#1

Maiklopfen

in Düsteres und Trübsinniges 05.01.2011 18:20
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Dann wacht er auf.
Es klopft aus der Wand.
Er schläft ein.
Es klopft aus der Wand.
Halb im Schlaf denkt er: an das Universum.
Viel zu früh, 1.15h.
Verdammt, wer klopft so früh? Und wer klopft überhaupt?
Aus der Wand ...hinter meinem Bett ...reißt mich aus dem Schlaf... klopft nur klopft nur?
Er setzt sich auf die Bettkante, hangelt sich einen Latschen, tastet sich durch das Zimmer in die Toilette.
Und pinkelt, auf den Fliesen umspült sein Urin warm seinen linken Fuß.
Der andere Fuß steckt im Filzpantoffel, bleibt kalt trocken.
Als er sich wieder hinlegt kommen ihm Bedenken.
Es könnte besser sein nicht jede Nacht durchzuschlafen.
Dunja ist eine scharfe Braut.
Aber sie ist unerreichbar, wenn sie mit diesem Typ, die Beine links rechts, rechts links, übereinander geschlagen,
ihm gegenüber sitzt.
Sie riecht dann verdammt gut aus ihrer idealen Mitte, wenn sie die Beine übereinander schlägt.
Sascha ist beneidenswert.
Es klopft aus der Wand, verdammte.
Wenn das nicht sofort... es hört auf.
Er geht ans offene Fenster.
Der Himmel voller Sterne, der große Wagen, reibt sich den Schlaf aus den Augen.
Ich möchte wegfahren, denkt er, geht durchs Zimmer, den Korridor, ins nächste Zimmer, auf den Balkon.
Auf dem Balkon Zigaretten, Rest Rotwein, zündet die Zigarette an.
Mein Gott! Es ist gerade nach eins mitten in der Nacht, wer was ist das?
Ein Maikäfer kam woher will wohion, landet auf der Hand.
Maikäfer fliege, Dein Vater ist im Kriege. Väter immer.
Flieg, pass auf, auf die Zigarette.
Ein Kaiser, der mache den Abflug.
Zur Kaiserin?
Ach ja, Dunja.
Er onaniert, whow, Scheiße.
Der Flieder, maikühl kühl, das Bett noch warm.
Unten im Treppenhaus geht die Tür, der Zeitungsmann.
Er träumt U.-Bahn, Untergrund, Kellergrund, über ihm fliegt Gert hoch in den Wolken,
und scheiß die braune Scheiße aus, warnt vor dem Schlimmsten.
Es klopft ... springt aus dem Bett... in die Hosen ...das Treppenhaus herunter... läuft zum Eingang 51b, klingelt bei Lautwege.
" Ja?!"
" Haben S i e geklopft?"
"Was?"
"Schon gut. Schlafen Sie weiter."
" Was?"
Im Briefkasten liegt die Tageszeitung.
Der Verteidigungsminister sagt, dass sich Deutschland in einem Krieg befindet. Befindet.
1944 hatte er Klopfzeichen an der Brandmauer im Keller gehört.
Am nächsten Tag wußte er, dass alle im Nachbarhaus wegen der Brandbomben erstickt waren.
Aber lasse er das, mahnt er sich, er, immerhin nicht irgend einer.
Lasse er Dunja bei Sascha.
Lasse er doch weiter klopfen, vielleicht, oh Preußenkönig, und Voltaire?
Möglich das Dunja klopft. Nicht wahr?

zuletzt bearbeitet 07.01.2011 07:37 | nach oben

#2

RE: Maiklopfen

in Düsteres und Trübsinniges 07.01.2011 11:40
von Rubberduck | 558 Beiträge | 558 Punkte

Lieber Otto,

da wir ja gerade darüber diskutieren.....

für meinen Geschmack ist die Ausdrucksweise zu derb, aber das war sicher hier als Stilmittel gedacht.

Liebe Grüße,
Bärbel

zuletzt bearbeitet 07.01.2011 11:56 | nach oben

#3

RE: Maiklopfen

in Düsteres und Trübsinniges 15.01.2011 23:47
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte

Hallo Otto,

Zuerst die Frage nach dem Wohin? Eine etwas skurile Momentaufnahme und wenn ja, warum und wofür? Die Plausibilität des Geschriebenen, der mir zu skizzenhaft erscheinende Ton, macht es fast unmöglich die Stimmung aufzufangen, wobei immer wieder die Fäden, die miteinander zwar verknotet, jedoch kaum nachvollziehbar erscheinen, lose ratlos machen.
So ist es ein bisschen die Sammlung einer Summe von Gedankenfetzen, die eigentlich eine Kette ergeben sollten.

