#1

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 09.12.2005 14:47
von kein Name angegeben • ( Gast )
einsam hier im zimmerlein
vertickt die lebenszeit
meide das beisammensein
gedanken fliegen weit

im kalten lampenschimmer
mein schatten an der tür
und surrend krabbeln immer
insekten im geschwür

gekrümmt, der alte rücken
am boden mit der nase
such ich nach toten mücken
durchs trübe lupenglase


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#2

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 10.12.2005 10:02
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi übergestern

Das gefällt mir, vor allem die Suche nach den toten Mücken. Das setze ich mal den vergangenen Zeiten, Erinnerungen gleich. Womit ich (wieder mal) nichts anfangen kann, ist die durchgängige Kleinschreibung. Das war Anfang des 20. Jahrhunderts vielleicht innovativ, aber heutzutage haut das keinen mehr vom Sockel.

In der Str. 1 wechselst du Trochäus und Jambus ab und alle anderen Str. sind im Jambus geschrieben. Hat das einen bestimmten Grund? Würdest du mit einem 'so' beginnen, könntest du nämlich das 'Zimmerlein' in Zimmer umwandeln, was mir persönlich besser gefallen würde. Zeile 3 müsste dann natürlich auch angepasst werden. Aber das ist natürlich mein persönlicher Geschmack und nicht zwingend.

Gruss
Margot

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#3

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 10.12.2005 11:32
von kein Name angegeben • ( Gast )
Hallo Margot

ich bevorzuge die durchgängige kleinschreibung, da die groß-und kleinschreibung, wie ich finde, keinen sinn macht. für mich ist sie eine konvention die schwächeren/ weniger sprachbegabten das schreiben erschwert. wieso soll man eine sprache "komplizierter" machen als nötig...? außerdem finde ich es bequemer, da ich nicht ständig auf die "shift"-taste drücken muss.

danke für deine verbesserungsvorschläge! auf das metrum habe ich noch garnicht geachtet, ich schreibe ja erst seit kurzer zeit gedichte. meistens schreibe ich einfach irgendwas hin, was sich reimt und mir inhaltlich gefällt.
würde ich "zimmerlein" durch "zimmer" ersetzen, hätte ich wieder einen "immer"- reim, der schon in der zweiten strophe vorkommt.

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#4

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 14.12.2005 10:40
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo übergestern,

eine hübsche Szene, die Du da umschreibst, und der ich vor allem Dank Margots Ansatz mit den toten Mücken auch eine weitere Sinnebene zuordnen kann.

Aber ich fange mal von vorne an und beleuchte die Metrik trotz Margots treffender Kurzanalyse noch mal etwas ausführlicher, da Du Dich ja nach eigenen Aussagen damit noch nicht so beschäftigt hast.


Zitat:

einsam hier im zimmerlein
vertickt die lebenszeit
meide das beisammensein
gedanken fliegen weit


XxXxXxX
xXxXxX
XxXxXxX
xXxXxX
X steht für betonte, x für unbetonte Silben. In der 1. und 3. Zeile finden sich Trochäen, ein Versfuß, bei dem auf eine betonte eine unbetonte Silbe folgt (Xx), während Du in Zeile 2 und 4 Jamben verwendest, bei denen auf eine unbetonte Silbe eine betonte folgt (xX). Die Reime sind gut, so dass formal eigentlich alles stimmig ist. Einzig das Fehlen des Subjekts in Z.3 finde ich sprachlich nicht so schön, vor allem, auch weil ich so immer das Gefühl habe, es könnte ein Imperativ vorliegen (Meide das Beisammensein!) - das wiederum passt aber nicht zum Rest. Wirklich schlimm finde ich es allerdings nicht.

Zum Inhalt: das lyrische Ich zieht also die Isolation vor - vielleicht wurde es enttäuscht? Zumindest scheint mir hier kein überzeugter Eremit seine Lebensweise zu propagieren, denn während das lyrische Ich zu Hause sitzt, verstreicht (nutzlos?) das Leben, zudem ist es einsam. Und es grübelt viel...


