#1

El Dorado

in Philosophisches und Grübeleien 16.05.2005 16:03
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte

    El Dorado

    Ich kam, es war ein windig, kalter Tag,
    am Bahnhof an, der mir einst grösser schien.
    Indes das Frühstück schwer im Magen lag,
    versuchte ich die Fäden neu zu ziehn.

    Die Bäckerei verkaufte noch die Torten,
    das Fräulein hinterm Tisch jedoch war neu.
    Sie gab mir Wechselgeld mit netten Worten;
    ihr Zuckerduft blieb mir noch lange treu.

    Die Strasse zu dem Park war jetzt verbreitert;
    an Ständen kauft man Ramsch zum halben Preis.
    Der dicke Wirt, der uns stets so erheitert,
    war fort; stattdessen gibt’s dort Curryreis.

    Ich fühl mich schlecht. Es war auch dumm zu kommen.
    Was glaubte ich zu finden - gar ein Stück von dir?
    Die Pension seh ich schon ganz verschwommen,
    im Mund ein bitterer Geschmack, wie schales Bier.

    „Es ist bloss eine Stadt, mit alten Backsteinmauern,
    an einem seichten Fluss, mit etwas Industrie -
    Und jahrelang gefiel es dir dem nachzutrauern?!“
    Fragt der Verstand, mit bitterböser Ironie.

    Ich blieb nur eine knappe Stunde,
    und als der Zug die Station verliess,
    da schloss sich eine alte Wunde,
    die mir so lange Zeit das Glück verhiess.


    (c) Margot S. Baumann

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