#1

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 00:20
von bipontina (gelöscht)
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Auch d a , hinter Gittern und Scheiben
wird es nun en d l i c h e Nacht,
sinkt Ruhe in rastlose Seelen,
die tags - wie witternd - aus Höhlen,
aus fauligem, lästerndem Schacht
an's Helle drängen, in's Treiben

quer über die Flure, die Treppen, die Fliesen;
murrend, fluchend und manchmal auch still..
von Mauern umrundet, getrieben,
in's Register fünfziffrig geschrieben
als Kraft, als Kräfte, die keiner will -
schon im Bitten umgeben vom Büßen.

Auch ihnen wird endlich schattige Ruh,
auch ihnen löst Morpheus die Glieder
aus Paroxysmen des Leids in Glätte,
wandelt rosenblättrig die Stätte,
senkt Süße hinter flatternde Lider.
Und Apoll schlägt - weinend - die Leier dazu.

aem 1995

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#2

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 13:10
von Albert Lau (gelöscht)
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Hallo bipontina,

das ist schwer zu lesen, da der hauptsächliche Daktylus immer wieder unterbrochen wird. Daran ändert auch das durchgehaltene Reimschema A-B-C-C-B-A wenig und da in der dritten Strophe dann auch die Kadenzen anders verlaufen, als in den zwei Strophen zuvor, verbleibt ein unrunder Eindruck. Vielleicht ist das ja gewollt.

xXxxXxxXx
XxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxXxxXx
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Titel und Inhalt harmonieren, in welchem Gefängnis der oder die lyrischen Ichse sich auch befinden mögen, nachts träumen sie, nachts senkt sich Süße hinter flatternde Lider (sprachlich gutes Bild), so dass der Dichter oder der Gott der Dichter weint. Ich wage zu behaupten, dass es sich nicht um das klassische Gefängnis handelt, da dort regelmäßig rohere Gestalten hocken. Und daher finde ich die Flure, Treppen und Fliesen der zweiten Strophe nicht so gelungen.

Schade um den Rhythmus, denn das Gedicht ist ansonsten ansprechend, die Bilder gefallen mir, die Sprache ist poetisch, die Reime sind schlicht, was kein Nachteil ist und durch das Reimschema ja auch aufgewertet wird. Mit den unreinen Reimen in S1 und 2 habe ich kein Problem, in S3 durch die Entfernung des Reimpartners noch weniger.

Die Paraoxysmen in S3 sind mir zu gewaltig, vielleicht verstehe ich es aber auch einfach nur nicht. Rosenblätter? An dieser Stelle dachte ich, es ginge um fallsüchtige Menschen, die in ihren epileptischen Körpern gefangen sind, aber so recht bin ich nicht zufrieden damit.

Unabhängig von den Finessen der Sprache und der Bilder verbleibt ein überwiegend negativer Eindruck, da das Metrum eben auch immer wieder an Krämpfe gemahnt. Wie gesagt, vielleicht Absicht, aber dann bin ich nicht das richtige Publikum. Schade, denn ohne die Spasmen hätte es mir außerordentlich gefallen.

DGadE
Albert
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#3

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 19:17
von Maya (gelöscht)
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Willkommen im Tümpel, bipontina!

Zum Rhythmus wurde ja schon einiges gesagt, ich bin zuweilen ebenso ins Stolpern geraten. Diesen auseinander gezogenen Buchstaben kann ich auch nichts abgewinnen, mir erschwerten sie noch zusätzlich das Lesen.

Ich bin mir unsicher, von was für einem Gefängnis hier überhaupt die Rede ist, aber an Schwerverbrecher musste ich auch nicht denken, eher an ein Krankenhaus oder an eine psychiatrische Anstalt. Daher finde ich die Z1 in S2 auch passend, verweisen die Flure doch auf Verlorenheit, die Fliesen auf etwas Kaltes und das Register auf Amtliches – jedem Insassen wird eine Kennziffer zugewiesen. Nur wundert mich die Fünfziffrigkeit, was hat es damit auf sich?

Auch d a , hinter Gittern und Scheiben
wird es nun en d l i c h e Nacht,
sinkt Ruhe in rastlose Seelen,
die tags - wie witternd - aus Höhlen,
aus fauligem, lästerndem Schacht
an's Helle drängen, in's Treiben


Die „Seelen“ in S1, Z3 mag ich nicht, ich las einfach schon zu viele Gedichte, die auf die ominöse Seele verwiesen, wogegen die Rastlosigkeit natürlich passt, sofern hier tatsächlich von Epileptikern die Rede ist. Aber seit wann werden die denn eingesperrt oder ist damit das Körpergefängnis gemeint, dem sie nicht entkommen können? Die Formulierung „wie witternd“ verstehe ich in diesem Kontext nicht. Was wittern diese Seelen tagsüber, die Helligkeit? Das ist mir zu ungenau. Die Apostrophe sind überflüssig und die Verse 3 und 4 sind mir zu unsauber.

quer über die Flure, die Treppen, die Fliesen;
murrend, fluchend und manchmal auch still..
von Mauern umrundet, getrieben,
in's Register fünfziffrig geschrieben
als Kraft, als Kräfte, die keiner will -
schon im Bitten umgeben vom Büßen.


