#1

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 06.04.2008 22:07
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Zweifel

Wie kann man wahrhaft glauben ohne Zweifel zu empfinden?
Wie ohne Glauben nur als wahrer Mensch durch dieses Leben gehn?
Das eine hat das andre nötig, um als Ganzes zu bestehn!
Muss man nicht sogar zweifeln, um das Leben zu ergründen,
und eines Schöpfers Wort und Schaffen glaubhaft zu verkünden?

Verschließt sich unser Geist wird unser Denken nichts entzünden.
Wie wir auch immer nennen, was uns zieht und weiter vorwärts drängt:
Das Schicksal dieser unsrer Welt ist von und über uns verhängt;
Wir können Wunden schlagen oder gütig sie verbinden
und neue Bänder um die alten spröden Bünde winden.

Doch können wir noch sondern und in freiem Willen wählen,
wenn unser Kopf im Sand und unser Leben ohne Skepsis bleibt,
wenn unser Jawort uns nicht immer wieder neu zum Suchen treibt,
wenn keine Antwort winkt und keine Fragen uns mehr quälen,
wenn Offenbahrung fehlt und keine Träume uns beseelen?


And therefore, since I cannot prove a lover,
To entertain these fair well-spoken days,
I am determined to prove a villain
And hate the idle pleasures of these days.
(William Shakespeare, King Richard III)
Www.kings-heritage.blogspot.com
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#2

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 25.05.2008 09:06
von Peter Graedel (gelöscht)
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Hallo Richard,

Was genau zeichnet den wahren Menschen aus um ihn vor der Ware Mensch zu schützen?

Gruss
Peter
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#3

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 07.06.2008 08:37
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Eben genau das ist die Frage!
Gruß zurück!

And therefore, since I cannot prove a lover,
To entertain these fair well-spoken days,
I am determined to prove a villain
And hate the idle pleasures of these days.
(William Shakespeare, King Richard III)
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#4

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 07.06.2008 10:52
von Fabian Probst (gelöscht)
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gefällt mir insgesamt sehr gut, wenngleich es für meinen Geschmack mit sieben und achthebern in fünfzeiligen Strophen etwas zu kolossal wirkt und damit ein wenig überladen.

Mich stören: das "glaubhaft" in S1Z5, weil es vorher um die Wechselwirkungen von glauben und zweifeln geht und das glaubhaft dann am Ende irgendwie komisch wirkt. Würde ich ersetzen;
in S2Z3 mag ich das "dieser unsrer" überhaupt nicht, das klingt so geschwollen und fast albern. Da würde dir bestimmt auch etwas anderes einfallen, denke ich.

Interessanterweise habe ich in der letzten Zeile des Gedichtes automatisch etwas anderes gelesen: "Wenn Offenbarung DROHT ..."
Das fände ich passender, weil Offenbarung etwas Endgültigist und jeden Zweifel irgendwie beseitigt, oder eben bestätigt, wie auch immer. Und ist es nicht gerade der Zweifel, der treibt zum suchen? Klar, sagst du ja auch aus, deswegen habe ich es auch anders gelesen.

Glaube ist in jedem Fall keine Gewissheit und der Drang, diese zu erlangen, ist letztendlich Zweifel, das stimmt.
Da ist eine menschliche Schwäche, aber ob man ohne sie nicht existieren kann, bezweifle ich doch.
Es wäre sogar viel besser, wenn man nicht ständig alles ergründen und jeden Scheiß wissen wollte und sich einfach am Leben selbst erfreuen könnte. Aber das bringen wir nicht und deswegen erschaffen wir uns Dinge, Mysterien und Mythen, damit wir einen höheren Sinn erahnen können, eine Ordnung, die uns bestimmt. Vielleicht sind das auch alles nur Prüfungen, die wir bestehen müssen und Gott testet uns damit. Wer weiß das schon, aber ich frage mich dann immer, was Gott für ein Typ ist, wenn er sich eine Welt schafft, damit ihn Menschen anbeten und ständig in Angst und Schrecken leben, gequält und abgeschlachtet werden, blablabla. Ich meine, das muss ein ziemlich sadistisches Arschloch sein, aber wäre er nett, wäre es auch einfach, zu glauben. Also auch nur Prüfung?
Oh, ich schwoff ab, sorry.

Du beschreibst den Ist-Zustand, finde ich, und das sehr ausführlich und sprachlich lesenswert. Aber wenn wir nicht permanent an etwas glauben müssen würden, dann wäre das sicher besser und erstrebenswerter, jedenfalls nach meinem Empfinden. Obwohl sich die Frage stellt, ob, obwohl Religion z.B. in der Geschichte extrem viele Kriege ausgelöst hat, eine Welt ohne sie nicht erst Recht Kriege antreiben würde, weil Glaube ja auch bremsen und zügeln bzw. erfüllen kann.

Ach du Schreck, ich weiß nicht mehr, was ich eigentlich sagen wollte.
Egal, mir gefällt dein Werk.

