#1

Sursum Corda

in Liebe und Leidenschaft 15.10.2006 13:24
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Sursum Corda


Wie viele Jahre währt ein langes Leben?
Und kann es in der Dauer Schönres geben,
als diese zeitlosen Momente? Eben
jene, die befreit von Zwang und Streben
in stiller Zweisamkeit die Herzen heben?

Dort gabst du Schönheit einen neuen Namen
und meiner Sehnsucht einen festen Rahmen.
Vergessen all die unwichtigen Dramen;
in diesem schlichten Glücksgefühl bekamen
wir für der Liebe Saat den reinsten Samen.

Für deren Aufgang will ich nährend streiten
und hegend sie mein Leben lang begleiten.
Will neben, hinter, vor dir laufend schreiten
und meinen Horizont durch deinen weiten:
Lass dich von mir zu meinem Glück verleiten!

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#2

Sursum Corda

in Liebe und Leidenschaft 15.10.2006 13:48
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Den Titel sehe ich als gut gewählt;

S1/Z5 paßt das Wort heben zwar gut zum Titel,
wenn es nicht sogar Anlaß dafür war.
Nur wirkt es eine Spur 'herbeigeholt' damit es reimt.

Das Enjambement (Z3) gefällt mir nicht;
in S3/Z3 würde mir besser gefallen
will um dich sein und mit dir schreiten
(nur eine Möglichkeit, wobei schreiten einen militärischen Beigemschack hat);
S3/Z5 ist gelungen und witzig.

Das Thema ist sehnsuchtsvoll-besinnlich-traurig;
traurig für den, der ein Stück weiter denkt.

Gruß von
Joame

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#3

Sursum Corda

in Liebe und Leidenschaft 15.10.2006 14:18
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Ach, ihr Lateiner, ich musste wieder mal nachschlagen! Sursum Corda: Erhebet die Herzen


Servus Mattes

Ich mag die Elisionen, das weisst Du ja, und sie scheinen mir auch gut gesetzt. Vor allem, weil sich sonst die gleich lautenden Endreime etwas abnützen, so wird das Ganze dadurch doch etwas aufgelockert. Du näherst Dich immer mehr den liturgischen Gesängen, habe ich da was verpasst?

Das ‚lange’ Leben sehe ich eher als ‚erfülltes’ Leben an, daher gefällt mir lange in diesem Zusammenhang nicht besonders.

Bei den Wörtern zeitlosen/jene/unwichtigen brichst Du das Metrum und man muss es sich ein bisschen hinbiegen, aber doch nicht so, als dass es unangenehm auffallen würde.

Welchen Ort das ‚dort’ in S2/Z1 bezeichnen soll, darüber grüble ich noch. Eben dieses Elysium oder, ganz banal, eine glückliche Liebe?

Auch ich stolpere über dieses ‚rennend schreiten’, wobei mir hinten, vorne etc. nicht unangenehm auffallen und schreiten hat so etwas Erhabenes, aber ‚rennend’ würde ich ersetzen. Evtl. durch ein Adjektiv?

Die letzte Zeile ist wirklich witzig, ich musste sie zweimal lesen, bevor ich den Sinn begriffen habe. *g

Gruss
Margot

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#4

Sursum Corda

in Liebe und Leidenschaft 15.10.2006 15:02
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Ja, Herr Kuh. S1 und S2 das ist ja alles schön und fühle sich das Rind geschmeichelt, wenn es mich an:

Alles das Eilende
wird schon vorüber sein;
denn das Verweilende
erst weiht uns ein.


erinnert. Und weil es nun droht fast kitschig zu werden, ergreift das Rind die Flucht nach vorn. Der Altruismus der ersten Strophen kippt total. Die demütig empfundene Liebe zum LD, kippt um. Das LI des Rinds wird frech:

[Quote] Für deren Aufgang will ich nährend streiten
und hegend sie mein Leben lang begleiten.
Will neben, hinter, vor dir rennend schreiten
und meinen Horizont durch deinen weiten:
Lass dich von mir zu meinem Glück verleiten! [/Quote]

Ich, ich, ich! und dich mein Schatz dich nutz ich schamlos aus. Das finde ich gut. Denn letzte Zeile in S2 ist ja noch so kuschelig: wir bekamen auch noch reinsten Stoff. Ein Liebesjunkie dieses LI. S3 karikiert m.E. S1 und S2. Es geht nur noch um das Herz des LI. So scheint es. Denn das Paradox bleibt: niemand kann in stiller Einsamkeit und sei der Moment auch noch so schön sein Herz heben. Da bedarf es eines LDs, der das erledigt. So etwas ähnliches habe ich in einem Gedicht von Frau Baumann auch schon gelesen: Die Unmöglichkeit die Schönheit der Einsamkeit zu teilen. Wer kennt dieses Dilemma nicht?

So wird aus erhebet die Herzen , erhebe mein Herz, meinen Horizont. Aus Altruismus wird Egoismus. Die Liebe nur Mittel zum Zweck. Auch das haben wir schon gehört und wenn ich ein Arsch wäre, würde ich sagen: Das gibt zu denken. Aber nein, es gefällt mir und es ist sehr viel besser als Monica, denn hier mag ich mich ja vielleicht auch irren, aber hier macht irren viel mehr Spaß, weil Ihre Zeilen soviel klarer und deshalb tiefer sind.

