#1

formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 29.05.2011 10:56
von phlox | 172 Beiträge | 172 Punkte

sie sprechen über die dinge
als ob sie sie persönlich kennten

doch das meiste im raum
sieht man nicht

dein ganzes leben lang
sitzt ein vogel auf deiner schulter und krächzt
niemals

dagegen bist du angetreten

so bläst du deinen warmen hauch
aufs papier
das sich wellt und hebt und hievt
und aufgeht in rauch –

nur feuer lebt

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#2

RE: formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 29.05.2011 12:26
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Hallo Phlox,

Der Text spielt elegant mit der Scheinlebendigkeit unserer gegenständlichen Welt wie einer Wirklichkeit außerhalb unserer Wahrnehmung. Die lyrische Stimmung der Zeilen überträgt sich sofort.

Fragen wirft die Guru-Position des LI auf, das sich belehrend nach hinten oben zurückzieht.
Genau genommen stört mich das nicht. Kunst als Erkenntnisprozeß, als Versuch einer Beschreibung
der nicht sinnlich erfahrbaren Welt hinter den Dingen, habe ich immer akzeptiert.
Wahrscheinlich also stehen die Verse in der Tradition unserer heiligen Texte. Sehr schön - mcberry

zuletzt bearbeitet 29.05.2011 12:26 | nach oben

#3

RE: formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 30.05.2011 23:35
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte

hi phlox

ein monolog der dualität,
des inneren kampfes,
so les ichs...
und dennoch ist der bruch zwischen ihnen und dir rapide, etwas zusammenhanglos... als ob etwas fehlte, aber irgendwas mangelt ja bekanntlich immer.

warum steht da "bläst" statt "blähst" - um der ohnmacht, diese frage und warum nur lebt feuer? -immer.!?
irgendwann, dann, wenn keine fragen mehr kommen, das hieven=müssen sein ende fand - im rauch verpuffte, dann, wenn kein einspruch mehr geschieht, der innere schweinehund begraben liegt, das zufriedene arrangement sich mit den gegebenheiten in stillem einvernehmen breitmachte... was ist dann feuer - so würde ich es vielleicht lesen, die bitterkeit, dieses traurige - erschüttert das? in einer welt bar der illusion? irgendjemanden? meine güte, der wandelpfad zwischen den welten, verschiedenster - eventuell hier das kind und das greise, jedoch nicht unbedingt deine intention.

gern gelesen - mitgenommen,
gruß gb.


_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
zuletzt bearbeitet 31.05.2011 00:14 | nach oben

#4

RE: formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 31.05.2011 21:11
von MarleneM (gelöscht)
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ein sehr metaphorisches Werk, das eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber dem Schicksal ausdrückt.
Die Bilder gefallen mir gut, jedoch:
nur Feuer lebt?
Es lebt nur durch Entzünden und es stirbt, wenn es regnet. Ist also nicht logisch in der Aussage, finde ich.
Innerliches Feuer lässt uns leben- das ist aber etwas anderes. Bin mir nicht sicher, ob du das meinst, liebe gedichtbandage.

Formal gefällt mir das "kennten" als Konjunktiv überhaupt nicht.
Ebenso das hievte, das sich eigentlich grammatikalisch nuir mit Objekt verbindet.

Nur als Tipps zu verstehen.
LG von Marlene

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#5

RE: formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 01.06.2011 18:25
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Hallo Phlox,

auch mir gefällt der Text. Nur über die letzte Zeile bin ich gestolpert. Wäre das Gedicht von mir, würde ich nachdenken, ob diese Zeile entfallen könnte. Aber wer kürzt schon gerne ... ;)

es grüßt
der.hannes

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#6

RE: formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 02.06.2011 12:02
von phlox | 172 Beiträge | 172 Punkte

hast recht, mcberry, da ist mal wieder so eine anwandlung von ... brustton, der mir manchmal unterläuft und der etwas selbstgerechtes hat. ich kenne das an mir und muß besser aufpassen, denn ich mag mich damit auch nicht.

ja, da fehlt etwas, gb, vorallem fragwürdigkeit. und nein, "bläst" ist gemeint, definitiv. warum nur feuer lebt? - well, leben ist eine art verbrennungsprozess, nicht?
gefällt mir, deine lesart.

mit dem vorstehenden habe ich, glaube ich, auch dir geantwortet, marlene.

deine überlegung wegen der letzten zeile teile ich, hannes, aber wie du sagst ... ich gebe zu, daß ich an dem kleinen anreim zum "hebt" in der vorzeile hing, aber im grunde hast du wirklich recht und ich werde mich hoffentlich zum streichen überwinden.

ich bedanke mich vielmals für eure vielfältigen, qualifizierten reaktionen, über sowas kann ich mich sehr freuen.

zuletzt bearbeitet 02.06.2011 12:03 | nach oben

#7

RE: formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 08.06.2011 19:20
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

Hallo phlox,
der Einstieg ist mir zu "verkopft". -> wer sind "sie"; kennten; das meiste(von was?) im raum (welcher?) sieht man(wer ist gemeint?) nicht.
Interessant dann das Bild mit dem Vogel auf der Schulter (unsichtbarer Ratgeber/Flüsterer?), aber warum sollte man gegen diesen antreten und vor allem wie (nicht mehr hinhören?).
Der Schluss schwenkt dann etwas abrupt in das Bild eines Schreibenden (Dichters) und endet in der Erkenntnis, dass "das meiste" vergänglich ist.
LG
Perry

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#8

RE: formidabel

in Philosophisches und Grübeleien 09.06.2011 21:15
von phlox | 172 Beiträge | 172 Punkte

nun ja, dieses krächzende viech kann einem unter umständen auch ganz schön auf den geist gehn (sic!) mit seiner besserwisserei.

zur kenntnis genommen, danke dir!

zuletzt bearbeitet 09.06.2011 21:16 | nach oben


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