#1

Nacht

in Natur 19.02.2005 23:13
von muh-q wahn (gelöscht)
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Nacht

Für Don Carvalho


Siehe HeftigeDichte

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#2

Nacht

in Natur 21.02.2005 09:27
von olaja (gelöscht)
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Leider habe ich nicht so viel Zeit. Ich mache mal, so weit ich komme:

Lass ! Netze mit dem Morgentau
mir meine Schläfen nicht.
Dein Nahen zeigt mir sehr genau,
woran es mir gebricht.

xXxXxXxX, 8 a
xXxXxX, 6 b
xXxXxXxX, 8 a
xXxXxX, 6 b


Doch wo du Weite schaffst, da bin ich nah.
So dicht, dass manchem vor mir graut.
Und was er in den Träumen sieht, wird wahr,
wenn er in meine dunklen Augen schaut.

xXxXxXxXxX, 10 c
xXxXxXxX, 8 d
xXxXxXxXxX, 10 c (unrein!)
xXxXxXxXxX, 10 d


So licht und freundlich auch der hellste Tag,
so sicher werd’ ich bei ihm sein.
Und ist sein Wille noch so stark,
am Ende wird es dunkel sein.


xXxXxXxXxX, 10 f
xXxXxXxX, 8 g
xXxXxXxX, 8 h
xXxXxXxX, 8 g (wobei: kein Reim, die Wörter entsprechen sich)


Zum mehr reicht momentan leider die Zeit nicht. Zum Inhalt und meiner Bewertung werde ich mich später äussern.

Liebe Grüsse,
olaja



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#3

Nacht

in Natur 21.02.2005 20:25
von olaja (gelöscht)
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So, nun folgt der zweite Teil meiner Kritik.


Was beim formalen Schema auffällt:
Die erste Strophe ist sehr konform. Liest sich flüssig und der Rhythmus wird von den Reimen getragen.
In der zweiten Strophe, zweiten Zeile eine Hebung weniger. Dies stört aber beim Lesen nicht, da du im gewohnten Lesetempo bleibst. Der unreine Reim in der dritten Zeile stört aber.
In der dritten Strophe: Wieder ein perfektes Metrum und auch hier stört die Wiederholung des Wortes "sein". Allerdings finde ich die Anapher (so) gekonnt eingesetzt.


So dicht, dass manchem vor mir graut.

-> müsste es nicht heissen:
So dicht, dass mancher vor mir graut
oder:
So dicht, dass es manchem vor mir graut


Die ersten drei Zeilen gefallen mir ausnehmend gut. Einzig die Formulierung in der vierten wirkt altertümlich, aber ist annehmbar.
Die beiden weiteren Strophen sind weniger intensiv, auch von den Bildern und Worten. Es erscheint mir, als wäre alles schon mal irgendwo da gewesen. In diesen beiden Strophen wird auch klar (für mich), dass das lyr. Ich die Nacht ist. Mir fehlt insgesamt ein Hintergrund deines Gedichts (ein Boden, in den man versinken kann). Vielleicht auch, weil ich nicht genau weiss, was die Widmung auf sich hat. Jedenfalls hätte ich mir gewünscht (auch als völlig neutraler Leser), dein Gedicht als Anstoss zu sehen, warum sich Umstände ergeben und warum oft Dunkel über uns herrscht. Ich habe die Formulierung schon einmal verwendet: Ich als Leser will auch begreifen, nicht nur lesen.



Liebe Grüsse,
olaja

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#4

Nacht

in Natur 22.02.2005 02:40
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Oh... eine Widmung ... jetzt bin ich aber gerührt...

Ich habe es gerade erst gesehen, zur Zeit fehlt mir eben gerade diese, weshalb ich leider nicht annähernd soviele Gedichte hier lesen kann, wie ich gerne würde.

Hierzu muss ich mich natürlich noch äußern (geschickt, muh-q wahn, so greift man Kritiken ab ), jetzt ist es aber zu spät, um noch einigermaßen Intelligentes aussondern zu können - ich hole es aber noch nach, ich bemühe mich darum, dass dies noch in dieser Woche geschieht!

Insofern erstmal ein Dankeschön und "Nacht",



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#5

Nacht

in Natur 22.02.2005 15:57
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
So, jetzt komme ich auf meine Ankündigung und vor allem Dein Gedicht zurück...