Zitat:

im kalten lampenschimmer
mein schatten an der tür
und surrend krabbeln immer
insekten im geschwür


xXxXxXx
xXxXxX
xXxXxXx
xXxXxX
Wie von Margot angekündigt, benutzt Du hier nun ausschließlich Jamben - innerhalb dieser Strophe ist das aber konsequent umgesetzt. An den Reimen habe ich auch nichts auszusetzen. Ein Prädikat fehlt in Z.1/2, aber das ist offenbar der bildhafte Stil dieses Gedichtes und in Ordnung. Das immer finde ich allerdings nicht so passend: der Leser des Gedichtes (und Betrachter dieser Szenerie) sieht sich mit dem Geschehen erstmals konfrontiert. Die Information, das die Viecher schon immer dort krabbeln, macht Sinn, das immer allein finde ich zu unvermittelt. Ich merke gerade, dass ich mein Problem nur schwer beschreiben kann, aber vielleicht verstehst Du, was ich meine...

Den Schatten an der Tür könnte man auf zweierlei Art verstehen: zum einen könnte er andeuten, was das lyrische Ich nicht schafft: die Durchbrechung der Isolation. Er zeigt an, welchen Weg das lyrIch zu gehen hätte, doch jedesmal, wenn es ansetzt, setzt die altbekannte Furcht ein. Das Geschwür ist eine schmerzliche Erfahrung, die das lyrIch gemacht hat, und die jedesmal hochkommt, wenn es versucht voranzuschreiten.
Alternativ könnte man den Schatten selbst auch als Erinnerung an die Zeiten verstehen, in denen das lyrIch noch hinausgegangen ist und Kontakt zu anderen hatte. Und geblieben ist die noch immer schmerzhafte Erinnerung.


Zitat:

gekrümmt, der alte rücken
am boden mit der nase
such ich nach toten mücken
durchs trübe lupenglase


xXxXxXx
xXxXxXx
xXxXxXx
xXxXxXx
Wiederum Jamben, hier nun am Ende der zeilen durchgehend mit weiblichen Kadenzen (also unbetont abschließend). In sich ist das alles stimmig, Reime sind gut. Formal gibt es da nichts zu bemängeln, auch wenn ich mich mit der schlaglichthafte Aneinanderreihung der Bilder gerade ein wenig schwer tu.

Ob der Rücken auch gekrümmt ist durch das Alter oder allein durch das gebeugte Suchen? Vermutlich beides. Das lyrische blickt nicht mehr aufrecht der Zukunft entgegen, sondern hängt den vergangenen, toten Mücken nach. Die eigene Sicht der Dinge ist bereits getrübt, so dass Kleinigkeiten zu größten Problemen aufgeblasen werden. Aus Mücken werden mithilfe der Lupe Elefanten gemacht.

Gefällt mir. Zwar sagt es mir nicht an allen Stellen sprachlich zu, inhaltlich finde ich es allerdings, da man doch einiges heraussaugen kann, gelungen. Und auch formal ist das alles sehr ordentlich, erstaunlich, dass Du auf die Metrik beim Schreiben nicht geachtet hast, Du hast dann ein gutes Gespür dafür. Der Wechsel des Reimschemas ist dabei nicht dramatisch, allerdings fragt man sich natürlich, ob der Autor damit etwas bezwecken will (was Du nach eigenen Aussagen ja nicht wolltest), weshalb ich immer empfehle, hinsichtlich der Struktur konsequent zu bleiben, wenn man nicht einen besonderen Fingerzeig setzen will. Aber zumindest innerhalb der jeweiligen Strophen warst Du ja konsequent, von daher bin ich jetzt auch schon ruhig .

