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Das Urteil
in Mythologisches und Religiöses 08.09.2012 13:59von otto • | 637 Beiträge | 645 Punkte
Sie stellten sich der wahl, zu übersteigen
Der riffe bogenzeit, weit ins zurück,
Und schlugen meine knospen aus dem frühen zweigen,
Heut führt mich lethe nahe, götterglück.
Die faulen grazien, deren widerlieder
Karrten sie her für einen letzten chor,
Es sind chamaileone, häuten wieder,
Versteckt euch nur, ihr seid mir niemals vor.
Schweigt stille, längst habt ihr mich ausgewrungen
Im erisreich, das euch genährt zur mast,
Und immer, wenn ich singend weggesprungen,
Rafft ihr den rest, und staub verträgt die last.
Die ist der stein, nie fühlt ihr sein: begehren,
Wähl ich den berg, muß ich mich selbst verzehren.
RE: Das Urteil
in Mythologisches und Religiöses 09.09.2012 22:29von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte
Hallo Otto,
mein erster Gedanke war, der Text könnte sich an Kafkas "Das Urteil" anlehnen. Nach Stichworten wie "Lethe", denke ich aber es reflektiert eher mystische Bilder, die ich aber im Moment nicht speziell zuordnen kann.
So stellt sich mir der Text als opolentes Gemälde eines Widerstreits von wem auch immer dar und bin weiter auf der Suche nach dem Stein der Weisen.
LG
Perry
RE: Das Urteil
in Mythologisches und Religiöses 10.09.2012 07:25von otto • | 637 Beiträge | 645 Punkte
Lieber Perry!
Ich gebe ja nicht die Hoffnung auf, dass noch jemand meinen Text kommentiert.
"Widerstreit" und "mystische Bilder", da bist Du an der Pforte. Ich empfehle Dir die Begriffe...
...lethe
...eris und
...grazien...
... zu recherchieren.
Der eigentliche Ansatz zum Verständnis aber bildet der Titel: "Das Urteil". Bevor es zu einem Urteil kommt, muß sich der Urteilende entscheiden. Er steht also vor einer Wahl. In der ersten Zeile heißt es: " S i e stellten sich der Wahl". Hier handelt es sich um mehrere, unter denen der zu Urteilende, also der Wähler, sich zu entscheiden hat. Er selbst steht also, bzw. wird, vor eine Wahl gestellt, die er zwischen denen trifft, die zur Wahl stehen. Das ist zunächst einmal ein wertverdeckter Vorgang. Wir wissen nicht, ob es sich um eine angenehme, ja eine annehmbare, oder eine unangenehme Wahl ( Entscheidung ) handelt. Nun ist in der zweiten Strophe von " faulen grazien" die rede. Der vor die Wahl Gestellte wählt also unter den " grazien" eine aus, von denen behauptet wird,
dass sie faul seien, dass sie ihm ( dem Urteilfällenden) eine Last seien, diese Last hart wie ein Stein sei ( die ihn,
den Wähler nicht begehrt( letzten beiden Zeilen). In der zweiten Strophe wird ausgeführt, dass die "grazien"
" chamaileone" seien, also sich verwandeln können( häuten wieder). So also wird dem Wähler ( Urteilfällendem) schwer, ja vielleicht unmöglich, sich richtig zu entscheiden. Denn ihre wirkliche Identität verstecken sie immer wieder. Und es ist auch davon die Rede, dass er ein Sänger ist, der eigentlich vor den " grazien" auf der Flucht ist. Eine Bedrohung liegt demnach in der Wahl( singend weggesprungen).
Dann gibt er einen Befehl( "schweigt stille"). Eigentlich will er mit solchen nichts ( mehr ) am Hut haben. Denn sie haben ihn " ausgewrungen", nur einen Rest von ihm übriggelassen ( Rafft den rest), nichts als "staub" bleibt von ihm, dem Sänger. Dem Sänger stellt sich also die Frage, welcher Art das Begehren der "grazien" an ihm, bzw. s e i n Begehren an den Grazien ist. " Der berg", das ist die Entscheidung eine
oder alle der "grazien" für sich zu wählen. In jedem Fall wird es ihn... als Sänger, zerstören, bzw. hat es ihn längst, doch d a s hat er, wo es zur Wahl kommt vergessen ( lethe).
So, jetzt fehlt nur noch der " Apfel" der Erkenntnis und die Vertreibung aus einem vermeintlichen Paradies ( dafür stehen die "grazien").
