#1

Erfahrung

in Philosophisches und Grübeleien 20.12.2016 23:15
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Nichts vergisst sie, keine
Verbrennung, keine Narbe, keine
Feuchte, keine Runzel.

In ihrer Fläche wölben sich
wie Berge und Täler die Tiefen
und Höhen zu Poren und Pusteln.

Auf ihr ist Dunkelheit und Helle,
als Leberfleck und lichtlose Blässe
des Busens in stetem

Wechsel zu finden, ihr Leder beschützt
die innenliegende Weiche der
verästelten Zellen und Bahnen.

In ihren Falten vergräbt sich
Schicksal und Deutung, am Ende
zerfällt sie in Schuppen und Horn,

reptilienhaft gegliederte Muster ziehen
durch sie, ragen aus ihr auf als verkrümmte
Äste, doch weicher die Türme aus Zellen, die

in tiefe Einschnitte hineinwachsen, wo sie selbst
im inneren Dunkel sich aus den Blicken verliert
und dort das innere Außen beschirmt.

Sie gleicht meiner Haut.

nach oben

#2

RE: Erfahrung

in Philosophisches und Grübeleien 21.12.2016 14:29
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

hallo Hannes

zuerst meinte ich, du meinst Gehirnwindungen, Gehirnmasse, Neuronen, Synapsen. etwas organisches, welches Erinnerungen und Gedächtnis bildet. aber du lässt den Vergleich tatsächlich im Unkonkreten auslaufen: philosophisch abstrakt: Erfahrung.

war eine interessante Leseerfahrung für mich, gleich einer Suche, bei der man am Ende vergessen hat wonach man suchen wollte.

Gruß
Alcedo


e-Gut
nach oben

#3

RE: Erfahrung

in Philosophisches und Grübeleien 21.12.2016 23:36
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

na eigentlich habe ich ja das bild der haut verfolgt und dann am ende aufgelöst ... aber das ist eines der gedichte aus der zeit, als ich meine leser verführen wollte ;)

Grüße vom Hannes

nach oben

#4

RE: Erfahrung

in Philosophisches und Grübeleien 22.12.2016 13:16
von alba | 645 Beiträge | 720 Punkte

super Sache hannes

idee und umsetzung kann ich echt leiden.

zu form: verästelten Zellen und bahnen ist das nicht ne gemixte metaforik? denn die machen doch in
Synapsen und Kreuzweisen gabelungen. wie wäre: verbundener oder -schlungener zellen und bahnen
kommt wieder in:reptilienhaft gegliederte Muster ziehen /durch sie, ragen aus ihr auf als verkrümmte
Äste ... wie wäre:
schicksal und deutung zerfallen(d)e schuppen, durchzogen von reptilienhaft gegliederten mustern, und
horn aufragend(e) am ende stumpf
egal es gefällt mir und ist von einer endzeitstimmung geprägt wie unser Zeitgeist. schnurren von alba

nach oben

#5

RE: Erfahrung

in Philosophisches und Grübeleien 27.12.2016 07:37
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Liebe Alba, wenn ich an die Haut denke, sind die Bahnen die Blutbahnen, die die Zellen nähren, beides miteinander verwoben, ein Bild, das für mich zu Erinnerungen passt, die von Erlebnissen genährt sind.

Freut mich sehr, dass Du mit diesem Gedicht etwas anfangen kannst.

Herzliche Grüße

Hannes

nach oben

#6

RE: Erfahrung

in Philosophisches und Grübeleien 31.12.2016 08:54
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

Zitat von der.hannes im Beitrag #3
das ist eines der gedichte aus der zeit, als ich meine leser verführen wollte ;)



Einem Verführer ins Stammbuch

Jeder Schreiber verführt im besten Falle zum Biszuendelesen. Unterlag die Leseerfahrung dabei keinem Manipulationsversuch durch den Schreiber, kann es sich um gute Literatur handeln.

Alcedo ;)


e-Gut
zuletzt bearbeitet 31.12.2016 08:55 | nach oben


Besucher
0 Mitglieder und 14 Gäste sind Online

Wir begrüßen unser neuestes Mitglied: Christian87655
Forum Statistiken
Das Forum hat 8220 Themen und 61619 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online:

Besucherrekord: 420 Benutzer (07.01.2011 19:53).