#1

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 04.09.2007 19:40
von bipontina (gelöscht)
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In Bayern war's, die Pilze schossen aus dem Boden.
Kurz vor der Ernte stand der Mais.
Der Himmel weit. Die Flur so heiß,
verbrannt des Grases dichte Soden.

Ab hier versagt sich Reim, versagt sich Syntax.

Eine Wanderschar. Beschwert mit Rucksack, Stock, Fernrohr, festen Schuhen und dummem Lachen: "Wer hat die Würstdos?"
"Hier, mei, gnua!" "Ös Bier?" "Jo mei, da, schaugts her, gnua!"
Schwere Last, auf 21 Rücken verteilt. Gemach gings bergan, gottseidank nicht steil, und "wer hat Dich, Du schöner Wald.."-singend stiegen sie gemächlich weiter. Wie lockte der herrliche Mischwald! Ob man vielleicht Rehe vor die Linse bekäme? Nur Vogelrufe ... oah, wiederama nix.
Fleißig, die Wanderer. Quer waldein. Fröhliche Schar. Wie wurde gesungen, gehechelt, gewitzelt und sich vor Lachen gebogen! "OOOch, hast g'heert..." "derf net woah soi!.." "Ahhh, da pfüats Di, hahaaha "..
Später "jomai, hoaß iß!" - alle: und die Fiaß! O Maß wär grad rechd.. Daas Platzerl, no schaug! is oiser'!...

R a s t !

Stad hat mans gemacht. Kein großes Feuer. Trockne Äste (ist man erfahrener Wanderer? ). Genug, die Würst zu braten. Gottsherrn, hat sich gelohnt, das Lasttragen. Extra feine Würst. Jessaß, und das Bier... na, ned grad kalt , aber wer stellt da schon Ansprüch!
Normales Sonntagmittagveschper: Na was: a Wurscht, a Bier, so baiern wir.
Mir sin a so guad, lossn den vogerln ois brod liagn.Oachkatzerln werns asoiholn.

Und abi? Die Dos'n.Franzl, nimms Du. Ah , geh!! Bin schach, troagst halt selber. Ja mei. Du? Naa! Duu? I aa net, loß alls ...
Abwärts waren die Dosen offensichtlich schwerer zu tragen - sie waen leer. Nicht einer der 21 "Bergwanderer" hat sie eingepackt, mitgenommen. Dosenwürstlldosen. Leer. Zentnerschwer.

Drei Wochen später fand man einen Keiler. Vom Duft der zurückgelassenen Dose angelockt, versuchte er, an den Rest in der Dose zu gelangen.
Der Keilerrüssel , gefangen im Metallrand der Dose, war zerfetzt, zerrissen vom verzweifelten Versuch des Tieres, sich zu befreien.
Die Wildhüter fanden den Kadaver zwei Wochen später: Nicht an den Wunden ging der Keiler zugrunde: er ist verdurstet. Elendiglich.


So geschehen im August 1976
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#2

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 22.09.2007 09:59
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, bipontina!

Den Keiler sehe ich vor mir liegen,
der Rüssel blutig zerschnitten, auf dem die Dose klemmt.
Ein schauriges und sehr trauriges Bild, doch zugleich aussagekräftig für unsere Art Mensch.

Unvorstellbare Dummheiten und Grausamkeiten ließen und lassen uns abstumpfen.
In der gelichen Zeit, wo wir Tatsachenberichte hören oder lesen, wo Menschen benzinübergossen verbrannt werden,
wird an Geschmacksverstärkern und Weichmachern geschmatzt und gelutscht,
während verblödende Werbung auf optische und akkustische Art, gezielt auf uns einwirkt.
Langfristige Folge ist, der Mensch merkt nicht, welch dummes grausames Wesen er ist:
das dümmste und ignoranteste aller Lebewesen!

Samt diesen Auswüchsen, die allesamt der Evolution hinzuzählen sind, sind sämtliches Fortentwicklung Möglichkeiten der Natur, von der allgemein fälschlicherweise angenommen wird, sie sei so wunderbar.

