#1

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 12.12.2005 16:51
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
nach oben

#2

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 12.12.2005 20:42
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
gefällt mir auch

nach oben

#3

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 05.02.2006 11:21
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Begegnung in der Kastanien-Allee

Ihm ward des Eingangs grüne Dunkelheit
kühl wie ein Seidenmantel umgegeben
den er noch nahm und ordnete: als eben
am andern transparenten Ende, weit,
aus grüner Sonne, wie aus grünen Scheiben,
weiß eine einzelne Gestalt
aufleuchtete, um lange fern zu bleiben
und schließlich, von dem Lichterniedertreiben
bei jedem Schritte überwallt,
ein helles Wechseln auf sich herzutragen,
das scheu im Blond nach hinten lief.
Aber auf einmal war der Schatten tief,
und nahe Augen lagen aufgeschlagen
in einem neuen deutlichen Gesicht,
das wie in einem Bildnis verweilte
in dem Moment, da man sich wieder teilte:
erst war es immer, und dann war es nicht.


Rainer Maria Rilke


Daran musste ich denken, als ich Mattes 'sekundenschlaf' las.

nach oben

#4

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 07.03.2006 09:45
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Das ist die Sehnsucht


Das ist die Sehnsucht: wohnen im Gewoge
und keine Heimat haben in der Zeit.
Und das sind Wünsche: leise Dialoge
täglicher Stunden mit der Ewigkeit.

Und das ist Leben. Bis aus einem Gestern
die einsamste von allen Stunden steigt,
die, anders lächelnd, als die andern Schwestern,
dem Ewigen entgegenschweigt.

nach oben

#5

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 09.03.2006 00:23
von apple (gelöscht)
avatar
Der Wahnsinn

Sie muss immer sinnen: Ich bin... ich bin...
Wer bist du denn, Marie?
Eine Königin, eine Königin!
In die Kniee vor mir, in die Knie!

Sie muss immer weinen: Ich war... ich war...
Wer warst du denn, Marie?
Ein Niemandskind, ganz arm und bar,
und ich kann dir nicht sagen wie.

Und wurdest aus einem solchen Kind
eine Fürstin, vor der man kniet?
Weil die Dinge alle anders sind,
als man sie beim Betteln sieht.

So haben die Dinge dich groß gemacht,
und kannst du noch sagen wann?
Eine Nacht, eine Nacht, über eine Nacht, -
und sie sprachen mich anders an.
Ich trat in die Gasse hinaus und sieh:
die ist wie mit Saiten bespannt;
da wurde Marie Melodie, Melodie...
und tanzte von Rand zu Rand.
Die Leute schlichen so ängstlich hin,
wie hart an die Häuser gepflanzt, -
denn das darf doch nur eine Königin,
dass sie tanzt in den Gassen: tanzt!



Nenn ich Dich Aufgang oder Untergang

Nenn ich Dich Aufgang oder Untergang?
Denn manchmal bin ich vor dem Morgen bang
und greife scheu nach seiner Rosenröte.
Und ahne eine Angst in seiner Flöte
vor Tagen, welche lidlos sind und lang.

Aber die Abende sind mild und mein,
von meinem Schauen sind sie still beschienen.
In meinen Armen schlafen Wälder ein,
und ich bin selbst das Klingen über ihnen
und mit dem Dunkel in den Violinen
verwandt durch all mein Dunkelsein.

nach oben

#6

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 11.03.2006 11:16
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Quai du Rosaire (Brügge)


Die Gassen haben einen sachten Gang
(wie manchmal Menschen gehen im Genesen
nachdenkend: was ist früher hier gewesen?)
und die an Plätze kommen, warten lang
auf eine andre, die mit einem Schritt
über das abendklare Wasser tritt,
darin, je mehr sich rings die Dinge mildern,
die eingehängte Welt von Spiegelbildern
so wirklich wird wie diese Dinge nie.
Verging nicht diese Stadt? Nun siehst du, wie
(nach einem unbegreiflichen Gesetz)
sie wach und deutlich wird im Umgestellten,
als wäre dort das Leben nicht so selten;
dort hängen jetzt die Gärten groß und gelten,
dort dreht sich plötzlich hinter schnell erhellten
Fenstern der Tanz der Estaminets.
Und oben blieb? - - Die Stille nur, ich glaube,
und kostet langsam und von nichts gedrängt
Beere um Beere aus der süßen Traube
des Glockenspiels, das in den Himmel hängt.



Rainer Maria Rilke

nach oben

#7

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 11.03.2006 11:25
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

nach oben

#8

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 11.03.2006 11:26
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo allerseits,

hier mein absoluter Rilke-Liebling:


Todes-Erfahrung

Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das
nicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund,
Bewunderung und Liebe oder Hass
dem Tod zu zeigen, den ein Maskenmund

tragischer Klage wunderlich entstellt.
Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen.
Solange wir sorgen, ob wir auch gefielen,
spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.

Doch als du gingst, da brach in diese Bühne
ein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt
durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne,
wirklicher Sonnenschein wirklicher Wald.

Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes
hersagend und Gebärden dann und wann
aufhebend; aber dein von uns entferntes,
aus unserm Stück entrücktes Dasein kann

uns manchmal überkommen, wie ein Wissen
von jener Wirklichkeit sich niedersenkend,
so dass wir eine Weile hingerissen
das Leben spielen, nicht an Beifall denkend.

nach oben

#9

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 11.03.2006 12:12
von Fabian Probst (gelöscht)
avatar
ja, ds ist klasse.

Das wohl bekannteste:


Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.


Mein absolutes Lieblingsgedicht.

lg,Fabian

nach oben

#10

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 11.03.2006 12:27
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Ja, dieses Gedicht ist tatsächlich ein Traum.

nach oben

#11

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 11.03.2006 20:26
von apple (gelöscht)
nach oben

#12

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 12.03.2006 09:04
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Sag apple: Lies doch auch einmal den Panther.

LG Gem

Ps.: Du bist selbst schuld, wenn wir dich jetzt ausnützen.

nach oben

#13

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 13.03.2006 06:41
von apple (gelöscht)
avatar
kein Thema, im Nebenberuf bin ich eh Auftragsmörder

Rainer Maria Rilke- Der Panther

nach oben

#14

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 13.03.2006 23:37
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
das kann doch keiner mit anhören!

hier eine alternative:

Rainer Maria Rilke - Der Panther


nach oben

#15

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 13.03.2006 23:50
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Oh Gott, das arme Vieh! ..... seid ihr leidend?

nach oben

#16

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 13.03.2006 23:51
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Ich leide, seitdem ich das mitanhören musste... Ach, Leuts, versucht doch, ein bißchen weniger cool und abgefuckt zu sein, der alte Herr hätte es verdient.

nach oben

#17

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 13.03.2006 23:54
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Matte, wir sind cool und abgefuckt.

Der alte Herr ist tot, was interessiert der mich?

nach oben

#18

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 13.03.2006 23:55
von apple (gelöscht)
avatar
Man ist lernwillig Mattes: mach vor, wie's besser geht

nach oben

#19

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 13.03.2006 23:55
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Das habe ich gemerkt. Beides.

nach oben

#20

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

in Rumpelkammer 14.03.2006 00:11
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
nach oben


Besucher
0 Mitglieder und 175 Gäste sind Online

Wir begrüßen unser neuestes Mitglied: Christian87655
Forum Statistiken
Das Forum hat 8220 Themen und 61619 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online:

Besucherrekord: 420 Benutzer (07.01.2011 19:53).