#1

Ein Trauerbrief

in Liebe und Leidenschaft 12.01.2005 15:54
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Ein Trauerbrief


Das Morgenrauschen weckte mich
im Dunkelspiel mit sanftem Duft.
Manch Wispern blieb – doch schwieg schon bald
im Zwischenraum von Meer und Luft.

Verbrieft ist nichts. Und doch der Steg
mit Satzbruchtrieb und Wortanfängen;
zerknüllt im Geist, noch zungenfern.
- So nah der Flut; und deinen Klängen! -

Dein Ruh’n im Tau mit allen Strängen,
so lose linkswärts rechts gedreht;
versetzt mir Scham in Wirrhauptlängen.
Verbrieft war nichts! Oh, Briefgebet!

Das Rauschen schickt mir Schmerzensgier;
doch schenkt der Kopf bald fremde Grüße,
im Nebelgang des Lächelns, dir:
Du flairbewährte Südensüße!


13. November 2004




vielleicht hat ja der eine oder andere noch ein paar gedanken hierzu.

grüße.
arno.

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#2

Ein Trauerbrief

in Liebe und Leidenschaft 16.02.2005 13:55
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ein unbesprochener Admin ? Wie kommt denn das ? Wollen deine Tümpler dich nicht verletzen, Arno ? Dabei darf man dich doch loben und ich genieße jetzt das Privileg, dieses exklusiv tun zu können.

Die Boldtsche Metrik hat nichts marterhaftes, sondern paradiert ziemlich gleichmäßig einher: Ein vierhebiger Jambus mit zunächst rein männlicher Kadenz (S1) und dann abwechselnd männlich und weiblichen Kadenzen (S2 bis 4), wobei beim Strophenwechsel wiederholt wird. Da gibt es nichts zu meckern. Beim Reimschema möchte ich das auch nicht tun, nur fällt auf, dass in S1 und 2 A-B-C-B und in S3 und 4 dann kreuzgereimt wird. Da kann ich mir aber keinen Reim drauf machen und wenn da keiner sein sollte, dann würde ich so etwas vielleicht unterlassen !? Sei es drum.

Wo formal also fast alles stimmig ist, wenden wir uns getrost dem Inhalt zu und stellen fest, dass das Gedicht gar keinen hat. Was ? Da steht doch aber was ! Und schön anzuschauen ist es auch, klingt gut, hat kühne Metaphern, Oxymoren usw. Jepp, der Dichter teilt uns trotzdem mit, dass er zwar gerne etwas sagen würde, doch so recht zu sagen gar nichts weiß. Und das kam so:

Des Morgens in der noch dunklen Frühe wacht der Arno auf, die Geräusche des Tages und der Kaffeeduft wecken ihn. Zwischen Tag und Traum versucht letzterer, sich ihm noch wispernd in Erinnerung zu bringen, doch vergeblich. Zwar hat Arno noch einige Fetzen in Erinnerung behalten, Wort- und Satzanfänge, aber nichts ist klar. Man kennt die Situation: In einem Moment erscheint einem noch alles ganz klar, man hat des Nachts ein perfektes Gedicht verfasst, da ist es noch, zum Greifen nah, man spürt es förmlich körperlich, erfasst es ganzheitlich und – zack! – ist alles weg. Und doch ist es vorhanden, nur nicht greifbar. Es ruht noch im Gedächtnis, Arno schämt sich fast, dass er es dennoch nicht verbalisieren kann. Sein wirres Haupt scheint linkswärts rechts verdreht. Gegen das morgendliche Gedröhne, gegen die morgendlichen Sinneseindrücke, kann sich das Briefgebet nicht durchsetzen und entschwindet, verblasst. Meist ist das nur ein kurzer Moment der Reue, schließlich hat das Gehirn vermittels des Traumes nur aufgeräumt, die geträumten Gedanken sollten ja gerade entsorgt werden. Der morgendliche Nachhall war keineswegs natürlich beabsichtigt, sondern geschah durch das abrupte Wecken.

So geht Arno in den Tag und denkt neue Gedanken. Nur hin und wieder hat er ein Deja vu. Etwas ist fremd und doch vertraut, so vertraut, dass er lächeln und an seinen entschwundenen Traum denken muss ... Tja, und dann kommt die letzte Zeile ins Spiel, die meinen ganzen Ansatz zerdeppert, aus den kühnen Metaphern ziemlich naheliegende „Übersetzungen“ macht und das – wie ich in Wahrheit fand – wunderbare, poetologische Gedicht zu einem traurigen Liebesgedicht macht. Arno hatte ja doch nur einen feuchten Traum von seinem letzten Urlaubsflirt ... irgendwo am Meer im Süden mit einer Süßen. Ja, die hatte Flair. Jedenfalls unterstelle ich, dass Arno „flairbewehrt“ meinte.