Die durchgängige Kleinschreibung stört mich nicht, denn da hast Du diese Konsequenz ja gezeigt. Zwar empfinde ich Groß-/Kleinschreibung ebenso wie die Verwendung von Satzzeichen als Service am Leser, weil somit das Textverständnis gefördert wird. Wirklich schlimm finde ich es nur, wenn diesbezüglich keine Linie gefunden wird, was hier ja nicht der Fall ist. Den ersten Teil Deiner Erläuterung, warum Du alles klein schreibst, finde ich jedoch Blödsinn, denn allzu sinnlos ist das alles nicht. Ich glaube, sEweil hat mal ein treffendes Beispiel gebracht: "helft den armen vögeln" würde man wohl nicht mehr auf Meisenknödeln finden ! Den zweiten Teil Deiner Erklärung finde ich dagegen ignorant: wenn Du willst, dass sich jemand die Mühe macht, Dein Gedicht zu lesen, dann kannst Du Dir auch die Mühe machen, ab und zu mal auf die Shift-Taste zu drücken ...

Gern gelesen,

Don

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#5

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 00:11
von levampyre (gelöscht)
avatar
hallo dienstag,

seit ich nun viel mittelalterliche prosa lese, mag ich nichts mehr recht gegen vierhebige, deutsche verse sagen, denn sie gefallen mir dort, und dennoch wirken sie im neuhochdeutschen oft seltsam naiv. ja, ehrlich, sie geben einem ersten thema geradezu sorglosen und leichtfüßigen charakter. vielleicht weil sie zu einem romantischen klischee avanciert sind? ich weiß es nicht.

die reflexion der flucht in die freiheit, die hier beschrieben wird, ist aber durchaus nicht naiv - im gegenteil. das ganze inhaltliche arrangement, die bildersprache, das ist gut durchdacht und sehr plastisch. aber form (mehr noch als wortinhalte) transportiert stimmung. die form spricht direkt zur seele, ohne dass ihre sprache erst kognitiv entschlüsselt werden müßte (oder könnte - es ist wie in der musik).

kurzum: das gedicht verliert seine tiefe durch diese vierhebigen verse und dies steht im krassen widerspruch zu seinem inhalt. das paßt nicht, hier fehlt das maß, die synthese zwischen form und inhalt, die im gedicht die sprache schaffen sollte. ich gebe dir den tipp, dir deine gedichte anzuhören, hinzuhören und ihren klang mal wirken zu lassen. so kannst du zumindest für dich überprüfen, ob die form zum inhalt stimmig ist, ob alles zueinander paßt.

-----
ps.: eine konvention, die weniger sprachbegabten das schreiben erschwert? aber bitte, wo kommen wir denn hin, sollten nicht gerade wir dichter die sprachbegabtesten sein?

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#6

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 11:51
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Hi übergestern,
auch hier von den alten Hasen, und Häsinnen, alles gesagt. Das Thema alt und immer aktuell.
Gruss
Knud

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#7

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 13:02
von levampyre (gelöscht)
avatar
@knud:
frage nebenbei - postest du, um höhere postingzahlen zu bekommen oder um einen beitrag zum text, zur diskussion, für den autor zu leisten? wenn d.e. alles gesagt wurde und dir nicht einfällt, was du noch sagen solltest, dann liegt es nahe, sich nicht irgendwelche blubberblasen, offensichtlichkeiten oder gemeinplätze aus den fingern zu saugen, nur um noch was gesagt zu haben.
-----
ps.: du brauchst darauf nicht antworten, es soll nur ein kleiner denkanstoß sein.

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#8

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 13:19
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte

blub,blub, ich hatte vorher zu diesem Thema selbst einen Text eingestellt,
"Vergängliches", daher ist mir das Thema durchaus bekannt, blub

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#9

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 13:52
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Da wir hier keine Postingzahlen haben bzw. nur über die Top100, wem es wichtig genug ist, darf man ruhig ein wenig blubbern. Nett wäre aber, wenn man wenigstens eine Blase der Aussage widmete, ob es einem nun gefällt oder nicht.

Mir gefällt es eher nicht. Blub.

