#1

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:30
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
„And the oscar goes to... “


Trocknet die Tränen und wischt euch den Mund ab – der tümpelige Wettstreit ist beendet. Gott, bin ich froh, das war hartes Brot. In diesem Matschloch waten zu viele Individualisten und obwohl nur wenige wagten, sich dem Diktat eines vorgegebenen Themas zu unterwerfen, so war ich doch gelackmeiert. Ich dachte, mich am geschicktesten drücken zu können, indem ich mich in die Jury schummele und dann das: 5 von 7 Beiträgen hätte ich wohl zu Gewinnern, aber nicht erklären können !

Allen Teilnehmern und den anderen beiden Juroren kann ich daher nur meine Anerkennung aussprechen ! Wer immer die Themenvorgabe ersonnen hat, wusste wohl nicht, was er tat. Und dennoch ist Bemerkenswertes dabei entstanden. Als besonders angenehm empfinde ich im Nachhinein, das die Jury sich untereinander nicht austauschte und ergo uneiniger kaum hätte sein können. Insofern können sich alle als Gewinner fühlen, hätte es nur nicht die jeweils anderen Banausen in der Jury gegeben !

Aber wer hat denn nun das Rennen gemacht ? Ich muss mich korrigieren: Der finstere Themenersinner wusste anscheinend genau, was er tat ! Allerdings hat er die Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Wie weiland in der Muppet-Show: Kermit ist nichts ohne seine Missus. Als Waldorf und Statler in Personalunion rufe ich daher: Kaum je wurde ein Wettbewerb verdienter ersonnen & gewonnen, als hier und heute beim sensationellsten, fabelhaftelsten, muppetionellsten Endspurt - ja so sind sie, das Super-Tümpel-Duo: Boldt und Missus - Applaus, Applaus, Applaus !

So, ihr beiden, jetzt müsst ihr euch entscheiden, ob ihr die Wahl annehmt. Die Widmung ist getrocknet, der Preis ist versandfertig.

Trotz Zeit- und anderem Druck (was glaubt denn ihr, wie Mr. 100.000-Boldt gewinnen konnte ?) hat es doch Spaß gemacht. Jederzeit gerne wieder ... aber nie mehr in der Jury !


muh-q wahn




Danke, muh, für die Worte. Ich bin noch ganz heiser von der nächtlichen Kneipen-durchfeier-Tour! Herzlichen Glückwunsch auch MrsMerian, Don für den dritten und den anderen! War ein wirklich schöner Wettbewerb! Der größte Dank geht zu gleichen Teilen selbstverständlich an die Autoren, die ihre Texte einsendet haben und der Jury! Tolle Kritiken!

Da Mrs letztens anmerkte, die Damen sollten gebührende Anerkennung/Aufmerksamkeit bekommen, und da ich sowas natürlich beherzige, wenns wirklich wichtig ist. - werd ich auf die Hälfte des Preises verzichten! Also muh, leg schon mal die Schere wech!

Damit ihr aber nicht weiter auf das offizielle Endresultat warten müßt, hier isses. (Die Teilbewertungen der einzelnen Juroren findet ihr bei den jeweiligen Kritiken.)







Liebe Grüße.
arno.

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#2

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:33
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Hier die Dingenens, um die es sich drehte. Viel Spaß beim Lesen!

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Angel of Berlin
TÜMPELTRAUM
(Thema2: Bild)

Nebelnass und wolkenschwer
wogt mein grauer Tagtraum am doppelten Horizont.
Der morgenmüde Weiher
kräuselt sich furchtsam unter der bleiernen Drohung.

Eine wildwüchsige Uferweide
spielt Traumfänger mit himmelwärts wuchernden Ästen.
Ihr Treiben spiegelt grausilbernes Wasser gebrochen.

Unberührt davon
stehen filigrane Schilfhalme Parade,
verbogen vom frühen Wind.

Licht gleißt von oben
und verzaubert die alte Weide zur Traumkulisse der Hoffnung:
Wann, oh mein Herz,
mag sich der Nebeltraum lichten?

Das zitternde Tümpelwasser
schweigt kühl und gründlich.

(zu den Kritiken)

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Hojaro
Verlorenes Spiel
(Thema2: Bild)

Lange Paddel schweifen durchs Gewässer;
meine Seele tränkt sich nass und nässer.
Blasen platzen schaurig im Gewühle,
so wie Blasen es denn immer pflegen.
Not schnürt sich im Korb des Atems wegen,
fällt der Atem tiefer, nur zum Spiele.

Langsam sinnt es mir, was ich verloren,
dichter wird der Dreck in diesen Mooren.
Immer noch zerfließt ein Wort im Kopfe,
dieses mich mit Klagen enger findet,
ewig Sehnen an die Zeiten bindet.
Weiter, weiter rührt ein Schmerz im Topfe.

Schwarze Schwaden schimmeln mir im Weiher.
rosten, modern von den wunden Leichen.
Grienet nicht, es wär’ die alte Leier!
Ihr schminkt Lider euch mit diesen gleichen
Träumen, die rasant im Sumpf versinken.

Haltet ein! Ich lass Gedanken mir nicht trüben.
Rückend zieh ich Schritte aus des Dunstes Kreise,
Recht habt ihr, dies Dünken ist dieselbe Weise,
Schwaches Volk, entschwind mit Ängsten nach hinüben.
Ladet mich im Zorn, ich kann im Ende winken.

(zu den Kritiken)

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Venyaluna
Nebelgedanken
(Thema2: Bild)

Die Nebel lassen meinen Geist
ins Leere greifen. Scheinbar ohne Sinn
verschwinden Worte in dem Dunst,
den mein vertrauter Tümpel steigen lässt.

In dunkler Lache find ich Trost.
Wenn Spiegel meine Welt ins Fremde dreh'n
und bunte Blätter kreiselnd fall'n,
dann singt sein Wasser mir ein Schlummerlied.

(zu den Kritiken)

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MrsMerian
Tümpelwünsche
(Thema1: Zitat)

In vielen Löchern hat er schon gelegen,
in Dunkelheit, in engen Daunengruben,
er wandelte auf allzu morschen Stegen
und brach ein jedes Mal am Ende ein.

Verbittert strebt er immerfort, immer fort...
An einem Farn umspielten Künstler-Tümpel,
erblickte er das dottergelbe Wort,
in dessen Antlitz Narziss sich verschmähte.

Gewähret seinem Griffel dort Exil!
Dann endlich wird sein leises Wünschen wahr:
Der Dichter sei zum letzten Mal am Ziel
im Tümpel trotzt er kühn nun der Gefahr.

(zu den Kritiken)

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Arno Boldt
Vergangen, wenn das Neue kommt
(Thema2: Bild)

In meinen Augen wankt der Nebel -
und moosbeworfen, wasserweich;
fast leblos und so seesattreich,
umgarnst du mich, du Stundenspiegel.

Dein Schimmern schält die trüben Nester,
und blättrig hängen mir die Schalen,
wie altes Treibgut – Geisterqualen,
an meinen Augen. Fest und fester!

Und schwappend kühlst du dir das alte Riff.
Und sachte fordern deine Lippen.
Und kunstverschlängelt schroff die Klippen..
Doch plötzlich hab ich dich im festen Griff.

Dein Plätschern zieh ich an mich ran -
so wach und neu und geisterlos.

(zu den Kritiken)

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Don Carvalho
Abgesang
(Thema2: Bild)

Der sanfte Nebel ist das Leichentuch
am Grabe meiner liebsten Jugendträume.
Ich atme auf, befreit vom trauten Fluch,
der himmelwärts nun flieht durch Weidenbäume.

Das dunkle Wasser ist mir nunmehr fremd,
doch scheint mir wenig Zeit seit dem vergangen,
als wir uns sonnten nur im Unterhemd
und manche alte Zukunftsweise sangen.

Kein Zweifel gab’s an unserem gefügten Glück,
noch an dem Weg, den wir noch gehen würden.
Doch unbescholten wussten wir kein Stück
von Schicksalsschlägen oder schweren Bürden.

Nun kam was allzu oft wohl kommen mag,
als schließlich wir die Träume hintergingen.
Den Unbezwingbar’n nahte jener Tag,
an dem sich ließ die Zukunft nicht mehr zwingen.

So nehm’ ich Abschied vom vertrauten Ort,
wie ich es längst schon hätte machen sollen,
Dein Schatten ist von hier schon lange fort,
im Dämmerlicht des Weidenbaum’ s verschollen.

(zu den Kritiken)

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Wilhelm Pfusch
Finstrer Verseschmied
(Thema1: Zitat)

Weit ist das Ufer, fern der lichte Schein,
dort taucht der Träumer auf, in Tinte ein.
Zu flößen das Schwarz, in sein Herz hinein;
verschwimmt es, spielt die Trauer süss und fein.

Leid, das erschuf er, kleines Dichterlein;
Wort, haucht der Säumer, feine Finte klein,
entblöße die Farce, denn im Schmerze mein,
bestimmt sie, zielt, und schauernd fliesst sie drein.

Füllt die Seelen, speist die Quälen,
meert die regen Flüsste.
Hüllt das Fühlen, weist die Schalen,
teert was federn müsste.

So streift das Anuskript die Quelle;
ganz frurchtbar düster wird's daran,
und wird's pressant nicht auf die Schnelle;
dann müssen humanadäquate,
ganz dunkle Fäkalimitate;
ja dann müssen die halt ran.

Denn der Nimmersatt, der macht den Nimmersatz.
Niemals schwallgedämpft, verfolgt der sich per Vers,
folgt dann kein Erfolg, erfolgt Verfolgungshatz,
doch die wird nie belohnt, noch schöner, ja das wärs.

