#1

Die Dreiheit der Popgesellschaft

in Zwischenwelten 26.01.2005 10:53
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Die Dreiheit der Popgesellschaft

Es geschah am verschwimmten Morgen - die ausreichend
blühenden Astergräber betonten zeitweise die laue Luft,
welche beim geistigen Brechen von Stahl helfen könnte,
und die zum Erbrechen von Gefressenem spontan Werbungshelfer
schickte

und so sammelte man sich auf Wort und Tat

allen voran mit provozierter Ängstlichkeit die Narren –
Hans Würste jeglicher Art,
die einen besseren Leichenmond
nie hätten aussuchen können

man erstach sich mit Wortauswüchsen, mit breitem
Schulterklopfen, mit raschem Wahn
und gequälten Stirnen bis die klaffenden
Zungen wie Alltagsmüll jedem aus dem Maul hingen

einige von ihnen lagen mit gequirltem Hirn auf den Wegen
und brachten nichts hervor, als ihr Verderben zu erheulen -
man sagt, sie seien verstorben, als man ihnen die Masse
mit Löffeln abgrub

die Knechte, mit gefärbtem Ritterglanz übersäht, bestritten
dies und gingen in die Küche, bis sie verhungerten

und oben, da im Turme, erschliefen sich die Herren Ritter
99 Gesetze für ihre Taubstummenshow, Nachmittags im TV -
danach zelebrieren sie den leichten Schmaus, bei dem sie
letztlich die dreibeinige Katze erwürgen müssen, um sich
das Gesindeltum absprechen zu können

man sagt, sie seien verdorben

und hier im Kämmerlein, umwunden von Gitterstahl,
kratzt man unbedeutende Tauben zusammen

der Tellerrand war ebenfalls beschmutzt.


10. Juli 2001





arno.

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#2

Die Dreiheit der Popgesellschaft

in Zwischenwelten 27.01.2005 17:21
von MrsMerian (gelöscht)
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Lieber Arno.
Wie immer ließ ich den Titel zunächst außer acht...

Am Anfang konnte ich Deinem Text wunderbar folgen und irgendwie erinnerte ich mich an ganz wundervolle Texte.
Solche wie ich sie sehr gerne ab und zu lese... ab und zu deshalb, weil ich sie ihrer Dichte wegen nicht immer vertrage.

Die erste Schwierigkeit: gefressener Spontanwerbehelfer.
dazu fällt mir nichts ein...

Ein wenig unschlüssig bin ich mir auch ob der Örtlichkeit und dem Anlass der Versammlung... bis ich dann in diesem Absatz:


Zitat:


man erstach sich mit Wortauswüchsen, mit breitem
Schulterklopfen, mit raschem Wahn
und gequälten Stirnen bis die klaffenden
Zungen wie Alltagsmüll jedem aus dem Maul hingen



erstmals die Assoziation "Politik" habe.

Bei der anschließenden Gehirn Szene entfuhr mir ein kleines gerauntes "geil" irgendwie habe ich eine kleine "Gehirnmacke". Es gibt doch beinahe nichts Spannenderes als ein Gehirn... ich hätte als Kind mal nicht beim Schlachten zu Hause immer wegrennen sollen...
Aber immerhin habe ich ja mit Hasenpfoten gespielt an denen kein Hase mehr dran war. (Verachtet mich doch!)

Zurück zur Geschichte... an dieser Stelle bin ich nun am Knabbern und ich hoffe, dass ich noch Ideen bekomme.

Die Knechte geben sich also als etwas aus, das sie nicht sind (gefärbter Ritterglanz), und müssen am Quell dessen, was sie am Leben hält, verhungern?

Währenddessen schlafen diejenigen, für die sich sich ausgeben (nehmen also nur passiv am Geschehen teil).

Religion kommt hier ins Spiel... es waren doch 99 Thesen bei M. Luthrr oder?
Sie repräsentieren die durchschnittliche Gesellschaft, ganz normale Leute aus gutem Hause, die in die Kirche gehen und sich skandalträchtigem oder nicht ins Bild passeden Anhangs kurzerhand entledigt. Sie sind dabei der Meinung über den Dingen zu stehen? oder zuminestens alles durchschaut zu haben und zu überblicken (Turm).

Im Kämmerlein... nun wenn cih an Deine Überschrift denke, hätte ich nur drei Gruppen/ Seiten erwartet...
hier sitz man und hält sich an unbedeutenden Friedenszeichen fest?

Der Tellerrand war also beschmutzt? Das merkt doch nur jemand, der nicht über ihn hinaussieht.

Insgesamt mag ich diesen Stil zu schreiben sehr gern.
Leider gibt es eine ganz geringe Frustschwelle, wenn man mal den Faden verloren hat und gar nicht mehr zurückfindet -was durchaus passieren kann- finde ich es suoer frustreirend... aber da ich der Meinung bin am Ende dich noch Ideen zu einzelnen Stellen (Tellerrand, 99 Thesen und Tauben) gehabt zu haben, ist das hier nicht der Fall - und weil cih weiß, dass Du mir nochmal einen HInweis geben wirst -wie immer.