Ich teile zwar levampyres Ausführungen nicht, weil ich es eher dem Vortrag überließe, wie es klingt und ich mich in der Lage sehe, auch diesen Text auf eine Art und Weise zu lesen, die dem Inhalt frommt. Aber mir gefallen andere Dinge nicht, vor allem die sprachlichen Aspekte:

Zimmerlein - Die Verniedlichung klingt hier albern und lächerlich und zudem reimgezwungen
Vertickt - Klingt ebenso bescheuert, da Leben und Zeit vergehen und Uhren ticken. "Verticken" ist ugs. Neudeutsch für verkaufen und das wäre äußerst seltsam hier
Der Imperativ der Zeile 3 wurde erwähnt.
"Gedanken fliegen weit" - Mag ja sein, ich würde aber gerne mitfliegen, anstatt das nur mitgeteilt zu bekommen.
Ein Schimmer ist ein schwacher Schein und den verbinde ich erstens nicht mit Kälte...
... und zweitens dürfte in einem Schimmer der Großteil des Raumes im Schatten liegen und daher spricht mich dieses Bild auch nicht sonderlich an.
"surrend krabbeln"? - Mit dem Insektensurren würde ich immer deren Flug assoziieren!?
In welchem Geschwür krabbeln die? Ich steig nicht durch.
Der Verzicht auf Zeichensetzung u.ä. führt zu Verständnisproblemen: In der letzten Strophe könnte der Rücken am Boden sein und die Nase durch das Glas nach toten Mücken suchen.

Der Inhalt des Gedichtes, die Vereinsamung des lyrI im Alter, vermittelt sich, keine Frage. Nur geschieht das in einer sprachlichen Form, die mir nicht zusagt. Die Reime sind nach meinem Ermessen nicht gut, sondern schwach, teilweise mutwillig und das ist spätestens dann unschön, wenn auch der rest nicht so flutscht. Sorry, nicht mein Fall.

Blub.
Mattes


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#10

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 14:35
von kein Name angegeben • ( Gast )
guten tag

ich habe fast ein schlechtes gewissen. ich habe keine ahnung von form, reimen, inhalten oder sonst irgendwas. meine "gedichte" habe ich eher mutwillig gepostet, ohne besondere hintergründige absichten. genauso habe ich sie auch geschrieben. ich bin euch allen wirklich dankbar für eure ausfürhlichen antworten, hätte sowas jedoch nicht erwartet.
es verblüfft mich, was ihr in dinge interpretiert habt, an die ich nicht im geringsten gedachte habe, zum beispiel die verbindung der mücken mit erinnerungen.
ich merke etwas zu spät, dass das niveua dieses forums etwas zu hoch für mich ist, deshalb möchte ich mich dafür entschuldigen, wenn jemand seine zeit damit verschwendet hat dinge in mein "gedicht" hinein zu interpretieren.

das gedicht habe ich aus einer bestimmten laune heraus geschrieben,
ich will auf nichts bestimmtes damit hinweisen.
mit dem "surren" meinte ich das geräusch, das zu hören ist wenn sich viele mücken auf einem punkt befinden, zum beispiel auf einem stück aas. "geschwür" bedeutet für mich etwas krankhaftes, ekelhaftes, worunter man leidet. "immer" ist wohl fehl am platz .... gemeint war eigentlich "pausenlos". dass ich mehr darauf achtete dass sich das gedicht reim, als dass ich mich darauf konzentrierte eine klare aussage hineinzubringen, ist wohl der grund für die allgemeine verwirrung. die lösung ist, dass nichts dahintersteckt.

das ganz eist mir etwas unangenehm, bzw eine nummer zu groß und ich hätte deshalb nichts dagegen einzuwenden wenn die administration meine gedichte wieder löscht, was nicht heißen soll, dass ich in irgendeiner art beleidigt wäre oder anderes

übergestern


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#11

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 15:51
von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
Hallo übergestern,

ich habe dein gedicht sehr gern gelesen, am schluss musste ich lächeln
ich denke mir das so:

das lyr. Ich isolierte sich, aus unerfindlichen gründen. und ich musste als erstes bei der 2ten strophe an einen unfall denken, das diese person gefallen ist (körperlich auf den fußboden und deswegen geschwüre) dann denke ich auch das es eine ältere person ist die stark sehbehindert ist, mit nem trüben lupenglas. Das könnte darauf zurückzuführen sein das das lyr. ich vielleicht etwas anderes suchen wollte, stattdessen aber ein paar mücken fand.

es ist zwar nichts zum nachdenken aber ich finde es trotzdem total toll, ein kleiner lebensabschnitt.
ich finde die "spannung" steigert sich auch, am ende kommt der "höhepunkt". obwohl die erste strophe nichts besonderes hat wie ich finde.