Der formalen Analyse olajas habe kaum etwas hinzuzufügen:
In Strophe 1 gelingt es mit nicht, das Lass! unbetont zu sprechen, wie soll ich denn einen Imperativ stimmlich ignorieren? Erscheint mir eher ein Art Spondeus zu sein, der mithilfe des Imperativs sogar funktioniert (im Deutschen wird ja sonst meist eine Hebung doch stärker akzentuiert).


Zitat:

Lass ! Netze mit dem Morgentau
mir meine Schläfen nicht.
Dein Nahen zeigt mir sehr genau,
woran es mir gebricht.



Das lyrische Ich fordert auf, bloß mit dem Morgentau wegzubleiben. Vordergründig könnte man hier an die Furcht vor dem beginnenden Tag denken, von wem sei dahingestellt (Mensch oder Tier, gar ein Vampir?). Das Nahen des Tages macht auch die Gebrechen des lyrischen Ichs deutlich. Nun, ich denke nicht, dass wir es hier mit einer Lichtallergie zu tun haben. Ansonsten lässt sich sicherlich, wie olaja schon feststellte, an die Nacht als Aktrice denken, auch lässt sich dieses Thema in den folgenden Strophen weiterverfolgen, aber so recht überzeugen mag mich das nicht. Mir gefällt gerade der Gedanke recht gut (auch wenn ich mich in der Interpretation da womöglich auf dünnes Eis begebe), dass der Morgen für Erneuerung steht (frei nach dem Wencke Myrrhe Song aus Bernhard und Bianca: Morgen ist ein neuer Tag), das lyrische Ich dieses Neue, Helle jedoch fürchtet, da es die eigenen Schwächen allzu deutlich ausleuchtet. Passend in diesem Sinne auch: der Morgentau als die neuen Gedanken sollen nicht die Schläfen benetzen.


Zitat:

Doch wo du Weite schaffst, da bin ich nah.
So dicht, dass manchem vor mir graut.
Und was er in den Träumen sieht, wird wahr,
wenn er in meine dunklen Augen schaut.


Ich bleibe mal zweigleisig: der Tag in seiner Helligkeit ermöglicht es dem Auge, in die Ferne zu schweifen, während man in der Nacht, dieses Sinnes beraubt, eher die Nähe verspürt, die jedoch schnell zur unerträglichen Enge werden kann. Aber wer ist denn jetzt er? Hm...
Erneuernde Gedanken schaffen ebenso Weite, da auch sie neue Sichtweisen ermöglichen, während das Alte in seiner konservativen Festgefahrenheit bedrückt. Aber auch hier stellt sich die Frage: wer ist er? Der Mensch, Spielball seiner Gedanken? Wenn er träumt, somit den Gedanken der Nacht folgt (sprich altem Denken), wird dieses Gesehene, Gedachte auch wahr, wenn auch sein Blick stets rückgewendet bleibt und in die dunklen Augen blickt.


Zitat:

So licht und freundlich auch der hellste Tag,
so sicher werd' ich bei ihm sein.
Und ist sein Wille noch so stark,
am Ende wird es dunkel sein.


Oje, ich glaube das Eis bekommt Sprünge... ich bleibe jetzt aber mal bei meinem Ansatz. Irritiert: das "ihm" in der zweiten Zeile (und natürlich "sein" in Z3), hat es dasselbe Bezugsobjekt wie der vorigen Strophe? Aber warum sollte das alte Denken beim Menschen sicher sein... Ah, jetzt habe ich eine Idee:
Die Erneuerung kann noch so positiv und gelungen sein, es bleibt ein Kern des bewahrenden Denkens beim Menschen, er kann niemals gänzlich aus seiner Haut - so sind wir eben. Und so dominant auch das reinigende Gewitter, gleich mit welcher Vehemenz auch die Veränderungen vorangetrieben werden, letzten Endes bleibt der Mensch der Alte, das Reaktionäre bleibt doch...

Meine Interpretation erscheint mir zeitweise etwas hakend, vollständig mag sich mir der Sinn Deiner Zeilen noch nicht enthüllen. Ich frage mich, ob das metrische Wechselspiel auch Ausdruck dieses Widerstreites ist, die Silbenzahl jeweils die Weite und die Enge darstellen soll. Wer weiß...vermutlich Du, muh-q wahn.

Ein anderer Ansatz könnte womöglich auch das Wechselspiel zwischen Optimismus und Pessimismus sein. Zumindest vermute ich doch sehr, dass sich ein weiterer Hintergrund finden lässt als allein der Antagonismus von Nacht und Tag.

Während mich der unreine Reim in Str 2 ebenso wenig stört wie die Anapher in Str. 3, finde ich den Reim Tag/ stark doch recht unglücklich. Vielleicht ist es dann doch ein Unreiner zuviel. Vielleicht willst Du damit auch das mit Fehlern behaftete Alte symbolisieren, ich finde es dennoch störend.

