#1

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 20.03.2005 02:26
von MrsMerian (gelöscht)
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Auf dem Weg zu meinem Auto sehe ich, dass im Rübenkeller noch Licht brennt und bemerke, dass ich mich nach dem Geruch von abgestandenem Bier sehne.

Vor der Tür empfängt mich das gedämpfte Dröhnen der Musik hinter einfach verglasten Holzfensterrahmen… und einige Freunde werden gerade geholt. Eine flüchtige Umarmung und Du – schleppst mich mit rein nachdem ich raten musste, wer noch alles da ist. Um kurz nach 2 im 0 8 15.
Du riechst mich an während Dein drei Tagebart den Wildschweinen Spalier stehen, die Du in Deinem Kühlergrill zu frischem Hackfleisch verarbeitet und auf dem erhitzen Asphalt hinter Deinen breiten Schlappen gleich zu Frikadellen gebraten hast. Die Reste wurden natürlich unter dem Hinterrad sogleich zu Presskopf, Leberpastete gab es auch dazu. Nur schade, dass Du auf dem Heimweg warst und kein Bäcker mehr in der Nähe, den hättest Du wach geklingelt um ihm ein bis zwei halbe Brötchen abzukaufen.

Während Du so redest habe ich mich vorsichtshalber einen Schritt rückwärts begeben, um Deinem wilden Gefuchtel zu entgehen, mit dem Du Deine Erzählung unterstreichst. Ehrlich gesagt ist es das erst, was mich im Gedröhne der Schröders und dem Nieselregen vor der Theke, verstehen lässt, von was Du redest.

Ich zünde mir eine Zigarette an und schaue mich suchend um. Noch zwei weitere Gestalten und die Shisha tot am verlassenen Tisch.
Diesen Abend sollte ich beenden.

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#2

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 20.03.2005 03:00
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Es ist zu spät, als dass ich noch etwas sinnvolles schreiben könnte oder wollte. Aber nach abgestandenem Bier sollte sich nun wirklich niemand sehnen müssen! Bah, komm, ich spendier ein frisches, und wenn Du magst, darfst Du Dich auch aufs Riechen beschränken...


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#3

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 20.03.2005 14:13
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Hehe Mrs, du solltest etwas unter Alkoholeinfluss schreiben, da kommen ja echt interessante Sachen raus
Ich war gestern auch rotzeprall ung. 2 Pitcher Bier und ne Flasche Met, achja und fast ne Prügelei Das nenne ich leben !

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#4

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 20.03.2005 15:27
von MrsMerian (gelöscht)
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He, ich war ganz ganz nüchtern... sollte das also heißen, dass es scheiße ist?
Vielleicht war das nur mein nächtlicher Ehibitionismus um der Männerwelt mal zu zeigen, was ich von Wolperdinger-Geschichten halte und von Proll-Autofahrern, von ungepflegten Superhelden mit einer gehörigen Fahne und feuchter Aussprache.

LG
Mrs.

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#5

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 25.03.2005 09:12
von MrsMerian (gelöscht)
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Um meinen Eltern einen Gefallen zu tun, um meine gesellschaftlichen Kontakte zu pflegen, weil ich es versprochen hatte bald mal vorbei zu kommen und überhaupt. Vielleicht um weg zu gehen und schon eine Ausrede zu haben, dass ich früh gehen muss, weil ich sonst wieder anfangen könnte zu rauchen.
Viele Gründe sprachen dafür und wie schon beim letzten Mal begegne ich schon vor der schweren Brandschutztür des 0 8 15 meiner Freundin Andrea.
Ich gehe gleich mit ins Feuerwehr-Vereinsheim.
Ich hab Andrea versprochen, dass sie mich wach klingeln kann und ich sie nach Hause fahre, wenn sie heim will – sie wohnt in einer Mühle weit im Wald — und mich verabschiedet.

Auf meinem Heimweg am 0 8 15 vorbei schaue ich noch kurz rein, ich hab eh kein Geld mehr, die 2,50 € hab ich schon ausgegeben. Es sind noch einige da, incl. derjenigen Person, die mir einen Wulst Verachtung entgegenschleudert indem sie ihre angespitzten Lippen in den Nacken legt. Da kocht mein Blut schaumig hoch und ich erfinde einen Vorwand um kurz meinen Bruder anzusprechen. Der Steht so weit in der Ecke, dass ich nicht zu ihm hin kann, sondern mich halb hinter die Theke stelle und wir quer durch den Raum halb sprechen, halb schreien.
Als der Thekenmann mir ein Getränk andrehen will, lehne ich dankend ab und verschwinde nach Haus in mein Bett.