Schade aber das du jetzt so traurig bist, was ich garnicht verstehen kann, es ist doch toll wenn viele meinungen und empfindungen zusammentreffen. und so ist das nunmal wenn man gedichte schreibt, jeder interpretiert etwas anderes hinein. wenn du die gedichte nur für dich selber schreibst dann kann ich das verstehen. daher frage ich mich auch ob du das willst das man dein gedicht so auseinanderreißt?

LG Franzi

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#12

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 17:04
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Hi übergestern,
auch ich habe zu Deinem Gedicht eine Meinung und keine Angst sie ist inhaltlich und nicht formal. Es ist ein trauriges Gedicht, dass einige tiefgehende Methapern nutzt. Dein lyr. ich ist krank, an Körper und Seele und hat sich völlig vom Leben isoliert. (wahrscheinlich auch alt, mit dicker ,lupenhafter Brille) Der Körper und Geist verfällt,Geschwüre...)und dennoch die latente Sehnsucht das selbst gewählte Gefängnis zu verlassen, stattdessen sucht es, auf dem Boden nach den Mücken (der Vergangenheit?) Ich habe das Gedicht gern gelesen und werde auch weitere Gedichte von Dir lesen. Übrigens haben sich mit Deinem Text soeben die lit. Grössen (international) der deutschen Lyrik hier im Netz beschäftigt. (ausser einem-blub)Gratulation, hier kann man viel lernen.
Gruss
Knud

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#13

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 17:35
von kein Name angegeben • ( Gast )
guten abend,
ich bin nicht traurig, Nonverbal. es macht mir nur angst, dass sich die leute so extrem mit meinem gedicht beschäftigen und mir tipps geben, wobei ich doch von alldem keine ahnung habe. (auch wenn ich mich dafür bedanken will!)mir war eben nicht klar, dass sich hier die literarischen größen herumtreiben ^^.
als ich das gedicht schrieb hatte ich wohl am ehesten die absicht eine trostlose atmosphäre zu gestalten. Knud Knudsen sieht es ähnlich wie ich. für mich spielte es beim schreiben keine rolle wieso das lyrische Ich (Ha!, ich hab einen neuen begriff gelernt! ;)) sich so benimmt. das suchen der toten mücken auf dem dunklen fußboden eines kleinen raumes kam einfach als sinnlose, anstrengende,schmutzige angelegenheit vor, weshalb ich es aufgeschrieben habe. der sprecher ist völlig vereinsamt, leidet (das ständig schmerzende geschwür)
und grübelt...der schatten an der tür hat genauso wenig hintergründige bedeutung wie alles andere, ich kann nur sagen dass mir das bild gefiel und ich es deshalb verwendet habe.

freundliche grüße

übergestern

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#14

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2005 19:30
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
einsam hier im zimmerlein
vertickt die lebenszeit
meide das beisammensein
gedanken fliegen weit

Gedanken fliegen weit in die Vergangenheit. Selbst gewählte Isolation.

im kalten lampenschimmer
mein schatten an der tür
und surrend krabbeln immer
insekten im geschwür

Insekten im Geschwür, sehe ich hier als Einnerungen, oder schlimme Gedanken. Der Schatten an der Tür, könnte hier Angst bedeuten. Ich vermute Ängste aus der Vergangenheit. Der kalte lampenschimmer, ist hier, denke ich die kalte Realität kalt, unbarmherzig. Es ist wohl etwas schlimmes in der Vergangenheit passiert.

gekrümmt, der alte rücken
am boden mit der nase
such ich nach toten mücken
durchs trübe lupenglase

Der alte Rücken, entsteht durch die Sorgen, die Mücken, die sich nicht abschütteln lassen. Gekrümmt, wieder durch die Last der Vergangenheit.


