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#1
von Loki (gelöscht)
Am Morgen
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 15.06.2005 12:14von Loki (gelöscht)
Am Morgen
Kalte Füße schlichen eilig über den nackten Boden. Es war still. Es war dunkel. - Bin ich taub? Bin ich blind? - Ein Licht ging an in der Ferne, am Ende des Korridors. Er atmete erleichtert auf. Es ertönte leise Musik und der dunkle Schatten folgte der Melodie - wie früher - er verfiel in einen Tagtraum. Aber konnte es überhaupt ein Tagtraum sein? Es war doch mitten in der Nacht...
Zuerst sah er ein graues Gebäude. Es stand schief an einer sonst leeren Straße. Kleine gelbleuchtende Laternen flankierten das Pflaster und schufen eine ferne doch gemütliche Atmosphäre.
Die Stimme seines Zimmerkollegen riss ihn aus seiner Illusion: „Schläft er?“ Visi nickte lächelnd und griff nach der Taschenlampe. Drückte einmal – gelbes Licht – drückte noch mal. Seine sinne drohten wieder in seinen Gedanken zu versinken. Er schüttelte sich und strich mit seiner schweißnassen Hand über sein Gesicht.
Plötzlich stand er vor der Tür des grauen Gebäudes. Ein großes Haus aus Holz. Vor ihm auf der sandgelben Fußmatte stand etwas geschrieben. Er suchte in seinen Erinnerungen vergebens nach Zeichen, Symbolen, Buchstaben; durchwühlte Zeiten und Orte auf der Suche nach der richtigen Sprache. Er konnte es nicht lesen. Er konnte es nicht mal sehen. Es ist dunkel geworden.
„Kommst du nun?“, flüsterte Sawa ungeduldig nachdem er das Licht ausgemacht hatte und riss ihn abermals aus der anderen Welt. „JA!...ja, gehen wir.“ „Vergiss nicht leise zu sein.“ „Ich werde mich vorsehen.“ Sie huschten schweigend über den finsteren, langen Flur bis zur Tür; durch die Tür; die Treppe runter; durch die Tür; am schlafenden in der Kabine vorbei und raus. Hinaus in die stille, kühle Nacht; ruhig - geheimnisvoll – schön. Glänzende Sterne blinzelten den beiden Jungen zu.
Ein Auge, ein zweites. Große, warme Augen sahen den Jungen eindringlich und lange an. Er wich dem Blick nicht aus. Er hatte die Tür geöffnet, die kleine schwere Tür, welche von zwei steinernen Phönixen gesäumt war. Mit aufgeschlagenen Flügeln, schien es, wollten sie die Welt umarmen. Er war hindurchgegangen und... und trat nun mit entschlossenen doch vorsichtigen Schritten an einen riesigen, golden umrahmten Spiegel. Es sind meine Augen. Er sah in das Blau und sah tiefer hinein. Er fiel, tiefer und tiefer. Plötzlich schluckte er Wasser. Er riss sich an die Oberfläche.
Ein Tropfen Wasser landete auf seiner Nasenspitze. Es hatte wohl angefangen zu regnen... nein. Es regnete nicht. War der Tropfen von einem Baum gefallen, auf dessen herbstgelben Blättern sich die Tränen des letzten Gewitters gesammelt hatten? Vielleicht. Die beiden waren schon eine halbe Stunde gelaufen ohne miteinander zu reden. Sie hörten nur zu. Sie hörten dem Morgen zu. Er kam mit großen Schritten und wurde mit dem leuchtenden Gesang der geflügelten Chöre empfangen, die versteckt in den Kronen thronten. „Wir müssen uns beeilen.“ „Wir müssen fliegen!“, grinste Visi seinen Begleiter an und ein helles Lachen erklang aus ihren Seelen. Visi rannte los. Er fühlte sich gut, lebendig. Er sah zum Himmel, der immer blauer wurde und streckte seine Hand nach ihm aus und er...
