#1

Schattenbrise II

in Düsteres und Trübsinniges 15.02.2005 11:01
von kein Name angegeben • ( Gast )
- auf Wunsch der autorin gelöscht -


BG,

AB.
Admin

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#2

Schattenbrise II

in Düsteres und Trübsinniges 15.02.2005 12:42
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ein wunderbar düsteres Gedicht, dessen Wortwahl und überzeugende Melodie es mir angetan hat. Das liest sich sehr flüssig und die Metaphern sind stark und nicht zu gewollt. Ein ästhetischer Genuss.

Kleinere formale Mängel sind verzeihlich, stoßen aber ungerechterweise um so mehr auf, je gelungener ein Gedicht ist. Mir gefallen folgende Dinge nicht:

Folter gefällt mir als Elision noch weniger als Folt’re. Geschrieben sieht es zwar gefälliger aus, gesprochen ist es das keineswegs. Foltere die Fluchtgedanken hätte es vielleicht auch getan ? Bei Sperr mich ein ist die Auslassung überflüssig, da Sperre mich in Kerkerzellen doch wunderbar und gleich gut funktioniert. Für schnür mich... gilt das ebenso: Schnüre mir die Wahnsinnsweste. In der Zeile Schaff ein Grab mir unter Wiese gefällt mir die ganze Formulierung nicht, da geht die Elision unter. Das Verb schaffen ist offensichtlich der Alliteration geschuldet (Strophe 2: Schere, schwärze, schnüre / Strophe 3: Schenke, schmücke, schaffe) aber gerade deswegen fällt es so auf. Dadurch fällt auch auf, dass du in Strophe 1 diesen und auch einen anderen Ansatz nicht geschafft hast, so wie die Fülle der Imperative eben auch die einzelnen Auslassungen überbetont. Das mag dir unfair erscheinen aber du setztest die Maßstäbe. Der Vollständigkeit halber noch die letzte Zeile: Mache mir den Tod vertraut wäre besser.

Inhaltlich missfällt mir, dass die Todessehnsucht des lyr. Ich unverständlich bleibt. Die Dichterin schreibt zwar (in wunderbarer Art) von eben dieser (unerfüllten) Sehnsucht, warum sie (das lyr. Ich) sie aber hat, schreibt sie nicht. Immerhin hat es Fluchtgedanken, Freiheitswillen, sehr wohl andere (untergegangene) Wünsche. Welche ? Was ist schief gegangen ? Für mich als nicht-todessehnsüchtigem Leser bleiben zu viele Fragen offen, ich kann nicht mitfühlen, nicht mitleiden, mich nicht identifizieren. Daher bleibe ich nüchtern und distanziert. Und das ist schade, weil es mich gereizt hätte ...

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#3

Schattenbrise II

in Düsteres und Trübsinniges 15.02.2005 12:52
von kein Name angegeben • ( Gast )
Hallo muh-q wahn,

gute und berechtigte Einwände. Deine Vorschläge werde ich - kurz bedacht - allesamt übernehmen. Mir waren schreibend die ganzen Ellisionen gar nicht so in's Auge gefallen. Die Zeile mit der Wiese hat mir bereits zu denken gegeben, ohne dass eine Lösung bisher aufkam.

Vielleicht hilft Dir bei Deiner Frage nach dem Warum die Schattenbrise I auf die Sprünge (die allerdings erhellt, warum mir dieses Gedicht so schnell von der Hand ging ):

abendhelle Schattenbrise

Schenke mir die Schattenbrise,
hülle mich in Sehnsucht ein,
fahre schüchtern durch die Falten,
lass den Rostton Glanz behalten,
fühle mich und ebendiese
sanfte Glut im Mondenschein.

Tränke meine Trostgelüste,
schmeichel meinem Trauerkleid,
sieh die Kraft in Farben fließen,
und das Licht sich schwarz ergießen,
Silber glänzend zeigt die Küste
heute die Vergangenheit.

Webe mir in weichen Wellen
wärmend die Erinnerung,
stürze mutig in die Zeiten,
hole Luft und lass Dich gleiten,
drängen doch die abendhellen
Stunden Dich bald von mir fort.


Vielen Dank in jedem Fall und auf dann
Nina

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#4

Schattenbrise II

in Düsteres und Trübsinniges 18.02.2005 18:07
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo Nina,

ich habe die erste Version nicht gelesen, aber so, wie sich Deine Zeilen jetzt präsentieren, bin ich ebenfalls sehr angetan. Jeder Vers verführt mich, den nächsten zu lesen, und während ich so durch Deine Worte gleite, entwickelt sich ein sehr angenehmer Lesefluss.

Während Schattenbrise I noch eher von Melancholie getragen wird mit einer Prise hoffnungsvollen Halt (der allerdings zum Ende forttreibt), kommt Schattenbrise II wortgewalt(tä)iger, ja geradezu knochenbrechendbrachial daher.

Sehr stimmungsvolles, dunkles Gedicht für einsame Abende zu Haus... gefällt mir!


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