#1

Idioten

in Aphorismen 06.05.2009 14:30
von Karl Feldkamp • Mitglied | 194 Beiträge | 194 Punkte

Nur Idioten leiden unter ihren Verrücktheiten.

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#2

RE: Idioten

in Aphorismen 06.05.2009 20:28
von PaulAuster (gelöscht)
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Karl, das kann man so nicht stehenlassen, das ist viel zu undefiniert. Was und wann ist man ein Idiiot (und bitte jetzt nicht mit dem "Barbier von Sevilla" antworten) und was und wann ist etwas eine Verrücktheit.

Verrücktheit, wenn sie Wahnsinn meint, kann produktiv sein (zumindest hat das die Antike irgendwann mal so in ein Steinchen gehauen) oder eben destruktiv. Und wenn sie letzteres ist, kann sie so mächtig und bestimmend sein, dass sie ein Ich erdrückt - und das Ich ist in diesem Falle noch lange kein Idiot. Nicht nicht per se, noch nicht einmal im Einzelfall.

Und was wäre mit der Umkehr: Das vermeintliche Genie liebt seine Verrückheit? Nun, auch das wohl eher weniger bzw. selten, denn Verrückheit im weiteren Sinne meint immer auch einen Kontrollverlust und viele, die als Genie gehandelt werden, sind oder wollen hochgradig kontrolliernd sein. Das Letzte also, was Herr oder Frau Genie lieben würde, wäre eine "Verrücktheit".

Nein also, Deinen Aphorismus finde ich mit Verlaub kurzsichtig und dröge.
zuletzt bearbeitet 06.05.2009 21:11 | nach oben

#3

RE: Idioten

in Aphorismen 07.05.2009 18:57
von Karl Feldkamp • Mitglied | 194 Beiträge | 194 Punkte

Hallo Paul,
du hast vermutlich die Ironie übersehen. Es gibt nämlich Leute, die aus ihren "Verrücktheiten" Begabungen machen und zum Beispiel als Komiker in der Rolle eines "Trottels" auftreten. Das Wort Idiot ist heute längst keine psychiatrisches Fachwort mehr, sondern längst ein gebräuchliches Schimpfwort. Und als verrückt gilt heute mancher schon, weil er nicht im Mainstream mitschwimmt.
Herzliche Grüße
Karl

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#4

RE: Idioten

in Aphorismen 07.05.2009 19:10
von Maya (gelöscht)
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Hallo Karl,

ja, da muss ich Paul beipflichten, für mich geht dieser Aphorismus ebenfalls nicht auf, weil gerade auch die sog. Verrücktheit ein viel zu weitschweifiges Feld ist, als dass deine Sentenz bei mir einen Treffer landen könnte. Einzig angenehm ist mir der Gedanke, dass auch alle Nicht-Idioten verrückt sein sollen, aber – im Gegensatz zu den Idioten - halt nicht darunter leiden. Wird der Idiot hier einerseits in den Kreis der Gesellschaft integriert, indem er nicht alleine als verrückt gilt (das verbindet), grenzt man ihn andererseits aber doch gleich wieder aus, indem man seine vermeintliche Andersartigkeit im Umgang mit der Verrücktheit formuliert. Das ist wieder langweilig und typisch für jene, die sich gerne als "normal“ bezeichnen und stinkend langweilig sind.

Zu oft werden Menschen als verrückt bezeichnet, nur weil sie Dinge tun, die andere nicht nachvollziehen können (z.B. Messner, der alle Achttausender bestiegen und sich vielen Risiken ausgesetzt hat). Wo Menschen bestimmten Handlungen oder Gedanken eines anderen nicht mehr folgen können oder wollen, wird der oft leichtfertig als verrückt abgestempelt. Dabei spielen oftmals Vorurteile eine Rolle – denn wer kennt schon das Gefühl, das Messner getrieben hat? Dazu muss man schon selbst die Erfahrung gemacht haben, auf einen 8000er zu kraxeln.

Für mich persönlich gibt es zwei Arten von Verrückten: Die positiv/kreativ Verrückten, die unter echt „crazy“ fallen, weil sie irgendwie immer etwas über die Strenge schlagen, d.h. schillernder, frecher, lustiger, risikobereiter und/oder dynamischer sind als ihre Mitmenschen, aber sich ansonsten doch in die Gesellschaft eingliedern (können), d.h. die sozialen und gesellschaftlichen Regeln kennen und umzusetzen vermögen, wenn sie es nur wollen (sie haben ihre Verrücktheiten im Griff); und dann gibt es die Verrückten, die meist in Anstalten untergebracht sind und sich nicht mehr in die Gesellschaft integrieren können oder sogar gefährlich sind. Das sind dann in meinen Augen jene Leute, die Paul oben ansprach: Der Wahnsinn unterdrückt und regiert das Ich. Der Mensch hat sich – im Gegensatz zu den obigen "Verrückten" nicht mehr unter Kontrolle.

