#1

Hörst du mich?

in Diverse 26.01.2007 09:45
von Albert Lau (gelöscht)
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Hörst du mich?

Der verlorene Ruf


Die Python spricht: „Was bleibt, ist nicht!“,
(weshalb gleich hier die Leiche die Kartei erschreckt).

Der Wart am Eingang fertiger Gedanken,
mag einen Ritter mit zur Schleuse nehmen,
um pegelnd sich zum Gleichstand zu bequemen.

Wer ohne Not ertrinkt, verwischt die Schranken.
Von mir bleibt unterstellt, wer solches tut, bezweckt
die Lösung vom spezifischen Gewicht.

Und wer das will, der ist nicht dicht.

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#2

Hörst du mich?

in Diverse 26.01.2007 09:55
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Überrascht es Sie Herr lau, wenn ich Ihnen mitteile, daß ich mal wieder nichts verstehe? Eher nicht, oder? Aber die Stelle: Wer solches tut bezweckt , die hat mir den Rest gegeben und mich Leck schlagen lassen. Leider muß ich jetzt arbeiten gehen, kann also nicht bleiben, tröste mich aber damit, daß ich dann wohl und wer wollte das auch nicht zu den Seienden gehöre, wenn ich die Python richtig verstanden habe.

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#3

Hörst du mich?

in Diverse 26.01.2007 09:59
von Albert Lau (gelöscht)
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Wenn Ihnen schon so harmlose Zeilen den Rest geben, dann kann Dr.Lau auch nichts mehr für Sie tun, dann ist dieser Ruf an Sie verschwendet. Mag sein, Sie hörten, doch verstünden Sie mich nicht.

Allerdings ist das Komma an der falschen Stelle, wie mir jetzt auffiel und wenn das Ihr Ansinnen war, dann danke ich Ihnen!

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#4

Hörst du mich?

in Diverse 26.01.2007 13:58
von Erebus (gelöscht)
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Hallo Albert,

ich stehe selbstverständlich auf dem Schlauch, durch den ich ein wenig Wasser lassen will.

Zunächst rätsle ich, wer die Python ist - da ich nur männliche kenne, mal abgesehen vor dieser Programmiersprache, die aber normalerweise ohne Artikel bleibt.
Ich entscheide mich für Delphi, auch eine Programmiersprache, jedoch ich wähle den Mythos. bzw. das Orakel. Als Oracle wär's eine Datenbank und der Kreis schnell geschlossen.

Bis auf den Nachsatz verstehe ich den Rest nicht, vermute aber den Bezug zu einem weiteren Mythos.
Wenn ich mir allerdings vorstelle, mich mittels eines Ritters bequem auszupegeln, in einer Schleuse, dabei durch Zufall absaufe und anschließend, im sich schließenden Schleusentor verklemme, bekommt das Gedicht Kontur.
Verborgen bleibt mir jedoch bis zuletzt, wie da der Stuhlgang kausalierend hineinwirkt.

Ich bitte um Dichtheit

Lieber Gruß

Ulrich

Edit: ich vergaß, zu schreiben, dass mich die Bilder interessieren, jedoch sehr widerstandsfähig sind. Und das einzig der "Ritter" meines Erachtens heraussticht (ich mag Ritter nicht).

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#5

Hörst du mich?

in Diverse 27.01.2007 13:22
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
hi Al,
na dann will ich versuchen den verloren Ruf zu finden.
Formal kann das Alles durchgehen, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig .

Zitat:


Die Python spricht: „Was bleibt, ist nicht!“,



und schon ist nicht nur die Kartei erschreckt.
Eine grosse Schlange ruft: Eine nicht giftige starke Würgeschlange.
Aussehend wie ein überdimensionaler Gartenschlauch, vollgefressen, und was ruft dieses Vieh?

Zitat:


„Was bleibt, ist nicht!“,



Was will sie uns sagen? "ist nicht". Keine Ahnung "ist nichts" würde ich verstehen können.
"Der Wart zu den Gedanken", das ist gut und das "fertiger" noch besser.


Zitat:


mag einen Ritter mit zur Schleuse nehmen



wen nimmt dieser Wart da mit? Einen Krieger, und das auch nur in der Möglichkeitsform. Verstehe.


Zitat:


um pegelnd sich zum Gleichstand zu bequemen



Ja, eine Schleuse ist dazu da, Pegelstände auszugleichen. Hier wohl geistige. Dazu lässt sich der Wärter vielleicht herab. Verstehe.


Zitat:


Wer ohne Not ertrinkt, verwischt die Schranken



Der erste Teil ist klar, der zweite auch verständlich. Denn man ertrinkt nur wenn man nicht schwimmen kann, wer es trotzdem tut ist blöd oder Selbstmörder. Klar.


