#1

the wastelandwarrior

in Märchen, Fabeln, Sci-Fi und Fantastisches 09.01.2010 20:57
von WastelandWarrior | 50 Beiträge | 50 Punkte

sie lebt am rand des ödlandes.
an „der grenze“.

dort, wo die „concrete-woods“ auf das sogenannte „wasteland“ treffen.
zuhause fühlt sie sich überall und zugleich nirgends.

„sailboats of ice on desert sands.
warriors of the wasteland!“


manchesmal hat sie das gefühl, sie würde die fühlbare grenze zwischen diesen welten stets mit sich tragen.
sie verschieben, je nachdem, wohin sie ihre schritte setzte.
führt ihr beutezug sie zwischen die grauen, hohen betonbaumriesen, so haftet ihr stets dieser unverwechselbare geruch der wastelands an.
ein hauch von feuchter erde, versetzt mit kalkfeuchtem sediment, gebildet in jahrtausenden, und duftsprenkeln von blüten kleiner, zäher bodendecker, die auch noch im scheinbar unfruchtbarsten boden blühen.

und kehrt sie nach erfüllter mission zurück in ihr shelter, trägt sie partikel grauen rußes und den staub der zivilisierten welt an schuhsohlen und haar mit über die grenze, hinein in das horizontweite land, in dem sister moon niemals verdeckt am himmel wandert.

sie muss singen, andauernd singen, um dieses gefühl des zerrissenseins zu ertragen.
schon lange denkt sie in liedern, geschrieben und gesungen von menschen, die sich wohl ähnlich gefühlt haben müssen wie sie.
sie kann sie mittlerweile alle auswändig und trägt ihren i-pod in ihrem gedächtnis mit sich.

„it saves a lot of batteries“ entgegnet sie dann immer grinsend (und es wie einen amerikanischen werbejingle summend), wenn sie jemand auf ihr geradezu zwanghaftes sprechen in liedzitaten und singen anspricht.

doch hier und jetzt ist nicht der moment um zu grinsen.

„warriors, what a waste, man!“

gesummt lässt sich so manche wahrheit besser ertragen und verdrängen. darin hat sie erfahrung.

sie, die sich in beiden welten gleichermaßen daheim und fremd fühlt, weiß, dass das wahre ödland dort liegt, wo der schein des reichtums nur von reklameschildern und neon-gebellten botschaften in die köpfe und gedanken der menschen gestrahlt wird.

alles läuft so verdammt verkehrt!
das fühlt sie schon lange.
und sie führt ihren eigenen, stillen, ganz persönlichen kampf gegen diese lüge, so lange sie denken kann.
und stets allein.

heute wird sie wieder ein wenig von dem wahren leuchten zu den city-people in die urbanen wälder tragen.
ihre methode ist einfach und unauffällig.
sie kennt die orte, weiß, wo die bedürftigsten unter ihnen sich gerne aufhalten.
erkennt sie an ihren leeren blicken. an den heruntergezogenen mundwinkeln, den sorgenzerfurchten stirnen und der kleidung, die verrät, dass ihre träger sich selbst schon lange nichts mehr wert sind.

„yesterday is a wrinkle on your forehead.
yesterday is a promise that you've broken.

this is your life.
are you who you wanna be?“
...



...singt sie – um sich zu bestärken - bei diesem bild, das sich gerade vor ihrem geistigen auge zeigt.

„selbstvergessenheit von der allerschlimmsten sorte!“ murmelt sie leise zwischen zusammengebissenen zähnen, während sie kräftig ausschreitet, richtung zentrum der metropole.
mitten hinein in diesen ameisenhaufen voller schein-betriebsamkeit.
so, als wolle sie sich damit noch zusätzlich anspornen und wappnen gegen das, was sie sehen wird, sobald sie fündig geworden ist.

der anblick ist stets der gleiche.
bunt wirkt alles.
geschäftig und produktiv.
doch was produziert wird, wird schon längst nicht mehr hinterfragt. warum auch? man weiß ja doch nie, welche der antworten, wenn man überhaupt eine erhält, eine lüge ist und welche nicht.
die grenzen sind auch hierbei schon so lange verwischt, dass viele ihre lügen selbst nicht mehr als solche erkennen und sie leben. und sich wundern, weshalb sie sich dabei so verdammt tot fühlen.