(zu den Kritiken)

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#3

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:34
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
[u] Kritiken zum Gedicht "Tümpeltraum" (Angel of Berlin)[/u]


[b] Genesis [/b]

[i]Zur besseren Differenzierung ergeben die hier verwendeten Punktzahlen insgesamt 100 Punkte. Die Endpunktzahl ist durch Addieren der Einzelpunkte und Division durch 10 und anschließendem Runden auf eine Stelle nach dem Komma zu errechnen.[/i]

[b]Form:[/b]
Du beschreibst die Situation sehr ruhig und fein, leider trägt deine Form nicht zu dieser Ruhe bei. Man bleibt beim Lesen öfters hängen und so wirklich rund und ruhig, wie du die Sprache wählst geht es mit Metrik und Rhythmus leider nicht zu, daher fühlt man sich im Bezug auf den Rhythmus leider nicht an diesen schönen Traumtümpel versetzt.
[02P / 15P]

[b]Sprache:[/b]
Mit deiner Sprache umrandest du gekonnt die passenden Metaphern und versuchst den Leser mit zu diesem Tümpel zu nehmen, dabei bedienst du dich einer sehr Fantasie-Konnotationen erweckenden Sprache, die an der einen oder anderen Stelle jedoch wieder zu sehr in den Vordergrund sticht und somit an mancher Stellen aufgesetzt wirkt, und weniger natürlich.
Du beschreibst das Geschehen mit einer Sprache, die von vielen Blickpunkten aus ihre Wirkung entfaltet, deine Stimmung schaffst du auch durch die facettenreiche Sprache die sowohl von der mächtigen Uferweide als auch vom Schilf geprägt ist. Jedoch solltest du bei dieser Darstellung nie das Gesamtbild aus den Augen verlieren.
Mit deiner „neologistischen“ Neuverpackung der Worte („Parade“, „Drohung“, „Traumfänger“) spielst du mit den Worten und schaffst es damit deinem Werk einen eigenen „Touch“ zu verleihen. Die Finessen in deiner Darstellung lassen dein Gedicht nicht langweilig erscheinen, eine Vertiefung wäre jedoch schön gewesen. Es addieren sich eben so ein paar kleinere Fehler, die den Gesamteindruck jedoch drüben.
[22P / 30P]

[b]Metaphorik:[/b]
In der Metaphorik liegt das große Plus in deinem Werk, da du es schaffst die Situation mit deinen Bildern die Situation perfekt einzufangen, nur Schade, dass du dich oft mit der Sprache vergestikulierst und deine Metaphern in großen Sprachmonstern enden und das passt zur Natürlichkeit des Bildes leider gar nicht.
Deine Metaphern schaffen es ebenfalls mit den Wörtern, denen du völlig neue Bedeutungen in deinen Bildern zukommen lässt, dass du eine Reihe von vielen Assoziationen auslöst und man sich den Tümpel fast schon vor seinen Augen aufmalen könnte. Der Grundgedanke deiner Bilder harmoniert herrlich mit der neuwertigen sprachlichen Komposition. Auch wahrst du einen atmosphärischen Grundhintergrund, so dass man sich bei deinem Werk nicht durch Bilderleere Wüsten quälen muss. Zwar weisen deine Metaphern ein paar Mal eine gewisse Abstraktion auf, jedoch hätte ich mir ein bisschen mehr Tiefe in den Bildern und vielleicht sogar Mal eine weitergehend abstrahierende Metapher gewünscht, die deine Bildebene schön abgeschlossen hätte, leider bist du nur auf einer metaphorischen Abstraktionsebene geblieben, die dein Werk etwas platt wirken lässt.
[22P / 35P]

[b]Inhalt:[/b]
Inhaltlich beschreibt dein Gedicht schön die hier sichtbare Atmosphäre und fängt sie relativ gekonnt auf, jedoch leider auch nicht mehr. Eine Ebene hinter deiner Beschreibung kann man leider nicht erkennen, was sehr schade ist, da die Ansätze durch die schöne Wortverwebung eindeutig gegeben, nur leider nicht genutzt worden sind. Du hast dein Thema jedoch passend bearbeitet und hast vor allem die Kleinigkeiten sehr gut ausgeführt und relativ gut miteinander in Einklang bringen können. Auch sind deine Ansätze und Bildmotive die du gewählt hast sehr trefflich und greifen neue Gedanken im Bezug auf das Bild auf, wirkt jedoch an manchen Stellen schon wieder zu euphemisierend, trotzdem verfällst du in keine stereotypischen Ansätze.
[12P / 20P]

Insgesamt: [58P / 100P]
[b]Entspricht: [5,8 / 10P][/b]

------------------------------

[b] muh-q wahn [/b]

Das Werk kommt mir allzu prosaisch daher und damit ist nicht nur die Form gemeint. Es wirkt wie eine leicht distanzierte Bildbeschreibung und ist damit natürlich nah am Thema aber gleichzeitig etwas farblos.

Da helfen auch vermeintlich poetische Adjektive nicht: „Nebelnass“ und „wolkenschwer“ sind Oxymoren, die ich nicht verstehe, „morgenmüde“ mag verständlich sein, überzeugt mich aber auch nicht. Dass ein Weiher sich furchtsam kräuselt, würde ich zur Not noch verstehen können, die bleierne Drohung jedoch nicht. Sprachlichen Verirrungen („spiegelt Wasser gebrochen“) stehen inhaltliche Fehler (die Schilfhalme stehen auf diesem Bild eher wie der Turm von Pisa und bestimmt nicht Parade) gegenüber. Ich möchte mit dem Dichter in den (in diesem Kontext etwas mutwilligen, weil allzu altbacken klingenden) Ruf einstimmen: Wann, oh mein Herz, wird sich der Nebel in meinem Hirn lichten ?

Die Bilder sind teilweise gelungen, das Thema ist getroffen und die conclusio gefällt mir auch. Ansonsten tut es mir aber leid, das kommt bei mir nicht weiter an. Darum halte ich es jetzt, wie das zitternde Tümpelwasser und schweige kühl und gründlich.

[b]Bewertung: 3,0[/b]

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[b] LeVampyre [/b]

In diesem Text wird eine Tagtraumimpression beschrieben, die ein lyr. Ich erlebt, während es sich an einem Weiher befindet.

1. Gegliedert ist er lose durch syntaktische und semantische Phänomene. Die Zeilen werden für gewöhnlich nach der finiten Verbform gebrochen (außer im dritten Absatz zwischen Zeile 2 und 3). Absätze definieren sich semantisch, indem sie jeweils einen neuen Einzelaspekt aufführen. Unklar ist dabei der vierte Absatz, bei dem sich zwei Sinnaspekte (Lichteinfall und rhetorische Frage) aneinander reihen.

2. Ein grober Bau ist erkennbar, die Rede verläuft von der Einleitung über die Beschreibung zur Conlusio. Zunächst richtet sie sich zielstrebig auf die Beschreibung der Eindrücke, verläuft sich dann aber in der Conclusio, die als offenes Ende der rhetorischen Frage keine Griffigkeit verleiht. Innerhalb der Beschreibung selbst scheint der Redeverlauf nicht organisiert.

3. Alles in dem Text zielt auf die Beschreibung der Weiherimpression ab. Warum aber der Traum als Vergleichs- und Wirkungsebene herangezogen wird, bleibt unklar.

4. Der Text beschränkt sich auf eine bloße Darbietung von Impressionen, ohne diese zu erklären oder zu werten. Von einer Mehrdimensionalität kann also kaum die Rede sein. Eine tiefer liegende Verständnisebene suggerieren Abstrakta und uneigentlich anmutende Phrasen wie "bleierne Drohung" oder "Traumkulisse der Hoffnung", diesen wird jedoch keine eigentliche Relation entgegengestellt, weshalb sie dem Leser verschlossen bleiben müssen.

5. Die rhetorischen Figuren sind stellenweise funktional angewandt. Andernorts scheinen sie aber zufälliges und unbedachtes Beiwerk zu sein. Performativ ist beispielsweise die Inversion "Ihr Treiben spiegelt grau silbernes Wasser gebrochen", da sie die Spiegelung der Weide im Wasser durch die Vertauschung von Subjekt und Objekt sehr bildlich darstellt. Hingegen wirkt der Hauptsatzstil krag und kantig und der "Traumkulisse" nicht wirklich angemessen. Da die Conclusio sich nicht aus der Beschreibung der Impression ergibt und einzig durch die rhetorische Frage eingeleitet wird, beschränkt sich ihre Nutzung lediglich auf diesen Zweck.

6. Die ständigen Wortwiederholungen und die Aneinanderreihung von Hauptsätzen wirken einfallslos und wenig virtuos. Einzig erfrischend ist die oben genannte Inversion, die aber in der Ansonsten schmucklosen Umgebung unterzugehen droht.

7. Die Gedichtwelt weist zwei offene Fäden und einen Bruch auf. Die offenen Fäden entstehen durch die Nichteinbettung der uneigentlichen Phrasen "bleierne Drohung" und "Traumkulisse der Hoffnung", die dadurch unwichtig und leer wirken. Der Bruch ergibt sich aus der Hauptsatzreihung, die nicht recht ins weiche Bild der Impression passen will. Ansonsten ist die Impression aber durchaus nachvollziehbar.

8. Eine poetische Synthese wurde nur zum Teil erreicht. Die Hauptsätze wirken beispielsweise unangemessen, während die Nutzung vieler Adjektive (Nominalstil) dem Inhalt sehr angemessen wirkt. Die Lose Form stimmt mit der losen Impression überein.

9. Für originell halte ich weder die Thematik, noch ihre Ausarbeitung. Das Traummotiv ist uralt. Oft wurde es als Grundlage einer Impressionsbeschreibung verwandt. Daß diese Traumimpression auch noch eine Naturbeschreibung beinhaltet, fügt sich in diese Wahrnehmung ein.

10. Auch die Umsetzung des Themas erscheint mir zu naheliegend. Eine bloße Beschreibung des vorgegebenen Bildes, die dürftig mit dem Klischee-Motiv Traum verpackt ist, halte ich für wenig einfallsreich.
Der Text erhält von mir eine Gesamtwertung von 3.7 Punkten und landet damit auf dem 5. Platz der Rangliste.

Bewertungskriterien

[u]1.textinterne Strukturen:[/u] Liegt ein semantisches, syntaktisches oder phonetisches Modell zugrunde?
[u]2.inhaltlicher Aufbau:[/u] Ist ein Redeverlauf erkennbar, der die Inhalte sinnvoll anordnet und gliedert?
[u]3.inhaltliche Finalität:[/u] Ist ein Ziel, eine Intention oder dergleichen erkennbar, nach denen der Inhalt gestaltet ist?
[u]4.Mehrdimensionalität des Topos:[/u] Erscheint die Thematik reflektiert oder wird sie dem Leser reflektiert dargeboten?
[u]5.Funktionalität der Sprache:[/u] Sind die poetischen Mittel zielgerichtet angewandt?
[u]6.Virtuosität der Sprache:[/u] Sind die poetischen Mittel frei und kreativ angewandt?
[u]7.Abgeschlossenheit und innere Logik/Ursächlichkeit der Gedichtwelt:[/u] Gibt es Unstimmigkeiten, offene Fäden oder unangenehme Brüche?
[u]8.poetische Synthese der Komposition:[/u] Sind die poetischen Mittel der Sprache, der Form und des Inhaltes zu einem sich selbst ergänzenden Ganzen zusammengefügt?
[u]9.Originalität der Komposition:[/u] Lässt das Gedicht auf neue und unverbrauchte Art und Weise erfahren?
[u]10.Art der Umsetzung der Themenvorgabe:[/u] Erscheint die Umsetzung einfallsreich?