Der " Widerstreit" ist also der Kampf der Geschlechter untereinander. Das Gedicht eine Umdeutung zum "Urteil des Paris".Den faulen Grazien gibt er den faulen Apfel. Damit verwirft er alle drei und bleibt frei.Im Grunde
begreift Paris ( in meinem Gedicht), dass alle drei Grazien einander gleichen, doch in ihren Verstellungskünsten
versuchen ihre jeweilige Einmaligkeit in einem Vergleich zu behaupten versuchen.. M e i n Gedicht-Paris wendet sich von allen dreien ab. Er hatte längst Erfahrungen mit ihnen, bevor er vor die Wahl gestellt wird, die er allerdings vergessen hat ( lethe).. Das ist " der götterglück".
_________________________________________________________________________________________
Liebe Grüße, otto.
RE: Das Urteil
in Mythologisches und Religiöses 10.09.2012 10:41von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte
Hallo Otto,
danke für die ausführliche Erläuterung, ich dachte mir schon so etwas.
Mythologie interessiert mich durchaus, leider bin ich nicht so firm in den einzelnen Geschichten, dass ich sie interpretorisch aus dem Ärmel schütteln kann.
Ich resümiere mal, manchmal ist es besser keine Wahl zu treffen, dies sollte man tunlichst aber erst dann machen, wenn man bereits die Fälle des Lebens hinter sich hat. Ansonsten gilt "Nur wer wagt, der gewinnt!"
LG
Perry
guten abend otto,
mit diesem gedicht, das ich gar nicht schlecht finde, das sei mal vorweg gesagt, geht es mir wie mit vielen anderen werken aus deiner feder. rhythmisch beschwingt und die wortwahl erlesen, habe ich keinen blassen schimmer von was die rede ist. auch wenn mir der unterirdische fluss des vergessens erinnerungen an die griechische mythologie noch nicht hinweg gespült hat, ist der text dennoch nicht unmittelbar verständlich.
und ich habe keine lust dazu langwierige nachforschungen anzustellen, was der dichter gemeint haben könnte.
du schreibst keine kryptischen texte, deren knoten aufzudröseln teil des programms wäre. du produzierst unverständliche texte, zu denen eine seitenlange beschreibung der inszenierung mit - oder wie hier nachgeliefert werden muß, um dem leser eine chance zu geben. und du hast sofort gewonnen, ganz wörtlich soeben und verdientermaßen in sachen abschied, als du dich mal zu einem unmittelbar eingängigen text herabzulassen durchringen konntest.
wegen dieser unverständlichkeit der handlungsebene in deinen zeilen kriegst du wenige oder so seltsame kommentare. denke ich mir dazu. ein guter autor kann sich verständlich ausdrücken. meistens. andernfalls mögen die eurynien darob befragt werden. man liest sich stray
RE: Das Urteil
in Mythologisches und Religiöses 10.09.2012 19:29von otto • | 637 Beiträge | 645 Punkte
Der Eingang in das labyrinth ist leicht, lieber stray.
Der minotaurus ist das Hintergrundwissen, aus dem der Autor schreibt. Er ist nicht verantwortlich für die Neigung, die seine leser aufwenden für den " Roten Faden" in den Text hineinzufinden, um wieder herauszufinden. Unverständlichkeit ist a u c h eine Frage ihrer Übersetzbarkeit. Ich schreibe in meiner Sprache. Sie zu verstehen ist nicht nur eine Frage der Allgemeinverständlichkeit, denn jede Sprache identifiziert sich zunächst aus dem Lernprozeß des Autoren f ü r seine Sprache. Ich mußte nicht nachliefern. Und es geht nicht um meine " Rede". Ich habe ein Gedicht geschrieben. Und ich bin nicht für die Langeweile vernantwortlich, die der Leser für etwaige " Nachforschungen" aufwenden muß, um unmittelbar ... zu verstehen.
Die Rachegöttinnen mögen es halten, wie sie es wollen. Sie haben mich bislang wenig gekratzt. Ob ich denn ein " guter" Autor sei, das lasse ich gelassen dahingestellt, wenn es meine Leser so dahingestellt lassen wollen. Als " gut" gilt mir, dass ich ein Gedicht geschrieben habe. Wer will beurteilen, ob es gut ist? Es scheint mir sicher, dass ich zuviel schreibe. Das ich schreibe ist mir Primat.
G.B. schrieb davon, dass vielleicht 5 oder 6 Gedichte möglich wären, die durchgehen. Dem stimme ich prinzipell zu. Also. gemessen an meiner Unverständlichkeit, übernehme ich mich ständig ins Unverständliche. Das sei Dir unbenommen und gedankt in Deinem Kommentar. Dein Kommentar ist mir nicht seltsam, vielmehr üblich.
Otto mit liebem Gruß.
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