#1

Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 11.05.2009 09:55
von Gast 1 (gelöscht)
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Betrachtung

Der Himmel steht in schwarzem Tüll und grauer Seide,
in seinem Stummsein überhören wir uns beide.
Nur ganz entfernt, wo meine Blicke kaum mehr halten
sieht man der Schwalben tiefen Flug sich angestalten
an schwere Pforten, deren Augen weinen wollen,
ich höre nur ein unterbrochen dumpfes Grollen,
dann sind sie fort, die schönen Überflieger,
die Nacht zieht ein und wieder wird es kalt.


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#2

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 09:57
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Hallo Katerchen,

ich habe so meine Probleme mit dem Text. Zwar liest und spricht er sich gut und funktioniert auf eine metaphysische Weise, will sagen transportiert eine gewisse Stimmung, aber ausreichen will mir das dennoch nicht, da ich inhaltlich zu oft stutzte.

Im Stummsein des Himmels überhören sich die beiden? Wo man kaum mehr etwas erkennen kann, sieht das lyrI aber doch noch Vögel? Der Flug dieser Schwalben gestaltet sich „an Pforten“? Die Augen der Pforten weinen? Das dumpfe Grollen ist unterbrochen? Das negativ konnotierte dumpfe Grollen gehört zu „schönen Überfliegern“?

Es tut mir leid, falls ich zu uninspiriert bin, aber das sind für ein kurzes Gedicht eine ganze Menge Bilder, die für meine Begriffe schief sind. Zu schief, als dass mir das Gedicht positiv in Erinnerung bleiben könnte, selbst wenn ich es ansonsten sprachlich und von der Melodie her passabel finde.

Beste Grüße
O.





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#3

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 12:31
von Gast 1 (gelöscht)
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Hallo,

In Antwort auf:
Es tut mir leid
Das sollte es nicht.



In Antwort auf:
als dass mir das Gedicht positiv in Erinnerung bleiben könnte,

Damit kann mein Text leben.



Ich bedanke mich für die Mühe.
Katerchen


.



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#4

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 12:52
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte





Gedichte und Kommentare in allerbester Absicht

zuletzt bearbeitet 16.05.2009 10:30 | nach oben

#5

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 16:24
von Gast 1 (gelöscht)
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zuletzt bearbeitet 16.05.2009 10:30 | nach oben

#6

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 17:10
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte





Gedichte und Kommentare in allerbester Absicht

zuletzt bearbeitet 16.05.2009 10:31 | nach oben

#7

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 19:22
von Gast 1 (gelöscht)
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zuletzt bearbeitet 16.05.2009 10:31 | nach oben

#8

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 19:38
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte





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zuletzt bearbeitet 16.05.2009 10:32 | nach oben

#9

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 13.05.2009 20:16
von Gast 1 (gelöscht)
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zuletzt bearbeitet 16.05.2009 10:32 | nach oben

#10

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 14.05.2009 09:39
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Hallo Katerchen,

du verwendest eine Menge Energie darauf, das letzte Wort zu haben und ich bin der Letzte, der dafür kein Verständnis hat. Damit wir jetzt aber aus der albernen Hab-ich-nicht-Hast-du-doch-Routine herauskommen, wenden wir uns doch dem Text wieder zu und ich versuche, meine Schwierigkeiten genauer zu benennen.

Über den Protagonisten „steht“ in Zeile 1 ein dunkler Himmel, der in Zeile 2 als stumm bezeichnet wird, aber in Zeile 6, wenn auch unterbrochen, aber doch grollt und in Zeile 7 werden Überflieger angesprochen, die für meine Begriffe nur Wolken sein können. Anfangs ist es noch nicht Nacht, denn die zieht erst am Ende ein und anfangs ist der Himmel selbst ja noch grau. Die Seide steht im Allgemeinen für Sanftheit und will mir in das Gewitterbild nicht recht passen, aber auch die Wolken sind ja nur aus schwarzem Tüll, mithin hauchzart und durchsichtig, mindestens fadenscheinig. Die erinnern also gar nicht an „schwere Pforten“, die gleich weinen, vulgo: regnen wollen. Warum man übrigens den Flug der Schwalben sich an diese schweren Pforten „angestalten“ sieht und wie ich mir das vorzustellen habe, bleibt dunkel.

