#1

Kapitulation

in Düsteres und Trübsinniges 30.08.2005 21:37
von kein Name angegeben • ( Gast )
In Deinem Geisterhauch klingt noch der Sesam nach,
Der letztmahls als Aroma schmeichelnd vor mir schwebt.
Du flüsterst mir auf Sonnengelb von Einsamkeit,
Auch wenn mein Griff Dich tief in Glut und Wärme webt.

So teilen wir, was Greise immer teilen:
Erinnerung an totes Land und stumpfen Mut.
Wo lahmer Zunge Worte sich verbergen,
Wird die Standarte zweifelnd schweigen.

Nun strecken wir die Waffen,
Und ich ergebe mich vor Dir.
Doch nur für heut'!

Solera Veterano


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#2

Kapitulation

in Düsteres und Trübsinniges 30.08.2005 22:11
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Hi Flam,

die Athmosphäre, die dein Gedicht herüberschweben lässt, spricht mich an, nur kann ich dem Sinn nicht ganz folgen, vielleicht aus Unkenntnis.
"Solera Veterano"? Sprichst du von Osborne? (Ich hoffe ich denke jetzt nicht ungerechtfertigt sofort an Alkohol, daß wäre sehr unangenehm *g)
In diesem Falle frage ich mich, weshalb Sesam?
Ansonsten wäre es nachvollziehbar: Die warme Farbe, das Aroma und doch die häufige Einsamkeit des Trinkers, der seine Wärme ncht aus Zwischenmenschlichkeit, sondern aus dem Alkohol bezieht.
Der Gebrannte ist so alt, wie der Trinkende sich fühlt und ebenso schweigsam wie dieser, denn längst schwingt er die Fahne nicht mehr.
Eine Hymne des Trinkers an das Gebräu, daß jenen für heute erinnern und schweigen lässt.
In diesem Sinne eine schöne Momentaufnahme - sprachlich und Athmosphärisch schön - inhaltlich sehr traurig, aber nachvollziehbar.
Interessieren würde mich, was du intendiertest.

LG Ric

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#3

Kapitulation

in Düsteres und Trübsinniges 30.08.2005 23:07
von kein Name angegeben • ( Gast )
Hi, Ric!

Da gibt es nicht viel hinzuzufügen. Es trifft den Punkt.

Und ich habe mir vorhin Nudeln in Sesam-Gorgonzola-Rahm gekocht. Dementsprechend bringt mein Osborne Solera Veterano (gut gewusst ) einen Hauch von Sesam mit sich. Besser gesagt, den bringe ich ja schon mit.
Durchaus lecker! ^^

Schön, dass Du die Athmosphäre spürst. Ein eingefangener Moment. Mehr war meine Absicht nicht. Trotz des Gedichtes geht es mir aber in weiten Strecken gut! Sorgen unnötig! Wie immer ist der Autor nicht völlig identisch mit dem lyrischen ich.
Abgesehen von Prost!

Prost!!!

Danke schön, Ric!

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#4

Kapitulation

in Düsteres und Trübsinniges 30.08.2005 23:12
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Ich hätte auch nicht mal ansatzweise vermutet, daß es dir schlecht geht - auch das transportiert dein Gedicht: Das lyr. Ich ergibt sich ja auch nur heute, und nicht ständig!

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#5

Kapitulation

in Düsteres und Trübsinniges 30.08.2005 23:18
von kein Name angegeben • ( Gast )
Jep!
Und selbst das fällt mal wieder ausgesprochen moderat aus. Ich mümmel jetzt schon mindestens zwei Wochen lang an der einen Flasche.
*grins*

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#6

Kapitulation

in Düsteres und Trübsinniges 02.09.2005 12:46
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hi Flam,

Ein paar Kleinigkeiten möchte ich noch anmerken. Da ich die Interpretation von Richard ebenso schlüssig wie gelungen finde, bleibt bei mir daher bei Formalem:

Ich vermute, bei dem metrischen Schema hast Du Dir etwas gedacht. So wird z.B. passenderweise in Str. 2/ Z. 4 Wird die Standarte zweifelnd schweigen. auch ein jambischer Versfuß verschwiegen. Auch die immer kürzeren Zeilen lassen sich durch den Innhalt - die zunehmend lahme Zunge und die Kapitulation für diesen Tag - erklären. Dennoch empfinde ich in der letzten Strophe das Scheme etwas zu beliebig, den Klang Deines Gedichtes stört das jedoch nicht. Nur am Rande: aufgepinselt erinnert mich das Schema

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ein bisschen an einen Totenkopf, der gerade um eine Ecke schaut - passt doch ganz gut ! Auch wenn ich hier in Bereiche eindringe, die man vielleicht eher Anhängern der Kabbala überlassen sollte ...

"Veterano" heißt im spanischen m.E. soviel wie ausgedient sein (klar -> el veterano), "Solera" bezieht sich zwar auf diese Alterungs- und Verschnittechnik für diesen Brandy, kann aber auch mit Nutzholz übersetzt werden: ausgedientes Nutzholz gibt dem Gedicht ja ebenfalls eine passende Note, auch wenn die Übersetzung womöglich etwas frei ist...

Das Sonnengelb mag ich übrigens gar nicht, ich muss da an Eidotter denken und dann bin ich zu sehr in der Schiene der Nahrungsmittelzubereitung drin... auch wenn Du Dir kurz zuvor etwas gekocht hast, sollte das ja schließlich kein Rezept werden.

Bei aller Düsterkeit halten Deine Zeilen am Ende ja sogar noch ein bisschen Hoffnung bereit, denn das lyrIch hat den Kampf noch nicht ganz aufgegeben. Immerhin...

Gern gelesen,


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