#1

reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 15.12.2011 20:43
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

reusenwege

du siehst es ein
||: nichts wird wieder :||
||: wie damals :||
sein am krankenbett
wo alle verstummen
||: weil die worte sich verbraucht haben :||
suchst du nach ausreden
||: um dich zu trösten :||
reicht dir
||: kein zusammen :||
brechen kein durchgedrücktes kreuz
kein sich fallen lassen denn
||: keiner fängt dich auf :||
||: trotz allen guten willens :||
ist diese endgültigkeit
||: unausweichlich :||
unumkehrbar

zuletzt bearbeitet 15.12.2011 20:46 | nach oben

#2

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 16.12.2011 13:01
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

Hallo Hannes,
ich sehe das Bild einer Reuse vor mir - kein Fisch kann entweichen - der Mensch auch nicht.
Frdl. Grüße von Kara

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#3

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 16.12.2011 16:39
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Hallo Hannes,

sehr interessante Wortneuschöpfung, die Sache mit dem Reusenweg. Denn im Prinzip wären die Umkehr möglich und der Ausweg offen, nur findet, was einmal hineingeriet, nicht mehr hinaus.

Philosophische Aspekte sind für mich nicht eindeutig.
Liegt die Unumkehrbarkeit des Weges in der Eindimensionalität menschlicher Betrachtungsweisen begründet?
In diesem Fall öffnet die Reuse vllt zum anderen Ende und wer weiß, der Tod setzt unseren Astralkörper frei.
Bewiesen wurde weder die Theorie noch ihre Unmöglichkeit.

Mir gefällt die Betrachtung. Erinnert mich an eine Auffassung der Aborigines: Wer stirbt, läßt seinen Körper zurück
wie ein altes Kleid, das nie wieder gebraucht wird, und erwacht zur Wirklichkeit seines spirituellen Seins.
In dem Sinne spirituelle Grüße - mcberry

zuletzt bearbeitet 16.12.2011 16:40 | nach oben

#4

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 16.12.2011 16:48
von phlox | 172 Beiträge | 172 Punkte

Nein, kein Trost, keine Bilder. Außer dem der Reuse.

Da es nicht anders sein kann -
Gruß von phlox

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#5

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 16.12.2011 17:55
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Hallo Ihr Lieben,

danke für die Antworten.

Am Ende der Reuse wartet die Endgültigkeit. So gibt es keinen Trost.
Wer der ist, der die Reuse ausgelegt hat, bleibt offen.

Es grüßt
der.hannes

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#6

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 17.12.2011 22:56
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte

ach du, der hannes!


das leben als ein schleifchen bindend stolpert der, der es kann, nur ab und an über eingebundene knoten.
passt zur jahreszeit. irgendwie.

-grammatikalisch: "verstummten" oder deine zeitform ist asynchron
-phrasenschweinchen: "weil die worte sich verbraucht haben" (dit kannste besser!) und auch hier "hatten"

mögliche interpretation:
ein ehedem für das beschreibende lyr.ich bedeutendes "lyr.du" (großmutter/-vater) vegetiert im pflegeheim dahin -reuse-... ohne aufgaben - langsam schleichende monotonie macht den verstand flach - cholerische anfälle, aufbegehren, gefolgt vom mundtot ergeben, der resignation. das endlose warten auf ein ende, egal, wie lange es dauert...

das leben als allgemeines krankheitsbild... mir fehlt hier ein bisschen gefühl - ich habe das gefühl, du hättest ursprünglich ein längeres dingens geschrieben, welches du auf dein dir wesentlich erscheinendes reduziertest.
für mich funktioniert dieses nicht... das thema ist mir wohl bekannt.


gruß
gb.


_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
zuletzt bearbeitet 17.12.2011 22:57 | nach oben

#7

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 28.12.2011 08:58
von munk (gelöscht)
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oh der.hannes,
mich schaudert's. nur noch angezielte reusenwege. reduzierte emotionen, doch gerade die sprechen mich an, fixieren den schauer des immobilen. es ist ein horror der begrenzten fülle, mehr geht nicht in diese reuse hinein und kein weg führt mehr hinaus und doch ist es etwas entwegtes, was unentwegt, ein ende vorwegnimmt.

gern assoziiert

der munkel

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#8

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 05.01.2012 19:54
von MarleneM (gelöscht)
avatar

die Vorkommentatoren haben alles gesagt. Gutes Werk, lieber hannes.
Das Leben als Reuse. Auch die, die am Krankenbett stehen, sind in dieser Reuse gefangen und nichts wird mehr, wie es mal war. Wirklich gut gemacht!
LG von Marlene

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#9

RE: reusenwege

in Düsteres und Trübsinniges 12.01.2012 19:21
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

hallo gb,

es ist ein experimentelles werk, das von den wiederholungszeichen seinen rhythmus bekommt.

Zu den Zeiten: "verstummen/verbraucht haben" ist hier gewählt als das, was "immer" gilt, also im Sinne
von "wie damals am krankenbett, wo man (immer) verstummt" etc. Über Alternativen zu "die worte sich verbraucht haben" denke ich noch mal nach.

Ich wollte hier bewusst nicht zu konkret werden, um verschiedene Deutungsmöglichkeiten beim Lesen zuzulassen. Deine ist eine, die sich offensichtlich an eigenen Erfahrungen entlangrankt.

Noch länger sollte das Gedicht nicht werden.

Hallo munkel,

vielen dank auch für Deine Assoziationen zu dem Gedicht, wobei "ist es etwas entwegtes" mir besonders gefällt.

Hallo Marlene,

dass man gefangen ist in dieser reuse, passt gut zu dem, was ich ausdrücken wollte, auch wegen der beiden letzten zeilen.

es grüßt und dankt
der.hannes

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