Einen Überblick über die Analysen bieten auch zwei Grafiken:
[url=http://levampyre.de/grafiken/analyse1.jpg]"Tümpeltraum" und "Verlorenes Spiel"[/url]
[url=http://levampyre.de/grafiken/analyse2.jpg]die übrigen Texte[/url]

Bewertung:

1. textinterne Strukturen: 0.7
2. inhaltlicher Aufbau: 0.2
3. inhaltliche Finalität: 0.5
4. Mehrdimensionalität: 0.1
5. Funktionalität der Sprache: 0.5
6. Virtuosität der Sprache: 0.3
7. innere Logik: 0.7
8. poetische Synthese: 0.5
9. Originalität: 0.1
10. Umsetzung: 0.1
[b]Gesamtpunktzahl: 3.7[/b]



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#4

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:34
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Kritiken zum Gedicht "Verlorenes Spiel" (Hojaro)


Genesis

Zur besseren Differenzierung ergeben die hier verwendeten Punktzahlen insgesamt 100 Punkte. Die Endpunktzahl ist durch Addieren der Einzelpunkte und Division durch 10 und anschließendem Runden auf eine Stelle nach dem Komma zu errechnen.

Form:
Was vor allem auffällt in deinem Werk ist das verwirrende Reimschema, von Paarreimen über überkreuzenden bis hin zu umarmenden und sogar assonanten Reimen haben wir alles, was die formale Verwebung des Werkes natürlich stärkt. Du benutzt in den ersten drei Strophen einen 5-hebigen Trochäus und weitest ihn auf einen 6-hebigen in der letzten Strophe auf. Damit legst du den Schwerpunkt deines Gedichtes vor allem auf die vierte Strophe und hebst sie besondert hervor. Besonderst die inhaltliche Zäsur mit dem „Haltet ein“ (S.4 V.1) Eine rhythmisch und metrisch saubere Arbeit.
[13P / 15P]

Sprache:
Mit deiner Sprache versuchst du mit einfachen Worten auf möglichst konkreter Ebene Atmosphäre zu schaffen. Dies gelingt dir auch auf sehr eindrucksvoller Weise, da du dich nicht in ewigen Wortkonstruktionen verwickelst, sondern, passend zur Thematik, sehr einfach und zaghaft mit den Atmosphären schaffenden Worten umgehst. Leider zeugt der Rest der Sprache oftmals von einem Kampf, des Autors mit den Worten, der auch beim Lesen noch auf subtiler Art und Weise spürbar ist, normalerweise würde so etwas natürlich nicht viel ausmachen, aber bei einem Wettbewerb muss man die Daumenschrauben eben etwas anziehen. Du wartest zwar mit der einen oder anderen Überraschung in der Sprache auf, jedoch wird es nach einer Zeit, dann schon etwas monoton, da du auch keinen anderen Blickpunkt einnimmst, schade eigentlich.
[18P / 30P]

Metaphorik:
Deine Bilder bestechen weniger durch Neuartigkeit als durch die Anordnung der selbigen. So hat man bei den meisten Metaphern dieses „Das kenn ich irgendwoher“ Gefühl, was du versucht mit der neuartigen Konstellation zu kaschieren, was an mancher Stelle passend wirkt, an derer jedoch wieder etwas gezwungen.
Du legst deine Metaphern so an, dass sie nicht auf Anhieb einen Sinnzusammenhang bilden, sondern man nur die Grundstimmung vermittelt bekommt, bei näheren Betrachten erschließt sich der Sinn jedoch immer mehr, was deine Bilder sehr reizvoll macht und sie nicht so nackt ausgesetzt lässt.
Dadurch lassen sich deine Bilder auch vielfältig auslegen, ohne jedoch den roten Faden zum Anschluss an den Sinn aus den Augen zu verlieren.
Jedoch hätte diesem Werk ein bisschen mehr bildliche Sprache nicht geschadet, da deine Metaphern sich oftmals über den gesamten Vers erstrecken um erst zur Geltung kommen zu können, ein bisschen mehr und prägnanter hätten sicherlich nicht geschadet.
[22P / 35P]

Inhalt:
Dein Inhalt, der Gedanken, Träume und Wünsche die im Sumpf versinken, gefällt mir sehr gut. Hätte thematisch leider besser zu Thema 1 gepasst, wie ich finde. Dein Text beleuchtet die Situation von einer anderen Seite, manchmal mit qualitativen Abstrichen auf Kosten des Bildes.
Dein Werk strahlt jedoch eine passende Präsenz aus, was ein Spiel mit den Gedanken selbst nach dem Lesen ausmacht.
Eine etwas weniger „plakative“ Darstellung wäre aber sicherlich ausdrucksstärker gewesen.
[16P / 20P]

Insgesamt: [68P / 100P]
Entspricht: [6,8P / 10P]

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muh-q wahn

Dieses Werk war auf den ersten Blick in meiner engsten Wahl, da es in Reim und Metrik, Melodie und Sprache sehr fein daherkommt. Das Reimschema ist so ungewöhnlich, wie originell, die Bilder sind stark, wenn auch teilweise sprachlich allzu gewagt („Not schnürt sich im Korb des Atems wegen“).

Die ersten drei Strophen kommen metrisch im Gleichmaß daher: XxXxXxXxXx , was was bei einem einzigem Enjambement und den ewigen weiblichen Kadenzen bei mehrmaligem Lesen etwas leiernd wird. Strophe 4 fügt lediglich eine Hebung hinzu, die Kadenzen bleiben weiblich. Das weckte keine Sympathie in mir, weshalb ich vielleicht zu kritisch auf die Sprache schaute. Allerdings ist das auch der zweiten Zeile geschuldet, da es „nässer“ recht eigentlich nicht gibt und in dieser Aufzählung „nass und nässer“ wohl ohnehin des Reimes wegen benutzt wurde.

Und wenn man dann schon so am Schauen ist, dann findet sich doch einiges:

„so wie Blasen es denn immer pflegen“ klingt läppisch in einem dramatischen Gedicht.
„fällt der Atem tiefer, nur zum Spiele“ Nur zum Spiele ? Geht es in dem Gedicht etwa nicht um Wasserleichen ?
„dieses mich mit Klagen enger findet“ Wenn schon dieses-jenes-welches, dann doch bitte letzteres.
„ewig Sehnen an die Zeiten bindet“ Das verstehe ich schlicht nicht mehr.
„Weiter, weiter rührt ein Schmerz im Topfe“ Im Topfe ? Reimschuld ist nicht immer Ehrschuld ...
„Rückend zieh ich Schritte“ Sehr poetisch, mir zu sehr.

Genug gekrittelt, ich empfinde das Werk immer noch als attraktiv. Melodie, Reim und Metrik sind stimmig, die Bilder sind teilweise sehr ansprechend, die Themenvorgabe wird eingehalten, die conclusio ist stark (auch und gerade sprachlich !). Es trifft eben meinen Geschmack nicht so sehr, da die Dynamik der weiblichen Kadenzen mit den abgeschlossenen Inhalten je Zeile kollidiert.

Anfänglich ein Star, der aber jedes Mal schwächer brannte ...

Bewertung: 5,5

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LeVampyre

In erster Linie beschreibt dieser Text eine Verlustsituation. Ob es nun das Leben selbst, die Identität oder ein Ideal ist, welches verloren geht, das bleibt unklar. Inszeniert wird das Ganze als Ertrinken im Morast.

1. Grundlage der Gliederung bilden phonetisch, syntaktische und semantische Aspekte zugleich. Zeilen werden aufgrund von Metrik, Kadenz und Reim zu Versen. Die Umbrüche beschließen jeweils syntaktische Phrasenenden. Strophen entstehen durch phonetische, syntaktische und semantische Realtionen.

2. Der Text gliedert sich inhaltlich (und phonetisch) in einen A- und einen B-Teil. Der A-Teil stellt die lyrische Situation vor und baut sie über die Reflexion des lyr. Ich aus. Der B-Teil widmet sich jedoch der Auseinandersetzung mir einem lyr. "Ihr", welches zu Ungunsten einer inhaltlichen Ordnung unerwartet eingeführt wird. Eine Conclusio ist durch die Antithese in der letzten Zeile erkennbar.

3. Die deutliche Zweiteilung dient der reflexiven Ebene, warum aber eine Abgrenzung vom lyr. "Ihr" für die Darstellung des Ich sinnvoll ist, bleibt offen. Schlecht vorbereitet ist die Conclusio, deren Sinnhaftigkeit nicht aus der vorangegangenen Argumentation deutlich wird.

4. Die Auseinandersetzung des Ichs mit sich selbst und mit dem lyr. "Ihr" öffnet die Bereiche für die reflektierte Argumentation. Im Hin und Her aus Identifikation mit und Abgrenzung vom lyr. Ihr ist die Reflexion erkennbar. Leider wird durch die Verschleierung der Argumentation im B-Teil ein trübendes Licht darauf geworfen, da der Leser nicht in der Lage ist, sie unabhängig vom Gedicht selbst weiterzuführen.

5. Gelungen ist das Apokoinou am Ende von S1. Es bewirkt eine Verdichtung und stellt mit seiner Verschiebung der grammatischen Integrität die Atemnot performativ dar. Die Inversionen in S2 wirken übersteigert und unschön und die Emphase in derselben Strophe entlädt sofort wieder ihre Potenz durch das wirklich unsinnige Reimwort "Topfe" und verpufft.

6. Wunderbar virtuos wirken die komplexe Metrik, das kunstvolle Apokoinou, die Alliteration in S3 und das Enjambement ebendort. Wenig gekonnt kommen allerdings unsinnige Reimwörter wie "Topfe" (Roisd), Satzverdrehungen und grammatische Unstimmigkeiten daher.

7. Die Gedichtwelt hat hier eine Menge offener Fäden, was besonders im B-Teil deutlich wird. Neue Aspekte und Motive werden plötzlich eingeführt, bleiben dann aber unbearbeitet, so dass der B-Teil fast vollständig an einer einheitlichen Linie krankt. Der A-Teil macht da mehr her.

8. Eine Synthese wurde nicht wirklich erreicht. Die metrische Schönheit und die Reflexion passen zueinander. Uneins mit dem sind Patzer in der Reimwahl und der Grammatik. Angenehm ist das Ineinandergreifen, der metrischen mit der inhaltlichen Organisation.

9. Originell sind Strophenform und Bau. Die Wahl, den Verlust durch das Ertrinken in einem Tümpel darzustellen, ist sehr erfrischend.