Ist der Himmel nun stumm oder grollt er? Ich muss Ersteres annehmen, denn der Dichter schreibt das explizit. Dennoch überhören sich die beiden Personen, insofern darf man wohl davon ausgehen, dass das Bild metaphorisch gemeint ist und das Unwetter eher nur in den Köpfen über den Köpfen schwebt. Das gegenseitige Überhören ist eher Ursache des Verstummens und des Unwetters, als umgekehrt. Am Ende jedoch vergehen die Wolken, es regnet nicht und hier wendet sich auf einmal das Blatt: die Wolken, die soeben noch „schwere Pforten“ waren, die grollten und weinen wollten, sind jetzt „schöne Überflieger“ und im Vergleich zur Kälte der nun einziehenden Nacht, war es eben offenbar geradezu warm.

So, ich hoffe nun ist etwas klarer, warum ich das Gedicht nur als durchwachsen bezeichnen kann. Die unheilvolle, düstere, traurige Stimmung bringst du mit Reim und Maß und Wort wohl herüber, aber ich bezeichne solche Gedichte immer als Kling-Klang-Klong und das Klong steht dann eben dafür, dass es inhaltlich mindestens widersprüchlich ist. Unter Summ- und Brummgedichten wäre es ganz vorne mit dabei, aber bestehen kann es nicht, da ich mich letzten Endes doch nur an Aussage und gelungene Metaphern/Bilder erinnerte, wenn es sich denn um ein gelungenes Gedicht handelte. Das ist hier nicht der Fall.

Beste Grüße
O.





Gedichte und Kommentare in allerbester Absicht

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#11

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 14.05.2009 11:08
von Gast 1 (gelöscht)
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zuletzt bearbeitet 16.05.2009 10:33 | nach oben

