#1

Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 07.06.2012 20:57
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Alle Mitglieder, sind eingeladen, mitzumachen und ihre Kreativität auszutoben!
Die quellende Phantasie]

Ich mache den Anfang:

Den ganzen Abend schon hatte ich ein komisches Gefühl, das am ehesten mit Nervösität zu beschreiben gewesen wäre. Ganz bei der Sache war ich nicht. Meine Arbeit ging nicht weiter; ich war dabei, einige für mich interessante Stellen aus Büchern, zusammenzuschreiben. Dieses Vorhaben jemanden erklären zu wollen, schien mir zu umständlich.
Ich ahnte, wieder würde ich aufgeben und diese lästige Arbeit auf nächste Woche verschieben.

Ein schwaches Geräusch ließ mich aufhorchen. Ich konnte es nicht zuordnen, gerade das beunruhigte mich.
Das Buch, das ich gerade in den Händen hielt, klappte ich lautlos zusammen und legte es vorsichtig beiseite.
Nur keinen Laut! Nochmals vernahm ich das Geräusch, das mich in der Stille, die mich umgab, zusammenzucken ließ.
Ach, dass ich nicht gleich darauf gekommen war: ich hatte vor cirka zehn Minuten die Kaffeemaschine eingeschaltet; diese knackste jetzt gelegentlich oder pfauchte oder ließ mir bei ihren blubberndem Geräusch, die Gänsehaut aufsteigen.

zuletzt bearbeitet 07.06.2012 21:22 | nach oben

#2

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 10.06.2012 10:40
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

Wind ist aufgekommen. Der Fensterladen klappert. Ehe ich weiterarbeiten kann, muss ich mich beruhigen.
Klavierspielen hat mich immer beruhigt . Ich gehe hinüber zum Flügel. Eng habe ich ihn an die Wand gerückt, damit ich mehr Platz im Arbeitszimmer habe.

Die Abegg-Variationen von Robert Schumann spiele ich besonders gerne. Ganz unten im Notenfach liegen sie. Weit muss ich mich hinunterbeugen. Einen dumpfen Druck spüre ich plötzlich an beiden Schläfen, spüre, wie meine Knie einknicken und dann wird es dunkel um mich.

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#3

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 13.06.2012 08:56
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Dumpfer Druck rund um meinen Schädel und Sausen in den Ohren. Während mir der Kopf auf den Boden
sinkt, schmerzen meine eingeknickten Knie. Im Kreuz ein höllisches Stechen, das fährt mein Bein entlang.
Alles geht zuende, wie soll ich je wieder aufstehen? Wer sollte mir noch helfen können?

Eine ferne fremde Stimme dringt zu mir durch: "Was hängst du da unter dem Klavier? Der Kaffee ist fertig!"

zuletzt bearbeitet 13.06.2012 08:59 | nach oben

#4

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 13.06.2012 09:34
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

Ich schlage widerstrebend die Augen auf. Vor mir sitzt mein grau-braun gestromter Kater Paul. Er tippt mit der Pfote auf meinen Kopf. Ich schließe die Augen, möchte nicht aufwachen, möchte nicht, dass mein Kater vor mir sitzt und mit mir spricht.

zuletzt bearbeitet 13.06.2012 09:34 | nach oben

#5

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 13.06.2012 14:44
von stray (gelöscht)
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"es ist essenszeit und meine milch muss in den topf"

wie wecke ich mein frauchen aus dem halbschlaf? wer weiß, warum sie auf einmal über den teppich krabbelt,
kommt aber kaum darauf an, solange sie es bis zum herd schafft. unpünktlicher service ist katzen ein greuel.

erst gestern brachte sie dosen aus dem supermarkt mit, was sie nicht tun sollte. fangfrische beute mögen
tiere viel lieber und ist weitaus gesünder. die pakete waren zu schwer. leider kann ich nicht tragen helfen.
jetzt haben wir das malheur. sie liegt da herum, stöhnt, hat einen hexenschuß und wo bleibt mein futter...

hopp auf den schreibtisch schiebe ich das telefon über die kante: plopp auf dem boden geht die rückseite
ab und der akku fliegt raus. mit der pfote schubse ich ihr die bauteile zu. sie wird doch technisch genügend
begabt sein das wieder zusammenzusetzen und uns hilfe zu holen. ausgerechnet jetzt zur f u t t e r z e i t .