Zitat:


Von mir bleibt unterstellt, wer solches tut, bezweckt
die Lösung vom spezifischen Gewicht.



Hier die These einer Lösung. Ein Experiment. Vielleicht mal prüfen ob meine Verdrängung zum Schwimmen ausreicht.
Na klar wer dieses im Sinn hat, da hast Du recht. Allerdings, dass mit der Schlange, da grübele ich noch.
Gruss
Knud

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#6

Hörst du mich?

in Diverse 27.01.2007 14:16
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Hallo zusammen..

Also.. gehen wir mal die Bilder an:
Python: - Schlange, Störfaktor im Paradies, Gartenschlauch ( ), für mich eher das Gewissen
Diese sagt, dass das, was bleibt, gar nicht da ist. Dass daraufhin die Karteileiche erschreckt ist einerseits logisch.. da, aber nicht da und andererseits auch nicht: erschrecken könnte sie nur, wenn sie auch da ist (die Leiche erschrickt, weil sie tot ist/ für tot gehalten wird) - ihr versteht.
Und da lese ich gerade, dass ich falsch gelesen habe, und dass wohl der zweite Fall eintrat: sie wurde für tot gehalten und erschrak selbst jmd. anderen bzw. das System, in dem sie lebte und lag. (Es sei denn, es ist ein Schreibfehler und es müsste "der Kartei" heißen, wovon ich allerdings nicht ausgehe.) Die Leiche ist der Geist - aus der Vergangenheit, der einen immer wieder einholt.
(Wenn man - wie Knud - die Python als Gartenschlauch sieht, dann wäre das, was geht, das Wasser durch Löcher und das, was bleibt, aber nicht da ist, das fließende Wasser. ) Gut, ich gehe aber eher von dem Störfaktor aus - da passt auch der würgende Charakter des Gewissens, was man früher alles getan hat.

Wart: Wächter, Ordnung, Sicherheit, auch Schlüsselinhaber
Ritter: Adel, Kampf, Reichtum, Frauenfantasien ( )
Der Wart am Eingang ist ein Wächter - er schnappt sich (vielleicht, da Möglichkeit) den Ritter, um mit sich im Reinen zu bleiben. "Mag" kann hier eine Möglichkeit sein, oder auch von "mögen" kommen. Der Ritter wird benutzt, das jedenfalls ist eindeutig. Der Wärter erinnert mich an Kafkas "Vor dem Gesetz" (apropos.. gestern Nacht kam "Der Prozess", Regie: Orson Welles von arte. Hats jemand auch gesehen? ). Der Ritter hat Glanz und Glämmer, kommt aber nicht unbeschadet durch die Geschichte. Der Wart gleicht sich aus - eine Tat verlangt Motivation. Welche Motivation hat der aber? Fertige Gedanken - es fällt mir wie Schuppen vom Rücken - sind ja keinesfalls perfekte ihrer Art und gar verifizierte. Sie sind a priori. Der Wart - wenn er denn noch ein Mensch ist - muss sich das Gegenstück schnappen oder kaschen, um seinen Frust, Wärter der fertigen Gedanken zu sein, runterzuspülen. Da bleiben eben Opfer auf der Strecke. Und es gab schon viele solcher Art in der Vergangenheit. Wenn der Text hier zu Ende wäre, könnte ich meinen Blick tlw. nur ironisch ansetzen, da der Dichter nicht den Wart zum doppelten sondern nur zum einfachen Täter gemacht hätte. Doppelt wäre er es (und das sehen wir dann in Strophe 3), wenn er nicht als hilfloser Wart verkommen würde - der festgefahrene Gedanken bewachen muss.

Doch in Strophe drei ändert sich das Bild - der Wart wird hier als derjenige ohne Not dargestellt. Er könnte etwas tun, pegelt sich aber immer höher aus, bis.. ja, bis das Fass sprichwörtlich überläuft. Und die Schranken sind hier das normale Maß der Selbstzufriedenheit. Die Verwischung ist die Hast und das selbstgesetzte Gehetze des Wartes, weil er mit dieser Situation nicht klar kommt. Der Dichter sagt dann ganz klipp und klar: wer so etwas tut, versucht sich von der Schwere seines Gewissens oder Wissens zu lösen - indem man den Pegel immer höher schraubt. Der Ritter, um das noch zu Ende zu führen, stellt hier das neue, blitzende dar, das quasi das Entgegengesetzte des Wartes sein soll.. das auch einen eigenen Schutz hat, und aufgrund dessen in den Tiefen des Wassers (des Wartes) ertränkt wird. --> Der Pegel steigt.

