#1

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 25.08.2008 21:35
von Habibi (gelöscht)
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Es tut nicht weh,
nicht so sehr weh,
dass man ihn nicht ertragen könnt’
den Schmerz, der sich so langsam
stückchenweis und leis
hineinfrisst in mein müdes Herz
mit jedem nicht gesagten Wort
und manchem abgewandtem Blick
ein Stück, ein kleines Stück...

Noch friert es nicht,
die Blätter fallen leis,
so leis, dass man der Bäume Sterben
beiläufig fast und ohne Tragik
unabänderlich erlebt
wie eine Liebe, die vergeht,
weil ihre Zeit gekommen ist,
sich hinzuopfern für das grelle
kalte Licht des Wintertags,
das alles Ungefähre gnadenlos durchbricht.
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#2

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 26.08.2008 23:49
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Habibi!

Auch so fein und weich beschriebener Schmerz
ist einer. Wahrscheinlich ein intensiverer und
tieferer. Einer, an dem man zerbricht.

Einzig in der letzten Zeile fällt mir das Wort 'Ungefähre'
auf. Es entspricht nicht meinen Vorstellungen, wirkt mir eine Spur zu abstrakt und diffus; da es Dein Gedicht ist, werde ich es wohl akzeptieren müssen.

Es gefällt mir!

Gruß
Joame
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#3

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 27.08.2008 11:00
von Habibi (gelöscht)
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Hallo Joame, es freut mich besonders, dass dir das Gedicht - mit der einen Ausnahme - zu gefallen scheint. Mich hat daran besonders der "antike" Rhythmus fasziniert, eine zeitlang habe ich mal viel griechische Dichtung gelesen und das hat wohl irgendwie abgefärbt.

Also nochmals danke für deine Rückmeldung.

Gruß von Habibi
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#4

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 28.08.2008 12:24
von Pog Mo Thon (gelöscht)
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Sprachlich gefällt die Gebundenheit und die fast durchgängig alternierende Hebung und Senkung. Einzig stolpert man in S2V4, was fast schon komisch ist, da es eben so beiläufig passiert. Mit antikem Rhythmus hat das für meine Begriffe gar nichts zu tun, eher erinnert es an Schlegelsche Übersetzungen Shakespeare'scher Dramen. Wer nur genügend davon gelesen und ein wenig Rhythmusgefühl hat, der schreibt das seitenweise herunter. Die Gefahr ist dabei, dass man ins Schwafeln gerät und und viele wohlklingende Worte für wenig Inhalt verbrät.

Ich kann also deine Zeilen sprachlich genießen, aber es bleibt nicht viel nach. Das Ungefähre halte ich für unzutreffend kritisiert, kann das Missverständnis aber nachvollziehen. Das Ungefähre ist hier nicht etwa die Liebe, sondern der Zweifel. War der im Herbst noch ungefähr, so ist er im Winter der Gewissheit gewichen. Ich störe mich eher an dem Opfer, das will mir nicht eingehen.

Gewandte Zeilen, etwas bandwurmartig mäandernd, aber nett zu lesen.
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#5

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 28.08.2008 14:27
von Habibi (gelöscht)
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Hallo Nizza, o.k., vielleicht ist es auch nicht der antiken Metrik geschuldet, kann sein, ich will da keinen Streit vom Zaun brechen, aber es ist eben auch nicht heutig und modern, das habe ich damit gemeint. Wegen des opferns, das könnte man so verstehen, dass mit dem klaren Licht der Erkenntnis auch Dinge und Seiten am Partner sichtbar werden, die bis dahin im Ungefähren verschwammen und nun zum Ende der Beziehung beitragen. Oder so ähnlich. Ich finde, jeder kann/soll aus einem Gedicht lesen, was seiner eigenen Lebenserfahrung entspricht. Danke für deine Worte, ebenso für mein Nebelgedicht.

Gruß Habibi
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#6

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 29.08.2008 22:11
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Ja, damit kann ich mich auch anfreunden.
Es ist eine warme Sensibilität, die deine Zeilen trägt. Eine wage Hoffnung ist erkennbar.
Du kommst hier ohne Heuchelei aus und gehst auch sparsam mit der Metaphorik um. Es ist ein rundes Gedicht, wenngleich auch nicht unbedingt die neueste fashion.
Es ist eine solide Schreibe und um Kleinigkeiten kümmere ich mich grad nicht.

Lieben Gruß

Gem

Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

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#7

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 30.08.2008 10:39
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
"der Bäume Sterben"? seit wann sterben denn Bäume im Herbst? da würde aber im Lenz nix mehr spriessen!
nein, also bei so einer Formulierung setzt bei mir das Große Sterben des Gefallens ein. mag sein, dass im gesamten Arboretum das eine oder andere Exemplar für immer ausbleibt, aber im großen Ganzen bleibt es doch ein Harren, ein Verebben, ein Innehalten, eine Konzentration nach Innen, aber beileibe kein Tod und kein Sterben der Bäume, also bitte, Cornelia, ...

Gruß
Alcedo

e-Gut
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#8

Herbst II

in Düsteres und Trübsinniges 30.08.2008 12:13
von Habibi (gelöscht)
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Hallo Alcedo, du hast natürlich - rein biologisch - gesehen, recht. Aber ich bin bzw. fühle mich als Dichter und da nehme ich mir eben die ein oder andere dichtereische Freiheit heraus. Seit Jesus ist ja das Sterben nicht unbedingt das Ende. Und das, was wie tot und abgestorben aussieht, erwacht (wie hier im Frühling) eben doch wieder zu neuem Leben. Aber zunächst ist da die Trauer um das Ende und das sollte im Gedicht rüberkommen. Danke Gemini für deine warmen Worte.

Grüße von Habibi
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