Und wenn Menschen so ganz anders ticken, sich für Außenstehende unberechenbar verhalten, irgendwelche Stimmen hören und Menschen sehen, die ich nicht sehe oder höre, dazu noch komische Dinge erzählen oder gar zur Gewalt neigen, dann hält man bzw. auch ich doch lieber Abstand, weil man sich vor dem fürchtet, was man nicht kennt, meinte mal wer. Während man vor den "crazy"-Verrückten aber kaum Angst hat (für mich ist es eher der Grund, über die eigene langweilige Ausstrahlung hinwegtäuschen zu wollen, indem man solche bunten Zeitgenossen als verrückt abstempelt - wobei diese Art "Verrücktheit", habe ich das Gefühl, von Jahr zu Jahr positiver bewertet wird), sind die Verrückten aus der zweiten Kategorie immer gut für eine Gänsehaut. Aber hier tappe ich in meine eigene Falle, denn außer Vorurteile steckt eben nix dahinter, ich kenne das bis dato auch nur aus Filmen. Für mich sind die aus der zweiten Gruppe übrigens keine Verrückten mehr, sondern "Wahnsinnige". Diese persönliche Abgrenzung hat keinen fundierten Hintergrund, ich unterscheide da für mich zwischen interessant und gruselig.^^

Umgangssprachlich nutzt man den Begriff „Idiot“ zwar als Schimpfwort, das dem Gegenüber unterstellt, minderbemittelt, töricht oder ungebildet zu sein, doch müssen Idioten nicht zwingend verrückt sein (und Verrückte nicht Idioten), ja, nicht einmal dumm, wenn man sich die Begriffsherkunft ansieht.

Interessant an den beiden Begriffen "Idiot" und "Verrücktheit" ist für mich v.a. die entgegengesetzte Entwicklung hinsichtlich der Bedeutungen. Während "Idiot" in der Antike noch Menschen bezeichnete, die private und öffentliche Dinge nicht voneinander trennten (Idiot = "Privatperson"), erfuhr der Begriff im Laufe der Zeit eine Pejoration (Bedeutungsverschlechterung), so dass man zunehmend Ungebildete oder Menschen mit niedrigem IQ als Idiot bezeichnete.

Verrücktheit integrierte sich dagegen immer mehr auch in die Gesellschaft, wenn man so will; viele Leute bezeichnen sich heutzutage auch gerne mal selbst als "crazy" oder heben sich absichtlich von der Masse ab, indem sie verrückte Dinge tun. Der Begriff ist heutzutage auch positiv besetzt, denke ich, hat also eine Bedeutungsverbesserung erfahren.

Grüße, Maya

________________________

PS: Hat sich überschnitten. Wie ich gerade sehe, hast du inzwischen etwas dazu gepostet.
zuletzt bearbeitet 07.05.2009 19:11 | nach oben

#5

RE: Idioten

in Aphorismen 07.05.2009 19:52
von PaulAuster (gelöscht)
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Hallo Karl,

ja, ja, die Ironie. Um eine solche anzuwenden, gibt es bestimmte, herauskitzelnde Mittel. Die sind hier nicht verwirklicht und durch Deine Einlassung gibst Du selbst preis, dass soviel Ironie in dem Sätzchen gar nicht wohnen will.

Zum Thema Idiot: Der Beriff "Idiot" war vornehmlich politischer Natur. In der Medizin wurde er gebraucht, ihn als "Fach"term auszuloben, ist aber aus heutiger Sicht Quark; es ist schlicht ein auf allen Spuren überholter Begriff. Und: Gebräuchliches Schimpfwort hin oder her. Das macht die Verwendung weder schlüssiger, noch gerechtfertigter - noch besser. Auch damit gibt es eben keine Ausfahrt Richtung Ironie.

Denn: Wenn Du den Beriff in seiner ursprünglichen Bedeutung verwendest (und so schickst Du dich an) und damit glaubst, eine Weisheit geschossen zu haben, tut es mir leid. Der Spruch ist wie gesagt weder in sich stimmig, noch weisheitszähnig.

Grüße
Auster

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#6

RE: Idioten

in Aphorismen 08.05.2009 08:32
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Nur ein Idiot vermag Idiotisches zu erkennen. Also für mich funktioniert das als Aphorismus und man sieht das ja hier auch vorgeführt.





Gedichte und Kommentare in allerbester Absicht

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#7

RE: Idioten

in Aphorismen 08.05.2009 11:46
von PaulAuster (gelöscht)
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Aber schön, dass Dir die Erkenntnis dessen auch nicht entgangen ist.
zuletzt bearbeitet 08.05.2009 11:51 | nach oben

#8

RE: Idioten

in Aphorismen 08.05.2009 12:35
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Hallo Karl,

Zitat von oliver64
Nur ein Idiot vermag Idiotisches zu erkennen.


Mit der Version von Oliver kann ich was anfangen.
Bei Deiner ist mir je nach Sichtweise die Gefahr des Apfel/Birnen-Vergleichs zu groß.

