#1

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 02.03.2006 19:06
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Bruder, nimm die Brüder mit

« La libre communication des pensées et des opinions est un des droits le plus précieux de l'homme »


Nun spielen die einen beleidigt.
Die anderen glauben das nicht,
dass man stellvertretend verteidigt,
obwohl es die vornehmste Pflicht,

eines Bürgers der Demokratie,
die andere Ansicht zu schützen.
Der Freiheit der Meinung muss hie,
wie dort all das Aufsehen nützen.

Es gibt in Europa Idioten,
die meinen, dass Recht teilbar ist.
Die sehen nicht ein, dass Kojoten
(ob Christ oder auch Islamist),

ihr dümmliches Jaulen und Kläffen
ganz öffentlich ausheulen müssen.
Nicht, um es verdreht nachzuäffen,
nein, lehren mit besserem Wissen,

dass Recht auch das Recht ist, zu irren.
Und dieses Recht gilt auch für mich,
Denn das Meinungsknäuel entwirren
wir nicht mit Verboten an sich.

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#2

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 02.03.2006 22:25
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Erster Eindruck:
Verdammt ist das gut formuliert!

Von wegen, in Gedichten sei alles gesagt.
All die Gedanken, die man sich in letzter Zeit zum Thema Karikaturenstreit und der medialen Auseinandersetzung damit hätte machen können auf so ausserordentlich subtile Art in Worte gefasst zu sehen, das vermittelt den Eidruck man hätte hier eine konklusive Essenz der eigenen gedanklichen Auseinandersetzung in den letzten Wochen vor sich.
Als wären all die unverarbeiteten Eindrücke, die man durch das mediale Bombardement zwangsläufig hatte, vom Dichter konkretisiert worden. Man muss gar nicht mehr selber (nach)denken

O.k. das war schwulstig.
Kurz, die Formulierung hat's mir angetan.

Auf den Vordenker
Vite!
Weiter, weiter,
Grüße,

Willi

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#3

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 02.03.2006 23:58
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte

Zitat:

Wilhelm Pfusch schrieb am 02.03.2006 22:25 Uhr:
Von wegen, in Gedichten sei alles gesagt.



Also, erstens hatte ich das im Konjunktiv gelassen, zweitens kann man ja nun Goethe schlecht vorwerfen, dass er sich nicht in den Karikaturenstreit einmischt, weshalb ich ihn wenigstens in meine Überschrift mitnahm.

Ansonsten: Obwohl schamlos übertrieben, lieber Willie, antworte ich mit einer Retourkutsche: Weiter, weiter!

Beschämte Grüße
Mattes

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#4

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 21:02
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Mein Eindruck ist, lieber Mattes, es war Dir ein Anliegen.
Der Aussage und Spontanität zuliebe, hüpfe ich über die kleinen Stolperer hinweg und stelle den Inhalt in den Vordergrund.

Freundlichen Gruß!

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#5

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 22:32
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Ach, Joame, lass einfach deine Kommentare zu meinen Gedichten sein, sie bringen uns beiden nichts. Denn was willst du sagen? Es war mir ein Anliegen? Wie bitte? Wenn es uns Dichtern kein Anliegen wäre, würden wir wohl kaum etwas veröffentlichen.

Du hüpfst über die Stolperer hinweg? Wie süß. Über welche denn?

Du stellst den Inhalt in den Vordergrund? Au ja, mach mal, der steht so verschämt im Hintergrund, das kann doch gar nicht angehen.

Vielen Dank für deinen interessanten Kommentar!

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#6

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 22:41
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Ich habe das Gefühl, Du überschätzt Dich maßlos; kehre zurück auf die Erde!

Auch Dein Kommentar ist für mich interessant, dazu noch aufschlußreich!

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#7

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 22:57
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte

Zitat:

Joame Plebis schrieb am 03.03.2006 22:41 Uhr:
Ich habe das Gefühl...


Tja, die Gefühle, wer hat die schon unter Kontrolle?

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#8

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 23:03
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Geht sicher mit ein wenig Übung! Alles Gute!


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#9

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 23:08
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Kann es sein, dass dein Mitleid eher auf Beitragszahlen aus ist? Wie dem auch sei, wenn Gefühle aus einem so etwas wie dich machen, dann bleibe ich lieber beim Denken. Dir auch alles Gute, du hast es nötiger.

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#10

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 23:21
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Danke für die Wünsche!

Beitragszahlen sehe ich nicht, habe das nicht notwendig.

Mein Rat an Dich ist: sieh Dir Deinen Kommentar nochmals durch, überdenke ihn!
Meine Meinung dazu ist nämlich die, daß ich lieber einem Forum fernbleibe, als mir Beleidigungen aus erbärmlicher Niveauquelle durchzulesen.