10. Die Themenumsetzung als solche kommt ebenfalls originell daher. Leider wirkt das Bild des Ertrinkens im Tümpel bei Vorgabe des Tümpelbildes doch noch etwas nahe liegend.

Bewertungskriterien

1.textinterne Strukturen: Liegt ein semantisches, syntaktisches oder phonetisches Modell zugrunde?
2.inhaltlicher Aufbau: Ist ein Redeverlauf erkennbar, der die Inhalte sinnvoll anordnet und gliedert?
3.inhaltliche Finalität: Ist ein Ziel, eine Intention oder dergleichen erkennbar, nach denen der Inhalt gestaltet ist?
4.Mehrdimensionalität des Topos: Erscheint die Thematik reflektiert oder wird sie dem Leser reflektiert dargeboten?
5.Funktionalität der Sprache: Sind die poetischen Mittel zielgerichtet angewandt?
6.Virtuosität der Sprache: Sind die poetischen Mittel frei und kreativ angewandt?
7.Abgeschlossenheit und innere Logik/Ursächlichkeit der Gedichtwelt: Gibt es Unstimmigkeiten, offene Fäden oder unangenehme Brüche?
8.poetische Synthese der Komposition: Sind die poetischen Mittel der Sprache, der Form und des Inhaltes zu einem sich selbst ergänzenden Ganzen zusammengefügt?
9.Originalität der Komposition: Lässt das Gedicht auf neue und unverbrauchte Art und Weise erfahren?
10.Art der Umsetzung der Themenvorgabe: Erscheint die Umsetzung einfallsreich?

Einen Überblick über die Analysen bieten auch zwei Grafiken:
"Tümpeltraum" und "Verlorenes Spiel"
die übrigen Texte

Bewertung:

1. textinterne Strukturen: 1.0
2. inhaltlicher Aufbau: 0.8
3. inhaltliche Finalität: 0.5
4. Mehrdimensionalität: 0.7
5. Funktionalität der Sprache: 0.7
6. Virtuosität der Sprache: 0.5
7. innere Logik: 0.3
8. poetische Synthese: 0.7
9. Originalität: 1.0
10. Umsetzung: 0.7
Gesamtpunktzahl: 6.9



(zurück zum Gedicht)

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#5

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:35
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Kritiken zum Gedicht "Nebelgedanken" (Venyaluna)


Genesis

Zur besseren Differenzierung ergeben die hier verwendeten Punktzahlen insgesamt 100 Punkte. Die Endpunktzahl ist durch Addieren der Einzelpunkte und Division durch 10 und anschließendem Runden auf eine Stelle nach dem Komma zu errechnen.

Form:
Beim Lesen bleibt man nirgends hängen, obwohl ich den abwechselnden 4- und 5-hebigen Jambus hier für nicht passend empfinde. Oftmals wirkt die Sprache auch ziemlich auf die Metrik hingetrimmt, so in Strophe 2, Vers 2 und 3. Dadurch wird dein formaler Rahmen, eine Art formaler Käfig. Mit dem andauernden Wechsel zwischen 8 und 10 Silben, schaffst du jedoch eine gewisse Dynamik, die verhindert, dass man die Verse nur runterrattert.
Ein bisschen mehr Modalität vermisse ich.
[08P / 15P]

Sprache:
Deine Sprache ist sehr einfach gehalten und besticht leider nicht durch eine atmosphärische Wortwahl, oftmals hat man sogar den Eindruck, dass du eine völlig andere sprachliche Gestaltung vor Augen hattest, diese jedoch metrisch nicht einbinden konntest. Leider abstrahierst und konkretisierst du deine Sprache auch recht wenig, man befindet sich in einer Art Grauzone. Daher bleibt die Faszination deiner Worte, bei mir, leider aus.
Deine Beschreibung versetzt mich leider rein gar nicht an deinen beschriebenen Tümpel, da es deine Sprache nicht schafft, den Leser in ihren Bann zu ziehen, eher distanziert sie sich von ihm.
Hingegen gefällt mir die Ambivalenz die du hier mit der Auftrennung der quasi-positiven zur quasi-negativen Strophe aufbaust. Mit einer passenderen Sprachwahl hätte dies, sicherlich viele Eindrücke vermitteln können.
[10P / 30P]

Metaphorik:
Dein Gedicht ist für mich eine metaphorische Wüste, da du es leider nicht schaffst aussagekräftige Bilder zu benutzen, sondern dich mit metaphorischen Bildansätzen zu begnügen. Die einzigste Metapher die es mir angetan hat, ist Strophe 2 Vers 2, das Bild der „verdrehten Welt“.
Ansonsten sind kaum nennenswerte ausdrucksstarke Bilder verwendet worden, die leider auch nicht durch große Tiefe und Aussage überzeugen können. Deine metaphorischen Ansätze brauchen dazu noch mehrere Verse um richtig zur Geltung kommen zu können, eindeutig zu lange. Leider ist es absolut kein Gedicht der Bilder, was vor allem zu deiner Themawahl, leider überhaupt nicht dazupasst.
[08P / 35P]

Inhalt:
Durch die groben Mängel in Sprache und Metaphorik fällt auch der Inhalt ziemlich bescheiden aus. Der Text fordert wenig, aber sagt prinzipiell auch nicht sehr viel Substantielles aus. Vor allem im Bezug auf das Bild, versagt deine Gestaltung und Auslegung.
[07P / 20P]

Insgesamt: [33P / 100P]
Entspricht: [3,3P / 10P]

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muh-q wahn

Manchmal ist es ein einziger Vers, der einen ein Gedicht lieben lässt, ohne dass man genau erklären könnte, warum eigentlich. Hier geht es nicht ganz so weit, da ich einerseits die ganze erste Strophe wundervoll finde und andererseits zwei Dinge dazu sagen kann: Zum einen wird hier in zwar einfacher aber durch hinreißende Enjambements wunderbar gebundener Sprache geschrieben, dass es einem quasi gereimt erscheint, zum anderen bin ich in 2 Sätzen mitten in dem Bild und in meinen eigenen Gedanken. Hier ist kein Wort zu viel und keins zu wenig, alles ist genau so wie es sein muss. Ganz große Klasse und alleine wegen dieser Strophe mein Gewinner !

Strophe 2 kommt da nicht ganz mit, da mir die beiden Elisionen nicht gefallen wollen. Ich gebe zu, dass Nr. 1 („dreh’n“) eigentlich ein Selbstgänger und Nr. 2 („fall’n“) auch kein Fall für das Schwurgericht ist ABER die hohe Schule der Dichtkunst sind sie eben auch nicht und bei einem Achtzeiler sollten sie vermeidbar sein. Inhaltlich aber empfinde ich die zweite Strophe ähnlich stark, insbesondere Zeile 2.

Wettbewerbssieger aus meiner Sicht ist nun dieses eine Gedicht, weil es nach meinem Geschmack einerseits am vorteilhaftesten das Thema in Sinnebene 1 einfängt und in Ebene 2 allegorisiert und andererseits ist. So einfach ist das.

Bewertung: 7,0

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LeVampyre

Der Text beschreibt die Gedanken eines lyr. Ich, die aber keineswegs nebulös daher kommen, sondern eine eindeutige Richtung erkennen lassen - die Sehnsucht nach dem nassen Tod.

1. Auch dieser Text gliedert sich nach phonetischen, syntaktischen und semantischen Aspekten. Der Versbau, der durch Metrik und Syntax gesichert wird, verschwimmt zu Beginn durch zwei aufeinanderfolgende Enjambements. Reime gibt es keine. Die Strophen ergeben sich aus der Gegenüberstellung zweier verschiedener semantischer Bereiche.

2. Eine rhetorische Struktur liegt dem Text nicht zugrunde. Er teilt sich in einen A-Teil, der als Einleitung und einen B-Teil, der als Conclusio fungiert. Beide Teile besprechen verschiedene Felder, und erfahren lediglich durch eine dürftige Überleitung eine rhetorische Verknüpfung.

3. Die Conclusio offenbar die Erklärung einer Todessehnsucht. Inwiefern aber der im A-Teil beschriebene gedankliche Leerlauf damit zusammen hängt, bleibt unklar.

4. Eine mehrdimensionale Ausarbeitung des Themas liegt nicht vor. Zwar zielt die Beschreibung des Gedankenleerlaufs auf eine Reflexion ab, doch kommt diese nicht zustande, da keine Argumentation geführt und keine Wertungen getroffen werden.

5. Die Enjambements im A-Teil scheinen ins Leere zu laufen, was für das Erste der beiden wohl performativ sein könnte. Die Symbole "Spiegel" und "fallende Blätter" suggerieren Uneigentlichkeit, die sich aber nicht in ein eigentliches Bild fügt.

6. Wirklich virtuos kommt der Text nicht daher. Zwar wirkt der durchgehende Imabus geschmeidig, die Enjambements wirken aber planlos. Darüber hinaus hat der Text sprachlich nicht viel zu bieten.

7. Die gedankliche Leere wird im Dunst des Tempels erzeugt und die Todessehnsucht erklärt sich in der Todessehnsucht selbst. Ursachen bleiben unklar und die Texthälften zerfallen. Die ganze Thematik bleibt ein einziger offener Faden.

8. Inhalt und Form greifen recht solide ineinander. Strophen zeichnen sich aber nicht durch mehr als inhaltliche Teilung aus und die wenigen sprachlichen Mittel laufen leer.

9. Das Motiv der Todessehnsucht, Trostsuche im Schlummer, ist bekannt. Sprache und Form sind zu wenig ausgestaltet, um hier neuartig und unverbraucht zu wirken.

10. Die thematische Umsetzung wirkt nicht sehr einfallsreich. Wieder wird mit einer bloßen Bildbeschreibung gearbeitet, die selbst nicht besonders eindringlich ist und die nur dürftig durch ein bekanntes und belegtes Motiv kaschiert wird.

Bewertungskriterien

1.textinterne Strukturen: Liegt ein semantisches, syntaktisches oder phonetisches Modell zugrunde?
2.inhaltlicher Aufbau: Ist ein Redeverlauf erkennbar, der die Inhalte sinnvoll anordnet und gliedert?
3.inhaltliche Finalität: Ist ein Ziel, eine Intention oder dergleichen erkennbar, nach denen der Inhalt gestaltet ist?
4.Mehrdimensionalität des Topos: Erscheint die Thematik reflektiert oder wird sie dem Leser reflektiert dargeboten?
5.Funktionalität der Sprache: Sind die poetischen Mittel zielgerichtet angewandt?
6.Virtuosität der Sprache: Sind die poetischen Mittel frei und kreativ angewandt?
7.Abgeschlossenheit und innere Logik/Ursächlichkeit der Gedichtwelt: Gibt es Unstimmigkeiten, offene Fäden oder unangenehme Brüche?
8.poetische Synthese der Komposition: Sind die poetischen Mittel der Sprache, der Form und des Inhaltes zu einem sich selbst ergänzenden Ganzen zusammengefügt?
9.Originalität der Komposition: Lässt das Gedicht auf neue und unverbrauchte Art und Weise erfahren?
10.Art der Umsetzung der Themenvorgabe: Erscheint die Umsetzung einfallsreich?