...fühlte ihn. Er ist wie das Meer. Das Meer um mich herum. Er blickte nach vorne und sah Land. Er schwamm weiter und spürte Sand unter seinen Füßen. Er sah Muscheln und farbenfrohe Steine auf dem Grund sich von Wellen sanft wiegen. Er ging weiter.
„Dort vorne ist es!“, hörte er Sawa flüstern, sagen, rufen. „Wir haben nur noch wenig Zeit!“, rief der Junge, der ein Stück vorgegangen war. Sie stiegen einen steilen, felsigen Hang hinauf. Die Steine lagen friedlich, noch im Träume versunken, nebeneinander. Hinter ihm hörte er das Meer rauschen. Vor ihm erstreckte sich der Horizont, durchleuchtet von einem sonnigen Gelb. Sie waren oben angekommen. Sie waren auf der Spitze. Visi schloss ein letztes mal die Augen – Dunkelheit – nie wieder. Er öffnete sie und befand sich wieder am Strand. Direkt vor ihm stand ein großer, atemberaubender Pfau. Der Pfau schaute ihn an und als hätte ihn der Morgen geküsst begann er seine von Farben durchschienene Federpracht auszubreiten. Ich sehe sie! Die Sonne geht auf! Ein wunderlicher Glanz strömte durch seine ozeanblauen Augen und eine neue, zauberhafte Blume erblühte in seinem Herzen.
Ich sehe Sie – keine Finsternis mehr.
Kalte Füße schlichen eilig über den nackten Boden. Es war still. Es war dunkel. - Bin ich taub? Bin ich blind? - Ein Licht ging an in der Ferne, am Ende des Korridors. Er atmete erleichtert auf. Es ertönte leise Musik und der dunkle Schatten folgte der Melodie - wie früher - er verfiel in einen Tagtraum. Aber konnte es überhaupt ein Tagtraum sein? Es war doch mitten in der Nacht...
Zuerst sah er ein graues Gebäude. Es stand schief an einer sonst leeren Straße. Kleine gelbleuchtende Laternen flankierten das Pflaster und schufen eine ferne doch gemütliche Atmosphäre.
Die Stimme seines Zimmerkollegen riss ihn aus seiner Illusion: „Schläft er?“ Visi nickte lächelnd und griff nach der Taschenlampe. Drückte einmal – gelbes Licht – drückte noch mal. Seine sinne drohten wieder in seinen Gedanken zu versinken. Er schüttelte sich und strich mit seiner schweißnassen Hand über sein Gesicht.
Plötzlich stand er vor der Tür des grauen Gebäudes. Ein großes Haus aus Holz. Vor ihm auf der sandgelben Fußmatte stand etwas geschrieben. Er suchte in seinen Erinnerungen vergebens nach Zeichen, Symbolen, Buchstaben; durchwühlte Zeiten und Orte auf der Suche nach der richtigen Sprache. Er konnte es nicht lesen. Er konnte es nicht mal sehen. Es ist dunkel geworden.
„Kommst du nun?“, flüsterte Sawa ungeduldig nachdem er das Licht ausgemacht hatte und riss ihn abermals aus der anderen Welt. „JA!...ja, gehen wir.“ „Vergiss nicht leise zu sein.“ „Ich werde mich vorsehen.“ Sie huschten schweigend über den finsteren, langen Flur bis zur Tür; durch die Tür; die Treppe runter; durch die Tür; am schlafenden in der Kabine vorbei und raus. Hinaus in die stille, kühle Nacht; ruhig - geheimnisvoll – schön. Glänzende Sterne blinzelten den beiden Jungen zu.
Ein Auge, ein zweites. Große, warme Augen sahen den Jungen eindringlich und lange an. Er wich dem Blick nicht aus. Er hatte die Tür geöffnet, die kleine schwere Tür, welche von zwei steinernen Phönixen gesäumt war. Mit aufgeschlagenen Flügeln, schien es, wollten sie die Welt umarmen. Er war hindurchgegangen und... und trat nun mit entschlossenen doch vorsichtigen Schritten an einen riesigen, golden umrahmten Spiegel. Es sind meine Augen. Er sah in das Blau und sah tiefer hinein. Er fiel, tiefer und tiefer. Plötzlich schluckte er Wasser. Er riss sich an die Oberfläche.
