sprache ist modern gehalten, du sparst nicht mit "Tabu-Wörtern" (die Strichlis! die Strichlis nicht übersehen!)

Melencolia hat schon einiges erwähnt, was mir noch am Herzen liegt: [...]ultra brutal und auf sexuell peinlichste Art. [...]
das ist mir schon ein wenig zu überzuckert.

Wobei ich mir denke, dass jemand der gerade auf brutale Art und Weise ermordet wurde sich verzweifelter Gedanken darüber macht, wieso er/sie getötet wurde und nicht auf so spielerische Weise.

That's it.

Lg sEweil.

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