Einen Überblick über die Analysen bieten auch zwei Grafiken:
"Tümpeltraum" und "Verlorenes Spiel"
die übrigen Texte

Bewertungen:

1. textinterne Strukturen: 0,8
2. inhaltlicher Aufbau: 0,7
3. inhaltliche Finalität: 0,5
4. Mehrdimensionalität: 0,2
5. Funktionalität der Sprache: 0,2
6. Virtuosität der Sprache: 0,5
7. innere Logik: 0,1
8. poetische Synthese: 0,5
9. Originalität: 0,1
10. Umsetzung: 0,2
Gesamtpunktzahl: 3,8



(zurück zum Gedicht)

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#6

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:35
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Kritiken zum Gedicht "Tümpelwünsche" (MrsMerian)


Genesis

Zur besseren Differenzierung ergeben die hier verwendeten Punktzahlen insgesamt 100 Punkte. Die Endpunktzahl ist durch Addieren der Einzelpunkte und Division durch 10 und anschließendem Runden auf eine Stelle nach dem Komma zu errechnen.

Form:
Bis auf ein paar rhythmische kleine Hänger, was meist durch die abweichenden Silbenzahlen zustande kommt, liest sich dein Gedicht flüssig. Jedoch wäre mir ein durchgehaltenes überkreuzendes Reimschema wie in Strophe 3 lieber gewesen in den beiden vorherigen Strophen, da man seinen Lesefluss danach ausrichtet. Durch im Kontext verschiedene Betonung der einzelnen Versfüße, wird es auf die Weile auch nicht zu monoton.
[11P / 15P]

Sprache:
Deine sprachliche Gestaltung ist teils sehr schön gelungen, teils jedoch wirkt sie wieder etwas lieblos. Deine Sprache ist sehr schwer einzuordnen, da sie keine groben Mängel noch das gewisse Etwas aufzeigt. Die sprachliche Qualität deines Werkes steht irgendwo in der Schwebe, ohne wirklich Fuß fassen zu können. So wirkt manche sprachliche Gestaltung nicht so auf den Leser, wie du es dir vielleicht erhofft hattest. Strophe 2 Vers 1 finde ich persönlich zum Beispiel ziemlich sprachlich gesehen ziemlich daneben gelangt, wohingegen Strophe 3 Vers 1 mit der direkten Ansprache wieder einen positiven Eindruck vermittelt. Oftmals wirkt deine Sprache ein bisschen zu ausgeschmückt, wo es an anderer Stelle wiederum fehlt.
[16P / 30P]

Metaphorik:
Deine Bilder bestechen vor allem durch die oftmals sehr neuen metaphorischen Ansätze die du hier gebrauchst. Jedoch verliert man ein bisschen den „roten Faden“ aus dem Blick, da sich deine Bilder manchmal auch nur schwer mit den anderen verknüpfen lassen, es fehlt irgendwie der Übergang zwischen den einzelnen Bildern.
Außerdem gefällt mir die wirklich große Auslegungstiefe deiner Bilder, mit der du das Thema, mit den Konnotationen des Lesers schön ausschmückst.
Hingegen fällt mir bei deinem Werk auf, dass es im Bezug auf die Bilder ziemliche Wellenbewegungen gibt, oftmals fällt es in einen ziemlichen metaphorischen Engpass, da bei dir allgemein eine ziemliche Bildernot herrscht.
[16P / 35P]

Inhalt:
Der Inhalt, des „sich dem Tümpel stellendem“ Dichters macht einiges her, jedoch nicht so viel, wie es hätte seien können. Vor allem ist es eine schöne Ausformulierung des Zitates, obwohl ich mir manche Stellen, vor allem das „dottergelbe Wort“ ein bisschen mehr umgesetzt gewünscht hätte. Stereotypisch ist dein Gedicht ebenfalls nicht, hingegen fehlt es ihm durch die etwas schwache sprachliche Gestaltung an substantieller Präsenz.
[14P / 20P]

Insgesamt: [57P / 100P]
Entspricht: [5,7P / 10P]

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muh-q wahn

Diesem Beitrag gilt mein voller Respekt, da der Dichter sich dem wesentlich schwierigeren Sujet annahm und es meiner Ansicht nach auch in sehr akzeptabler Form umsetzte. Metrisch mag das etwas durchwachsen und in S2Z1 auch völlig danebengegangen sein. Reimtechnisch ist eher interessant, als misslungen, dass in den ersten beiden Strophen ABAC – DEDF vorliegt. Meist wird auf der jeweils zweiten Zeile gereimt: ABCB – DEFE. In Strophe 3 liegt dann ein echter Kreuzreim vor, was sich inhaltlich auch empfiehlt. Wie auch immer: Es klingt für mich stimmig und auch melodisch.

Die teilweise schönen Formulierungen („enge Daunengrube“, „dottergelbe Wort“) reihen sich mit wunderbarer Selbstverständlichkeit in den wenig manierierten Text. Der Dichter aalt und bespiegelt sich nicht in seiner Kunst, sondern hat etwas mitzuteilen. Bei mir kommt das an. Inhaltlich lässt das Werk Spielraum und lädt zum Nachdenken und Interpretieren ein. Wenn auch dieser Text poetologisch ist, dann ist das nicht nur berechtigt, sondern thematisch zwingend. Die leise Ironie, mit der der Dichter hier arbeitet, insbesondere in der conclusio („trotzt er kühn nun der Gefahr“), ist mir besonders sympathisch, lädt sie doch zum Kratzen an Denkmälern ein. Wenn Rimbaud selbst ein Denkmalsbeschmutzer war, dann wird man auch und gerade an ihm kratzen dürfen. Wahrscheinlich war es ganz anders gemeint aber das ist mir herzlich egal. Mir gefällt es.

Vermeintlich einfach formulierte Werke mit mindestens doppeltem Boden, die zudem so relativ schwerelos und selbstverständlich daherkommen, haben es mir besonders angetan. Hochinteressant, allerdings muss der Dichter sich nach meinem Geschmack die Mittelstrophe negativ anrechnen lassen: Das „immerfort, immer fort“ und dann auch noch im metrischen Stilbruch kann mir gar nicht gefallen. In Z2 muss wohl gewollt sein, dass der Farn groß und getrennt geschrieben wurde, nur verstehen muss ich das nicht. Ich gebe zu, dass ich frecherweise farnumspielt gelesen habe. Das „dottergelbe“ Wort habe ich als das Gelbe vom Ei, das wesentliche Wort interpretiert, von dem der Dichter-Narziss sich abwendet, da es zu wenig schmückend (aber um so wahrhaftiger) ist. Allerdings ist das sprachlich unsauber: Im Antlitz des Wortes (was soll das sein ?) verschmäht sich Narziss !? Zumindest gewagt diese Formulierung.

Solches (und auch hier der behinderte Titel) hinderte mich daran, diesen Beitrag zum Gewinner zu erklären. Verdient hätte er es aber sicher auch.

Bewertung: 6,5

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LeVampyre

Es geht in diesem Text um die Sehnsucht nach innerer Ruhe, nach Frieden und Selbstverwirklichung durch die Einkehr in eine neue Heimat.

1. Die Strophen und Verse sind phonetisch, syntaktisch und semantisch gesichert. Es ergibt sich eine logische, 3-teilige Struktur (A A' B).

2. Diese 3-teilige Struktur ist auch bestimmt vom rhetorischen Verlauf. So bildet A durch die Erzählung der Vorgeschichte eine Einleitung, A' stellt in Überleitung den Wendepunkt dar und B überzeugt durch seinen Gegenentwurf als Conclusio.

3. Der Text ist sehr zielstrebig angelegt. Genannt wird, was für die Darstellung wichtig ist, nicht zu viel, nicht zu weig, so dass sich eine klare und eindeutige Linie ergibt.

4. Auch auf reflexiver Ebene hat er Einiges zu bieten. Die Problematik der Verbitterung und Enttäuschung im Umherirren wird erklärt, eine Wertung wird weitestgehend zwar dem Leser überlassen, ist aber dennoch latent vorhanden. Auch die Sehnsucht wird nicht einfach abstrakt genannt, sondern wird durch die Vorgeschichte eindringlich verbildlicht.

5. Die starke Kadenz am Ende von S1 scheint den Einbruch des Wanderers zu performieren und die subtilere Gestaltung des letzten Strophe hebt ihre auch inhaltlich besondere Rolle hervor. Ihr formale Harmonie unterstützt den inhaltlichen Harmoniegedanken und ist verantwortlich für die oben genannte latente Wertung. Die Brüche in der Metrik in S2 entbehren anscheinend einem tieferen Sinn und wirken gepatzt. Unklar ist der Inhalt der Metapher im zweiten Teil von S2, ihre Funktion bleibt aber sehr eindeutig.

6. Virtuos ist die ornamentale Periodik der ersten zwei Verse in S1. Das Wortspiel in S2 ist neckisches Ornat. Die formale Ausgestaltung, die sich von Strophe zu Strophe differenziert zeigt, wirkt sehr gekonnt. Ungekonnt wirken hingegen die Patzer in S2. Ungünstig gewählt scheinen mir die Metaphern "Daunengruben" und "dottergelbes Wort", in dessen Antlitz Narziss sich verschmähte". (Ich konnte mir darunter wirklich überhaupt nichts vorstellen und bitte den Autor/die Autorin um Aufklärung.)

7. Einen Bruch in der Assoziationskette stellt für mich die "Daunengrube" dar. Ihre weiche Reinheit passt nicht zu der kriechenden, dreckigen Reise des lyr. Ichs. Ein offener Faden bleibt mir auch nach wochenlangem Rumgrübeln die Phrase "dottergelbes Wort, in dessen Antlitz Narziss sich verschmähte". Ich konnte mir darunter wirklich überhaupt nichts vorstellen und bitte den Autor/die Autorin um Aufklärung. Ansonsten ist die Gedichtwelt äußerst logisch und selbsterklärend.

8. Der Satz wirkt in seiner Gesamtheit rund. Einzelaspekte greifen ineinander und bedingen sich gegenseitige. Getrübt wird das Ganze ein wenig durch die Sprünge in den Zeitformen in S3, die an sich keinen Ruhepunkt bilden, wie er in der Strophe berichtet wird.

