#41

Kritik des Monats September

in Kritik des Monats - eure Vorschläge 10.09.2008 20:16
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Es geht also los.

Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

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#42

Kritik des Monats September

in Kritik des Monats - eure Vorschläge 12.09.2008 13:40
von Luca (gelöscht)
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hallo, als alter grätenzähler, der gerade zufällig mal vorbeischwamm und immer schon fand, das Mattes posthum und prähum für seine gourmier- filetierungskunst mit den goldenen bäckchen ausgezeichnet werden sollte, fiel mir sponan das wort "grätenzähler" ein ...
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#43

Kritik des Monats September

in Kritik des Monats - eure Vorschläge 04.10.2008 17:08
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Vorschläge für die Kritik des Monats September 2008 werden noch noch bis Mittwoch, 08.10.2008, 23:00 Uhr, angenommen.



e-Gut
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#44

Kritik des Monats September

in Kritik des Monats - eure Vorschläge 04.10.2008 18:33
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
axolotls Kommentar vom 8.09.08 (0:50) zu t68126294f012-Forum.html von Habibi

e-Gut
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#45

Kritik des Monats September

in Kritik des Monats - eure Vorschläge 14.10.2008 09:50
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
alle nominierten Kritiken:


K1 /
Zitat:

axolotl schrieb am 06.09.2008 06:40 Uhr in diesem thread: t67944532f016-Forum.html

Hallo Gem,

nun, es mag ja die Distanzschule des lyr. Ichs sein, durch ein wenig Wettern gegen die Generation Golf förmlich den nackten Hintern aus dem Beifahrerfenster in deren Gesicht zu halten, um sich dann letztlich mit seinem "egal" [ich habe fertig] doch nicht groß davon abzusetzen.

Zu überzeugen vermag mich das aber nicht. Die Wende gen Ende verläuft mir zu plätschernd, gelangweilt. Ich vermisse da eine Rotzigkeit im Einstieg, die über "Hirnkrebs" und "Sauerei" für mich nicht hergestellt wird.

Und auch wenn es keine Wende, sondern alles eben ein tatsächliches Wider sein soll, kippe ich nicht vor Begeisterung vom Stuhl.

Geschwindigkeitsbegrenzung und Fertilitätsbekundungen an Heckscheiben? Sind das Charakteristika einer unpolitischen Markengeneration? Ich weiß nicht recht. Wird das lyr. Ich unabhängig und politisch(er), wenn es gegen ein vermeintlich poltisch ungefußtes Kollektiv, so es denn eines gibt, anstinkt?

Wozu es die Initiale braucht, ist mir unklar. Ich sehe ad hoc keinen tieferen Sinn darin, keine Aufgabe innerhalb des Gedichtes, außer Style-Funktion (was letztlich aber wieder zur Theorie des doch nicht Abgegrenztseins passen würde oder sich im Zweifel mit Deiner Intention gehörig beißt)

Insgesamt läßt mich der Text unbefriedigt zurück.

Vielleicht erklärst Du einmal, was Grundidee war; vielleicht sitze ich einfach gehörig auf einer zuständigen Hirnhäfte.

Grüße
axo



K2 /
Zitat:

Feo schrieb am 06.09.2008 19:08 Uhr in diesem thread: t67928738f004-Forum.html
Ich hab da mal ein bisschen in meinem Speicher gekramt.:

Es ist spannend, deinen Text zu enträtseln.
Da ist zunächst der Titel, der zum einen diesen kleinen, nützlichen Haushaltsgegenstand bezeichnet, der verhindern soll, dass man einen Nadelstich abbekommt, zum anderen jene prachtvolle Pflanze mit den großen, samtenen, purpurfarbigen Blütenkelchen, die man spielerisch ebenso gut über einen Finger streifen könnte, im Bewusstsein, dass sie ebenso sehr Gift, wie auch Herzmedikament enthalten - je nach Dosis und Anwendung.

Betrachten wir die Form:

zaum
hafen
schlafen
traum

flaum
strafen
paragrafen
kaum

sexualis
digitalis
glut

irrealis
potentialis
mut

Außen- und Binnenreime - es ist eines der komprimiertesten Klanggedichte, die ich je las, glaube ich, aber es ist eins. Man kann es überraschend gut laut lesen, murmeln, flüstern, hauchen, brüllen - es klingt wie ein Zauberspruch, vielleicht wie ein Bannspruch - im umschlingenden Reim.