Sie hat für uns wunderbare Momente, ist aber an Grausamkeiten nicht zu überbieten.

Obwohl über Generationen gesehen, sich Wissen weiterentwickelt, übersehen wir oft, wie Gefühle abstumpfen und allmählich zu einem lästigen Überbleibsel degenerieren, für das in einer Zeit der Lüste und der Süchte kein Platz ist.

Was zählt schon ein Schwein oder ein anderer Mensch?
Hoch der Gewinn, hoch der Genuß! Hoch der Profit!

Du hast einen Denkanstoß geliefert, den viele nicht als solchen empfinden werden, weil sie es nicht mehr können.
Ich weiß nicht, ob für alle die hier wiedergegebenen Mundart ganz verständlich ist.

Ob heutzugtage ein Anprangern noch Wirkung hat, bezweifle ich. Abgesehen davon, scheint mir gerade in Literaturforen, der Rest der Menschen anzutreffenzu sein, die noch Sensibilität und Gefühlreichtum kennen.
Jene, die Deine Botschaft erreichen sollte, wird sie kaum erreichen, selbst wenn, an diesen nur wirkungslos abprallen.

Danke für Deinen Beitrag!

Joame
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#3

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 22.09.2007 14:07
von bipontina (gelöscht)
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Ich danke Dir nicht nur für Deinen kommentar, sondern auch für Deine Geisteshaltung.
Vor etwa 30 Jahren hoffte ich noch, die gesamte Menschheit könne aussterben, damit zumindest Flora überleben kann. Jezt, alt (und alterweise) bleibt mir nur bittere Erkenntnis: Der Mensch = Versuch und Irrtum = Fehlschlag der Natur.
Dem Wütenden (wie mir) bleiben halt nur lachhafte Rundumschläge. So läßt sich dann auch gut schlagen für oder wider Gewissen.
Leider renne ich nur offene Türen ein.

Lieben Gruß von bipontina
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#4

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 22.09.2007 17:06
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Nur weitermachen, bipontina! Unterschätze nicht die Summe kleiner Wirkungen. Dein Wort und das Wort von jedem sind ein verschwindend kleiner Beitrag, der aber wesentlich ist,
um an einem Ergebnis beteiligt zu sein.

Mühen wir uns weiter ab, verstärken die Anstrengung, suchen wir nach besseren und stärkeren Argumenten und Möglichkeiten - selbst wenn es im Bereich des geschriebenen Wortes ist.

Ich kann nur vermuten, Deine Einstellung erkannt zu haben und zu verstehen, bin deshalb zugleich verwundert, nicht mehr an engagierten Produkten von Dir zu lesen. (Ich selbst bin derzeit leider gezwungenermaßen schaffensmäßig sehr nachlässig, was sich aber bald ändern wird.

Versuchen wir, uns zu ergänzen; schlagen wir gemeinsam in die gleiche Kerbe, damit der Baum der Unvernunft erzittert.
So erwarte ich in den nächsten Tagen von Dir ein realitätsbezogenes Gedicht, in dem Du Deinen aufgestauten Grimm und die zu Energie verformte Wut einbringst.
Hoffentlich warte ich nicht vergeblich. Selbst wenn es ein Plädoyer wäre, ungereimt und voller Schreibfehler, die Substanz zählte. Sie wird nicht nur mich, sondern alle hier interessieren.

Mit Gruß
Joame
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#5

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 22.09.2007 18:04
von bipontina (gelöscht)
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Je nun, Joame, ich bin hier seit langem kein gerngesehener Gast mehr.
Trotzdem habe ich ein"menschliches" statt "tierisches" Schreien hier eingesetzt. Kaum jemand wird es lesen.
Lieben Gruß in diesem Sinne: bipontina
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#6

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 22.09.2007 19:33
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Das kann ich nachempfinden, bipontina, doch es kann sich auch ändern. Du hast ja etliche Kommentare abgegeben, die auch mich veranlaßten, Werke nicht zu kommentieren und zu übergehen, wo Dein Name auftauchte.
Ärger und Antipathie sind aber nicht Zustände, die ewig währen, so wie wir, ist auch das Verhalten veränderlich.

