#1

Tiefe Stille

in Diverse 17.05.2006 19:11
von Krabü2 (gelöscht)
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tiefe stille

alle
meine räume durchsuchen
jeden schnippsel aufheben
auch die hintersten
winkel danach duchkämmen
selbst
weit unten sein
im keller vorsichtig
nur mit einer kerze verwehen
nicht die wahre dunkelheit
auspusten oder entfachen
nur
in der verbotenen kammer
heimlich zusammen-
gesuchtes beschriebenes blatt
aneinanderfügen zum fächer
endlich bekanntes atmet
luft

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#2

Tiefe Stille

in Diverse 18.05.2006 00:14
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Uschi,

das gefällt mir gut. Da kommen bei mir viele Gedanken auf von gruseligen Kindheits-Keller-Träumen bis zur verbotenen Heimlichkeit, die zum Schluss die vertraute Erfrischung bringt. Vor allem gefällt mir hier das Bild des Fächers.
Das Ich sucht in der verlorenen, auch bedrohlichen Dunkelheit unter fragilem Lichtschein nach vertrautem. Der Aspekt des Verbotenen ist mir noch etwas suspekt. Was mir jedoch gefällt ist, dass das Ich am Ende nicht nur das beschriebene Blatt findet, sondern durch das Falten zum Fächer mit dem Fund nicht am Ende seiner Suche angekommen ist, sondern quasi sein Schicksal in die hand nimmt und aktiv fächelt.
Dem atmen der Luft steht zuvor noch die Sauerstoff-raubende Kerzenflamme entgegen.
Was mir allerdings nicht so gefällt ist die gramatikalische Einfachheit in der Du den Text hältst. Ich hätte mir das ganze als eine Reihe schöner, ineinandergreifender Formulierungen gewünscht. Da Du die Verben meist im Infinitiv hälst, wirkt das ganze wie eine Stichwortliste, aber nicht wie ein ausgereiftes Gedicht auf mich. Das fehlt dem ganzen nach meinem Gefühl, um seine Stärke wirklich zu entfalten.

Gefällt mir aber trotzdem.

Lieben Gruß,
GW


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#3

Tiefe Stille

in Diverse 18.05.2006 11:16
von Ulli Nois | 554 Beiträge | 554 Punkte
Hallo Uschi,

ich nehme an , dass dieses Gedicht nichts mit dem Tümplerttreffen zu tun hatte, das bekanntlich auch in einem Keller endete

Es geht wohl eher um den Gang in die dunklen Kellerräume der Seele, und dabei gefällt mir der Mut, die Gründlichkeit, und die Behutsamkeit, mit der das Ich seinen Keller durchstreift. "Weit unten sein" - das lese ich als Beschreibung des Menschseins; als Aufforderung die Weite und Dunkelheit der inneren Nacht auszuhalten; nicht ins Helle zu fliehen und auch nicht ins Nichts. Niemand verbietet uns, diese Räume auszuschreiten, ausser wir selbst. Wenn wir es aber schaffen, uns über die Egokontrolle hinwegzusetzen - schreibend sinnend der Situation zu stellen: beginnen selbst die dunkelsten Räume wieder Leben zu atmen.

Oder so...

Soweit meine Grobübersetzung deines feinen Gedichts.

Lieben Gruß von Keller zu Keller,

Ulli

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#4

Tiefe Stille

in Diverse 18.05.2006 11:41
von Krabü2 (gelöscht)
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Hallo Ihr Beiden,
vielen Dank für's Lesen und die Kommentare. Ob ich die Infinitive rausnehme, das weiß ich nicht, denn eigentlich sprechen sie für die Gegenwart oder das gegenwärtige Ansinnen.
Mit der Interpretation habt Ihr Beide recht, wobei Ulli ganz genau beschrieben hat, was dass Gedicht sagen wollte.
Herzlichen Dank, GW und Ulli,
LG Uschi

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