Du bist etwas zu ungerecht zu deinem Talent. Ich finde, dass dir dieses Gedicht gut gelungen ist, noch dazu, da es ja eines deiner Erstlingswerke ist. Du siehst, dass sich jeder irgendwie etwas anderes vorgestellt hat und das ist ja das, was ein Gedicht ausmachen soll. Unter diesen Gesichtspunkten, hat es voll bestanden.

Du bist hier in sicheren Händen.


edit: LG Gem

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#15

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 16.12.2005 14:21
von levampyre (gelöscht)
avatar
genau, ich stimme da gemini zu. es ist ja nicht so, dass es etwas schändliches wäre, dass leser in einen ernst gemeinten text etwas "hineininterpretieren", vorallem wenn es sich um ein gedicht handelt. was die leser aus dem text lesen, das steht tatsächlich in dem text drin, dann spielen natürlich auch eigene assoziationen mit rein. aber grundlegend gibt der autor das vor, ungeachtet dessen, ob es ihm bewußt ist oder nicht.

ob man gerade am beginn der dichterkarriere steht oder nicht, ist ja nicht unbedingt eine frage dessen, wie lange man schon schreibt, sondern eher dessen, wie bewußt man sich seines eigenen schreibens ist. mache ich mir eben beim schreiben klar, was ich schreibe und wie es verstanden werden könnte, mache ich mir bewußt, welche worte ich wähle, welche formen, welche reime, etc. ein guter dichter ist derjenige, der die sprache handwerklich so gut beherrscht, dass er alles von dem, was er zu einem text vor und während des schreibens plant auch nach seinen vorstellungen umsetzen kann.

wenn es das ist, was dich am dichten fasziniert, denke ich, dass du hier in ganz guter gesellschaft bist.

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#16

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 22.12.2005 00:45
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo übergestern,

nun muss ich auch noch mal kurz (auch wenn schon ziemlich alles gesagt ist):

ein schlechtes Gewissen ist unangebracht, auch ist das Niveau des Forums sicher nicht zu hoch für irgendjemand (ein wenig Interesse am Dichten vorausgesetzt). Und ich muss noch einmal feststellen, dass Du für jemanden, der von formalen Dingen so gar keine Ahnung hat, instinktiv auf vieles achtet und gestaltet.

Im Übrigen ist es doch völlig unproblematisch, wenn sich die Interpretationen der Leser nicht mit der Intention des Autors decken - schließlich ist der Text die Grundlage und nicht Deine dahinterstehende Gedankenwelt. Insofern ist auch alles, was am Text zu begründen ist, ein möglicher Weg, Deine Zeilen zu verstehen. Vielleicht hats Du Dir nichts weiter dabei gedacht, aber Du hast immerhin Formulierungen gewählt, die die Phantasie der Leser anregen, so dass sie auf Sachen kommen, die Du selbst nicht gesehen hättest. Aber keine Sorge: auch diese Erfahrung haben schon viele gemacht, ich persönlich finde es sehr spannend, wenn mir jemand Seiten an meinen Gedichten zeigt, die mir neu sind.

Du wirkst so resignierend, ich hoffe, ich irre mich. Und Angst ist sicher fehl im Tümpel... was das lyrische Ich ist, hast Du nun schon gelernt, das eine oder andere wird sicher noch dazu kommen. Und Fragen ist immer erlaubt ...

Don

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#17

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 22.12.2005 11:18
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte

Zitat:

Don Carvalho schrieb am 22.12.2005 00:45 Uhr:
Und ich muss noch einmal feststellen, dass Du für jemanden, der von formalen Dingen so gar keine Ahnung hat, instinktiv auf vieles achtet und gestaltet.


Auch wenn Unvoreingenommenheit Poetentugend sein sollte: Glaubt doch nicht alles, was geschrieben steht.

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#18

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 22.12.2005 11:36
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Ich glaube erst einmal alles - sogar an das Gute im Menschen !


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#19

einsam hier

in Düsteres und Trübsinniges 22.12.2005 11:37
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Was für ein enttäuschter Mensch du doch sein musst.

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