#1

Wolfszeit

in Philosophisches und Grübeleien 01.02.2012 17:47
von Rainek Radar | 360 Beiträge | 360 Punkte

Meine Augen heißen müde und ungläubig. Mein Mund nennt sich selbst Lügen. Die Zeichen waren unverkennbar. Der Sommer täuschte uns, kehrte zurück im Winter und lachte über unsere verschwitzten, roten Gesichter. Und die getöteten Tiere, die wir am Körper trugen, und in unseren Mägen, erwachten zu neuem Leben. Ozelot und Nerz. Rind und Schwein. Fuchs und Hase. Ziegen. Lämmer. Die Zeit der Wölfe. Sie riß. Sie läuft nicht mehr, sie ging. Verließ uns über die Berge und schickte uns an ihrer statt den Propheten der letzten Dinge, der uns vom Ausgang berichtete. Vom whole shebang. Grandios. Furios. Er versprach uns. Verführte uns ins verheißene Land. Wo die Hungrigen nicht mehr dürsten und die Dürstenden nicht mehr zweifeln. Er versprach uns mehr. Keine Wünsche mehr. Keine Reue mehr. Nichts mehr. Das glücklich sein gehört gehört sagte er und begann zu singen. Misericordiam ad aeternam. Wer genug leidet liebt schlussendlich genug. Sagte der Prophet. Genug. Wir lauschen.

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#2

RE: Wolfszeit

in Philosophisches und Grübeleien 26.02.2012 15:45
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte

Also so übel finde ich das nun nicht. Allerdings bin ich etwas verzweifelt. Ist es nun eine gehetzte Prosa? Oder ein langatmiges Gedicht.
Schwer zu lesen sicherlich, aber ich denke, es ist die Mühe Wert. Eigentlich ziemlich gut eingetaktet.
Die Hintergründe verstehe ich nicht so ganz, allerdings hat mich das beim Lesen nicht sonderlich gestört.

Gruß

Gem


Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

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#3

RE: Wolfszeit

in Philosophisches und Grübeleien 26.02.2012 15:59
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Jetzt, wo sich Gemini da mal rantraut, fällt mir wieder ein, daß ich zu dem Text auch mal was fragen wollte....

Unterblieb in Erwartung einer Eingebung, welchen Bezug ich übersehen haben könnte.
Den Titel kriege ich nicht untergebracht.
Der Text, der eine Endzeitstimmung verbreitet, wirkt auf mich halluzinogen mit dem singenden Propheten im Bild. Gibt es eine Passage des Korans, die Leser kennen sollten oder sowas? Interessierte Grüße - mcberry

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#4

RE: Wolfszeit

in Philosophisches und Grübeleien 29.02.2012 17:00
von Rainek Radar | 360 Beiträge | 360 Punkte

Hallo die Herren;
Gehetzt trifft es wahrscheinlich genau.
Ist euch die Wolf(s)zeit (k)ein Begriff? Sie stammt aus dergermanischen Mythologie (es gibt auch einen gleichnamigen Film von Haneke - sehr empfehlenswert)
sie ist ein Abschnitt des Weltuntergangs (edda/Auszug):

Beilzeit, Schwertzeit,
zerschmetterte Schilde,
Windzeit, Wolfszeit,
bis einstürzt die Welt –

Die von mir verwendeten Versatzzstücke sind allesamt Klischees aus den diversen Weltreligionen. Nur habe ich die Sinnhaftigkeiten zu verdrehen versucht, indem ich die Worte gezielt in gewissem Syntax einzusetzen versuchte. Das Ergebnis ist das vorliegende.
Danke für den Kommentar.

mfg
Rainek

zuletzt bearbeitet 29.02.2012 17:01 | nach oben

#5

RE: Wolfszeit

in Philosophisches und Grübeleien 01.03.2012 11:52
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Bin ich nicht drauf gekommen, RR

von wegen der germanischen Mythologie. Die Edda habe ich mir auch nicht wirklich reingezogen. Von diesem Blickwinkel aus betrachtet, kann ich dem Text neue Seiten abgewinnen. Macht alles mehr Sinn. Unverbildet grüßt mcberry

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