Obwohl ich es wahrscheinlich nicht kann, so bin ich doch bemüht, mit meinen Vorurteilen zeitweise aufzuräumen und mit einem gewissen Maß an Objektivität jedem zu begegnen.

Auch ich habe vielleicht, ohne daß es mir bewußt wurde oder ich es wollte, hier Leute verärgert, indem ich Nonsens schrieb.
Unsere Verfassungen sind sehr verschieden, dazu noch die Eigenheiten und differenten Charaktere gezählt, ebenso wie von Drogen oder Alkohol beeinflußtes Schreiben; das Ergebnis sieht man ja, kann es sich zumindest vorstellen.

Deine letzten Beiträge würde ich, wobei meine Meinung gar nicht besonders maßgeblich ist, als 'normal' bezeichnen.
Nicht nur mir fällt das auf, andere registrieren das ebenso. Somit steht in Zukunft einem intensiveren gemeinschaftlichen Umgang nichts im Wege, soferne er überhaupt erwünscht ist.
Nicht alle, die in Foren schreiben, haben psychische Probleme und Abartigkeiten, Geltungsdrang, Kommunikationsdefizit. Es wäre nicht leicht, eine Linie zu ziehen und einzuteilen, wann und wer wohin gehört.
Entscheidend ist das Verhalten, das von Einsicht (in sich selbst hinein sehen) und dem resultierenden Dazulernen günstig geprägt wird.

Lesen werden es viele, Gedanken werden sich auch viele machen. Dein Beitrag war keinesfalls vergebens oder gar sinnlos.
Nicht nur ich betrachte ihn als wertvoll; gerade jetzt, im derzeit mit wenig Beiträgen bedachten Forum, ist es ein Beitrag, der noch mehr zur Geltung kommt und für den man dankbar sein muß.

Mit Grüßen
Joame
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#7

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 22.09.2007 21:17
von bipontina (gelöscht)
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Daß Dein Ausfall ( Du erinnerst Dich sicher ) alkohol- oder drogenbestimmt war, dachte ich mir. Daß es sich jetzt positiv verändert hat - Glückwunsch.
Objektiv wird niemals jemand werden, aber eine gesunde Subjektivität kann ja nicht schaden.

bipontina

Verzeih, da bin ich aber "Lapsus" in Person gewesen! Hab da was durchnandergebracht.
Maya war diejenige, welche.... (und es dann auch geschafft hat).
Ich wollte eigentlich nur noch Gedichte einstellen und sehen, ob überhaupt jemand reagiert...
und mir Antworten ersparen, da ich hier nur Negativkritik erfahren habe.

So werd ich es auch weiterhin halten. Auf interessante Kommentare antworte ich. Im Übrigen laß ich Euch in Eurem exklusiven Kreis unbehelligt.

LG bipontina
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#8

Ein Keiler oder Dosenschicksal

in Düsteres und Trübsinniges 22.09.2007 21:47
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Nein, bipontina, ich erinnere mich an keinen Ausfall, der von komsumierten Substanzen bedingt war, auch nicht an einen Ausfall.
Was Objektivität anbelangt, die erst definiert gehörte, so weiß ich, wie selten sie anzutreffen ist, aber ich zögere, so endgültig große Aussagen zu treffen, wie nie oder oder niemals.
Subjektivität ergibt sich aus Fakten und deren unterschiedlich stark positiver oder negativer Bewertung.
Gesunde Subjektivität? - Da drängt sich mir die Frage auf: Für wen gesund?

Um ein weiteres Weggleiten von Deinem geposteten Werk zu vermeiden, würde ich vorschlagen, derartige Themen bei Bedarf eher per PN zu behandeln, wenn sie nicht in direktem Zusammenhang mit Deinem Werk stehen und den Faden nur unnötig verlängern.

Mit Gruß
Joame
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