#1

Von Sinnen (Oktober)

in Ausgezeichnete Lyrik 09.10.2008 05:44
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte

Von Sinnen



Von ganz tief unten hoch, herauf aus der Versenkung -

die Gründe unbekannt, als unerkannt der Weg

auf Unergründlichkeit, ein langer schmaler Steg

beginnt und mit ihm kommt, ein jeder Schritt Verrenkung,



ein ungeschicktes Ding, ein Wandler aus der Tiefe,

auf die gewohnte Bahn, die er erneut erspürt:

von Sinnen noch und blind, wird sachte er verführt,

von Sinnen bald umgarnt, die er allein nicht riefe.



Er steigt und wächst hinauf. Die Dunkelheit geht ein.

Die Sinne werden sein, der Weg wird sein Verlauf.

Uns dämmert - wer er war? Ob wir uns jemals trafen?



Ich bin zurück, lieg schwer. Ich wollte das nicht mehr!

Ich wollte nicht hier her! Ich wär viel lieber er,

will, dass er sich verläuft, will wieder runter ... schlafen.




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zuletzt bearbeitet 02.09.2009 18:57 | nach oben

#2

Von Sinnen

in Ausgezeichnete Lyrik 09.10.2008 10:14
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Das ist ganz und gar verwirrend. Zum einen wird man durch die langen Sätze, die sich über die ersten beiden Strophen ziehen und sehr in die Irre führende eingeschobene ebensätze mit sich ziehen nicht gerade an der Hand genommen, zum anderen sind die Personalitäten nicht klar. Da gibt es das lyr. Ich, dass auftritt wie das Rätsel-Orakel (Na weißt dus?) und irgendwie auch der Protagonist, dann das "Er" (Ist es der Weg oder das "Ich"?) und das "Ding" und es ist nicht klar, wer wen verführt oder ob das Verführen als Ver-führen passiv im Raum steht.

Man wird also ganz schön an der Nase herum ver-führt und das macht es mir schwer, dein Werk zu verstehen. Allerdings bin ich von der mitreissenden Melodie und der sprachlichen Schönheit begeistert! Das macht es Kritik-Wert. Deshalb schreib ich hier.
In S3Z2 "Die Sinne werden sein" ist das im Sinne von "Die Sinne werden zu etwas ihm Gehörenden" zu verstehen?
Ansonsten zwar kein klassisches Sonett, aber dennoch soetwas wie. Also weiterhin bedenkenswert und ich bin gespannt, ob ich es noch verstehen werde.

In diesem Fall, da ich ja nun mein Versprechen zu halten gedenke, werde ich hier auch noch einmal mehr schreiben, sobald mir ein Licht aufgeht. Ich bin da mal ganz unselbstständig, vielleicht erhellt mich ja noch ein anderes Kommentar.
Ich will das auf jeden Fall noch herauskriegen, das zieht mich!
Bis dahin

Gruß und Kuss
R.

And therefore, since I cannot prove a lover,
To entertain these fair well-spoken days,
I am determined to prove a villain
And hate the idle pleasures of these days.
(William Shakespeare, King Richard III)
Www.kings-heritage.blogspot.com
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#3

Von Sinnen

in Ausgezeichnete Lyrik 12.11.2008 15:57
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Hi, vielleicht sollte ich dazu zwecks Verständnis mal Stellung nehmen, bzw. meine Intention erläutern.

Bei den Personen hatte ich mir folgendes gedacht:

beginnt und mit ihm kommt, ein jeder Schritt Verrenkung

Der Weg beginnt und mit ihm (dem Weg) kommt das ungeschickte Ding, der Wandler aus der Tiefe, auf die gewohnte Bahn, die er (der Wandler) erneut erspürt ... die folgenden 4 Verse beziehen sich alle auf den Wandler.

Dann in S3V3 wollte ich einen Übergang, der der Verwirrung sicher nicht abträglich ist. Mir ging es darum, hier den Prozess des Erwachens zu beschrieben. Man wacht auf und ist noch nicht man selbst, man ist noch blind und taub und von Sinnen, und da ist etwas, dass einen an der Hand nimmt, und ins Erwachen leitet. Und dieses Etwas sehe ich als den Wandler. Dann in S3V3 dämmert es dem lyrIch, es wird wach und erlangt sein Bewusstsein wieder, und dieser Moment ist gleichzeitig der Moment, in dem das Bewusstsein diesen Wandler und Wanderer aus der Tiefe des Schlafes ablöst.

Uns dämmert weil es beiden dämmert, dem lyrIch zum Morgen und dem Wandler zum Abend. wer er war? Das lyrIch fragt sich wer das war, der ihn da an der Hand nahm. Ob wir uns jemals trafen? Eine rhetorische Frage, da der eine in den anderen überging konnten sie sich nicht treffen. Und doch können sie einander erahnen.

Dann in S4 bereut das lyrIch erwacht zu sein, es will, dass sich der Wandler verläuft auf seinem Weg zum Erwachen, es will nur noch schlafen. Deshalb heisst es auch in S2V4, dass Sinne sich des lyrIchs bemächtigen, die es allein nicht riefe, da es gar nicht erwachen will.

S3Z2 "Die Sinne werden sein" ist so gemeint wie du es sahst. Die Sinne, die während des Schlafes nicht vom Bewusstsein durchwirkt sind, werden wieder sein. Während des Erwachens wurde der Wandler, der noch von Sinnen war, von den Sinnen verführt und umgarnt bis er sie umfasst und mit Ihnen wächst. Er steigt und wächst dabei an, die Dunkelheit des Schlafes geht ein, die Sinne werden wieder sein, bis er wach ist und sein Weg zum Erwachen hinter ihm liegt und gleichzeitig von ihm auch umfasst wird, da die Fähigkeit wieder Einzuschlafen und wieder zu Erwachen ihm innewohnt.

Als Sonnettform wollte ich es klassisch halten mit Alexandrinern und Zäsur.


Ich hoffe das hilft beim Verständnis des Textes weiter - eigentlich sollte man ja den Text für sich stehen lassen, aber der hier lag mir zu sehr am Herzen.


Grüßle,

Willi



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