Es klingelt und ich fühle mich sofort hellwach. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass Andrea es recht lange ausgehalten hat: 20 vor 6.
Als ich verstrubbelt die Tür öffne und sie sehe, weiß ich im selben Moment, dass etwas nicht stimmt.
Sie murmelt kurz etwas, dass es ihr Leid täte und dass meine Mutter ja aufgewacht sei und vom schlechten Gewissen… „Hey, es hat bei mir geklingelt, wenn sie meint sie müsste hin rennen, kann ich nichts dafür.“ Ich schenke ihr eines dieser anstrengenden Morgenlächeln.
Ihre Augen haben einen seltsamen Ausdruck und sie erwidert das Lächeln nicht.
„Das waren nur noch Tiere, Kathi.“ sagt sie, „Tiere, kannst Du Dir das vorstellen, es war schrecklich?“
Ich weiß gar nicht so richtig was sie meint im ersten Moment.
„Ich hab mich versteckt, die waren wie wild, alles war egal.“ Ich schaue sie etwas unverständig an. „Die haben sich alle geschlagen heute Nacht, mit den Jachtpächtern.“

„Ach Du scheiße. Wie denn das? Mit welchen Jachtpächtern?“
„Na die, die immer bei Maurers sind, der Enkel von dem Jachtpächter … keiner war mehr menschlich… Olli lag am Boden.“ ihre Stimme ist brüchig, deshalb spricht sie lauter.
„Ich hab gesagt: Olli?! und er hat sich gar nicht mehr bewegt… plötzlich ist er aufgesprungen und wieder auf sie los.“
Sie hat ihre Augen jetzt aufgerissen und zwischen uns steht einen Film von dem was geschehen ist, den sie nicht durchschaut.
„Du kannst Dir das nicht vorstellen, es waren keine Menschen mehr. Überall war Blut. Olli hat wahrscheinlich die Nase gebrochen. Christian haben sie einen Zahn ausgeschlagen.“ spricht sie weiter.
„Bei den Seibelshäusern wundert mich eigentlich gar nichts, wenn ich sehe, wie die immer saufen.“ „Das hat mit Betrunken sein nichts mehr zu tun gehabt, die waren wie manisch.“ sagt sie.
Alles ist verwüstet, das 0 8 15 ist ein Schrotthaufen: sie haben Stühle geworfen, diese hellbraunen Stühle, sind alle kaputt, der Tisch mit dem Eisenbeschlag war Gott sei Dank zu schwer.
Luisa hat einen Schlag gegen den Kopf gekriegt und in den Magen, alle waren unter Schock.
Ich war dann hinten in der Ecke und hab mich unter dem Barhocker ‚versteckt’,“ bei dem Wort Versteckt lächelt sie kurz verlegen und malt Anführungszeichen in die Luft. „hm, so weit man das verstecken nennen kann zumindest… Sie haben mich da weggeführt, Richtung Tür, aber dann standen die vor der Tür draußen, da hab ich mich hinten in die Ecke gekauert. Ich hab mich gegen jeden gewehrt, Anderl wollte mir helfen und ich bin beinah auf ihn losgegangen, weil ich Angst hatte, er tut mir was. Ich war noch in der Ecke unter dem Tisch, als die Polizei längst da war.
Sie haben dann alle unter 18 nach Hause geschickt. Julia, Ollis Freundin hat da gesessen und am ganzen Körper gezittert …
ich hab noch nie gesehen, dass Sylvia vor etwas Angst hat, aber ich hab ihre Augen gesehen, Kathi, die nackte Angst stand darin“ Ihre Augen haben sich mit Wasser gefüllt, ich bin sprachlos. „Das pure Entsetzen hab ich in ihr gesehen.“
Ich steuere heute etwas ungeschickt um die großen Schlaglöcher, die der Regen in die Waldwege gefressen hat. Als sie weiter redet und ich weiß, dass es gut war nichts zu sagen, sondern auf sie zu warten: „Ich finde es gemein, dass Christian jetzt Karfreitag in der Zahnklinik verbringen muss… sein Eckzahn ist halb abgebrochen. Wir haben noch das Stückchen gesucht, das weg war, vielleicht braucht man das noch. Haben es auch gefunden.“

„Wer war denn jetzt alles dabei? Wie viele waren das denn?“
Sie denkt kurz nach: „Vier. Dieser Enkel von dem Jachtpächter und die Leute die da immer sind. … Ich bin Schuld, ich hab zu Olli gesagt, die pöbeln mich immer an. Ich fühle mich schuldig. … Aber die sind auch immer so assig, Du hättest das mitkriegen sollen, Katha. Ich bin so naiv, der kam rein und hat gesagt ich soll die Augen zu machen und die Hände hinhalten, er hätte ein Geschenk. Ich hab nichts Böses gedacht und es gemacht.
… der hat mir eine Kröte in die Hand gesetzt, ich bin nur schreiend raus und hab vor Ekel fast kotzen müssen.“

„Das ist doch Kinderkacke, ich meine, wer schlägt sich denn gleich? So ’ne Kinderkacke…“ ich bin schon ziemlich fassungslos, ehrlich gesagt.