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#3

Die Dreiheit der Popgesellschaft

in Zwischenwelten 27.01.2005 17:36
von muh-q wahn (gelöscht)
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95 Thesen waren es aber sei es drum. Ich staune über deine Rätselfertigkeit, Mrs. Mir geben solche Kreuzworträtseltexte nicht allzu viel, sorry Arno. Das scheint mir wie ein ganz normaler Text zu sein, bei dem dann möglichst kryptische Metaphern hergesucht werden, um die Sache interessant zu gestalten. Marke "um die Ecke gedacht" aus dem Zeit magazin oder so ähnlich.

Ich weiß, ich bin fies und ungerecht. Ich mag es einfach nicht.

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#4

Die Dreiheit der Popgesellschaft

in Zwischenwelten 27.01.2005 22:32
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Das hast du doch treffend interpretiert mrs. Ich für meinen Teil muss, obwohl der Text von 2001 ist doch gerade wegen des letzten Absatzes an die Burg denken, eine Fernsehsendung, deren gewaltszenen ich sehr geniesse.

Ja die Knechte waren wohl eine Art Mittel zum zweck und die Ritter haben sie nach erfüllter schandtat verhungern lassen. Die Ritter oder Politiker halten die Leute mundtot durch hirnlose fernsehsendungen die verdummen. Die dreibeinige Katze muss irgendein Gerät aus dem Mittelalter sein, aber ich kenne nur die neunschwänzige, moment google sagt: hm es gibt nur ein Kinderbuch oder eben amputierte katzen. Nein ich kann mit dem ende auch nichts anfangen arno. Für mich verliert sich da der Sinn.

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#5

Die Dreiheit der Popgesellschaft

in Zwischenwelten 29.01.2005 16:11
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
hallo ihr 3. danke für eure kommentare.

an mrs:

zur "gefressener spontanwerbehelfer" fällt mir auch nichts ein. steht aber gott seis gedankt auch nicht im text.

bzgl. knechte: sie verhungern, weil die quelle ihnen nicht mehr geben kann, was sie brauchen.

die zahl 99 war willkürlich gewählt - sollte aber auf der anderen seite auch so wirken. es geht ja darum, jemanden anschwärzend zu beschreiben - und da ist es egal, wieviel gesetze nun wirklich da sind.
das andere bzgl. aussicht und so.. da kann ich mitgehen.

die taube kann man durchaus als friedenssymbol sehen. das ist gut beobachtet. es heißt ja "und hier im kämmerlein.." das impliziert, daß der erzähler selbst diese taube - das friedenszeichen - aß; also quasi mit diesem text eine grube geschaffen hat zwischen den - eigentlich 4 gesellschaftsteilen. andererseits ist er es, der was anständiges zu essen hat. selbst der tellerrand war beschmutzt.


an muh:

ich mag deine ehrliche art und weise. zumal du sicherlich auch nicht ganz unrecht hast.


an schorschen:

ich sehe das bzgl. knechte genauso. überall herrschen leere phrasen, floskeln, die man nicht mehr ertragen kann: politik, medienleute.


die dreibeinige katze ist z.b. so eine teil-kryptische metapher. die 3 beine sollen die 3 gesellschaftsschichten zeigen. das vierte bein - das amputierte oder anderweitig abhanden gekommene - ist der erzähler im kerker. er sieht sich selbst nicht mehr als teil der gesellschaft - er, der geistig wertvolle und erkenner der wahrheit. daß es die katze ist, war der willkürliche teil der metapher. sie ist ja ein haustier und dient zugleich, daß kommt aber im text nicht raus, als essen der hohen herren - ein festmahl eben. es geht ja ums überleben im text: hans würste, knechte, hohe herren - und der erzähler. dabei spielt das essen eine zentrale rolle. die hohen herren jedoch erwürgen die katze (gesellschaft), um überleben zu können. doch für den leser sollte eigentlich nur klar sein oder werden, welche rollen die jeweiligen gruppen ausüben.

vielleicht kann sich ja der ein oder auch andere von euch mit ihnen identifizieren.

grüße.
arno.

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#6

Die Dreiheit der Popgesellschaft

in Zwischenwelten 29.01.2005 17:05
von MrsMerian (gelöscht)
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Ich glaube ich identifiziere mich mit der Katze...
Ich habe alles in mir, den Knecht, den Ritter und den Hans Wurst... ich bin ein Einheitsbrei.

Zudem habe ich stets das Gefühl, dass mir etwas fehlt.
Das Bein... dass ich nicht früher drauf gekommen bin.
Man kann ein Festmahl mit mir haben und gesellige Stunden kann ich durchaus versüßen, dennoch nagt genau das manchmal an meiner Hülle.

Danke für die Rückmeldung. Ein Flüchtigkeitsfehler beim Lesen, entschuldige.
Mrs. komme sich mächtig dumm vor, hat sie mir gesagt - wie ein Banause.
Ich gelobe Besserung und ...
Danke.

Mrs.

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#7

Die Dreiheit der Popgesellschaft

in Zwischenwelten 29.01.2005 17:33
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
ich denke, daß jeder irgendwo ein paar aspekte in sich vereint.

ich danke dir für deine mühe und zeit, mrs.

der flüchtigkeitsfehler ist doch menschlich - ich bin froh, daß du menschlich bist.

beste grüße.
arno.

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