Interessant auch, dass der Text ausschließlich aus Reimworten konstruiert wurde, es gibt nichts Ungereimtes in diesem Gedicht. Es hat genau 14 Worte, die den 14 Sonettversen entsprechen, Reimfolge abba - abba - ccd - ccd:

Zaum, Traum, Flaum, kaum = a
Hafen, Strafen, schlafen, Paragrafen = b
sexualis, irrealis, digitalis, potentialis = c
Glut, Mut = d

Das nenne ich Konzentration!


Zur Textinterpretation:

S1: zaum hafen schlafen traum

Meine Assoziationen dazu:

Zaum = Zaumzeug, Zügel, zügeln, gezügelt, zurückhalten

Hafen= ankommen, heimkehren, Heimat, Sicherheit, fester Boden unter den Füßen, Ende der Reise (seltsam, dass man bei Hafen so selten an Aufbruch denkt.)

schlafen= ruhen, Ruhezeit, Erholung, Nacht, Geborgenheit, wehrlos/hilflos bei Angriff, Winterschlaf, Nest, verpasste Aktivzeit, passiver Zustand, ein Schläfer ist jemand, der auf das Erwachen wartet, Augen zu, Dornröschen

Traum = Wünschen, Hoffen, Ziel, Unreales, Fantasie, nächtliches Kopfkino, Verarbeiten des Erlebten, feuchte Träume, die Freiheit, alles zu tun, was im täglichen Leben nicht möglich ist - fliegen

Daraus kann man sich wirklich gut eine eigene Auslegung deines ersten Verses zusammensetzen. Meine persönliche wäre:

Im Heimathafen angebunden bleiben nur Schlaf und Traum, beziehungsweise die Freiheit zu träumen.

Dazu würde dann auch sehr gut der zweite Vers/S2 passen:
flaum strafen paragrafen kaum

Flaum = winzige Federn, warm, samtig, niedlich, Küken, Flausen, kaum zu sehen, eher fühlbar, feine, weiche, spärliche Babyhärchen

Strafen/Paragrafen = Verurteilungen, Bestrafung einer Tat, Gesetz, angedrohte disziplinarische Maßnahmen zur Abschreckung/Verhinderung einer Straftat, Preis den der Täter für seine Tat zu zahlen hat/hätte

"kaum" ist hier wohl nur in Bezug auf die vorgenannten Zügel zu sehen, also auf den Erfolg der "zügelnden" gesetzlichen Maßnahmen zu beziehen - oder auf den Mut, beziehungsweise darauf, dass LIs Ansinnen von diesen Strafen/Paragrafen nur unzureichend gemindert wird - je nach Auslegung.

Meine harmloseste wäre:

Träume sind ok, ungefährlich wie Flaum, nicht strafbar, nicht verwerflich, werden von den Paragrafen und eventuellen Strafen nicht tangiert

Mit Vers 4 und 5 kommt dann definitiv die erotische Komponente ins Spiel, die vielleicht sogar im angewendeten Stilmittel des umarmten Paarreimes schon angedeutet wurde.

sexualis digitalis glut

Fingerhut zum Schutz gegen die Glut der Sexualität/Leidenschaft oder aber in "digitalistischer" Doppeldeutung :
Präventionsmaßnahme zur Verhütung von Herzinsuffizienz (Herzschmerz) durch Überhitzung - insgesamt also so etwas, wie ein Warnschild - entweder für LIs Herz - oder für seine Umwelt, denn die Benutzung des Begriffs "sexualis" assoziiert gleichzeitig eines der bekanntesten Lehrwerke der Psychologie, Psychopathia sexualis (Richard v. Krafft-Ebing, 1886), in dem ausführlich und psychologisch begründet auf alle möglichen, zum Teil eben auch recht außergewöhnliche sexuellen Spielarten eingegangen wird, wie unter anderem Pädophilie, Sodomie, Nekrophilie, Sadismus, Masochismus u.s.w., was für die Interpretation von S2 auch diese Variante zuließe:

Finger weg vom Babyflaum, Paragrafen drohen mit Strafe, kaum dass man triebhaft danach langt.


irrealis potentialis mut

irrealis = unrealistisch, unwirklich, unmäßig/übertrieben, irreal
potentialis = Steigerung, Verstärkung, Maximierung, Potenz, erfolgreiches Ausleben der Sexualität – oder ganz schlicht: die Möglichkeit / die Fähigkeit betreffend, Modus des unerfüllbaren Wunsches

Mut erklärt sich von allein. Hier fehlt er - oder wird gesammelt

Potenz - ein doppeldeutiges Wortspiel in diesem Kontext.