Der Text ist mir nicht zu rauh, es sind nunmal die kleinen Tatsachen im Kontext der Realität.
Der Protagonist sollte etwas klarer hervortreten anhand des Erzähltons. - So ergibt sich am Ende das Bild eines Senilen, einerseits aus dem geschichtlichen, andererseits dem kindlichen... jedoch, was dann? Das Ganze mangelt irgendwie, kränkelt etwas. - Das bekäme man vielleicht über eine Umstrukturierung im zeitlichen Ablauf hin.
Eventuell ist Dir der Text es wert, da nochmal ein wenig zu basteln...
Eine kleine Lektur würde auch nicht schaden...
Würde da nicht trotzdem etwas interessant erscheinen, hätte ich niX gesagt.

Gruß
Gb.


_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
zuletzt bearbeitet 16.01.2011 00:06 | nach oben

#4

RE: Maiklopfen

in Düsteres und Trübsinniges 16.01.2011 08:33
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Der Text ist aus einer fluktuierenden Situation geschrieben. Noch verschlafen brechen assoziativ Gedankensplitter
in die Wachphase. Aber sie verbinden sich nicht zu einem Gesamtbild, brechen immer wieder ab, weichen weiteren Einsprengseln. Natürlich ist es der Phantasie des Lesers überlassen sich die vorerfahrenen Hintergründe
von Geschehnissen herein zu holen. Es sind also vier Realitätsebenen: die des Traumes, die des Überganges in das Wachsein, Unbewußtes, Vorerlebtes. Die gedanklichen und emotionalen Einbrüche sind eine Blitzaufnahme.
Sie sind deshalb bewußt grobsprachlich, nicht ausgeformt, verschwinden so schnell, wie sie gekommen sind. Leider ist es mir nicht möglich das Unbewußte zugleich bewußt zu beschreiben. Da wären wir leicht bei der Psychoanalyse. Ich könnte sagen, dass sich das Ganze im Raum von... "was wollte ich gleich, doch wo ist es geblieben?"... erlebt.

Für den Erlebenden stellt sich nicht die weiterführende Frage des warum und wohin. Eine Momentaufnahme, ja. Wofür? Es ist die in diesem Bereich mögliche Aufnahme eines Zustandes, der schnell flüchtig wird. Deshalb nimmt der Autor mit, was er noch erhaschen kann. Die Gedankenfetzen sollten nicht eine Kette ergeben, sie lag ihm vor, ist nicht bewußt verknotet. Ein bißchen wie ein Brainstorm. Senil und kindlich: Ja in diesem ... Dämmerbewußtsein zeigt sich zuweilen Naivität, Kindlichkeit schon; Senilität ist etwas anderes, geht eher ins Gegenteil des Ungreifbaren aus Altershinfälligkeit.

Das Du weinig oder keinen Zugang zum Text gefunden hast ist vielleicht damit zu erklären, dass Du selber noch keinen Versuch unternommen hast an Dir selbst eine solche Situation festzuhalten: in ihr zu sein ist anders als über sich bewußt zu schreiben, es gibt nur wenig Zeit.

Im übrigen kennen wir uns selbst nicht, doch um so mehr projezieren wir das auf den anderen, dass wir bei uns selbst nicht aushalten, ohne dass wir wissen, was es ist.

Danke für das Lesen.

Gruß otto.

zuletzt bearbeitet 16.01.2011 08:40 | nach oben

#5

RE: Maiklopfen

in Düsteres und Trübsinniges 16.01.2011 16:08
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte

Zitat von otto
Leider ist es mir nicht möglich das Unbewußte zugleich bewußt zu beschreiben. Da wären wir leicht bei der Psychoanalyse.


Genau das meine ich nicht. Diese Fetzen etwas zu strukturieren, dem Leser einen Zugang zu bereiten, es sei denn Deine Intention bezieht sich auf einzig auf Dich, Deinen Protagonisten...

Zitat von otto
Für den Erlebenden stellt sich nicht die weiterführende Frage des warum und wohin.


Und für den Lesenden?

Zitat von otto
Das Du weinig oder keinen Zugang zum Text gefunden hast ist vielleicht damit zu erklären, dass Du selber noch keinen Versuch unternommen hast an Dir selbst eine solche Situation festzuhalten: in ihr zu sein ist anders als über sich bewußt zu schreiben, es gibt nur wenig Zeit.


Das habe ich nicht gesagt, es ist Deine Auslegung meiner Worte.
Zeit wird manchmal überbewertet, oder unter, wie so viel...

Zitat von otto
Im übrigen kennen wir uns selbst nicht, doch um so mehr projezieren wir das auf den anderen, dass wir bei uns selbst nicht aushalten, ohne dass wir wissen, was es ist.


Wer kennt sich schon? Zeitlich betrachtet.
Und wieder sind es Deine Werte, Dein Mikrokosmos, Deine Summe der Erfahrungen
Womit wir auch in den philosophischen Bereich hereinbrächen, wollten wir das. Oder den der Psychoschiene, der Mathematik, Physik... oderoderoder...


Zitat von otto
Danke für das Lesen.


Dafür kein Dank, bitte.
Mir bleibt dazu nichts mehr zu sagen...

Zitat von otto
Gruß otto.


...außer:
Gruß
G.b.


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Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
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