Als ich den zweiten Vers las, musste ich an das Tourette-Syndrom denken, denn Menschen mit diesem Krankheitsbild fluchen ja auch ab und zu. Zeile 5 würde insofern dazu passen, als dass hier unkontrollierbare Kräfte walten, nämlich die Tics, die keiner will. Den letzten Vers verstehe ich nicht. Was haben die beiden Punkte am Ende der Z2 zu bedeuten? Den Apostroph würde ich kicken.

Auch ihnen wird endlich schattige Ruh,
auch ihnen löst Morpheus die Glieder
aus Paroxysmen des Leids in Glätte,
wandelt rosenblättrig die Stätte,
senkt Süße hinter flatternde Lider.
Und Apoll schlägt - weinend - die Leier dazu.


Am Ende wird den Patienten ein Schlafmittel verabreicht, so dass auch sie endlich Ruhe finden. Die Zuckungen lassen nach, die Körper „glätten“ sich und die Betroffenen finden Schlaf auf rosenblättriger Stätte – das ist mir echt zu fette. Da muss ich gleich an Friedhof denken.

Gruß, Maya
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#4

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 22:20
von bipontina (gelöscht)
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hallo, maya, du hastmehr hineingelesen als wirklich war:
es i s t ein gefängnisgedicht; die jungen haben wirklich gewittert (ob es eine ausbruchsmöglichkeit gibt), der schlaf hat wirklich alle paroxysmen in glätte gelöst (nein, keine medikamente, wo kämen wir hin!)
und ich habe mir eben apoll als shr mitleidenden gott der leier vorgestellt.

edit:

hallo, guten abend, und ich bin ganz überrascht, daß sich wirklich jemand die mühe machte, mein gedicht zu lesen.
es war eine ad-hoc-sache ( wie alle meine gedichte, ich feile nicht ), und es ist wirklich ein gefängnis -gedicht.
Sooo hat es sich mir damals eingeprägt und es war auch sommerzeit, sonst hätte i c h mein lager nicht als rosenblättrig empfunden im dämmern, einschlafen
apoll war immer mein lieblingsgott, der sänger, der dichter

d a n k e für deine kritik!!!!
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#5

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 22:28
von Maya (gelöscht)
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Schade eigentlich, mit meiner Interpretation finde ich die Zeilen echt interessanter. Also lass sie mir einfach. Wenn es um Knastbrüder geht, klingt mir das echt zu "lieb" und harmlos - denen wünsche ich keinen Schlaf der Gerechten, auch wenn das ungerecht ist. Was hat es mit der letzten Zeile in S2 auf sich? Für kerngesunde Gefängnisinsassen ist mir der Text zu spastisch angelegt.

Gruß, Maya
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#6

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 22:33
von bipontina (gelöscht)
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bin ich jetzt bei l a u ??

je, gefängnisse haben sehr viele flure, die gefangenennummer besteht aus 5 ziffern, die drogenabhängigen fallen relativ oft in krämpfe,
mir schien die stätte rosenblättrig, weil ich radiohören durfte und mich in der Nähe Apolls wähnte -


edit:


Zitat:

Maya schrieb am 13.07.2007 22:28 Uhr:
Schade eigentlich, mit meiner Interpretation finde ich die Zeilen echt interessanter. Also lass sie mir einfach. Wenn es um Knastbrüder geht, klingt mir das echt zu "lieb" und harmlos - denen wünsche ich keinen Schlaf der Gerechten, auch wenn das ungerecht ist. Was hat es mit der letzten Zeile in S2 auf sich? Für kerngesunde Gefängnisinsassen ist mir der Text zu spastisch angelegt.

Gruß, Maya



kann ich da jetzt einfach weiterschreiben?

aaalso, ich w a r im gefängnis. keine knastbrüder, nur bedauernswerte
(90%) schwestern, reines frauengefängnis. die Spasmen hatten die armen dinger, die auf "turkey" (nennt man das noch so?) waren. kalter entzug von drogen, d.h. ohne substitution.

mag sein, daß ich damals (geistig) nicht gerade kerngesund war - mich wundert es nicht - aber das gedicht war wirklich eine ad hoc-sache..

ich freue mich aber s e h r über deine kritik!!! l g: bipontina
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#7

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 22:42
von Maya (gelöscht)
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Fasse doch am besten alles in 1 Post zusammen, wir suchen uns dann schon das jeweils an unsere Person Gerichtete heraus. Im Zweifelsfall nehme ich die freundlichen Antworten und er die frechen.
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#8

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 13.07.2007 22:43
von Albert Lau (gelöscht)
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Ich nehme überhaupt keine, mir ist das zu blöd. Es zeigt sich leider immer wieder, dass man erst einmal abwarten sollte.
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#9

Gefängnis

in Düsteres und Trübsinniges 30.07.2007 08:22
von bipontina (gelöscht)
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w a s abwarten? ich habe gerade ein Brett vorm Kopf.

lieben Gruß
bipontina
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