Der letzte Satz ist natürlich noch des Dichters Statement, also muss es ihm wohl wichtig sein. Aber der Text lässt nichts anderes zu, als den Schlusssatz schon vorweg zu denken. Denn was - als eine charakterliche Schwäche, Starrheit - könnte man dem Wart schon anheften. Natürlich, er ist nicht ganz dicht.

Die Reime zeigen mir letztlich: der Anfang ist das Ende; aber in der Mitte trifft man sich immer zweimal.

LG,
arno.

ach so: Der verlorene Ruf scheint der des Gewissens (oder besseren Wissens) zu sein. Die Schlange - in der christlichen Religion die, die die Sünde einleitet - und hier die, die die Kehle zuschnürt, sobald man etwas "Sündhaftes" bzw. dem eigenen Rechtsgefühl Entgegengesetztes begeht.

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#7

Hörst du mich?

in Diverse 27.01.2007 15:22
von Erebus (gelöscht)
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Ich glaube, wenn man anstatt der Schlange den Python als den mythischen Wärter des alten Orakels von Delphie deutet, kommt man etwas weiter.

Jedenfalls passen dann der Wart, der Spruch, die Formulierung "Eingang fertiger Gedanken,"
...und dann war für mich Schluss.

Und der Ritter ist mir so starr und blechbeschlagen, dass er mir gar nicht hineinpassen will..

LG
Ulrich

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#8

Hörst du mich?

in Diverse 27.01.2007 16:05
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Irgendwie könnte es um die Bürokratie und
das Schleusenregime für den Finowkanal gehen.
(Sogar mit einem Ritter könnte ich da aufwarten.)

(Da müßte eine große Betroffenheit und Verärgerung
über die Zustände vorhanden sein. Also schließe ich es aus.)

Eher ist an den Monty Python-Sketch zu denken, wo Teddington Lock,
die Schleuse, der Schauplatz ist.

Gruß Joame

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#9

Hörst du mich?

in Diverse 27.01.2007 16:24
von Erebus (gelöscht)
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Ha!

Wenn ich den Orakelspruch mal hintanstelle - dann löst sich das Rätsel, wenn man den Poeten darin sieht, der in der Diskussion oder einem Forum sein Werk rechtfertigt, richtigstellt, verteidigt - bezweckend einen Gleichstand . Was immer das ist.
Wer dabei ohne Not ertrinkt verliert in den Augen des Autors an Dichtheit, weil er die Lösung vom Gewicht (seines Werkes) zuläßt ?
Gefällt mir und geht auf...

LG
Ulrich

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#10

Hörst du mich?

in Diverse 28.01.2007 20:20
von Albert Lau (gelöscht)
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Hallo und herzlichsten Dank für die intensive Beschäftigung, die mich selbstverständlich erfreut, auch verlegen macht und erschreckt: Wer wollte solchem gerecht werden?

Ja, es ist in erster Linie ein poetologisches Werk, denn es geht ja um die Dichte, das sollte eigentlich offensichtlich sein. Dass die geradezu delphisch anmutenden Aussagen in nicht wenigen dieser Werke einem die Luft abwürgen können, dürfte ebenso klar sein bzw. spätestens hier werden. Dass daher auch dieser anfängliche Spruch "Was bleibt, ist nicht" nicht wörtlich genommen werden darf, versteht sich dann von selbst.

Wenn sich die Kartei von einer Leiche erschrecken lässt, mag das einerseits angesichts des Wortspieles ein Oxymoron sein, andererseits zeigt es auch eine Absurdität auf und steht im Gegensatz zum pythischen Spruch, denn was könnte erschrecken, das nicht ist?

Es folgen relativ seltsame Metaphern, das mag wohl sein. Ich werde nicht weiter darauf eingehen, kann nur soviel sagen, dass es mir ganz eingängig erschien. Viele Gedanken gingen hier in ähnliche Richtungen, daher ist das alles machbar. Wie weit darf/kann das aber gehen? Wo soll man noch Sinn und Überlegung unterstellen, wann ist der Grad des Unsinns, der Scharlatanerie erreicht? Wem gestehen wir solche zu, wem nicht? Ab welchem Zeitpunkt wird der Exeget der eigentliche Künstler? Kann ein Werk bestehen, welches nur der Künstler verstehen kann? Wird es zum Kunstwerk, wenn der Künstler eine nachvollziehbare Gebrauchsanleitung nachreicht?

Ganz simpel eigentlich: Jeder hat zwar seine eigene, aber natürlich relative Dichte (spezifisches Gewicht), die immer nur in Relation zu Bezugsdichten bemessen werden kann. Wer das verneint, ist nach Meinung dieses Autoren offenbar kein Dichter bzw. hat keine Dichte, kein spezifisches Gewicht.

Hübsch arrogant, geradezu vermessen und daher gefiel es mir. Wem immer noch, ich dank' ihm/ihr sehr.

Digitale Grüße!

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