Ein Tropfen Wasser landete auf seiner Nasenspitze. Es hatte wohl angefangen zu regnen... nein. Es regnete nicht. War der Tropfen von einem Baum gefallen, auf dessen herbstgelben Blättern sich die Tränen des letzten Gewitters gesammelt hatten? Vielleicht. Die beiden waren schon eine halbe Stunde gelaufen ohne miteinander zu reden. Sie hörten nur zu. Sie hörten dem Morgen zu. Er kam mit großen Schritten und wurde mit dem leuchtenden Gesang der geflügelten Chöre empfangen, die versteckt in den Kronen thronten. „Wir müssen uns beeilen.“ „Wir müssen fliegen!“, grinste Visi seinen Begleiter an und ein helles Lachen erklang aus ihren Seelen. Visi rannte los. Er fühlte sich gut, lebendig. Er sah zum Himmel, der immer blauer wurde und streckte seine Hand nach ihm aus und er...
...fühlte ihn. Er ist wie das Meer. Das Meer um mich herum. Er blickte nach vorne und sah Land. Er schwamm weiter und spürte Sand unter seinen Füßen. Er sah Muscheln und farbenfrohe Steine auf dem Grund sich von Wellen sanft wiegen. Er ging weiter.
„Dort vorne ist es!“, hörte er Sawa flüstern, sagen, rufen. „Wir haben nur noch wenig Zeit!“, rief der Junge, der ein Stück vorgegangen war. Sie stiegen einen steilen, felsigen Hang hinauf. Die Steine lagen friedlich, noch im Träume versunken, nebeneinander. Hinter ihm hörte er das Meer rauschen. Vor ihm erstreckte sich der Horizont, durchleuchtet von einem sonnigen Gelb. Sie waren oben angekommen. Sie waren auf der Spitze. Visi schloss ein letztes mal die Augen – Dunkelheit – nie wieder. Er öffnete sie und befand sich wieder am Strand. Direkt vor ihm stand ein großer, atemberaubender Pfau. Der Pfau schaute ihn an und als hätte ihn der Morgen geküsst begann er seine von Farben durchschienene Federpracht auszubreiten. Ich sehe sie! Die Sonne geht auf! Ein wunderlicher Glanz strömte durch seine ozeanblauen Augen und eine neue, zauberhafte Blume erblühte in seinem Herzen.
Ich sehe Sie – keine Finsternis mehr.
#2
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Am Morgen
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 15.06.2005 13:04von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Loki,
ich habe Deine Geschichte gerne gelesen. die Idee mit der Vermischung von Halbschlafträumen und den nächtlichen und morgendlichen Aktivitäten gefällt mir. Ich muss zugeben, dass ich dabei aber ständig an Harry Potter denken musste, zum einen wegen der Phönixe, der Jungen in den Schlafräumen, dem Nachts-heraus-Stehlen, und nicht zuletzt dachte ich an die Traumsequenzen von Teil 5, wo Harry immer diesen Gang entlang geht und der Traum sich mehr und mehr in seine Wachzustände mischt. Aber die Assoziation schadet dem ganzen ja nichts. Du gibst dieser Morgenstimmung so einen magischen Touch. Das finde ich ganz gut.
Was mich etwas verwirrt hat, sind die bruchstückhaften Beschreibungen der Umgebung und der Umstände. Bei den traumhaften Sequenzen ist Dir das sehr gut gelungen, bei den Wachmomenten vermisse ich da etwas. Ich finde das Ganze sprachlich so schön und von der Dramaturgie so satt, dass ich meine, es hätte der Geschichte gut getan, wenn Du noch mehr in der äußeren Beschreibung der Figuren, der Örtlichkeiten, der Landschaften geschwelgt hättest. So kommt, denke ich, nur ein Bruchstück des Bildes beim Leser an, das Du wahrscheinlich vor Deinem inneren Auge hattest. Es geht zu schnell vorbei. Man möchte beim Lesen noch länger in diesen ungewissen, vermischten Zuständen verharren, gehalten werden, und wenn Du nur noch ein Nachttisch, einen Türknauf etc. dazu beschreibst, man noch erfährt, wie alt die Jungs sind, welche Farbe ihre Haare, welche Muster ihre Schlafanzüge haben. Das Bild, das Du zeichnest, ist sehr skizzenhaft. Ich hätte gerne ein Gemälde gehabt. Aber die Skizze gefällt mir.