Ein Wort- und Gedankentresor mit verschlüsseltem Inhalt, der von einem Tabu, von einem riesengroßen Geheimnis erzählt, einem Geheimnis, das so grauenhaft ist, dass nicht mal hier im Gedicht Klartext gesprochen werden kann, ein LI, das von seinen Zweifeln bezüglich ... seines Mutes - erzählt – oder von seinen verbotenen Kinder-Träumen, die es sich wegen der Paragrafen nicht auszuleben traut, beziehungsweise nicht auslebt, weil noch der Mut fehlt - ein Text, sich selber vorsichtshalber unglaublich strenge Regeln und Maßnahmen auferlegt, beschneidet und zügelt, ein Text, der alles dran setzt, nicht entschlüsselt zu werden, weil das Tabu, das verborgen in ihm schlummert einfach zu monströs ist.


LG, Feo



K3 /
Zitat:

axolotl schrieb am 08.09.2008 00:50 Uhr in diesem thread: t68126294f012-Forum.html
Hallo Habibi,

mich überzeugt das Gedicht auch nicht, leider. Da fehlt der Esprit, die Finesse und auch der nötige Biss. Zähne zeigen ist nicht verboten, gerade wenn ein Text für eine Sache einstehen mag.

Ein wenig mutet es an, als wolltest Du der Gegenwartslyrik (die 'Moderne' ist schon eine Weile vorbei) ins Nest scheißen, dem einen oder anderen Kritiker die Ausdrucksfreude und Empfindung der Klassik/Romantik/Avantgarde zurück ins Gedächtnis rufen, der gähnend frotzelt, die Rose sei metaphorisch verbraucht und abgenutzt in ihrer Bedeutung. Eben jenen einen Vortrag halten und klarstellen, wie es wirklich um die Rose und den Reim stehe. Leider flüsterst Du dabei aber allzu sehr und das recht langatmig und lang anhaltend, anstatt einmal auf den Tisch zu hauen (stellenweise wird die Intention sogar kontraproduktiv verzerrt, womit Du den 'Schandmäulern' eher die Hälse butterst, als sie zu stopfen).

Durch die Länge des Gedichtes erschöpft es sich bedauerlicherweise, obschon es besser knackig oder bissfreudig seinen Standpunkt ausformulieren könnte (schreibt der Kritiker und sülzt sich fortan über eineinhalb Seiten selbst einen zusammen ).

Ich bin letztlich und barsch gesagt bereits nach vier Strophen des Gedichtes überdrüssig, womit Du auch der Rose, für die der Text ja einstehen möchte (um zu reduzieren), keinen rechten Gefallen tust, sondern das bunt ausmalst, was Du im Grunde hast anradieren, widerlegen oder abmildern wollen.


Erebus hat bereits einige Kritikpunkte aufgelistet und diese gilt es zu unterstreichen, gerade wenn man sich in humoristischen und immanent ironischen Bereichen anschickt, Kritiker der traditionellen Formen und Metaphern unter der Nase zu kitzeln, sollte ein solches Gedicht neben Pfiffigkeit in seinem Handwerk stringent sein.

Eine stellenweise holpernde Metrik ist per se kein k.o.-Kriterium, wenn der Text entsprechendes diesbezüglich nährt und erklärt, sie sozusagen auferlegt - hier aber ist das nicht der Fall, weshalb es kritisch ins Auge fällt.