„Die haben dann die Personalien aufgenommen und Luisa und ich müssen morgen zu Marco gehen um ihm zu sagen was los war, bevor die Polizei bei ihm aufkreuzt, damit er Bescheid weiß… hoffentlich müssen wir nicht zu machen… Marco wird auch sauer sein.“
Marco gehört das Haus und den Partyraum im Keller der Scheune hat er den Jugendlichen überlassen. Da war früher schon Mal ein Jugendraum, bis dann im Streit alles auseinander ging. Vorher haben die Jungs Wagenweise Erde gefahren und den alten Rübenkeller ausgerümpelt, betoniert eine feste und große Theke haben sie eingebaut… und verkaufen Alkohol ohne Ausschankgenehmigung. Das Ganze in Marcos Haus und ich überlege, ob er glaubwürdig behaupten kann, er habe von nichts gewusst… die Preislisten hängen an der Wand; zum Einkaufspreis: Bier und allerhand Schnaps.

„Ich glaub, die machen Euch den Laden dicht, Andrea, tut mir Leid. Ihr habt keine Ausschankgenehmigung, das ist verboten einfach so Alkohol zu verkaufen. Der Laden ist illegal.“

„Na aber wir können sagen das war nur jetzt zu Ostern.“
„Und dann mit Preisliste an der Wand? Da ist eine Theke und alles ist vollgeräumt mit Spritt, ich meine, die sind ja nicht blöd. Ich hoffe es ja nicht für Euch, aber ich glaube es sieht einfach schlecht aus.“ Wir biegen in den Hof ein und ich mache sofort den Motor und das Licht aus, um niemanden im Haus zu wecken.

„Olli hat das vorsätzlich geplant, Katha. Als die Jungs rein kamen hat er zu mir gesagt: Die hau ich heute aufs Maul.“ Im Aussteigen dreht sie sich um und fügt noch hinzu: „… Es war keine Schlägerei, die haben gebrüllt wie Tiere … und das Blut, es war eine Schlacht, Krieg. Ich weiß nicht, ob Du Dir das vorstellen kannst, die waren nicht sie selbst.“

Ich zögere kurz und sage dann: „Ich kenne eine Person in diesem Zustand, die unbesonnen schlägt und nicht weiß was sie tut, so in Rage und neben der Spur, ich kann mir unglaublich vorstellen, dass acht Leute von der Sorte auf einem Haufen sind und ihr Mitten drin.“
„Wer denn?“ fragt sie. Statt zu antworten lächle ich sie an: „Versuch erst Mal ein paar Stunden zu schlafen, wenn es geht. Wenn ich was helfen kann, beim aufräumen oder so, sag Bescheid, ist kein Problem.“ „Danke sagt sie und danke, dass Du mich heimgefahren hast, ist echt lieb von Dir. Ist mir ein bisschen peinlich, dass Du extra wegen mir aufgestanden bist.“
„Ach was, dann hätte ich es Dir nicht angeboten, ist schon okay. Schlaf gut.“
„Ja ich muss echt ins Bett, Du schlaf auch gut, wenn Du jetzt noch kannst.“
„Ach, ich kann immer schlafen, Danke.“

Ich fahre einen Umweg nach Hause um nachzudenken. Ich bin hellwach jetzt und werde aufbleiben. Es ist kurz nach 6 und als ich in den Hof einbiege fällt mir ein, dass Jachtpächter meißtens Gewehre bei sich haben und ich bin erleichtert.

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#6

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 25.03.2005 09:20
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Also nicht das hier sondern das Oben find ich nicht scheiße, sondern ziemlich gut. Und ich bin vielleicht gestört, aber es klingt fast wie eine Liebesgeschichte:
Du beschreibst fast liebevoll diesen Menschen in all seiner Ekelhaftigkeit (<hast gesehen? Ich kanns endlich richtig schreiben)
Dass der Abend beendet werden soll, führe ich darauf zurück, dass der Andere in seiner Stumpfheit gar nicht merkt, was die Protagonistin empfindet und jene resigniert, weil sie ihm nicht klarmachen kann, dass sie ihn gut findet, weil er überhaupt nicht darauf kommt, dass jemand ihn gut finden könnte.
Romantisch!!!!

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#7

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 26.03.2005 15:42
von MrsMerian (gelöscht)
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Hehe, danke Ric.
Ja, hab's gesehen, bin stolz auf Dich
Ich bin ein wenig erstaunt, dann leuchtete es mir ein, wieso die Liebesgeschichte. Finde es eine schöne Idee. und dann verstehe ich meine Protagonistin, wieso sie genau so denkt sie liebt nämlich die meißten Menschen irgendwie auf ihre Weise.

LG
Mrs.

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#8

0 8 15

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 26.03.2005 22:46
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Dann ist sie mir schon sehr symphatisch deine Protagonistin. Denn ich denke, sie hat den Sinn des Lebens gefunden...

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