Grüße
GerateWohl
ich habe Deine Geschichte gerne gelesen. die Idee mit der Vermischung von Halbschlafträumen und den nächtlichen und morgendlichen Aktivitäten gefällt mir. Ich muss zugeben, dass ich dabei aber ständig an Harry Potter denken musste, zum einen wegen der Phönixe, der Jungen in den Schlafräumen, dem Nachts-heraus-Stehlen, und nicht zuletzt dachte ich an die Traumsequenzen von Teil 5, wo Harry immer diesen Gang entlang geht und der Traum sich mehr und mehr in seine Wachzustände mischt. Aber die Assoziation schadet dem ganzen ja nichts. Du gibst dieser Morgenstimmung so einen magischen Touch. Das finde ich ganz gut.
Was mich etwas verwirrt hat, sind die bruchstückhaften Beschreibungen der Umgebung und der Umstände. Bei den traumhaften Sequenzen ist Dir das sehr gut gelungen, bei den Wachmomenten vermisse ich da etwas. Ich finde das Ganze sprachlich so schön und von der Dramaturgie so satt, dass ich meine, es hätte der Geschichte gut getan, wenn Du noch mehr in der äußeren Beschreibung der Figuren, der Örtlichkeiten, der Landschaften geschwelgt hättest. So kommt, denke ich, nur ein Bruchstück des Bildes beim Leser an, das Du wahrscheinlich vor Deinem inneren Auge hattest. Es geht zu schnell vorbei. Man möchte beim Lesen noch länger in diesen ungewissen, vermischten Zuständen verharren, gehalten werden, und wenn Du nur noch ein Nachttisch, einen Türknauf etc. dazu beschreibst, man noch erfährt, wie alt die Jungs sind, welche Farbe ihre Haare, welche Muster ihre Schlafanzüge haben. Das Bild, das Du zeichnest, ist sehr skizzenhaft. Ich hätte gerne ein Gemälde gehabt. Aber die Skizze gefällt mir.
Grüße
GerateWohl
#3
von Loki (gelöscht)
Am Morgen
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 15.06.2005 19:31von Loki (gelöscht)
danke sehr für dein Interesse.
Es ist schon eine weile her, seit ich diese kurze Geschichte geschrieben hatte. damals kannte ich harry potter noch nicht (wenn, dann nur den ersten film). ich habe die bücher auch nicht gelesen (nur zur info). da bin ich jetzt schon auf den fünften film gespannt .
was die beschreibung der außenwelt angeht, so war das bewußt nicht sehr ausführlich. ich suchte damit auszudrücken, dass die innere vorstellung und die eigene welt des jungen für ihn viel echter und viel bildhafter ist, bis zum aufgang der sonne. du hast aber sehr recht. es fehlt ein wenig an Farbe. ich werde mir noch mal gründlcih dazu gedanken machen.
Gruß, Loki
Es ist schon eine weile her, seit ich diese kurze Geschichte geschrieben hatte. damals kannte ich harry potter noch nicht (wenn, dann nur den ersten film). ich habe die bücher auch nicht gelesen (nur zur info). da bin ich jetzt schon auf den fünften film gespannt .
was die beschreibung der außenwelt angeht, so war das bewußt nicht sehr ausführlich. ich suchte damit auszudrücken, dass die innere vorstellung und die eigene welt des jungen für ihn viel echter und viel bildhafter ist, bis zum aufgang der sonne. du hast aber sehr recht. es fehlt ein wenig an Farbe. ich werde mir noch mal gründlcih dazu gedanken machen.
Gruß, Loki
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