#1

Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam

in Diverse 20.12.2005 09:09
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam


Ich banne Menschen auf Papier,
ich will es nicht beschönigen.
Die Feder dient mir als Rapier
und schlitzt und ritzt an Königen.

Wer mich als Hofnarr unterschätzt -
denn ich verschwende das Talent,
was die Eleven schnell vergrätzt -
bekommt die Kehle durchgetrennt.

Denn wer sich anmaßt, Herr zu sein
und ist nur lahmer Zunge Knecht,
den störe ich im Wörterschrein,
denn Lyrik lebt und das mit Recht.


Hinsichtlich des Titels geht mein Dank an Frank Zappa und dessen Bonmot "Jazz is not dead, it just smells funny".

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#2

Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam

in Diverse 20.12.2005 14:51
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Mattes,

nimm's mir nicht übel, aber ich hab's jetzt schon einpaarmal gelesen und ich versteh's nicht. Es ergibt sich bei mir das diffuse Bild eines Satirischen Lyrikers, der respektlos mit spitzer Feder selbsterklärte Große und Mächtige unter den Wortkünstlern aufs Korn nimmt.
Aber besonders in der 2. Strophe kriege ich die Bezüge der Sätze nicht klar.

Beispiel:

Zitat:

Wer mich als Hofnarr unterschätzt


..., der was?


Zitat:

Denn ich verschwende das Talent


"das Talent", bestimmter Artikel -> Wessen Talent? Das eigene? Das der Eleven? Hier schlägt wieder meine mangelnde Bildung zu. Welche Eleven? Ocean's Eleven? Oder die anderen elf Apostel neben dem lyr. Ich?

Also ich bilde mir ein, es liegt nicht nur an meiner Doofheit. Das ist auch wirklich etwas krumplich semantisch zusammengesetzt.

Die erste und die dritte Strophe hingegen ergeben für mich ein relativ klares Bild und gefallen mir ganz gut, auch wenn die Feder als Schwert bzw. Rapier auch etwas strapaziert ist. Aber mich stört das hier nicht. In Kombination mit dem Hofnarren hat es Charme. Ich kapier's, wie gesagt nur nicht so ganz.

Grüße
GW

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#3

Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam

in Diverse 23.12.2005 08:51
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
HiHo, GerateWohl!

Wie könnte ich es übel nehmen, wenn mir ein Kritiker die "Krumplichkeit" meiner Werke aufzeigt. Nein, das ist der wahre Nektar und das meine ich ernst.

Das lyrische Ich ist hier etwas zwiespältig und diese meine Unentschlossenheit schimmert durch und sorgt für Verwirrung, das sehe ich ein. Vielleicht kann ich durch eine schlichte Entkrumpelung der Mittelstrophe für etwas Klarheit sorgen:

Wer mich als Hofnarr unterschätzt, bekommt die Kehle durchgetrennt.

Das ist der Kern.

Denn ich verschwende das Talent, was die Eleven schnell vergrätzt.

Die Eleven sind die Schüler des lyrI, der gleichzeitig - und hier ist die Diffusion - auch der Talenteverteiler ist und hier bekommen eben nicht die eifrigsten und nettesten und charakterlich tadellosesten ihr gerüttelt Maß, sondern ganz häufig wahre Schubiacke und Misanthropen. Ja, die Welt ist ungerecht.

Klarer jetzt? Wahrscheinlich nicht.

DG
Mattes

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#4

Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam

in Diverse 23.12.2005 10:39
von Roderich (gelöscht)
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Hallo Mattes,

was mich bei deinem Gedicht vor allem fasziniert: Die Leichtigkeit der Sprache, gepaart mit trockenem, teils schwarzem Humor. Das Gedicht geht wunderbar flüssig die Kehle runter, sodass man beim ersten Lesen eigentlich gar nicht mal so auf die Botschaft achtet. Beim zweiten Lesen dann konzentriert man sich auf den Inhalt, der, wie GerateWohl schon anmerkte, doch einiges zu knabbern gibt, aber dennoch mit ein bisschen Denkarbeit zu rekonstruieren ist, wie ich meine.

Kurzfazit: Gefällt mir außerordentlich gut!

Grüße

Thomas

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#5

Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam

in Diverse 23.12.2005 11:07
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Mattes,

ja, jetzt verstehe ich es. Danke für die Erleuchtung. Durch die Einhaltung einiger Formalien hätte sich mir der Zusammenhang der zweiten Strophe vielleicht auch so erschlossen. Im Rahmen unserer Großschreibungsdiskussion kamen wir ja auch auf Zeichensetzung zu sprechen. Einpaar Kommata wären hier möglicherweise hilfreich gewesen. Zudem verwendest Du hier ein Stilmittel das ich stets, entschuldige, als Unart empfinde, weil es bzgl. Verständnis bei mir fast immer für Verwirrung sorgt, nämlich stets das erste Wort eines Verses groß zu schreiben, egal ob es mitten im Satz ist, ein Substantiv ist oder nicht. Es erfüllt meiner Meinung nach keinen Zweck, sieht auch nicht unbedingt besser aus und macht für mich den Text im Zusammenhang schwerer lesbar. Oder was denkst Du?

Schöne Grüße,
GW

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#6

Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam

in Diverse 23.12.2005 11:45
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
@Rod: Vielen Dank. Vielleicht übertreibst du, weil das Fest der Liebe vor der Tür steht aber ich habe mich sehr gefreut!

@GW: Ich denke, du hast recht. Das ist so eine alte Setzerunart und ich habe einfach zuviele solcher Setzungen gelesen und verfalle daher immer mal wieder in den gewohnten Trott. Ich werde das und die Kommasetzung ändern. Danke für deine Hinweise.

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#7

Lyrik ist nicht tot, sie riecht nur seltsam

in Diverse 24.12.2005 11:08
von Roderich (gelöscht)
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Hallo Mattes,

ich bin nicht nur Weihnachten so drauf, also kannst du meine Worte getrost so nehmen, wie sie kommen.

Ich wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest!

Grüße

Thomas

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