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#6

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 14.06.2012 12:53
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

„Der Kaffee ist fertig“, hallt es in meinen Ohren. Wer hat das zu mir gesagt, was mache ich unter dem Klavier? Stöhnend setzte ich mich auf. Dieser Schmerz im Rücken. Vorsichtig betaste ich meine Stirn. Eine beachtliche Beule. Autsch. Zu allem Überfluss riecht es nach verbranntem Kaffee. Ein stechender Geruch. Gut. Dass ich mich am Flügel festhalten kann. Kraftlos ziehe ich mich hoch und blicke ratlos auf das zertrümmerte Telefon auf dem Boden. Da ist keine Hilfe zu erwarten.

Kläglich maunzt es in der Küche. „Paul, Paulchen, komm her zu mir“. Am Liebsten möchte ich mitjammern.

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#7

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 14.06.2012 19:17
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Da waren doch hier mal irgendwo Tabletten, die helfen gegen Schmerzen im Rücken; obwohl manchmal hat
man danach welche im Magen, aber egal. Wo habe ich die hingetan? Gequält hinke ich in Richtung Küche, wo
ich etwas rascheln höre, eine Hand im Kreuz und mit der anderen stütze ich mich ab, an was auch immer Halt verspricht. "Paulchen, mein kleiner Liebling! Was frißt du denn da...?"

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#8

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 14.06.2012 22:03
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

"Das darfst Du doch nicht fressen, mein Paulchen! Eijeijei!"
"Und warum darf ich das nicht? Dir scheint mein Hunger egal zu sein, Du läßt gewaltig nach, bist eben auch nicht mehr die Jüngste." Bevor mir wegen der Bemerkung die Zornesröte aufstieg, erwiderte ich "Weil ich es sage. Was und wann Du etwas essen darfst, bestimme immer noch ich!" In diesem Augenblick war mir egal, ob die Katze sprach; sie hatte meinen wunden Punkt angesprochen. Zum Überfluß begann sie neuerlich zu nörgeln und mir war als könnte ich einen hämischen Zug um ihren Mund sehen. "Also bist Du eine Diktatorin, eine Tyrannin und ich bin Dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

"Sei still, sei bloß still, Du undankbares haariges Tier, damit ich mich nicht vergesse." "Ach, dann vergißt sich schon jemand; Vergessen scheint überhaupt Deine Stärke zu sein. Logo, in dem Alter, wo Du Dein schütteres Gezause am Kopf alle paar Tage nachfärbst und gutgläubig mit einer sündteuren Creme versuchst, Deine schwabelige Orangenhaut zu straffen. Glaube mir, das ist vergebens. Wie Ihr zu sagen pflegt alles für die Katz." "Aber Paulchen!" In meinen Ohren begann es zu dröhnen, mir schwindelte.
"Ja, Du bist nichts anderes als eine alte Fee, die sich für den Nabel der Welt hält und ihre Weisheit aus Broschüren und dem Internet bezieht. Du bist vergeßlich, unzuverlässig und herrschsüchtig. Dein rechthaberisches Gehabe habe ich satt. Gib mir ordentliches Futter und schau nicht so debil."

Das hätte sie nicht sagen dürfen. Der Krug war übergelaufen. Ich warf mich auf das freche Paulchen. Es war ein schwerer Fall, ich schlug hart auf. Dabei durchzuckten mich Bilder aus den Filmen von den Gremlins. Meine Hände schnellten vor, bekamen das Paulchen zu fassen. Dieses pfauchte dabei und riss mir mit seinen Krallen von der Stirne bis zum Mund herab brennende Furchen ins Gesicht. Als ich das Blut sah, strich ich aus meinem Wortschatz die Wörter 'Erbarmen' und 'Rücksicht'.

Ich hatte mich aufgerappelt, zur Lade mit den Küchenmessern geschleppt und das größte herausgegriffen. Mit einem Finger strich ich probeweise über die Klinge. Es gab einen leichten metallischen Klang. Die Vorfreude der Rache überkam mich. Ich verspürte die pochenden Schläfen und den trockenen Mund von dem Blut triefte. Das aber ignorierte ich.
Paulchen saß chancenlos im Eck. Mit flinker Hand, wie ein Schlangenfänger faßte ich dieses jetzt ekelige Wesen am Genick. Mein Griff war unbarmherzig und fest. In der rechten Hand blitzte die Klinge des Messers durch die Luft.