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#11

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 03.03.2006 23:22
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte

Zitat:

Joame Plebis schrieb am 03.03.2006 23:21 Uhr:
Meine Meinung dazu ist nämlich die, daß ich lieber einem Forum fernbleibe, als mir Beleidigungen aus erbärmlicher Niveauquelle durchzulesen.


Schön, dass wir auch einmal gleicher Meinung sind.

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#12

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 04.03.2006 12:57
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Oh, Mädels, lasst doch diese Kinderkacke und kümmert Euch lieber wieder ums Gedicht...

Hi Mattes,

das kenn ich doch irgendwoher . Und es gefällt mir nach wie vor. Da Dir Stolperer vorgeworfen wurden und ich auch schonmal an anderer Stelle Ungenauigkeiten entdeckte, schaue ich jetzt noch mal genauer hin .

Nun spielen die einen beleidigt.
Die anderen glauben das nicht,
dass man stellvertretend verteidigt,
obwohl es die vornehmste Pflicht,

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX
Jamben zum Auftakt, gefolgt vom 2-hebigen Anapäst, zweimal mit weiblichen Kadenzen. Man liest sich in dieses Metrum schnell ein, es klingt und reißt mit. Allerdings ist die Betonung bei "stellvertretend" ein wenig gewöhnungsbedürftig, da die Hauptbetonung ignoriert und nur die Nebenbetonung beachtet werden muss. Da man aber in der 3. Zeile bereits Deinem Rhythmus folgt, fällt es mir auch nicht schwer.

eines Bürgers der Demokratie,
die andere Ansicht zu schützen.
Der Freiheit der Meinung muss hie,
wie dort all das Aufsehen nützen.

xxXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
In der ersten Zeile verwendest Du hier statt eines Jambus nun ebenfalls einen Anapäst. Das ist in meinen Augen aus zwei Gründen nicht so schlimm: erstens wird dieses Gedicht metrisch eh durch diesen Versfuß geprägt und zum zweiten passt es zum Strophenenjambement, denn durch den Anapäst zu Beginn wirkt dies nicht wie eine neue Zeile, sondern wie eine Fortführung der vorangegangenen. Dennoch - das wird Dich nicht verwundern - gefiele mir ein Jambus zu Anfang trotzdem besser. Warum tauschst Du den unbestimmten Artikel nicht schlicht gegen einen bestimmten?
des Bürgers der Demokratie,
xXxxXxxX
Inhaltlich kein Problem, da ja dennoch niemand bestimmtes angesprochen ist und somit noch immer alle Bürger der Demokratie gemeint sind, metrisch aber angenehm rund . Die 3. Zeile gefällt mir in dieser Form - Du weißt es schon - auch besser...

Es gibt in Europa Idioten,
die meinen, dass Recht teilbar ist.
Die sehen nicht ein, dass Kojoten
(ob nun Christ oder auch Islamist),

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xxXxxXxxX
Wieder 3 Anapäste in Zeile 4. Könnte man natürlich mit der Klammer begründen, was mich aber nicht überzeugen würde. Die Zeile ist angesichts der vielen Einsilber insgesamt etwas schwieriger zu betonen, was durch die Abkehr vom gewählten Metrum nicht einfacher wird. Kick doch das "nun"
(ob Christ oder auch Islamist),
xXxxXxxX
dann stimmts wenigstens mit den metrischen Nachbarn. Aber auch hier ist die Abweichung nicht dramatisch, weil der Jambus immerhin konsequent durch einen Anapäst ersetzt wurde.

ihr dümmliches Jaulen und Kläffen
ganz öffentlich ausheulen müssen.
Nicht, um es verdreht nachzuäffen,
nein, lehren mit besserem Wissen,

xXxxXxxXx
xXxxXxxXx
xXxxXxxXx
xXxxXxxXx
Hier ist alles sauber: Jambus, 2-hebiger Anapäst, hier nun mit durchgehend weiblichen Kadenzen. Die Syntax Z3/4 ist etwas gewöhnungsbedürftig oder ich verstehe sie nicht. Ich ziehe sowohl das "um" wie auch das "zu" aus Z3 auch in Z4, damit es einen Sinn ergibt. Aber es ist machbar, glaube ich. Wie gesagt, die Stelle lässt mich ein wenig grübeln. Übrigens sieht man in dieser (und der nächsten Strophe), dass Du nach Strophenenjambements nicht durchgängig mit einem Anapäst beginnst, was wiederum für eine Änderung der Str. 2 spricht.

dass Recht auch das Recht ist, zu irren.
Und dieses Recht gilt auch für mich,
Denn das Meinungsknäuel entwirren
wir nicht mit Verboten an sich.

