#1

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 00:06
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
    Der Vagabund

    Die Sonne hielt sich noch verborgen
    Und Nebel streifte übers Moor,
    Als er - an jenem Frühlingsmorgen -
    Ganz zaghaft klopfte an das Tor.

    Die Kleider alt und ganz zerschlissen.
    Kein Bündel, das er bei sich trug.
    Die Nägel gelb und eingerissen,
    Ihn schmerzte jeder Atemzug.

    Mein Mütterlein - es war sein Glück -
    Gab Ziegenmilch und warmes Brot.
    Der Vater hielt den Hund zurück
    Und lud doch heimlich Blei und Schrot.

    Wir Kinder standen ängstlich, stumm,
    Im Nachtgewand im kalten Flur.
    Die Neugier brachte uns fast um:
    Wer war die arme Kreatur?

    Man gab ihm noch ein altes Hemd,
    Dann schlief er ein im Ziegenstall.
    Und als er sprach, da klang es fremd.
    Gar lustig war sein Redeschwall!

    Dem Vater war es gar nicht recht,
    Dass wir ihn mochten. War es Neid?
    „Ein Habenichts ist immer schlecht
    Und bringt nur Unglück, Not und Leid!“

    Er blieb nicht lang - es zog ihn fort.
    Wohin - hat er uns nicht gesagt.
    Vielleicht an einen wärmren Ort,
    Wo keiner nach der Herkunft fragt.


    (c) Margot S. Baumann


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#2

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 00:18
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ich bin nicht einverstanden, das du mal eben zwischendurch, zwischen einem Whiskey und einem Blow-Job hier mal eben so einen hinrotzt. Nein, bin ich nicht. Und werde ich heute auch nicht mehr besprechen, ich bin schon down genug.

Hm, edit: Ist vielleicht missverständlich, daher: Liebe auf den ersten Blick, Margot, aber zu mehr reicht meine Kraft heute wirklich nicht mehr.

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#3

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 09:52
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
*g Muh

Du wirst es kaum glauben, es ist zwar nicht so nebenbei (und ich lese nur Blow-Job? ) entstanden, jedoch während unserer Stand-up-Poesie. Ich finde solche Dinge äusserst inspirierend.

Aber natürlich stand das Gerüst schon, ich habe es nur noch verfeinert.

Grüsse
Margot

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#4

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 10:16
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ja, das merke ich. Meine Inspiration reichte denn gerade einmal für den mental-mind-fuck und du sonderst neben Scheidensekreten eben auch noch kleine Geniestreiche ab.

Zunächst spamme ich das Werk nur vermittels dümmlicher und sexistischer Kommentare, ich komme aber darauf zurück.

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#5

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 16:02
von DOCC (gelöscht)
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Hallo Margot,
unbenommen: dies Teil find ich toll! - Uneingeschränkter Respekt! Es ist mir schonmal aufgefallen: wenn Du Stories reimst, bist Du unschlagbar! Also, ich find sowas hier doch schon um Längen besser als z. B. "Zirkonia": hier werde ich weggeführt in ein Stück Kindheit und hergebracht zu einem Verständnis zum Umgang mit Fremden.
Zu kritteln gibts nichts. Vielleicht: heißt es nicht "an einen wärmren Ort"? (von "wärmeren")
Liebe Grüße von
DOCC

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#6

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 16:48
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi DOCC

Freut mich, wenn dir die "Geschichte" gefällt. Sie lag schon über ein Jahr in einer meinen Schubladen und gestern war wohl der Moment, sie endlich zu vollenden. Das klingt jetzt schwer nach einer Sinfonie - lach - du weisst schon, was ich meine.

Ehrlich gesagt, ich weiss nicht, ob man wärmern oder wärmren schreibt, sorry. Ihr seid mit Hochdeutsch aufgewachsen, ich verlasse mich also auf euer Urteil. Ich brauche jedoch die Elision, sonst ist die Metrik am A.

Liebe Grüsse
Margot

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#7

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 17:05
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
DOCC hat recht, "wärmren" muss es heissen. Das Gedicht fliesst und hat eine Pointe, die Einleitung finde ich am stärksten da sie ein wenig auch den der da kommen wird ankündigt. Es ist eben eine schöne Geschichte, nicht neu, aber souverän umgesetzt.

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#8

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 17:17
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Willie

Ah, gut. Danke. Dann ändere ich das gleich. Du hast Recht, neu ist das Thema nicht, tja, passt zu mir. Freut mich, wenn es gefällt.

Liebe Grüsse
Margot

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#9

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 19:44
von DOCC (gelöscht)
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Hallo Margot,
ich hab nachgesehen: "wärmern" ist natürlich auch möglich, aber ziemlich altdeutsch. Hier paar Beispiele:
Ich hab' Ihnen vorhin den Lauriger angeboten um einen Sitz am warmen Herd; nun hat uns das Fatum einen noch wärmern Ofen geheizt. (Quelle: Wilhelm Raabe - Höxter und Corvey (11))
Sie ist so zahm, daß sie oft des Nachts, wenn es ihr zu kühl wird, in mein Bett kommt, um sich neben mir einen wärmern Fleck auszusuchen. (Quelle: Hermann Fürst von Pückler-Muskau - Aus Mehemed Alis Reich / Nubien und Sudan / Nilfahrt nach Meravi. Ambukol, Dschebel-Barkal)
Die steinernen Fußböden würd' ich mit wärmern Parquets vertauschen. (Quelle: Karl Ferdinand Gutzkow - Die Ritter vom Geiste / Achtes Buch, Elftes Capitel - 3)
Ganz fremde, mir unbekannte Bäume, noch ohne Laub, wahrscheinlich aus wärmern Gegenden, verbreiten seltsame Zweige. (Quelle: Johann Wolfgang Goethe - Sizilien (3))
Unten reifen im lieblichsten Gemische die meisten Früchte des wärmern Erdstrichs; alle Orangengeschlechter wachsen und blühen in goldenem Glanze. (Quelle: Johann Gottfried Seume - Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 / 2. Teil / Messina I - 2)
Die einer schönen Seele sind Maifröste, welche der wärmern Jahrzeit vorangehen; aber die Leiden einer harten verdorbnen sind Herbstfröste, welche nichts verkündigen als den Winter. (Quelle: Jean Paul - Der Komet / I. Bändchen, Ernste Ausschweife des sechsten Vorkapitels)
usw. usw.

früher wurde halt bei "wärmeren" das letzte "e" geschluckt; modern ist nunmehr, das erste "e" zu schlucken....

Liebe Grüße von
DOCC

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#10

Der Vagabund

in Gesellschaft 14.04.2005 23:05
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Vielen Dank DOCC, für die Mühe, die du dir gemacht hast. Dann hätte ich es im Grunde ja so belassen können..... sowas aber auch.

Ich verlasse mich meistens auf mein Sprachempfinden, aber das ist ja so trügerisch, vorallem, weil wir hier ja nicht Hochdeutsch sprechen. Aber mit solchen Referenzen im Rücken .... *g

Liebe Grüsse
Margot

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