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#9

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 15.06.2012 09:09
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Da liege ich am Boden mit ein paar Haaren in einer Hand und einem lächerlichen Küchenmesser in der anderen. Den Rücken verdreht. Sauweh schießt der Schmerz vom Kreuz ins Bein. Wie ich jemals wieder aufstehen soll kann ich mir nicht vorstellen.
Und hoch oben auf dem Küchenschrank guckt mein Kater putzmunter aber leicht erstaunt von oben herunter.
Und ich könnte schwören, dass er grinst.

zuletzt bearbeitet 15.06.2012 09:10 | nach oben

#10

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 15.06.2012 10:03
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Ein teufliches Grinsen, das mir Schauer über meinen geplagten Rücken jagt. Ich japse nach Luft, stehe abermals auf und gehe hinaus in das Wohnzimmer, wo ich überlegen will, was meine nächsten Schritte sein werden. Es muß wohlüberlegt sein. Nur keinen Fehler machen, denn das Biest ist flink. Das schauerliche Plärren höre ich. Diese gezogenen durchdringenden babyähnlichen Laute, die ich sonst nur bei der Paarung der Katzen hörte.

Der Teppich, meine Bluse, Möbel, alles von Blut besudelt. Das wird viel Arbeit geben, an die ich jetzt nicht denken will. Zuerst gehört das Problem gelöst, das heimtückische Tier zur Strecke gebracht. Mir kommt eine Erleuchtung. Schon greife ich zum Telefon und wähle, während sich mein Verkrampfung löst und mich Genugtuung erfüllt. Nach meinem kurzen und erfolgreichen Telefonat, gehe ich nochmals mit vorsichtigen Schritte in die Küche, wo ich das Backrohr auf Stufe 6 einschalte. Noch nie war ich so mit Ungeduld erfüllt wie jetzt.

zuletzt bearbeitet 15.06.2012 10:07 | nach oben

#11

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 16.06.2012 14:40
von ugressmann | 942 Beiträge | 929 Punkte

Stufe sechs mag genügen – es dauert etwas länger, aber ich habe vorher noch zu tun. Schmerzen schießen mir durch das Bein. Ich lasse mich auf die Knie nieder. Vorsichtig. Nähere den Mund der Öffnung unten am Backofen. Ein kurzer Atemstoß und die Gasflamme erlischt. Zischend strömt das Gas aus. Schadenfroh kichere ich vor mich hin. Das wird dir den Rest geben Paulchen. Kein Jammern mehr mitten in der Nacht, das mich stört. Das linke Bein ziehe ich mühsam hinter mir her. Gefühllos. Jetzt noch die Kerze finden und anzünden.

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#12

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 16.06.2012 18:40
von stray (gelöscht)
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da dringt paulchens verzagte stimme an das geneigte ohr:

halt inne, ich beschwöre dich!
nur schmerz verdreht den klaren sinn.
die freundschaft, ach , wo ist sie hin?
dein kühlschrank war die welt für mich.
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#13

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 17.06.2012 17:05
von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte

halts maul, verdammte katze! halt endlich das maul!
überall nur stimmen beschaulicher beschreibung! mir ist ganz schwindelig davon. prosa, lyrik, belletristik, blablabla-romankultur, idiotisch fragmentierter sms-style, sinnentstelltes facebookgedöns, flacher mailverkehr - flattern haltlos um und in meinem kopf. betäubt und vernebelt.
meine güte, das leben kann doch überhaupt nicht so langweilig, so entsetzlich lahm sein, wie dieses mein tagebuch anhand unserer belege beschreibt!
nein! nichts mehr! ich will nichts mehr von dem. - statt einer geschichte, ein haufen brei der sich nicht vorwärts bewegt! wie im wahren leben. es lohnt sich nicht.
und paulchen? paulchen is ne katze!
verdammt! katzen reden nicht, wir sind doch hier nicht bei alice, nein, unser leben ist die anstalt.
die katze liegt ersoffen im bach. sie aalt sich längst nicht mehr in der sonne.
ich bin ich oder wer anders! egal, im spiegel bin ich die fratze, die du sehen willst. ich fülle den rahmen bis zum unerwarteten.
es ist zeit hier abzubrechen, wieder neu zu starten, komplett.
das geht schon viel zu lange so. etwas neues muss her. etwas von bestand, doch zuerst das feuer und ich definiere mich neu, ganz und gar. danach.
ich muss jetzt die spuren der letzen monate vernichten. ein finaler schlag! ein gawumm, ein ende, ein aus.
schmerzen? pah! kenn ich nicht, kannte ich nie, weil ich sie leugne, immer, ich nicht ich bin und doch ich werde.
und du halt endlich dein maul, alice! halt die klappe! was kümmert mich dein bein!?