9. Die Thematik selbst ist nicht besonders originell, originell ist aber sicherlich ihre Ausarbeitung und Umsetzung, so dass der Leser daran Neues erfahren kann.

10. Der Sehnsucht nach innerem Frieden, den Rimbauds Ich in Europa sucht, setzt der Dichter hier eine neue Perspektive gegenüber. Auch auf die Gesamtsituation des Worttümpels scheint dieser Text geradezu abgestimmt.

Bewertungskriterien

1.textinterne Strukturen: Liegt ein semantisches, syntaktisches oder phonetisches Modell zugrunde?
2.inhaltlicher Aufbau: Ist ein Redeverlauf erkennbar, der die Inhalte sinnvoll anordnet und gliedert?
3.inhaltliche Finalität: Ist ein Ziel, eine Intention oder dergleichen erkennbar, nach denen der Inhalt gestaltet ist?
4.Mehrdimensionalität des Topos: Erscheint die Thematik reflektiert oder wird sie dem Leser reflektiert dargeboten?
5.Funktionalität der Sprache: Sind die poetischen Mittel zielgerichtet angewandt?
6.Virtuosität der Sprache: Sind die poetischen Mittel frei und kreativ angewandt?
7.Abgeschlossenheit und innere Logik/Ursächlichkeit der Gedichtwelt: Gibt es Unstimmigkeiten, offene Fäden oder unangenehme Brüche?
8.poetische Synthese der Komposition: Sind die poetischen Mittel der Sprache, der Form und des Inhaltes zu einem sich selbst ergänzenden Ganzen zusammengefügt?
9.Originalität der Komposition: Lässt das Gedicht auf neue und unverbrauchte Art und Weise erfahren?
10.Art der Umsetzung der Themenvorgabe: Erscheint die Umsetzung einfallsreich?

Einen Überblick über die Analysen bieten auch zwei Grafiken:
"Tümpeltraum" und "Verlorenes Spiel"
die übrigen Texte

Bewertungen:

1. textinterne Strukturen: 1,0
2. inhaltlicher Aufbau: 1,0
3. inhaltliche Finalität: 1,0
4. Mehrdimensionalität: 1,0
5. Funktionalität der Sprache: 0,7
6. Virtuosität der Sprache: 0,5
7. innere Logik: 0,5
8. poetische Synthese: 0,8
9. Originalität: 0,9
10. Umsetzung: 1,0
Gesamtpunktzahl: 8,4



(zurück zum Gedicht)

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#7

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:35
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Kritiken zum Gedicht "Vergangen, wenn das Neue kommt" (Arno Boldt)


Genesis

Zur besseren Differenzierung ergeben die hier verwendeten Punktzahlen insgesamt 100 Punkte. Die Endpunktzahl ist durch Addieren der Einzelpunkte und Division durch 10 und anschließendem Runden auf eine Stelle nach dem Komma zu errechnen.

Form:
In der Form gibt es nur ein paar kleine Schnitzer, so gefällt mir der assonante Reim in Strophe 1 zwischen Vers 1 und Vers 4 nicht, und ein Paarreim in Strophe 4 hätte auch nicht geschadet. Ansonsten liest sich dein Gedicht sehr flüssig. Die Abwechslung zwischen akatalektischen und hyperkatalektischen Versen, passt sehr gut in deine formale Gestaltung. An manchen Stellen fällt man leider auch wegen den etwas unerwartet langen Wortkonstruktionen aus dem Lesefluss.
[11P / 15P]

Sprache:
Deine Sprache weiß wirklich zu begeistern, so malen deine Worte während des Lesens langsam die beschriebene Szenerie vor meinen Augen auf ohne dabei aufdringlich zu wirken, du schaffst es deine Sprache ohne Zwang in den Vordergrund zu rücken, ohne dass das Werk als Gesamtes an Attraktivität verliert.
Durch deine unkonventionelle Verstrickung der Worte wird es auch während dem Lesen einem nicht langweilig, sondern fasziniert einen auf eine sehr subtile Art und Weise. Grobes hab ich nicht auszusetzen, nur wären ein paar nicht so große Wortkonstruktionen auch für den Lesefluss dienlich gewesen.
[28P / 30P]

Metaphorik:
Deine Metaphorik besticht wie deine Sprachwahl durch Neuartigkeit, Sinnlogik und Inhaltsstärke, so schaffst du es mit feiner Spitze die Situation mit deinen vielseitigen Bildern schön nachzufahren.
Deine Bilder sind in gewisser Weise autonom, gehen aber schön ineinander über und hinterlassen so keine metaphorischen Lücken.
Du legst den Inhalt und die Tiefe deiner Bilder nicht sofort offen, was es viel interessanter macht dein Gedicht mehrere Male zu lesen und auf immer andere Ansätze zum interpretieren stößt. Dabei sind deine Bilder manchmal nicht in ihrem ganzen Umfang fassbar sondern nur teilweise verständlich, da sie an manchen Stellen doch zu sehr verschlüsselt anmuten. Ansonsten eine wirklich bemerkenswerte Arbeit.
[32P / 35P]

Inhalt:
Der Inhalt wirkt an manchen Stelle leicht kryptisch doch in Verbindung mit dem Bild, schaffst du es gut eine passende Harmonie zu finden, so dass man sich vielleicht nicht im ersten Moment an den Tümpel versetzt fühlt, sich ihn jedoch auf eine anderen Ebene gut vorstellen kann.
Der wirklich konkrete Hintergrund hängt leider etwas in der Schwebe, da man ihn nicht wirklich fassen kann, da dein Werk auf der Metapher des „Stundenspiegels“ mehr oder minder völlig aufbaut.
Trotz alle dem beeindruckt dein Inhalt mit einer etwas verschlosseneren Umsetzung und einer völlig neuen und unabhängigen Idee.
[18P / 20P]

Insgesamt: [89P / 100P]
Entspricht: [8,9P / 10P]

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muh-q wahn

Auch dieses Werk hat mich spontan sehr angesprochen, da es neben der stimmigen Metrik und des durchgängigen Reimschemas eben auch sprachlich gelungen ist und tolle Bilder malt.

Man mag streiten, ob und wie der Nebel wanken mag, doch Wortschöpfungen wie „moosbeworfen“ oder – besser noch – „seesattreich“ versöhnen sofort. Den Tümpel bzw. seine Oberfläche durch die Spiegelung der vorüberziehenden Gestirne als „Stundenspiegel“ zu bezeichnen (war das der Grund ?), empfinde ich als besonders gelungen. Hoffentlich gibt es das nicht schon in bekannteren Werken, dann wäre ich hübsch blamiert.

Auch Strophe 2 wartet mit schönen Beschreibungen auf und hat von Z2 auf Z3 auf Z4 zudem eine wunderschöne Enjambement-Folge (die Kommata in Z1 und 3 sind überflüssig).

In Strophe 3 wird klar, dass der Dichter aus der Themenvorgabe das Simpelste macht, was man machen kann: Ein poetologisches Gedicht. Unterstrichen wird der Bruch durch den Wechsel von vier auf 5 Hebungen in den A-Zeilen, nur bräuchte es das meiner Meinung nach nicht nur nicht, sondern es klingt auch unschön und so fundamental wichtig scheinen mir die Attribute auch nicht zu sein, um solch einen brutalen Eingriff zu rechtfertigen.

Die Conclusio dagegen gefällt mir wieder sehr gut, sprachlich und inhaltlich. Das Werk wäre auch ein würdiger Gewinner gewesen, Kleinigkeiten machten den Unterschied. Zu diesen Kleinigkeiten gehört z.B. der furchtbare Titel.

Bewertung: 6,1

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LeVampyre

Dieser Text spricht über das Erwachen und die Selbstreflexion eines lyr. Ichs durch die aktive Hilfe eines lyr. Du.

1. Die Gliederung verläuft über phonetische, syntaktische und semantische Elemente und ergibt eine neuartige Sonettform. Drei Absätze teilen den Text in drei reimende Quartinen und ein reimloses Duplett. Die vier Abschnitte sind phonetisch durch den umarmenden Reim und z.T. semantisch durch Themenfelder bestimmt. Eine weitere Gliederung ergibt sich aus dem inkonsequenten Gebrauch von Anaphern. Die ersten zwei Abschnitte sind formell eng verknüpft.

2. Die Rede verläuft in vier Teilen, deren inhaltliche Gliederung zur phonetischen z.T. phasenverschoben ist. Sie beginnt mit einer Einleitung, auf die eine Beschreibung der auf das lyr. Ich bezogenen Handlungen des lyr. Du folgt. Anschließend werden die vom lyr. Ich unabhängigen Handlungen des lyr. Du und schließlich die Aktion des lyr. Ich beschrieben.

3. Ich habe lange gebraucht, um den Sinn in diesen Zeilen zu finden, was ich entdeckte, ist dürftig und von zahlreichen Ungereimtheiten geprägt, sprich unsicher. Die Entwicklung, der Prozess des lyr. Ichs vom passiven zum leidlich aktiven Wesen ist unklar. Eine Richtung ergibt sich hier nicht.

4. Die Beschreibung eines Entwicklungsprozesses macht den Anschein einer Reflexion. Das Ich erkennt seine Situation, wertet sie aber nicht. Dieser Anschein bleibt lediglich innerhalb der Gedichtwelt bestehen, da Brüche in der Argumentation es dem Leser verbieten diesen Prozess nachzuvollziehen und darüber hinaus selbst weiterzureflektieren.

5. Nicht alle Stilfiguren wirken sinnvoll was ihre Wirkung betrifft. Die besondere Gliederungsstruktur der ersten zwei Quartinen (parallel und-und; gespiegelt Augen-Augen) und die Abgrenzung des ersten Teils der dritten Quartine durch die Und-Anaphern erscheint schlüssig. Weniger schlüssig erscheinen hingegen Dinge wie die Assonanz in der ersten, die Steigerung und der Vergleich in der zweiten und die zusätzliche Silbe in der dritten Quartine.

6. Eine Sprachvirtuosität lassen der fließende Rhythmus, die Anaphernbildung und die strukturelle Relation der ersten zwei Quartinen erkennen. Von Unsensibilität zeugen aber die Wahl der Anapher ("und" ist ein semantisch bedeutungsloses Wort, seine Wiederholung ist nicht schön) und die Nutzung verwirrender Neologismen und brüchiger Tropen und Figuren.

7. Es gibt zahlreiche Brüche in diesem Text. Zu viele Warums? und Wiesos? gehen mir als Leser durch den Kopf, die weder im Text, noch durch mein latentes Weltwissen Erklärung finden. Warum wird das eher gegenständlich beschriebene Du personifiziert? Warum wird eine vom lyr. Ich unabhängige Handlung beschrieben? Was ist ein Stundenspiegel und wo ist der Bezug zum Titel?