#12

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 14.05.2009 12:14
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Angelockt durch das aneinander überhören und dumpfem wie lautem Grollen oder Schmollen, las ich nun die Betrachtung von Katerchen.
Thematisch hat es der Künstler in die Rubrik Düsteres und Schwermütiges eingestellt. Acht Zeilen ist es lang und es heißt Betrachtung. Ein Rondell vermag ich oberflächlich aber nicht zu erkennen – vielleicht auf semantischer Ebene. Mit Betrachtung, wie der Titel lautet, ist vielleicht ein kontemplatives Schauen oder ein nachdenkliches oder aber, wenn ich den Begriff nachschaue, eine ästhetische Beurteilung gemeint. Gleich im Titel offenbart sich ein Paradoxon. Ein Gedicht, oder ein Bild, will betrachtet, beschaut werden, aber dieses hier, hat selbst die Betrachtung als Titel, so als ob es auf den Betrachter – vulgo mich – zurückschauen möchte – vielleicht sogar ihn ästhetisch beurteilen? Es spielt also mit der Rezeption. Trotz dieser erheblichen Spannung, die sich allein schon im Titel offenbart, muss naturgemäß der Rahmen des Bildes gefüllt werden. Nur ein Titel und eine Signatur bliebe für eine Betrachtung zu dürftig oder besser gesagt: ein leeres Gedicht, ein Text ohne Worte nimmt das Ende zu sehr vorweg und verstellt dem Betrachter – in diesem Falle dem Leser – den Blick auf den Anfang des Betrachtungs- und Nachdenkungsprozesses. Aber Ansätze für die Aufhebung der Betrachtung eines befüllten Raumes sehe ich im Kommentarfaden in dem Posting mit den vielen Leerzeilen. Die Leerzeilen hat Katerchen ganz bewusst gelassen, um die Unmöglichkeit des Dialoges mit Oliver – den analytischen, nicht ästhetischen – Thomas Mann würde sagen: Zivilisationsbetrachter – gerade durch das Nichtbefüllen des Raumes mit Zeichen irgendwelcher Art zu verdeutlichen: Er zeigt ohne zu zeigen, deckt auf ohne zu enthüllen. Aber zurück zur Betrachtung. Was ist der Gegenstand der Betrachtung. Das Wetter. Welch feine Ironie. Das Wetter. Wenn es nichts mehr zu bereden gibt, dann spricht man über das Wetter. Wenn alles gesagt ist, wenn alles rauf und runter dekliniert worden ist, was bleibt? Das Wetter. Mit die beliebtesten Seiten im Internet – unabhängig von Geschlecht, Alter und Bildungsgrad – sind die Wetterseiten. Äußerlich oder von weitem betrachtet, auch ein kluges Motiv innerhalb dieser Zeilen, erscheint der Text wie ein korrekt gereimtes Gedicht was zugänglich einer klassischen Rezeption oder Betrachtung scheint. Bei näherer Betrachtung von Titel und Gegenstand entzieht sich der Text aber dem Betrachter und serviert ihm was? Das Wetter. Perfide Umsetzung des Grundproblems im 21.Jahrhundert: die Unmöglichkeit der Kommunikation zwischen den Menschen und gerade zwischen Künstler und Publikum, zwischen Bildner und Betrachter. Der analytische Betrachter kann nicht umhin, hier ein Gewittergedicht zu erkennen, die Ingredienzien sind wie erwähnt vorhanden, müht sich ab Metaphern und Reimschema zu erkennen, versucht, so als würde der tiefe Flug der Schwalben tatsächlich und verlässlich eine Vorhersage des Wetters ober besser eines Zustandes beinhalten können, mehr als das Wetter zu erkennen, mehr als ein nahendes Gewitter zu erkennen. Das da nicht mehr ist, muss zu zwanghaftem Nachfragen führen, denn eine Negation seiner Betrachtungsweise ist gleichsam der Entzug des Bodens unter seinen Füßen oder das Löschen aller Worte und Bilder, aller Kunst, aller per se zum Scheitern verurteilten Kommunikationsversuche. Da ist eben nichts zwischen den Zeilen, außer der Betrachtung einer Gewitterfront durch den Spiegel eines anderen Betrachters, der wir nicht selbst sein können und sich daher diese Betrachtung dem Betrachter notwendigerweise versagt. Da ist nichts was darüber gesagt werden kann und was sich kongenial in der Rezeption des Werkes fortsetzt. Besser habe ich die Unmöglichkeit etwas wiederzugeben, etwas für einen Betrachter zu schaffen, was für viele die Motivation ist sich in welcher Form auch immer auszudrücken, noch nie zuvor gelesen. In leichter Abwandlung eines anderen Satze möchte ich schließen: Was soll ich nach der Betrachtung noch schreiben?
zuletzt bearbeitet 14.05.2009 12:23 | nach oben

#13

RE: Betrachtung

in Düsteres und Trübsinniges 14.05.2009 23:29
von Gast 1 (gelöscht)
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Zunächst ein Dankeschön für deine umfangreiche Rückmeldung und
den abschließenden Satz, Brotnic2um. Ich werde mich nochmals ausführlich
zu deinen Überlegungen rückmelden. Um mich wenigstens kurz und
beispielsweise der von dir angesprochenen weniger witzigen Ebene zu nähern,
möchte ich beispielsweise „Menschen bei Nacht“ v. Rilke o. auch „Nachtergebung“
v. Trakl nennen - lesenswert!

Katerchen



--------


Nachtrag: Was bleibt mir nach Deinem Kommentar noch zu schreiben?
Der kommunikativen Endzeitstimmung, die sich aus Deinem Beitrag
entnehmen läßt, ist nichts mehr beizugesellen.



Danke
und lieben Gruß
Katerchen



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zuletzt bearbeitet 17.05.2009 14:53 | nach oben


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