_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
zuletzt bearbeitet 17.06.2012 17:52 | nach oben

#14

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 20.06.2012 00:22
von yaya (gelöscht)
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Die Klingel dringt schrill an mein Ohr.
Herein schlurft umständlich mit einem neuen Eimer und rotem Wischmop meine treue Reinemachefrau. Längst ist sie eine Freundin geworden in all den Jahren. Inzwischen habe ich vor ihr keine Geheimnisse mehr. Sie geht sofort in die Küche, sieht ungläubig auf die Zerstörung, und stöhnt: "Oh Gottogott!"

Erst reißt sie alle Fenster auf, dann stellt sie das Gas ab und folgt mir ins Wohnzimmer. Dort reißt sie noch ein Fenster auf, bemüht sich auch vergeblich, mir auf die Beine zu helfen.
Ich kann nicht stehen. Mein Bein schleift hinter mir her, als sie versucht, mich auf die Couch zu ziehen.
"Sie müssen ins Krankenhaus" sagt sie: "Es ist bestimmt die Bandscheibe."
"Eine Tablette", flüstere ich heiser und kann weder denken noch passende Worte finden: "Oder ein Zäpfchen..."
Die Bauteile meines Handys liest sie vom Boden auf und setzt alles sorgfältig wieder zusammen; es geht aber nicht auf Empfang. "Da kann man nichts machen", sagt sie. "Telefoniere ich eben von draußen und schicke Ihnen den Krankenwagen. Später bringe ich Ihnen noch ein paar Sachen. Aber erstmal kümmer' ich mich um den armen Kater. - Nicht wahr, Paulchen, mein Liebling, wir beide werden uns gut vertragen."
Sie kramt herum und packt irgend etwas zusammen. Dann geht sie mit meiner Katze hinaus. Sie geht einfach hinaus. Und während ich auf den verdammten Krankenwagen warte, Gas umwaberten sinnverwirrten Gedanken nachhänge, sehe ich über dem Küchenschrank dieses fette zurückgelassene Cheshire Grinsen.

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#15

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 23.06.2012 10:35
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Beträchlich ramponiert, sowie psychisch und physisch nicht in bestem Zustand, schlug ich alle Ermahnungen in den Wind. So gut es mir gelang, bemüht mir die Spuren der letzten aufreibenden Stunde nicht anmerken zu lassen, spazierte ich mit gekünsteltem Lächeln auf den Lippen, zu einem kleinen Park, der in der Nähe meiner Wohnung lag. Allmählich wurde aus dem erzwungenen Lächeln ein echtes und befreites. Einmal mußte ich sogar laut auflachen, als ich die Begebenheiten an mir vorüber ziehen ließ. Das wäre mir nicht gelungen, hätte ich nur geahnt, was inzwischen in meiner Wohnung geschah.

Die Putzfrau hatte die ersten Trümmer beseitigt und halbwegs Ordnung gemacht. Sie war eine äußerst gewissenhafte Person, die ihrer Putzwut nicht einhalt gebieten konnte und sogleich auch dem Staub in den Bücherregalen zu Leibe rückte.
Soeben kniete sie nieder, um irgendwelche Reste eines Aufklebers vom Teppich zu entfernen. Es fiel ihr gar nicht leicht, das sah man ihrem hochroten Gesicht an. Ächzend erhob sie sich, als sie einen Schatten vorbeihuschen sah. 'Diese putzfidele Katze, die wird die Wohnung gleich wieder in Unordnung bringen' dachte sie. Das dürften so ziemlich ihre letzten Gedanken gewesen sein, als das kleine Ungeheuer seine Krallen in ihre Wange und in die Brust schlug. Ein unglaublich gewaltiger Biß in die Seite des Halses, aus dem es sofort hellrot sprudelte.

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#16

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 23.06.2012 20:32
von yaya (gelöscht)
avatar

Dann komme ich wieder zu mir und sehe mich um: Niemand ist da.
Fühle mich grauenhaft und keiner schert sich um mich einen Dreck.

Meine Haushaltshilfe ist gegangen und hat Paulchen mitgenommen. Vielleicht traut sie mir nicht.

Allerdings kein Wunder, so wie es hier aussieht. Sie ging, um einen Krankenwagen zu holen, denn das
Telefon ist vom Schreibtisch gefallen und brach auseinander. Zwar hat sie die Teile zusammengesetzt,
doch nahm es keine Verbindung auf. Ich sehe es auf dem Küchentisch liegen: Da beginnt es zu vibrieren.

Schmerzgekrümmt schleppe mich hin und schnappe es und drücke auf den Empfang und schreie hinein:

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#17

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 23.06.2012 21:05
von stray (gelöscht)
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"Hilfe! Mein Kater ist los! Mit der Putzfrau durchgebrannt und er beißt!"