Dass Rosen in Gedichten fehl am Platze sind, ist darüber hinaus kaum richtig. Man kann sich ihrer bedienen, aber als Leser erwarte ich, dass ich nicht das 42ste mal die Rose im Verbund mit einer schmerzlichen und doch schönen Liebelei metaphorisiert bekomme. Ich möchte eine kreative Umsetzung, nichts was wundgeschrieben ist.
Ein Autor muss mich mit seinen eigenen Ideen überzeugen können, seiner eigenen Sprache und einem Stück Kreativität im neuen Pyjama. Wenn ich aber schon allzu oft hergenommene Konstrukte und Metaphern lese, zweifele ich an der Eigenständigkeit seiner Sprache. Das macht u.a. die Rose zu einem schwierigen Symbol, aber nicht zu einem verwerflichen oder unmöglichen. Die Kritik der Verbrauchtheit gilt im Grunde nicht der Rose, sonderm dem was üblicherweise damit angezettelt oder schlicht abkopiert wird.

Die Bezüge Deines Gedichtes u.a. zu Goethe und zu Gertrude Stein (um nur zwei herauszugreifen) sind nett, aber nicht mehr als das. Es wirkt mir in der Fülle - da ja noch einige mehr eingestreut sind - schon zu aufdringlich und in gewissem Sinne auch - in bezug auf die erste Strophe - widersprüchlich. Du führst u.a Vertreter der Strum-und-Drang-Bewegung bzw. Klassik und Avantgarde an. Die Avantgarde aber war Strömung der Moderne (siehe erste Strophe). Obendrein liegen Gertrude Stein und Goethe fernab von einander. Äpfel mit Birnen, wenn Du mich fragst, und zwar um der Rose willen. Widersinnig auch, weil Gotehe die Rose personifizierte und Stein ihr genau das versagte. Dass Du Gertrude Stein anführst, halte ich im übrigen nicht für einen Schachzug die ersten Zeilen betreffend, sondern eher für einen groben Schnitzner (siehe dazu Gegenwartslyrik / Moderne zu Beginn der Kritik). Klär' mich auf, wenn ich falsches annehme oder dummdreist unterstelle.

[btw: Gertrude Stein hat ja den Satz "eine Rose ist eine Rose ist eine Rose" geprägt, Hemingway hat ihr - nicht ob der Rose, sondern aus anderen Gründen - darauf einmal "ein Miststück ist ein Miststück ist ein Miststück" geantwortet. Nur weil es mir gerade in den Sinn kommt]


Überdies würfelst Du die verschiedenen Strömungen für mich - ad hoc geurteilt - nahezu planlos durcheinander. Wir steigen in der Avantgarde ein, pflücken strumgetragen Heideröslein und finden uns verdutzt Mitte 1300 wieder, wenn Hafes (aka Mohammed Schams ed-Din) als orientalischer Hofdichter mit Rosenwangen aus der Wäsche guckt (zumindest prägte eben jener den Begriff).

Ein weiteres Manko des Gedichtes sind teils Reime (vgl. und e.g. "niemand wird vom Kuss gesund, an den Dornen hangen [sic; hängen]", teils Syntax. Beides läßt Leichtigkeit missen und skizziert eher Abhängigkeit. Ein Reim verliert für mich in dem Moment an seinem Flair, wenn er gekünstelt wirkt und wird, es sei denn, es ist als Persiflage an sich gedacht, was hier aber und wenn dem so sein sollte, nicht heraussticht.

Und wo wir gerade beim Stechen angelangt sind, noch folgende Anmerkung: Entgegen allen Märchen und Gedichten hat die Rose Stacheln und keine Dornen. Da Du einen lyrischen Einbund anstrebst, ist es aber statthaft, diesen Verweis poetisch und nicht biologisch korrekt zu halten.

Bezüglich der allgemeinen Wortwahl fällt noch auf, dass Du scheinbar den Wortspruch für die Rose mit entsprechendem, 'klassischen' Duktus hast unterstreichen wollen. Auch hier fällen Gertrude Stein und Konrad Bayer (dem man den "Rosenmund" ebenso andichten kann wie dem Sinn&Formler Günther Deicke) als Avantgardisten wieder heraus.

Du siehst also, es gibt hier einiges zum monieren oder bestenfalls zu hinterfragen. Nicht aus böser Absicht, aber wenn Du schreibst, dass der Text für einen Wettbewerb entstanden ist, soll die Kritik lediglich helfen, solche Projekte im nächsten Zuge stimmiger anzugehen.