Gruß, Fabian
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#5

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 07.06.2008 12:54
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo Richard III!

Bedauerlicherweise habe ich es erst heute gelesen und den Untertitel gesehen. Entschuldige bitte meine Unaufmerksamkeit, die diesmal durch Zeitmangel zu begründen ist.

Ich weiß nicht genau, kann nur vermuten, wie ein Zusammenhang zwischen Zweifel, Glaube und mir hergestellt wurde.
In diesem Fall sehe ich das Anliegen des Autoren vorrangig vor der stilistischen Absicht.

Alleine schon der Ausdruck 'wahrhaft glauben' was ist das für eine Konstruktion? Spricht doch das Wort Glaube für sich, das eine vage und nicht begründete Annahme bedeutet. Etwas nur in Gedanken und in der Meinung Vorherrschendes, zu dem man steht, was alleine schon von der Logik her total abzulehnen ist. Dann aber noch 'wahrhaft'. Wie das geht, weiß ich nicht.
Jedenfalls drängt es mich, dazu etwas zu schreiben, was ich auch gerne machen will. Vorläufig muß ich mich mit diesen Antwortzeilen begnügen; Dein Gedicht vielleicht ausdrucken und mit auf Reise nehmen.
Wenn nomen est omen stimmt, so vielleicht auch in der letzten Zeile, wo die Offenbarung auf die Bahre (mit H) gelegt wird.

Gruß
Joame
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#6

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 07.06.2008 13:11
von Fabian Probst (gelöscht)
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Ich habe das auch mit h geschrieben!!!

Es gibt so Fehler, die sind däHmlich, aber man macht sie immer wieder.
Manchmal schreibe ich auch "mein NaHme ist ase".

Gruß, Fabian
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#7

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 07.06.2008 13:55
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hi Ric,

ich bin ja auch eine ganze Weile um diese Verse herumgeschlichen, weil ich die zweite Zeile der ersten Strophe nicht verdauen kann, da sie mir etwas dogmatisch daher kommt, die, wenn man die aber brav gefressen hat, restliche Argumentation, dass Glauben nicht ohne Zweifel auskommt wie der Koch nicht ohne den Esser. Das hast Du fein beschrieben.

Die Frage "Wie (kann man) ohne Glauben nur als wahrer Mensch durch dieses Leben gehn?" beantworten, behaupte ich mal, tagtäglich Millionen an sozialverträglichen, liebevollen, engagierten Mitmenschen. Wobei man sich nun streiten kann, was ein "wahrer" Mensch ist, was alles unter Glauben fällt (wobei durch die Rubrik Glauben an einen oder mehrere Götter im religiösen Sinne gemeint sein muss). Jedoch kommt die Frage in dem Gedicht sehr rhetorisch daher, was sie aus der Sicht des lyrischen Ichs gewiss auch ist. Aber wenn ich Joames Kommentar richtig interpretiere, ist diese Frage für ihn wie auch für mich keinesfalls rhetorisch. Insofern stolpert unsereiner am Eingang. Das ist so eine tendenzöse Frage wie "Wie kann man nur als Mensch, der nur halbwegs bei Verstand ist, dies oder jenes tun..." Der Vers erscheint fast wie ein Füllsel, da man bei dritten Vers "Das eine hat das andre nötig" sich nun aussuchen kann, ob es sich auf den ersten oder den zweiten Vers bezieht, also, ob das eine und das andre "der Glaube und der Zweifel" oder "der Glaube und der wahre Mensch" sind.

Hingegen ist, wie gesagt, die Auseinandersetzung zwischen Zeifel und Glauben schön dargestellt und in gereimte Worte gefasst. Von daher feiner Text. Und ich nehme mal an, dass der zweite Vers für dich so selbstverständlich war, dass dDu Dir über die Problematik von Joame und mir gar keine Gedanken gemacht hast. Aber da sind wir nunmal etwas schwierig.

Viele Grüße,
GW

_____________________________________
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#8

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 25.08.2008 08:29
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Oh man, ich muss jetzt hier wohl mal was sagen nach so viel wohlmeinender Kommentierung...

Also Fabian:
Grundgütiger, du hast Recht, es ist wahrlich kollossal vermessen achthebige Fünfzeiler zu schreiben, aber so als König hat man es gern etwas majestätisch!
Das "glaubhaft" am Ende soll gerade da so stehen, weil es vorher mit dem Zweifel verbunden wurde. Ich wollte damit andeuten, dass kritiklosen Fanatikern kein Glauben geschenkt werden kann. Wer sich und seinen Glauben nicht hinterfragt wird m.E. nach unglaubhaft.

Mit "dieser unserer" hast du Recht, das ist natürlich der Metrik geschuldet. Mal sehen, ob mir noch was einfällt. Hast du einen Vorschlag?

Mit der Offenbahrung ist vor allem, ebenso mit der "Antwort" in Z4 der positive Aspekt gemeint. Der Mensch braucht Beides: Antworten (Offenbarung) und Fragen (Zweifel). Die Offenbarung ist für mich nichts Endgültiges - das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass ich selbst das Offensichtliche noch anzweifeln muss (ein persönliches Problem von mir).