PS: rennend, schreitend. Ich renne Dir hinterher. Ich schreite voran. Ich renne voran klingt irgendwie blöd. Es musste daher wohl beides rein.

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#5

Sursum Corda

in Liebe und Leidenschaft 16.10.2006 01:07
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
@Hans Volk: Den Titel siehst du gut gewählt, die sich direkt darauf beziehende Zeile aber ob des Reimes hergeholt? Das Enjambement gefällt dir nicht, das akzeptiere ich, auch wenn das Enjambement an eben dieser Stelle, zeitlos und uneben, seinen Grund und seine Daseinsberechtigung hat. Dein Vorschlag für S3Z3 ist neben anderen Aspekten metrisch unpassend und daher kann ich dein Mehrgefallen nicht teilen und dass das „Schreiten“ militärisch sei, will mir auch nicht in den Schädel. Wenn es dir sehnsuchtsvoll-besinnlich-traurig klingt, habe ich, zumindest was dich angeht, voll versagt.

@Margot: Ich suche, Margot, danke, dass du es bemerkst. Das lange Leben ist hier aber leider wirklich nur das lange Leben, denn auf die Dauer und ihre Relativität zielte ich ab. Das brüchige Metrum in der Folge der Zeilen 3 und 4 der ersten Strophe stolpere ich absichtvoll mit, bei S2Z3 würden sich manche Geister streiten, ob es wirklich 3 unbetonte Silben am Stück gibt, aber das ist natürlich auch unwichtig. Du bezeichnest es als lässliche Sünden, des bin ich zufrieden. Welcher Ort? Dort, in der stillen Zweisamkeit. So unverständlich? Schade. Bei dem „rennend“ triffst du in die Zwölf und ich bin ganz entsetzt, dass es dieses Wort in die Endfassung schaffte. Ich hatte es durch „laufend“ ersetzt, offenbar aber nachlässig gearbeitet. Keine Ahnung, ob das besser mundet, das muss aber bleiben. Witzig war die letzte Zeile gar nicht gemeint, aber witzig ist immer noch besser, als misslungen.

@Brot: Ja, ich bin ganz zufrieden. Aber als Karikatur war S3 nicht gemeint. Ich hielt es nur für ehrlich. Ich glaube nicht an die reine Liebe, den reinen Altruismus bzw. - und das weiß das LI vom Autoren – der ist so uneigennützig nicht. Der möchte sich selbst auch besser fühlen, der liebt nicht so rein und hehr, wie in den Märchen, der rennt sich zwar die Hacken ab, letztlich aber doch (auch) für sich. Ja, rennen und schreiten, beides musste sein, aber „rennend“ hört sich nicht nur blöde an, sondern ist auch zu eindimensional.

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#6

Sursum Corda

in Liebe und Leidenschaft 16.10.2006 13:13
von Haselnuss (gelöscht)
avatar
Heute will ich mal eine Übersetzung 'wagen':

>>>Wie lange soll das noch so weiter gehen? Was gibt es auf Dauer Besseres, als dass die Zeit zuende ist, d. h. dass diejenigen, die in die Freiheit entlassen werden und sich nicht weiter Mühe geben brauchen, als Doppel (MAN BEMERKE!) allein ihr Herz gen Himmel halten?

Du (persönliche Ansprache an den Leser - *gig* - ich wusste es doch) hast dieser Freiheit einen neuen Namen gegeben (*gig* - stimmt) und meiner Sehnsucht nach (eben dieser) Freiheit einen verbindlichen (Zeit)rahmen. (autsch - da fliegt eine Angel hinüber zu einem ganz bestimmten Beitrag)

Alles was wichtig und dramatisch war, wurde vergessen. Wir haben uns gefreut, auf einfache Art und Weise (von dir) die Basis zu erhalten, mit der wir mit unseren Herzen etwas pflanzen konnten (besser: einen Anfang machen konnten).

Damit auch etwas Richtiges dabei herauskommt, will ich (der Autor dieser Zeilen) mich unermüdlich mit lauter Stimme darum kümmern. Ich will um dich (du angesprochener Leser) herumwuseln, mal schnell, mal langsam; und will durch dein Ende mein Ende verlängern, damit ich, dich benutzend, glücklich werde. <<<

Ja, Mattes - da gibt es für mich nichts mehr zu interpretieren. Der Titel deiner Verse - noch etwas theatralischer" Auf! Lasst Eure Herzen sprechen!" unterstützt deine Aussage.

Ich stelle mir dabei den/die Frau/Herrn Kuh vor, mit einer 'Flüstertüte' vorm Maul, durch die er/sie die Genossen/Innen an den Ursprung erinnert , herbeiruft und aufruft, ihren Herzen gleichfalls Luft zu machen.

Dein Gedicht: Die Aussage - sprachwahltechnisch gut umgesetzt, ist es für meinen Geschmack jedoch viel zu durchsichtig. Ob du jetzt noch einzelne Worte durch Synonyme ersetzt oder nicht, ändert nichts an deiner Intention - und die findet sich nicht nur in deinem Werk. Ich stolpere jeden Tag über die gleiche in anderen Beiträgen.

Sorry - Daumen hoch! Hier hat der Autor auf den eigenen Geist zurückgegriffen! Weitermachen!

Lieben Gruß
Haselnuss

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