Ach, wenn ich doch geschwiegen hätte. Aber du wolltest ja Gedanken hören.

Habe ich erwähnt, dass ich deine Sprachfertigkeit wieder einmal bewunderte. Dann ist ja gut.

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#3

Ein Trauerbrief

in Liebe und Leidenschaft 16.02.2005 15:26
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte


danke muh für deine interpretation.. schade nur, daß dir die letzte zeile nicht den mut gleichzeitig gab, die metaphern umzudeuten.. daß du alles als bloße übersetzung sahst. denn deine "übersetzungsgedanke" ist wirklich platt. aber, darum gings dir ja auch nicht. schon zu viele hatten sich dieser interpretationsmöglichkeit gewidmet.

daher sei herausgestellt, daß ich mich an deinem ansatz mehr als erfreue. die "flairbewährte süße" könnte dann die erinnerung, oder die lyrik, oder ein paar wunderbare zuckerverse sein...

du siehst, deine interpretation kann man auch bis zu ende führen. ging es dir darum, oder wolltest du einfach mal den admin verletzen?



grüße.
arno.

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#4

Ein Trauerbrief

in Liebe und Leidenschaft 23.02.2005 16:45
von muh-q wahn (gelöscht)
avatar
Momentidis ! Diese deine Stellungnahme sehe ich heute zum ersten Mal ! Hast du die womöglich aus dem Süden hier herein geschmuggelt ?

Mein lieber Admin !

Nichts steht mir ferner, als dich aus purer Spaß an der Freud verletzten zu wollen. Nein, das ist mir ziemlich ernst. Obacht: Ich habe nicht übersetzt, sondern gar wunderfein assozziiert und mich in dein Werk auf das Einschleimendste hineingesponnen und hatte, da meine Spinnerei sehr wohl Begründung fand, nicht wenig Freude daran. Ganz offensichtlich ist meinen Worten dieses nicht zu entnehmen, daher Klartext:

Ich wähnte mich bis zur letzten Zeile in einem ansprechenden, poetologischen Text bzw. Gedicht über das Grenzland zwischen Tag und Traum. Und nur die eine, die letzte Zeile, die konnte ich dortens nicht unterbringen. Die ließ und lässt mich das Gedicht mit anderen Augen sehen und nur mit diesen Augen könnte ich mir deine ziselierten Metaphern dann ziemlich platt als Übersetzungen denken aber das will ich nicht, das mag und mach' ich nicht und daher hatte ich - ob dieser einen Zeile - keinen rechten Spaß mehr an deinem Werk.

Puh. Anstatt mich aber aufzuklären, wendest du meine Worte gegen mich und zeihst mich der platten Übersetzung. Gar nicht nett, das. Wer will hier wen quälen ?

Dennoch allerfreundlichste Grüße

Dein Untertan Kuh

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#5

Ein Trauerbrief

in Liebe und Leidenschaft 23.02.2005 16:57
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
muh, ich hab dich schon ganz richtig verstanden.

"Übersetzungsgedanke" meint, daß du die andere (viel besprochene interpretation) als reine übersetzung siehst.. ich meinte oben, daß also dein gedanke, die andere interpretationsmöglichkeit sei bloße übersetzung, ziehmlich platt ist.

dann zeigte ich dir, wie deine interpretation zu ende geführt werden könnte.

daher war ich auch so !furchtbar begeistert! ob deiner interpretation.

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#6

Ein Trauerbrief

in Liebe und Leidenschaft 23.02.2005 17:22
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ja, Lesen und Denken soll manchmal helfen. Ich bin zerknirscht und erbitte Verzeihung. Den vermaledeiten Süden bekam ich nicht unter die Füße. Ich denke jetzt einfach über den Umweg der Südzucker AG aus (Achtung) Mannheim/Ochsenfurt ...

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#7

Ein Trauerbrief

in Liebe und Leidenschaft 23.02.2005 17:41
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte


hm... der letzte vers.... der süden als sinnbild für das warme oder braune (haut)... -> brauner zucker

weitere assoziationen überlasse ich dir.

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