Naja, das mit Gott lassen wir jetzt mal raus, denn sonst muss ich hier eine Abhandlung schreiben und dazu ist es mir zu früh und ich bin nicht in der Stimmung hier seitenlange theologische Fragen zu diskutieren, abgesehen davon, dass ich euch das nicht antun will!
Nur soviel: Ich denke, dass Gottes Wille für uns nie verständlich sein wird, entweder man glaubt oder man glaubt nicht (was nach meiner Meinung, wie man lesen konnte nicht funktioniert im menschlichen Gehirn), aber wenn man glaubt (an was auch immer, wie man es nennt halte ich für nebensächlich), dann macht man sich auf die Suche, philosophisch, aber man darf darüber hinaus natürlich nicht vergessen zu leben! Im Gegenteil, dieses Suchen macht das Leben erst so lebendig. Ich denke nicht das Gott sadistisch ist, er lässt uns einfach die Freiheit und der Mensch darf etwas daraus machen. Wenn er es versaut ist das sicher nicht die Schuld Gottes. Das wäre zu einfach. So auch kurz abgeschweift... hihi

Religion ist wie du sagst: Mittel des Menschen Gutes und Schlechtes zu tun. Wenn wir nicht Religion hätten, würden wir uns sicher für Beides etwas anderes suchen.

Also es freut mich, dass es Dir gefällt! Danke für die Auseinandersetzung damit!!

Joame!
Das war natürlich ein Gedicht, dass ich nach unserer Diskussion in einem anderen Faden schrieb, deshalb ist es auch dir gewidmet, du alter Zweifler!
"Wahrhaft" glauben bedeutet nichts anderes als das ein Mensch, der von sich sagt, er würde glauben und diese Aussage niemals hinterfragt, einfach nicht "richtig" glauben kann. Denn er würde damit ja der Meinung sein zu "wissen". Das "wahrhaft" steht im Sinne von "richtig" oder "wirklich", es gibt kein passendes Wort dafür, dass mir einfällt und es hat auch etwas, wenn dieses "wahrhaft" als Eigenschaftswort angezweifelt werden kann, nicht wahr??
Ich freu mich, wenn du noch was schreibst!
Die "Bahre" trage ich dann mal raus... *grins*

Mitnichten Geratewohl! Ich habe mir über eure Position sehr wohl Gedanken gemacht! Das Gedicht schrieb ich wie schon gesagt nach einer Diskussion mit Joame, in der ich schon darstellte, was alles für mich unter "Glauben" fällt! JEDER Mensch glaubt und wenn er dann nicht zweifelt, stimmt was nicht. Einfache Aussage und mein "Glaube". Ich sehe hier im Glauben tatsächlich sehr Vieles, nicht nur Gott/Götter.
Dazu hier: Der Himmel von Joame Plebis
Damit erübrigt sich auch eine Antwort auf das was du Mensch ohne Glauben nennst!
Das mit dem aussuchen war auch so gedacht! Der mensch nicht ohne Glauben und der Glaube nicht ohne Zweifel, also die Gleichung: der Mensch nicht ohne Zweifel nach Aristoteles!

Schön, dass es dir gefällt!

Vielen Dank euch allen!!!

King Richard

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#9

Zweifel

in Mythologisches und Religiöses 25.08.2008 14:39
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Richard III

Wahrhaftig, es ließen sich nie endende Schreiben über das Glauben und den Glauben verfassen.
Ich bekundete Dir sofort meine ausgereifte Ansicht zum Glauben, wüßte ich, wie ich sie verständlich serviere.

Mir ist klar, die Bewertung Deines Gedichtes bezüglich Dichtkunst, entfällt förmlich; sie erscheint doch nur zweitrangig zu sein, gegenüber der Aussage, die so gewichtig wirkt.
Bis ich einmal Treffenderes zum Glauben schreibe, stelle ich nur trocken fest, Glaube ist keine Tugend, nichts Erstrebenswertes. Er ist ein geschaffenes Substantivum, von der Tätigkeit glauben abgeleitet, so wie es der Zweifel vom zweifeln ist.
Am liebsten würde ich es übersetzen mit Verharren in einer nicht fundierten Annahme. Das läßt doch schon einige Rückschlüsse auf den Verharrenden zu.

Oft zu hörende große Aussprüche wie 'man muß glauben' oder 'jeder Mensch braucht einen Glauben' kann ich nur als Nonsens ignorieren; sie wirken wie Unlogik in Reinkultur.

Das Gedicht wirkt durch die Reimlänge etwas ungelenk und gequält,
was nicht wundern darf, mußte es doch die Aussage unterbringen,
wobei es sich zugleich reimen sollte.

Bedenkend, schon viel Schöneres, aber auch viel Schlechteres gelesen zu haben, so könnte man das Gedicht an einem guten mittleren Ort einreihen.

Gruß
Joame
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