"Dein Halluzinationen sind schon lange ein Problem", höre ich eine schnurrige Katzenstimme.
"Sie sind unterwegs um dich abzuholen und auf direktem Weg in die Psychiatrie zu bringen! Vielleicht helfen dir Beruhigungstabletten und eine Antiaggressionstherapie, dich in Zukunft besser zu benehmen. Das Küchenmesser wegzuräumen wäre mein Tipp. Herumliegende Waffen machen einen furchtbar schlechten Eindruck!"

zuletzt bearbeitet 23.06.2012 21:07 | nach oben

#18

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 23.06.2012 21:27
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

"Wieso frage ich verwirrt." Die schnarrende Stimme erwiderte hämisch "Du bringst alles durcheinander. Ob Dir psychiatrischer Beistand noch helfen kann, ist fraglich." Abermals entrang sich meinen Lippen, die mir wie mit Kleister bestrichen vorkamen, hilflos ein "Wieso?".
"Du hast Dich nicht umgesehen. Siehst Du nicht die ausgeblutete Leiche neben dem Wohnzimmerschrank? Meine Gravur hat sie auf Wange und Brust. Wie Du auf die Idee kamst, sie hätte den Krankenwagen geholt, ist mehr als merkwürdig. Sie ist abgereist, ins Land der ewigen Träume - meinetwegen auch dorthin, wo es keine Träume mehr gibt."
Benommen legte ich den Hörer zur Seite, verzichtete auf die Fortsetzung des Gespräches. Erst jetzt merke ich, wie klebrig Blut sein konnte, das ich von meinen Handflächen wischen wollte. Der Teppich hatte sich schier vollgesogen mit dem Saft, der dem blassen Bündel Mensch, das in verkrümmter Haltung im Eck lag, fehlte.
Ein ekelndes Grauen beschlich mich. Angewidert wollte ich nichts als fort. Was würde dieses widerliche Monster wohl noch anrichten, ehe es gefangen werden konnte? Ich durfte nicht weiter denken. Die Tür fiel mit einem dumpfen Schlag in Schloß. Ich taumelte die Stufen hinab und trat ins Freie.

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#19

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 23.06.2012 22:20
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Alle Schmerzen waren wie weggeblasen. Leichtfüßig glitt ich über die Stufen und atmete auf.

Viele Menschen waren nicht auf der Straße. Doch rannten zwei unaufmerksame Kinder geradewegs in mich hinein. Als ich versuchte, ihnen auszuweichen, bot ein Laternenpfahl keinen Halt. Aber ich schwankte auch nicht. Irgendetwas war anders als sonst.
Auf einer Bank an einer Haltestelle nahm ich Platz und blickte zurück auf die Eingangstür, die ich täglich mehrfach zu durchschreiten pflegte. Wie lange ich dort saß, weiß ich nicht mehr. Irgendwann setzte Geschrei ein, der Rettungswagen kam und auf einer Trage brachte man jemanden hinaus. Die reglose Gestalt war in ein Tuch eingewickelt, nur die Schuhe, meine karierten Hausschuhe, konnte ich erkennen.
War die Wohnungstüre nicht ins Schloss gefallen? Besser zurückzugehen und nach dem Rechten zu sehen.

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#20

RE: Die quellende Phantasie (für alle Mitglieder offen)

in Circus Lyricus 23.06.2012 22:39
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Als ich meinen Fuß auf die erste Stufe setze, zerquoll diese unter meinem Schritt zu einem schwammigen Brei und ich sank bis zum Knöchel ein. Ein Herr mit einer dunklen Hornbrille legte seinen Arm auf väterliche Weise um meine Schulter und flüsterte mir ins Ohr "Halte durch, gleich ist es überstanden!" Ich sah ihn an, mußte dabei feststellen, er kam mir bekannt vor. Nur fiel mir nicht ein, wo ich ihn schon gesehen hatte. "Sie kennen mich?"
"Aber ja, Serephina!" "Im Moment fällt mir nicht ein, woher ich Sie kennen könnte, doch bitte, nehmen Sie die Hand von meiner Schulter; Sie drücken mich." "Nana, plötzlich so zimperlich?" Seine Augen waren von einem auffallendem hellen Braun, wie ich es noch nie gesehen hatte. Während ich ihn offenbar angestarrt hatte, merkte ich, wie die gallertähnliche Masse mir bereits bis zu den Knien reichte. "Was ist das ?" rief ich von Entsetzen gepackt.

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