"c´ mon and lay with me.
c´ mon and lye to me.
tell me you love me.
say I´ m the only one"


(manchmal genügt ihr schon ein einziges wort aus einem lied als übereinstimmung mit ihren gedanken, um daran hängenzubleiben. hauptsache, die worte und die melodie sind da, um ihr halt zu geben).




sogar die „heilssuche“ beim versuch, dem zu entgehen, was sie noch mit ihrem letzten rest an instinkt wahrnehmen, verkommt bei den meisten zum leistungsmarathon.

die kriegerin kann darüber nur den kopf schütteln. dabei wäre es so einfach.



„shine a little light on your life“

summt sie und beschleunigt ihre schritte. als sie in die fast menschenleere u-bahn steigt, trifft sie auf ihr erstes target:
weiblich.
ein meter fünfzig groß,
circa mitte sechzig,
farbloser mantel.
der schon leicht mottenzerfressene, einstmals sicherlich teure pelzhut sitzt ein wenig schief über einem scharfgeschnittenen gesicht.
weißgraue knöchel umklammern den henkel einer abgewetzten krokohandtasche.
der blick: derselbe wie immer – leer.
vermutlich auf innenschau, versunken in bilder von besseren zeiten mit den lieben.

sie wählt ihren sitzplatz so, dass die alte dame ihr platz machen muss, obwohl genügend andere freie plätze vorhanden sind.

„entschuldigen sie bitte?“ fragt sie sanft und sucht den blick ihres „opfers“. als ihre augen sich begegnen, schaltet sie lächelnd ihren „ich sehe dich“-modus, wie sie ihn nennt, an.
sie hat viel übung darin, wie lange sie jemandem in die augen sehen kann und muss, um die barriere der unverbindlichkeit zu durchbrechen.
und wie meistens funktioniert es: das leuchten, das sie von sich zu ihrem gegenüber sendet, dringt ein und geht dieses gewisse, entscheidende stückchen tiefer unter die oberfläche.
wärmt.
beschenkt und hält für die dauer des augenblicks.

sie erkennt es am aufleuchten in den augen der alten lady.
und daran, wie diese ihren körper kaum merklich ein wenig strafft.
so, als wäre etwas an kraft in sie zurückgekehrt, das ihr eben zuvor noch gefehlt hatte.
und an dem lächeln, das nun erwidert wird.

das ist der lohn der kriegerin und ihre kraftquelle, um weitermachen zu können.
zufrieden und fast ein wenig gierig saugt sie diesen anblick in sich auf.
fühlt, wie ihre energie dadurch wächst.

an der nächsten station wird sie aussteigen und eine alte dame mit einem leisen lächeln auf den lippen zurücklassen. nun ist sie bereit!
die kriegerin strafft sich innerlich, schnürt ihre roten lacklederboots fester,strafft unauffällig ihre schwarzen, an manchen stellen zerrissenen netzstrümpfe und verstaut wie immer beim ersten target des tages ihre ausbeute in ihrem tresorraum tief in ihrem herzen.

die ersten sind immer die lohnendsten.



„the first cut is the deepest“
... trägt die melodie in ihrem kopf sie richtung u-bahn-tür.




ihre tour hat gerade erst begonnen und der tag kann lang werden in den häuserschluchten, die bruder sonne nicht immer ganz zu durchdringen vermag.







.WastelandWarrior ´ 10

zuletzt bearbeitet 09.01.2010 22:22 | nach oben

#2

RE: the wastelandwarrior

in Märchen, Fabeln, Sci-Fi und Fantastisches 10.01.2010 00:11
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Schönen Tag, WastelandWarrior !

Nicht uninteressant, mit einigen guten detaillierten Beschreibungen, die mir gefallen haben. Es war eine abgeschlossene Geschichte, die das Interesse erwecken konnte, mehr vom Autor zu lesen.

Freundlichen Gruß!
Joame

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#3

RE: the wastelandwarrior

in Märchen, Fabeln, Sci-Fi und Fantastisches 10.01.2010 00:21
von WastelandWarrior | 50 Beiträge | 50 Punkte

danke für die nette begrüßung und den freundlichen kommentar, joame!


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