8. Eine Synthese wurde hier nicht erreicht. Der Umgang mit dem Text bleibt wegen der Brüche schwierig. Zwar geht der Inhalt solide in Form und Sprache auf, doch entbehrt er selbst einer Logik, was keinen Eindruck von Synthese bei mir hinterlässt.

9. Die thematische Idee erscheint originell und auch die Umsetzung ist interessant. Die Neuartigkeit kann der Leser jedoch nicht erfahren, weil sich zwischen ihm und dem Text ein Vakuum zu befinden scheint.

10. Die Umsetzung des vorgegebenen Themas erscheint aber originell.

Bewertungskriterien

1.textinterne Strukturen: Liegt ein semantisches, syntaktisches oder phonetisches Modell zugrunde?
2.inhaltlicher Aufbau: Ist ein Redeverlauf erkennbar, der die Inhalte sinnvoll anordnet und gliedert?
3.inhaltliche Finalität: Ist ein Ziel, eine Intention oder dergleichen erkennbar, nach denen der Inhalt gestaltet ist?
4.Mehrdimensionalität des Topos: Erscheint die Thematik reflektiert oder wird sie dem Leser reflektiert dargeboten?
5.Funktionalität der Sprache: Sind die poetischen Mittel zielgerichtet angewandt?
6.Virtuosität der Sprache: Sind die poetischen Mittel frei und kreativ angewandt?
7.Abgeschlossenheit und innere Logik/Ursächlichkeit der Gedichtwelt: Gibt es Unstimmigkeiten, offene Fäden oder unangenehme Brüche?
8.poetische Synthese der Komposition: Sind die poetischen Mittel der Sprache, der Form und des Inhaltes zu einem sich selbst ergänzenden Ganzen zusammengefügt?
9.Originalität der Komposition: Lässt das Gedicht auf neue und unverbrauchte Art und Weise erfahren?
10.Art der Umsetzung der Themenvorgabe: Erscheint die Umsetzung einfallsreich?

Einen Überblick über die Analysen bieten auch zwei Grafiken:
"Tümpeltraum" und "Verlorenes Spiel"
die übrigen Texte

Bewertung:

1. textinterne Strukturen: 0,8
2. inhaltlicher Aufbau: 1,0
3. inhaltliche Finalität: 0,3
4. Mehrdimensionalität: 0,5
5. Funktionalität der Sprache: 0,5
6. Virtuosität der Sprache: 0,5
7. innere Logik: 0,2
8. poetische Synthese: 0,3
9. Originalität: 0,5
10. Umsetzung: 1,0
Gesamtpunktzahl: 5,6



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#8

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:36
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Kritiken zum Gedicht "Abgesang" (Don Carvalho)


Genesis

Zur besseren Differenzierung ergeben die hier verwendeten Punktzahlen insgesamt 100 Punkte. Die Endpunktzahl ist durch Addieren der Einzelpunkte und Division durch 10 und anschließendem Runden auf eine Stelle nach dem Komma zu errechnen.

Form:
Deine Form und Gestaltung klingt und wirkt auf formale Sachen hingearbeitet und hingebogen, so dass es absolut nicht mehr natürlich wirkt. Strophe 4 Vers 4 ist dafür das beste Beispiel, dass du deine Sprache in diesen winzigen formalen Rahmen wirklich hineinpresst.
Ansonsten hältst du Metrik- und Reimschema streng ein, ein bisschen zu streng wie man oben lesen kann.
[08P / 15P]

Sprache:
Sprachlich machen vor allem Strophe 1 und Strophe 4 etwas her, da sie einen schönen konträren
Abschluss, sprachlich auch durch den Weidenbaum erkennbar, schaffen.
Der Mittelteil, der eigentlich Unbeschwertheit vermitteln soll, schafft dies nur teilweise.
Mit ein paar Ausdrücken tue ich mir noch schwer, da sie leider nicht so richtig ins Bild passen oder schon ziemlich ausgelutscht wirken und somit bei mir manchmal den Mundwinkel wandern lassen.
An den häufigen Elisionen merkt man beim Lesen leider wieder, wie du die Sprache in dein „Form-Korsett“ zwängst, obwohl an mancher Stelle eine Aufweitung und Ausarbeitung angebrachter erscheint.
[13P / 30P]

Metaphorik:
Zwar sind deine Bilder passend, jedoch vermitteln sie einfach zu wenig Tiefe, sie wirken zu kurzsichtig gedacht und können nicht wirklich in den metaphorischen Fluss mit eingebunden werden.
Allgemein findet man nur sehr wenige Bilder die einen wirklich beeindrucken können, sondern die meiste Zeit liest man sich durch eher langweilige grobe Bildgeflechte.
Auch ist deine Metaphorik für mich zu punktuelle gesetzt, so dass du keinen Einheit bekommst sondern eher so einen Rosinenkuchen.
Manchmal denke ich auch, dass du die Bildebene für zu unwichtig betrachtet hast und sie deswegen nur so lapidar formuliert hast, da die erste Strophe ein völlig gegenteiliges Bild zeichnet.
[12P / 35P]

Inhalt:
Mit ein paar Worten: Dein Inhalt wirkt platt. Es kommt kaum nennenswerter Inhalt durch deine Gestaltung rüber, sondern nur Randgeschwätz, wenn ich das mal so nennen darf.
Dein Werk fesselt den Leser nicht, was auch daran liegt, das der gesamte Inhalt schon ziemlich vorgekaut klingt.
Dein Inhalt regt auch nicht zum denken an, da es weniger um eine elementare Audrucksvermittlung geht, als viel mehr nur um eine lesenswerte Erzählung.
Thematisch passt es leider ab auch nicht so wirklich zusammen, da der Mittelteil eindeutig mehr zu Thema 1 passt, da er in keinster Weise auf das Bild eingeht, hier wäre mehr metaphorische Gestaltung von Vorteil gewesen.
[06P / 20P]

Insgesamt: [39P / 100P]
Entspricht: [3,9P / 10P]

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muh-q wahn

Das Werk spricht mich schlagartig an, da es von der Form her nicht nur sauber, sondern auch gelungen ist. Metrisch sauber, durchgezogener Kreuzreim, feine Melodie durch die wechselnden Kadenzen. Sprachlich routiniert, strukturiert durchgedichtet hat das Werk Hand und Fuß. Die Nostalgiegefühle am Tümpel sind sprachlich ordentlich umgesetzt bis auf wenige Ausnahmen („an dem sich ließ die Zukunft nicht mehr zwingen“, „alte Zukunftsweise“) und so plätschert das Gedicht gefällig dahin. Und das ist der eigentliche Makel: Keine Überraschung. Vielmehr schafft der Dichter es, die Themenvorgabe in seinem Sinne abzubiegen, um auf ein Terrain zu gelangen, auf dem er offenbar sehr sicher ist. Das muss der Neid ihm lassen.

Obwohl das Gedicht nach objektiven Kriterien meine Höchstpunktzahl bekam (attraktiv, melodisch, Reim und Metrik sauber, inhaltlich strukturiert mit nachvollziehbarem Schluss etc.), fehlt mir etwas, an dem ich mich reiben kann. „Mein“ Sieger kann es nicht sein, da es nicht wirklich am Thema ist. Da haben sich alle anderen mehr gequält und wir wissen ja, dass Kunst auch immer Qual bedeutet .

Sonderlob gibt es auch noch für die Überschrift. Von allen Beiträgen ist dieses der einzige mit einer vernünftigen Überschrift !

Bewertung: 6,0

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LeVampyre

Ein lyr. Ich nimmt bewusst Abschied von seinen Jugendträumen und damit von der Jugend selbst.

1. Der Text gliedert sich durch phonetisch, syntaktische und semantische Elemente in 5 gleichartige phonetische Abschnitte (Strophe à vier Verse) und drei semantisch-inhaltliche.

2. Der Text ist insgesamt sehr rhetorisch aufgebaut. Die Verhältnisse zwischen den drei Redeteilen Einleitung (S1), Argumentation (S2-4) und Conclusio (S5) sind ausgewogen und harmonisch. Die Argumentation wird über sinnvolle Verlaufsmodelle in der Erinnerung, der Erzählung und Wertung sinnvoll organisiert. Überleitungen und Rückbezüge erlauben Ringschlüsse und erzeugen einen abgeschlossenen und vollständig autonomen Text.

3. Die wunderbare rhetorische Struktur bedingt eine hervorragende und schöne Ausarbeitung des Themas und wirkt sehr zielstrebig und geplant.

4. Das lyr. Ich beschreibt und erinnert nicht nur, es wertet auch und reflektiert diese Wertung, so dass der Leser die entstehenden Gedankengänge getrost allein weiterspinnen kann, sobald der Text zu einem Ende gekommen ist.

5. Die Aufteilung der Redeteile in Zeit- (Präsens/Präteritum) und Personenebenen (Ich/Wir/Du) ist sinnvoll und macht die Gliederung rund und schlüssig. Die zustätzliche Hebung in S3V1 kann durchaus als performatives "gefügtes Glück" verstanden werden, ebenso die "gezwungene" Inversion in V3 könnte so verstanden werden. Ihre Wirkung ist aber fast brutal und ihre Intensität scheint auf Erinnerungsebene unangemessen stark.

6. Von großer Virtuosität zeugen die metrische Strenge (die sogar auf Kadenzidentität achtet!) und der rhetorische Bau. Die Parallelität der jeweiligen V1 in S1+2 erzeugt den sanften Übergang zur Erinnerungsebene. Das Oxymoron in S2V4 ist süßes, aber bedacht gebrauchtes Sprachspiel. Wie ein Bruch in dieser Harmonie wirkt die noch-noch Wiederholung (sehr enttäuschende Unsensibilität des Dichters). Ebenso unschön ist der Fakt, dass durch die zusätzliche Hebung in S3V1 eine zu starke Betonung auf der Nebensilbe von "unserem" bewirkt wird.

7. Die Gedichtwelt ist in sich abgeschlossen und absolut rund. Es gibt keine offenen Fäden, alle Aspekte sind gut nachvollziehbar und sehr logisch.

8. Dadurch wirkt der Text sehr synthetisch. Er fließt, er ist gut gebaut, er ruht in sich, ohne einschläfernd oder aalglatt zu wirken.

9. Die Thematik als solche ist nicht neu, die Umsetzung hingegen schon. Die Bilderung und Assoziationsräume sind anregend und eindringlich. Die Reflexion bedingt die gedankliche und emotionale Weiterentwicklung im Leser.