Grüße
axo



K4 /
Zitat:

Pog Mo Thon schrieb am 09.09.2008 17:21 Uhr in diesem thread: t67903533f004-Forum.html
Hallo Margot,

das ist ein großartiges Gedicht und ich war sofort gefangen. So muss das sein: Man kann sich sofort hineinlegen wie in ein zwar frisch gemachtes aber dennoch vertrautes Bett. Man fühlt sich augenblicklich wohl und dazu verhelfen ja nicht nur sauberes Handwerk, sondern auch und gerade der Klang. Du erreichst einen solchen mit Schlichtheit: Einfache Worte, einfache Reime, klare Sätze, klare Strukturen, mir gefällt das.

Wenn man so einschmeichelnd lesen und genießen darf, so hat Levampyre das mal bei einem Text ungefähr ausdrückt, dann kann man sich ungestört dem Inhalt zuwenden und etwaigen Feinheiten. Und siehe da, auf beiden Gebieten fährt man reiche Ernte ein. Das Inhaltliche vorweg: Das mag man nun als Cyberlove nehmen, als platonische Zuneigung, als Verehrung, als Religion (?), das spielt alles keine Rolle. der text erlaubt dem Leser/der Leserin eine ihm/ihr gemäße Anschauung. Wie hast du selbst, Margot, das ausgedrückt? Natürlich weiß ich, dass der Autor/die Autorin nicht MICH, den Leser meint, aber ich lese es doch so. Ich prüfe doch, ob es mich anspricht, oder ob ich es aussprechen könnte. Mindestens aber muss ich mir vorstellen können, Absender oder Adressat solcher Zeilen zu sein. Ich meine, das gelingt dir hier vorbildlich, indem du andeutest, ohne zu vollziehen. Äußerst angenehm, zumindest als Textkunstwerk.

Zur Technik: Ich genieße es komplett. Beachtet man die drei Strophen, sind alle identisch aufgebaut und spiegeln das inhaltliche Muster komplett: Die beiden ersten Verse bauen nicht nur aufeinander auf, sondern verstärken das noch durch die rhetorische Figur der Wiederholung anfangs des zweiten Verses: S1: nicht, niemals S2: trinkt, ertrinke S3: allzeit, allzeit. Hier ist Nähe, Gleichklang, Gemeinsamkeit. Die abschließenden Verse tun nicht nur das Gegenteil, sie verstärken es sogar noch und unterstreichen damit den Widerspruch, die unterdrückte Ebene der hier beschriebenen Beziehung: S1: Wem Scherz und Logik dazu nicht stark genug sind, der soll die verwehrte Lust dazu nehmen S2: Phantasie und Pochen, auch das sind diese beiden ungleichen Partner: das Erste ist spirituell, das Zweite ganz bodenständig organisch S3: Tag und Nacht, das benötigt keine Erklärung.

Und dabei steigert sich das Ganze auch noch bis zur Conclusio: In S1 wird durchdacht verwehrt, in S2 ist ein Pochen in der Kehle und in S3 beginnt die Nacht. Und dieser Ausblick hat ja dann auch etwas Versprechung in sich, das Ende könnte auch offen sein. Wie das ganze Gedicht, ist es zwar nicht hermetisch, man ahnt schon, was da abgehen könnte, aber eben doch: intim.

Outstanding. Ich bin begeistert. Und ich habe es erst drei oder vier Mal gelesen.

Liebe Grüße
Mattes


P.S.: Übrigens, die in S2V4 aufscheinende Blöße versöhnt mindestens durch die Aliteration. Aber ich mag das Wort und würde es dem vorgeschlagenen "nur" eindeutig vorziehen. Auch würde ich das "nur" keinesfalls als milder ansehen, so unterschiedlich kann das empfunden werden.




e-Gut
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#46

Kritik des Monats September

in Kritik des Monats - eure Vorschläge 14.10.2008 09:51
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Die Abstimmung für die Kritik des Monats September 2008


Ergebnis:

K1 / axolotl: 0

K2 / Feo: 1

K3 / axolotl: 3

K4 / Pog Mo Thon: 2



Abstimmung beendet.

Gratulation an axolotl!

Gruß
Alcedo

e-Gut
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