Viele Grüße,
GerateWohl


_____________________________________
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#9

RE: Idioten

in Aphorismen 08.05.2009 12:43
von PaulAuster (gelöscht)
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Na, die 'oliver'-Version war dem Scherz geschuldet, GerateWohl.
Und Bestand hätte sie auch nicht - nur für ein kurzes Husten, als Spaß oder Frotzelei

Die Idiotie einer Sache erkennt man meist erst mit Abstand bzw. kann sie einem Per-se-Idiot gar nicht idiotisch vorkommen. Denn das, was dem "gemeinen Idiot" mitunter normal vorkäme, wäre für einen Nichtidioten idiotisch. Und auch das wäre nicht so festlegbar - mal ganz abgesehen davon, dass der Idiot undefiniert bleibt.


edit: Schön, Zitateschluckauf. Macht noch etwas Blattgold drumm - aber aufgewertet wird der Satz dadruch nicht, unfraglicher bzw. sinnvoller auch nicht. Da kann man dreimal Goethe schreien
zuletzt bearbeitet 08.05.2009 13:23 | nach oben

#10

RE: Idioten

in Aphorismen 08.05.2009 12:52
von oliver64 • Mitglied | 352 Beiträge | 352 Punkte

Zitat von GerateWohl
Mit der Version von Oliver kann ich was anfangen.


Was mir nun wieder zeigt, dass Goethe nicht umsonst ein Jahrhundertgenie genannt wird,
denn im Grunde zitiere ich nur den großen Meister:

Wär nicht das Auge sonnenhaft,
Die Sonne könnt es nie erblicken;
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt uns Göttliches entzücken?

[J.W.Goethe]

Beste Grüße
O.





Gedichte und Kommentare in allerbester Absicht

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#11

RE: Idioten

in Aphorismen 08.05.2009 13:39
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Hui Paul,

jetzt wird's interessant. Du kennst Dich offensichtlich aus. Nachdem ich eben noch der Idiotenbegriff für überholt, seiner ursprünglichen Bedeutung beraubt und zum plumpen Schimpfwort verkommen hielt, erfahre ich jetzt, dass es jetzt schon eine Reihe differenzierter Klassifizierungen gibt:

- Per-se-Idiot
- gemeiner Idiot
- Nichtidiot

Dass Dir da beide Aphorismen zu undifferenziert sind, verstehe ich jetzt.
Gerne würde ich über dieses Thema mehr wissen. Zumbeispiel ob der Vollidiot und der Fachidiot einfach nur untergattungen oder Ausprägungen einer dieser Arten sind, oder ob sie gar als weitere daneben stehen.

Übrigens, dass die Oliver-Version dem Scherz geschuldet war, ist mir schon klar. Du wirst trotzdem erlauben, dass ich die oben genannte Meinung dazu habe, auch wenn Sie, wie ich gerade erkannt habe, auf mangelndem Grundlagenwissen rund um die erforschte Wesensvielfalt der Idiotie basierte.

Spaß muss sein.

Aber der Absatz

Die Idiotie einer Sache erkennt man meist erst mit Abstand bzw. kann sie einem Per-se-Idiot gar nicht idiotisch vorkommen. Denn das, was dem "gemeinen Idiot" mitunter normal vorkäme, wäre für einen Nichtidioten idiotisch. Und auch das wäre nicht so festlegbar - mal ganz abgesehen davon, dass der Idiot undefiniert bleibt.

ist auch sehr lustig. Ich stelle mir einen Vortrag von dem weltberühmten Idiotieforscher Prof. Dr. Dr. Sowieso dabei vor.

Viele Grüße,
GerateWohl


_____________________________________
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#12

RE: Idioten

in Aphorismen 08.05.2009 14:04
von PaulAuster (gelöscht)
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Genau so war's gedacht, GerateWohl. Komm auch nächstes Mal wieder zu Vorlesung
Dann spreche ich Fachidioten.

Aber im Ernst: Der Begriff Idiot ist undiffenziert bzw. nicht bestimmt, wie könnte es dann der entsprechende Aphorismus sein.
zuletzt bearbeitet 08.05.2009 14:08 | nach oben

#13

RE: Idioten

in Aphorismen 09.05.2009 19:36
von Karl Feldkamp • Mitglied | 194 Beiträge | 194 Punkte
O.k., o.k., ihr Lieben, ich sehe ein, ich war offenbar nicht besonders genau und verspreche daher Besserung. Wie wäre es denn mit:
Wer sich Idiot schimpfen lässt, leidet bestimmt auch unter seinen Verrücktheiten.
Herzliche Grüße
Karl
zuletzt bearbeitet 09.05.2009 19:44 | nach oben

#14

RE: Idioten

in Aphorismen 11.05.2009 13:43
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte

Hallo Karl Feldkamp,

vielleicht nächstes Mal einfach nicht unter Minimallyrik?

Ansonsten nur soviel,
http://www.sgipt.org/kunst/sur/dali_ue.htm
da Wiki mich gerade daran erinnerte...

Bestens,
GB.


_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
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#15

RE: Idioten

in Aphorismen 13.05.2009 07:29
von Gast 1 (gelöscht)
avatar

.


In Antwort auf:
Nein also, Deinen Aphorismus finde ich mit Verlaub kurzsichtig und dröge.

Das muß er evtl. sogar sein (kurzsichtig und dröge), PaulAuster, ansonsten wäre es kein
Aphorismus.


Katerchen

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