Alles in allem können mich Deine Zeilen nicht so recht überzeugen, was vorrangig daran liegen dürfte, dass ich den Inhalt ebenfalls nur schwerlich greifen kann. Zwar finde ich meinen obigen Ansatz gar nicht so übel , allerdings kann der auch vollkommen verfehlt sein, da ich nur wenig Ankerplätze entdecken kann.

Über die Widmung freue ich mich dennoch,



P.S.: Habe doch schneller etwas Zeit gefunden, als erhofft. Manchmal bin ich voll des Glückes!

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#6

Nacht

in Natur 22.02.2005 16:40
von muh-q wahn (gelöscht)
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Tja, was soll ich sagen ? Vielen Dank für Eure nahrhaften Worte. Das Gedicht ist bedauerlicherweise wesentlich simpler, als ihr- insbesondere Don Carvalho - vielleicht vermutet.

Metrisch handelt es sich um akzentuierte Verse und es sollte jedem möglich sein, diese ruckelfrei und flüssig zu lesen und vorzutragen. In Zeile 1 wird selbstverständlich der Imperativ betont. Durch seine Alleinstellung ist eine Pause vorgegeben, die es problemlos möglich macht, mit einer betonten Silbe fortzufahren. Das muss alles nicht gefallen, funktionieren tut es.

Zum Inhalt: Ja, das lyr. ich ist die Nacht. Diese kämpft mit dem Tag um die Vorherrschaft über den Menschen, in diesem Spezialfall Don Carvalho höchstpersönlich. Die Nacht weiß, woran es ihr gebricht: Licht, klare Sicht, Klarsicht, Vernunft usw. Aber sie hat ein anderes Pfund, mit dem sie wuchern kann und das ist Lust. Daher bleib los weg, wenn du sie abregen, ihr die Schläfen kühlen willst.

Wenn Ratio auch argumentativ überlegen ist, so schafft intellektuelle Kühle doch auch Distanz. Das ist mit der Lust zumeist anders. Deren Nähe verursacht hin und wieder auch Angst, insbesondere, wenn es um triebgesteuerte Untaten geht und da wären wir dann endlich bei Don Carvalho ! Wer sich seinen Trieben stellt, wer sich über sich selbst im Klaren ist, wer den Blick in die dunklen Augen wagt, der wird das nicht mehr los, was er dort sieht und der wird es auch umsetzen und wenn sein An- und Verstand noch so dagegen sprechen. Am Ende siegt die Lust.

Warum die Widmung ? Ist für das Verständnis unwichtig. Don wird es schon begreifen.


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#7

Nacht

in Natur 23.02.2005 01:17
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte

Zitat:

Das Gedicht ist bedauerlicherweise wesentlich simpler, als ihr- insbesondere Don Carvalho - vielleicht vermutet.



Da ist nichts zu bedauern! Ich hatte meinen Spaß bei meinen Interpretationsversuchen - und nicht selten lassen sich ja auch Sachen finden, die der Autor selbst nie für möglich gehalten hätte.


Zitat:

Diese kämpft mit dem Tag um die Vorherrschaft über den Menschen, in diesem Spezialfall Don Carvalho höchstpersönlich.


Ja... mich hatte ich in meinen Interpretationsansätzen gänzlich herausgehalten - u. a. auch, weil es ziemlich albern daherkommt, wenn man ein Gedicht, dass einem gewidmet ist, sogleich auch inhaltlich auf sich bezieht. So egozentrisch wollte ich dann doch nicht sein .


Zitat:

Deren Nähe verursacht hin und wieder auch Angst, insbesondere, wenn es um triebgesteuerte Untaten geht und da wären wir dann endlich bei Don Carvalho !


Wenn ich irgendwann mal in Handschellen abgeführt und in allen Regenbogenblättern abgebildet werde, dann bist Du mit Sicherheit einer der ersten, die der Bild im exklusiv - Interview sagen kann: ich habe es schon immer gewusst!


Zitat:

Don wird es schon begreifen.


? !

Danke für Deine Rückmeldung,


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#8

Nacht

in Natur 23.02.2005 05:57
von muh-q wahn (gelöscht)
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Zitat:

Don Carvalho schrieb an anderer Stelle:
... , da er betonen sollte, dass das lyrIch sich seinem Trieb bewusst hingibt und ihn durchaus genießt (daher auch die Selbsterkenntnis "dunkle Kraft" in Str1). Es ist darüber hinweg, sich seinen Lüsten selbst in den Weg zu stellen, egal ob es es könnte, es möchte sich nicht zügeln... Zum anderen kann das lyrIch ganz entspannt die Angst des Opfers goutieren ...