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xxXxXxxXx
xXxxXxxX
Bis auf die Z3 alles bestens, dessen umgestellte Versfüße gefallen mir aber gar nicht, denn Deinem vorherrschenden Rhythmus folgend ist man versucht
Denn das Meinungsknäuel entwirren
zu betonen. Vielleicht bin ich einfach zu unflexibel, aber ich bleibe auch nach mehrmaligem Lesen am Meinungsknäuel (bzw. dessen Betonung) hängen. Für mich die unschönste Stelle im Gedicht, denn alles andere lässt sich trotz metrischer Variationen gut lesen, hier aber haut es mich immer wieder aus der Kurve. Dummerweise habe ich hier keinen vernünftigen Vorschlag, einzig das Entknäulen des Meinungsknäuels:
Denn das Knäuel der Meinung entwirren
xxXxxXxxXx
Okay, nun stünde auch hier ein Anapäst zu Beginn, mit dem ich zumindest aber besser klar käme und die Zeile hätte ein wenig Ähnlichkeit mit der "Freiheit der Meinung"-Zeile. Ich gebe aber zu, so richtig gut gefällt mir das auch nicht.

Formal betrachtet finden sich schon einige metrisch unterschiedlich gestaltete Zeilen, wobei das kaum auf die Lesbarkeit geht - eigentlich nur in der letzten Strophe. Die anderen Änderungsvorschläge meinerseits entspringen nur meinem Bestreben, auch formal durchgängig konsequent zu bleiben, wichtiger ist aber, dass ein Gedicht klingt - und das ist hier der Fall. Abgesehen liest man den Anapäst viel zu selten, Du selber bedauertest das oft genug, schön, dass Du jetzt ein Gedicht in diesem Takt vorgelegt hast.

Und da ich jetzt schon so viel gelabert habe, kann ich mich auch zum Inhalt äußern .

Mir gefällt, dass die Zeilen zwar eindeutig für die Meinungsfreiheit Stellung beziehen und somit den europäischen Standpunkt in dieser Auseinandersetzung einnehmen (die Zeilen? Naja, Du weißt, was ich meine ), was ja auch durch das Zitat des Art. 11 der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte verdeutlicht wird, aber dennoch keine Position undifferenziert bloßstellt - dümmlich jaulende Kojoten finden sich auf allen Seiten. Auch lese ich den Willen des lyrIch's heraus, eine Lösung finden zu wollen, die es aber nicht in Verboten sieht.

Auch wenn der zitierte Art.11 in Satz 2 die Grenzen der Meinungsfreiheit beim Missbrauchs dieses Rechtes in den gesetzlichen Fällen sieht, können Verbote nicht greifen, da auch die Probleme an anderer Stelle liegen. Billige Lösungen werden mit diesem Gedicht auf jeden Fall nicht präsentiert, sondern es wird eher zum Nachdenken angeregt.

Gefällt mir nach wie vor sehr gut, auch formal trotz meiner Kritikpunkte, vor allem aber wegen des Inhaltes.

Don

P.S.: Bei aller Meinungsfreiheit, für die ich mich auch uneingeschränkt einsetze, habe ich keinerlei Verständnis für reine Provokationen, wie durch diesen (inzwischen ehemaligen) italienischen Minister Calderoli, der unbedingt im Fernsehen mit Karikaturen-T-Shirts auftrteten muss und neues Öl ins Feuer schüttete .

edit: in der letzten Strophe Z3 ist Dir ein Fehler in der Großschreibung unterlaufen

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#13

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 09.03.2006 18:10
von Fabian Probst (gelöscht)
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Zitat:

Don Carvalho schrieb am 04.03.2006 12:57 Uhr:
Oh, Mädels, lasst doch diese Kinderkacke und kümmert Euch lieber wieder ums Gedicht...

Es gibt in Europa Idioten,
die meinen, dass Recht teilbar ist.
Die sehen nicht ein, dass Kojoten
(ob nun Christ oder auch Islamist),

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xxXxxXxxX




Wie kommst du in der zweiten Zeile auf dieses Reimschema?
Wenn man "teilbar" hier gar nicht betont, dann hapert es aber gewaltig mit dem Lesefluss.

Entweder man betont hier das "dass" und hat damit nur Jamben oder man betont "Recht" und gleich danach "teil", wozu ich tendiere.

Ich finde das Gedicht sehr gut geschrieben und habe nichts gegen die Ausbrüche aus dem formalen Schema.
Das macht es gerade interessant, wie ich finde.

Es ist sprachlich und Reimtechnisch gut geschrieben.

lg,Fabian

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#14

Bruder, nimm die Brüder mit

in Gesellschaft 09.03.2006 18:25
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Auch wenn ich nicht meine, dass der Fluss litte, wenn man es unbetont ließe, denke ich, dass du insofern recht hast, als hier ein Ausbruch vorliegt.

Vielen Dank für deinen Kommentar, da er mir auch Gelegenheit gab, die Zeile 4 dieser Strophe anzugleichen.

DG
Mattes

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