10. Die Themenvorgabe wurde als inspirierender Eindruck verstanden und assoziativ eingebunden. Der Text selbst löst sich davon und geht darüber hinaus, so dass er zu einem eigenständigen und autonomen Kunstwerk wird.

Bewertungskriterien

1.textinterne Strukturen: Liegt ein semantisches, syntaktisches oder phonetisches Modell zugrunde?
2.inhaltlicher Aufbau: Ist ein Redeverlauf erkennbar, der die Inhalte sinnvoll anordnet und gliedert?
3.inhaltliche Finalität: Ist ein Ziel, eine Intention oder dergleichen erkennbar, nach denen der Inhalt gestaltet ist?
4.Mehrdimensionalität des Topos: Erscheint die Thematik reflektiert oder wird sie dem Leser reflektiert dargeboten?
5.Funktionalität der Sprache: Sind die poetischen Mittel zielgerichtet angewandt?
6.Virtuosität der Sprache: Sind die poetischen Mittel frei und kreativ angewandt?
7.Abgeschlossenheit und innere Logik/Ursächlichkeit der Gedichtwelt: Gibt es Unstimmigkeiten, offene Fäden oder unangenehme Brüche?
8.poetische Synthese der Komposition: Sind die poetischen Mittel der Sprache, der Form und des Inhaltes zu einem sich selbst ergänzenden Ganzen zusammengefügt?
9.Originalität der Komposition: Lässt das Gedicht auf neue und unverbrauchte Art und Weise erfahren?
10.Art der Umsetzung der Themenvorgabe: Erscheint die Umsetzung einfallsreich?

Einen Überblick über die Analysen bieten auch zwei Grafiken:
"Tümpeltraum" und "Verlorenes Spiel"
die übrigen Texte

Bewertung:

1. textinterne Strukturen: 1,0
2. inhaltlicher Aufbau: 1,0
3. inhaltliche Finalität: 1,0
4. Mehrdimensionalität: 1,0
5. Funktionalität der Sprache: 0,8
6. Virtuosität der Sprache: 0,7
7. innere Logik: 1,0
8. poetische Synthese: 1,0
9. Originalität: 1,0
10. Umsetzung: 1,0
Gesamtpunktzahl: 9,5



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#9

1. Lyrik-Wettbewerb des Tümpels

in Wettbewerbe 07.04.2005 11:36
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Kritiken zum Gedicht "Finstrer Verseschmied" (Wilhelm Pfusch)


Genesis

Zur besseren Differenzierung ergeben die hier verwendeten Punktzahlen insgesamt 100 Punkte. Die Endpunktzahl ist durch Addieren der Einzelpunkte und Division durch 10 und anschließendem Runden auf eine Stelle nach dem Komma zu errechnen.

Form:
Schon bei der Form sieht man die Extravaganz deines Werkes, das Endreimgeflecht in den Strophen 1 und 2, stützt zwar den Lesefluss, hat sonst aber wegen den sehr einfachen Reimen leider keinerlei weitere Wirkung.
Die überkreuzenden Reime in Strophe 3 und 5 und die Mischung aus der Paarreime und überkreuzenden in Strophe 4 wirkt oftmals ziemlich verwirrend, jedoch passend.
An der einen oder anderen Stelle hakt es jedoch rhythmisch, was dazu führt, dass man manchmal aus dem Lesefluss kommt. Auch die fast schon zungenbrecherischen Verse (Vgl. S5 V3) bringen einen dazu immer wieder neu ansetzten zu müssen, das hätte man besser abrunden können.
[08P / 15P]

Sprache:
Sprachlich sieht es leider überhaupt nicht mehr so rosig aus, hier erstmal ein paar sprachliche formale Fehler:
„meert“ -> „mehrt“
„Flüsste“ -> „Flüsse“
„frurchtbar“ -> „furchtbar“
„wärs“ -> „wär’s“
Das sollte wirklich nicht vorkommen, da es absolut unprofessionell wirkt.
Vor allem Strophe 3 Vers 2 wirkt so was von schief, dass es ihn 3-mal lesen musste.
Allgemein drückst du deine Sprache in die Richtung die du haben willst, es scheint, als hättest du eine Idee die du nun so schnell wie möglich irgendwie in das Gedicht pressen musst. Dadurch wirkt dein Gedicht eher ein bisschen lächerlich als es die Grundstimmung in Strophe 1 und 2 angibt.
Strophe 4 ist ein absolutes Paradebeispiel dafür, ich habe das Gefühl, dass dir die Worte ausgehen und du aber den Vers mit irgendwas füllen musst, denn solche Verse wie „ja dann müssen die halt ran“ sind absolut nicht tragbar.
Sprachlich wirklich katastrophal.
[00P / 30P]

Metaphorik:
Die oben beschriebene Sprachwahl, wirkt sich natürlich ganz fatal auf deine metaphorische Ebene aus. Ich kann das Gedicht leider nicht wirklich einordnen, da die Strophen 1-3 ein relativ passende Bild schaffen, welches jedoch durch die Strophen 4 und 5 absolut zerstört wird und bodenlos ins Lächerliche gezogen wird.
Durch diese ewigen Füllwörtereinschübe die du immer mal wieder loslässt, besticht dein Werk leider nicht durch großen metaphorischen Ausdruck. Hättest du nur die Strophen 4 und 5 weggelassen, denn metaphorischen gefallen mir die Strophen 1-3. Oftmals (d.h. in Strophe 4 und 5) wirken deine Bilder platt, kindisch, aussagelos und vor allem langweilig. Auch hier leider kein schönes Gesamtbild.
[06P / 35P]

Inhalt:
Auch hier die gleichen Kritikpunkte wie oben. Jedoch auch wenn der Inhalt nicht wirklich überzeugen kann, so schafft es der Anfang jedoch auch mehr oder weniger holprig in die Thematik einzuleiten jedoch hebst du dann leider ziemlich ab. Ein bisschen mehr Verknüpfungspunkte zum gewählten Thema wären nicht schlecht gewesen.
Schade, vor allem da dieser schlechte Gesamteindruck nur von deiner 4. und 5. Strophe herrührt, die du absolut in den Sand gesetzt hast.
[05P / 20P]

Insgesamt: [19P / 100P]
Entspricht: [1,9P / 10P]

------------------------------

muh-q wahn

Die Überschrift erscheint mir Programm: Das ist hartes Brot mit teilweise unverdaulichen Wortvergewaltigungen. Dem Dichter gebührt Anerkennung, sich das schwerere Thema ausgesucht zu haben, doch entweder ist sein Werk so schwer zugänglich, dass es mir zu hoch ist oder er ist wenig ernsthaft herangegangen.

Jedenfalls spielt er herum: Die ersten 8 Zeilen meinte er, alle auch „ein“ reimen zu wollen. Warum ? Gut, die Überschrift ist Programm aber dennoch: Wozu das Ganze ? Sprachliche Finessen stehen gleichberechtigt neben Unfertigkeiten und lassen damit böse ahnen, dass die gelungeneren (Wort-)Streiche eventuell nur Zufallsgeburten sind !? Beispiele ? Ganz schlecht: „zu flößen das Schwarz, in sein Herz hinein“. Großartig: „Hüllt das Fühlen, weist die Schalen, teert was federn müsste“.

Spätestens in Strophe 4 kommt das Aus: Hier wird ausgesprochen, wenn nicht ausgeschissen, dass der Dichter keine Lust hat, uns zu gefallen. Der geniale In-sich-Reim „humanadäquate Fäkalimitate“ wird schlicht vergeudet. „Ja, dann müssen die halt ran“. Schade, schade, schade. Der Dichter ist tatsächlich ein genialischer Nimmersatt (toller Satz btw) und er ahnt in der conclusio bereits, dass diese Art nicht belohnt wird. Jedenfalls nicht von mir.

Thema erfüllt, interessante Melodie, eigenwillige Bilder, passende Überschrift, insgesamt aber überwiegt der Eindruck unernster Spielerei. Dem Dichter sei an Herz gelegt, seine unleugbaren sprachlichen Qualitäten nicht derart zu verdaddeln.

Bewertung: 5,0

------------------------------

LeVampyre

Der Text performiert seinen Titel sehr eindringlich, geht darüber aber nicht hinaus. Seine Strukturen sind überladen, seine Sprache abstrus und sein Inhalt ziellos. Er zerfällt an der Kleingliedrigkeit seiner Einzelelemente, die durch keine Linie zusammengehalten werden. Es ist keine Richtung auszumachen, der Text wirkt wild, seine Sprache mutet nicht gebunden an. In meinen Augen hat der Dichter die Themenvorgabe nicht erfüllt, weil er weder direkt, noch indirekt auf das Rimbaudzitat reagiert. Eine einzige Tümpelrelation könnte möglicherweise durch das anfängliche Wasserbild (Ufer, auftauchen) entstehen. Diese bleibt aber lediglich Bildsplitter, wird nicht ausgearbeitet und könnte daher auf sonst was hindeuten. Ich habe den Text daher nicht bewertet.

Bewertungskriterien

1.textinterne Strukturen: Liegt ein semantisches, syntaktisches oder phonetisches Modell zugrunde?
2.inhaltlicher Aufbau: Ist ein Redeverlauf erkennbar, der die Inhalte sinnvoll anordnet und gliedert?
3.inhaltliche Finalität: Ist ein Ziel, eine Intention oder dergleichen erkennbar, nach denen der Inhalt gestaltet ist?
4.Mehrdimensionalität des Topos: Erscheint die Thematik reflektiert oder wird sie dem Leser reflektiert dargeboten?
5.Funktionalität der Sprache: Sind die poetischen Mittel zielgerichtet angewandt?
6.Virtuosität der Sprache: Sind die poetischen Mittel frei und kreativ angewandt?
7.Abgeschlossenheit und innere Logik/Ursächlichkeit der Gedichtwelt: Gibt es Unstimmigkeiten, offene Fäden oder unangenehme Brüche?
8.poetische Synthese der Komposition: Sind die poetischen Mittel der Sprache, der Form und des Inhaltes zu einem sich selbst ergänzenden Ganzen zusammengefügt?
9.Originalität der Komposition: Lässt das Gedicht auf neue und unverbrauchte Art und Weise erfahren?
10.Art der Umsetzung der Themenvorgabe: Erscheint die Umsetzung einfallsreich?

Einen Überblick über die Analysen bieten auch zwei Grafiken:
"Tümpeltraum" und "Verlorenes Spiel"
die übrigen Texte

Bewertung: 0,0
(Nicht disqualifiziert, da von der Mehrheit der Juroren als ausreichend themennah klassifiziert.)



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