So, damit alle unter 12-jährigen auch wieder ruhig schlafen, will Onkel muh-q wahn mal mit dem bösen Spielchen aufhören. In Wahrheit ist der Onkel Don natürlich kein böser Bube ! Mein Gedicht und die Widmung beziehen sich auf das Gedicht "mein Wille" von einem der ambitioniertesten Internet-Dichter und die anschließende Auseinandersetzung in einem der besten Lyrik-Foren auf Gottes grauer Erde.

So ist das und nicht anders. Wenn ich später der Blöd-Zeitung etwas ganz anderes erzählen werde, dann nur, weil man mich dazu zwingen wird. Hoffentlich mit viel Geld.

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#9

Nacht

in Natur 23.02.2005 09:54
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Ach muh-q wahn, Du schafftst es doch immer wieder, mir die Schamesröte ins Gesicht schießen zu lassen.



P.S.:
Zitat:

Hoffentlich mit viel Geld.



Nicht weniger würde ich Dir wünschen...

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#10

Nacht

in Natur 24.02.2005 17:59
von olaja (gelöscht)
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@muh-hùùpela wahn:


Zitat:

olaja schrieb am 21.02.2005 20:25 Uhr:
So dicht, dass manchem vor mir graut.

-> müsste es nicht heissen:
So dicht, dass mancher vor mir graut
oder:
So dicht, dass es manchem vor mir graut




Ein falsches Sprachegefühl meinerseits? Auf diese Frage hätte ich noch gerne deine Stellungnahme.

Lass ! Netze mit dem Morgentau

Kann meines Erachtens so:
X'XxXxXxX

oder so:
xXxXxXxX

betont werden. In der Theorie: Einsilbige Wörter können sowohl betont, als auch unbetont gesprochen werden (ausser sie bilden das Ende einer Zeile). Natürlich wird der Imperativ meistens eher stark, drohend gesprochen; aber er könnte auch flehend sein, sprich -> leise gesprochen, unbetont

Ansonsten: Ich habe es nicht interpretiert, so fern ist es mir auch nicht möglich, zu viel zu interpretieren (wollte ich anmerken.)


Liebe Grüsse, fast vom anderen der Welt (aus dem tiefsten Südwesten)
olaja



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#11

Nacht

in Natur 24.02.2005 19:30
von muh-q wahn (gelöscht)
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Oh, ja, olaja, ja doch, meine Stellungnahme: Weder noch. Sondern: So dicht, dass manchem Menschen vor mir graut. Im Ernst: Das 'es' darf man schon einmal weglassen. Finde ich.

Und: So ein ganz kleines bißchen hast du auch interpretiert. Nein ? Na gut, dann nicht. Warum bist du so zickig heute abend ?

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#12

Nacht

in Natur 24.02.2005 19:40
von olaja (gelöscht)
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Hm, wenn du die Grammatik qäulen willst, sicher... Aber das ist man sich von dir ja gewohnt (oder?).

Nun, ich habe starkes Kopfweh, heute Abend noch verdammt viel zu lernen und bin sehr müde etc. (Ich hoffe du hast gefälligst Mitleid! Ach ja: Falls du heute Abend noch nichts vor hast, Besuch empfange ich ja immer gerne )

Zickig, so hat mich wirklich noch nie jemand gennant. Lämmig könnte ich wenigstens nachvollziehen.

(Mensch, ähm, Kuh, kannst du die Ironie zwischen meinen Zeilen lesen?)


Wie immer, unseriös und unschuldig,
olaja

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#13

Nacht

in Natur 24.02.2005 21:21
von muh-q wahn (gelöscht)
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Ja, ich bin ein großer Grammatikquäler. Das liegt daran, dass ich permanent und immerfort nur dichte, dichte, dichte, getreu dem Motto:

Die Masse könnt Ihr nur durch Masse zwingen,
Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.


Johann Wolfgang von Goethe, Faust


Letztendlich bin ich dadurch wie Buridans Esel: Ich will allen gefallen und am Ende gefällt es keinem mehr, weil ich eben die unschuldige Ola... ääh, Grammatik quäle.

Ich werde mich jetzt sinnlos betrinken, so traurig bin ich. Weil es dir wegen der Quälerei nicht gefällt. Und weil du so weit weg wohnst.

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