#1

JailhouseSchock

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 16.08.2007 16:18
von bipontina (gelöscht)
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Zwilling sank mir mit einem geschluchzten "Gottseidank, Du l e b s t!" an die Schulter. Alles andere danach:Bleiern.
"Ein Glas Wasser, bitte!" die Zunge klebte mir am Gaumen. Die erste Zellenstunde: Schock. Wasser satt - Beamter an der Seite. Die Liege:
endlich Stätte zum Ruhen. Schlaf: Stätte zum Vorherigen- vergessen.
Fünf-Minuten-Schlaf, 7 Stunden lang. "Wasser??" - ja, Beamter an der Seite. Seine Routine.
7 Stunden Fahrt. "Wohin?"
Nur die Ruhe: ins Jailhouse. "Wie lange"? - Nur die Ruhe: vielleicht ein halbes Jahr.
Sechs Monate: nicht vorstellbar. Zuhause. Zwilling, 4 Kinder: s e c h s Monate?
und im Innern: dort bist du frei. geborgen. kugelfest.
Im INNERN: Kleider aus, Hosen runter, Beine spreizen. Inspektion.
Zigaretten dürfen Sie mitnehmen, hier das Bettzeug. Und Vorerstausrüstung. Morgen früh: Foto machen lassen für Extra-Ausweis.
Danach Doktor: d e r entscheidet- suizid oder nicht, oder doch. Ja, seine Routine zwischen zwei Zigaretten.
Die erste Nacht: oberer Stock, alle schlafen, ich kann Sterne sehn und hab
seit Jahren keine Angst mehr. Wie tröstlich die festen Mauern!
Die zweite Nacht: Zwilling. ZWILLING! Hoffnungsnacht. Glaubenacht. Zunkunftsnacht. Zwillingsnacht. Und endlich: Tränennacht.

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#2

JailhouseSchock

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 17.08.2007 14:17
von roux (gelöscht)
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Eine sehr interessante Kurzgeschichte, Bipontina.
Der Leser steht schon mit den ersten Worten in der fremden, bedrückenden Gedanken- und Erlebniswelt des Protagonisten, fühlt sich entsprechend verwirrt und stolpert gebannt mit, von Station zu Station des Verfahrens eines Haftantritts.

Sehr gut finde ich die Idee, die neuen Definitionen (hier: Liege, Schlaf) aus dieser Sicht einzuführen, diese Versuche, sich zu orientieren.

Ich muss gestehen, mit dem "Zwilling" kann ich gedanklich nicht so viel anfangen, habe nur vage Vermutungen, was gemeint sein könnte, was aber durchaus an meinen ev. falschen Denkansätzen und nicht am Text liegen könnte.

Die erste Nacht: oberer Stock, alle schlafen, ich kann Sterne sehn und hab seit Jahren keine Angst mehr. Wie tröstlich die festen Mauern!

Hier verwirrt mich ein wenig, schon wegen des vorausgehenden

und im Innern: dort bist du frei. geborgen. kugelfest.

dass der Protagonist seit Jahren keine Angst hat.
Oder vielleicht zum ersten Mal seit Jahren?

Suizid wird groß geschrieben, ich kann es mir hier aber auch als im Strafvollzug gebräuchliche Abkürzung für suizidgefährdet vorstellen.

Die Interpunktion und Formatierung könnte vielleicht noch einmal überarbeitet werden.

Insgesamt verwirrend, nahe gehend, berührend, beeindrucken fühlbar, dein Text. Meiner Meinung nach inhaltlich bislang das Beste, was ich von dir las.

Liebe Grüße,
roux
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#3

JailhouseSchock

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 17.08.2007 15:53
von bipontina (gelöscht)
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nanu: ein halbes Lob von Roux?
Ja, Prot. hat seit Jahren erstmals keine Angst. Interpunktion wird überarbeitet. Und "Forts. folgt". Aber dass Roux das als inhaltlich "Bestes" von mir betrachtet: sehr erstaunlich. Inhalt der KG: Banal. Alltäglich.
LG bipontina
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